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Ist das Leben des rationalen Akteurs ein gelungenes Leben?

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ist, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Streben nach <strong>ein</strong>em gelungenen <strong>Leben</strong> nicht bloß als Zweck<br />

<strong>ein</strong>zelner Handlungen angesehen werden kann, so stellen dennoch die<br />

Handlungen <strong>ein</strong>es Menschen, die mit guten Gründen gerechtfertigt werden<br />

können, <strong>ein</strong>en wichtigen Beitrag zum Gelingen <strong>des</strong> <strong>Leben</strong>s dar.<br />

Ich möchte vorschlagen, unter den Prämissen, <strong>das</strong>s es sich bei dem Menschen<br />

um <strong>ein</strong> Wesen handelt, <strong>das</strong><br />

(i) zur Reflexion über die eigene Person und <strong>das</strong> eigene <strong>Leben</strong> befähigt<br />

ist,<br />

(ii) in s<strong>ein</strong>em <strong>Leben</strong> mit unumgehbaren Situationen konfrontiert ist, sich<br />

für die <strong>ein</strong>e oder die andere Handlung entscheiden zu müssen,<br />

(iii) <strong>ein</strong> Interesse an s<strong>ein</strong>em <strong>Leben</strong> zeigt, <strong>das</strong> über die bloße Selbsterhaltung<br />

hinausgeht,<br />

(iv) sich in <strong>ein</strong>e Position <strong>des</strong> existentiellen Zweifels stellen kann,<br />

die Frage nach dem gelungenen <strong>Leben</strong> sowohl als <strong>ein</strong>e dem Menschen eigentümliche<br />

als auch als moralisch bedeutsame zu verstehen. Als selbstreflektierende,<br />

ihr <strong>Leben</strong> planende Lebewesen sind Menschen auf umfassende<br />

Selbst- und Weltdeutungen angewiesen. Die Formulierung ‘<strong>ein</strong> <strong>Leben</strong> führen’<br />

bringt zum Ausdruck, <strong>das</strong>s Personen in der Lage sind, <strong>das</strong> Ganze ihres<br />

<strong>Leben</strong>s als <strong>ein</strong>en Handlungszusammenhang zu betrachten, der, wie jede <strong>ein</strong>zelne<br />

Handlung auch, sinnlos, unvernünftig und moralisch verfehlt s<strong>ein</strong><br />

kann. Das <strong>Leben</strong> kann uns dann ebenso, wenn wir uns der Reflexion und<br />

Gestaltung <strong>des</strong>selben verweigern oder wenn wir nicht in der Lage sind, es<br />

zu ‘führen’, ‘zustoßen’, undurchschaubar s<strong>ein</strong> und <strong>ein</strong>es roten Fadens entbehren.<br />

Es kann aber auch - und vielleicht sollte man philosophisch nur in<br />

solchen Fällen von <strong>ein</strong>em gelungenen <strong>Leben</strong> sprechen - im Sinne <strong>ein</strong>er sinnigen,<br />

zusammenhängenden ‘Geschichte’ mit <strong>ein</strong>em Anfang und <strong>ein</strong>em Ende<br />

als <strong>ein</strong> sinnvolles Ganzes ersch<strong>ein</strong>en. Das dem Menschen wesentliche<br />

Bedürfnis nach Selbstverständigung darf demnach nicht nur als <strong>ein</strong> psychologisches<br />

Moment begriffen werden. Es verweist darüber hinaus auf die<br />

Notwendigkeit, <strong>das</strong> <strong>Leben</strong> als <strong>ein</strong>e strukturierte Einheit zu gestalten. Ein<br />

<strong>Leben</strong>sganzes kann demnach nicht als <strong>ein</strong>e Reihe von Vorfällen aufgefasst<br />

werden, in die man her<strong>ein</strong>geraten ist, und die, wenn sie auch befriedigend<br />

und beglückend gewesen s<strong>ein</strong> mögen, außerhalb <strong>des</strong> bewussten Wollens und<br />

vernünftigen Wünschens oder berechtigter Ansprüche und Interessen Dritter<br />

stehen.<br />

Wenn es also richtig ist, <strong>das</strong>s <strong>ein</strong> <strong>gelungenes</strong> <strong>Leben</strong> weitgehend Kontingenzen<br />

vermeiden muss und <strong>des</strong> weiteren k<strong>ein</strong> solches s<strong>ein</strong> kann, <strong>das</strong> von<br />

unbewussten Motivationen, zwanghaften Wünschen und falschen Erwartungen<br />

und M<strong>ein</strong>ungen bestimmt ist, dann ist <strong>das</strong> gelungene <strong>Leben</strong> <strong>das</strong>jenige,<br />

<strong>das</strong> neben der Freiheit zur autonomen Abwägung und zum Vollzug von<br />

Handlungen <strong>ein</strong>e Aufklärung und Kritik der <strong>Leben</strong>spläne sowie ihre Begründbarkeit<br />

verlangt. Aufklärung, kritische <strong>Leben</strong>shaltung und die Begründbarkeit<br />

von Handlungen sind jedoch die wesentlichen Bestandteile der

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