saure-gurken-Zeit - misstype
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andere Produkte auf 300 000 Europaletten.<br />
60 000 Quadratmeter – das entspricht der<br />
Verkaufsfläche des Berliner Kaufhauses<br />
KaDeWe. Geplant werden Lager ein- und<br />
-ausgang 18 Monate im Voraus. Das muss so<br />
sein, wenn man mit Produkten handelt, die<br />
nur wenige Monate im Jahr auf den Feldern<br />
frisch verfügbar sind. „Produziert man zu<br />
wenig und hält zu wenig Waren vor, kommt<br />
man ‚out of stock‘, und das mag der Handel<br />
gar nicht“, sagt Steffen Hengstenberg. „Überhaupt<br />
ist es eine unschöne Situation, wenn<br />
man etwas verkaufen könnte, es aber nicht<br />
mehr hat.“<br />
Lagern ist also Pflicht, „auch wenn dabei<br />
ganz beträchtliche Kosten entstehen“. Und<br />
Liquidität gebunden wird. Sprich: Hengstenberg<br />
hat zwar den Wert, aber noch nicht das<br />
Bare. So bindet das Lagern eine Menge Geld.<br />
Ein Viertel der Jahresproduktion, schätzt der<br />
Chef, liegt in sauer in Hunderten Regalmetern.<br />
10<br />
enable 08/2012<br />
Im Frühherbst, wenn die Gurkenernte abgeschlossen<br />
ist und es mit dem Sauerkraut<br />
losgeht, werden noch zusätzliche Lagerflächen<br />
in der Nähe der Logistikzentren angemietet.<br />
Eng wird es trotzdem manchmal:<br />
„Der Idealfall sieht so aus, dass wir das letzte<br />
Glas der Produktion des vergangenen Jahres<br />
genau an dem Tag aus unserem Lager verkaufen,<br />
an dem die ersten Gläser der neuen<br />
Produktion hereinkommen.“ Der Normalfall<br />
sieht eher so aus, dass Hengstenberg einen<br />
Pufferbestand von zwei bis drei Monaten<br />
vorhält.<br />
Überbestände an Handelsmarken zu verscheuern,<br />
das ist allerdings tabu. Gurken, die einmal<br />
zu Hengstenberg Knax erkoren wurden,<br />
bleiben Hengstenberg Knax und werden keine<br />
„Ja“-Gürkchen oder sonst was. Obwohl<br />
Handelsmarken im Bereich Fein<strong>saure</strong>s etwa<br />
60 Prozent des Marktes ausmachen und<br />
einiges davon von Hengstenbergs Konkur-<br />
» Sei mir gegrüßt, mein Sauerkraut, holdselig sind<br />
deine Gerüche « H e i n r i c H H e i n e i n „ D e u t s c H l a n D, e i n w i n t e r m ä rc H e n “<br />
renten unter den Markenherstellen stammt,<br />
sagt Otto Strecker, Vorstand der AFC Consulting<br />
Group. Das Beratungsunternehmen<br />
ist ausschließlich im Lebensmittelbereich<br />
tätig. Daneben gibt es Hersteller, die fast ausschließlich<br />
für die Handelsmarken der Discounter<br />
und Supermärkte liefern, etwa die<br />
Firma Stollenwerk aus der Nähe von Düren.<br />
Die hätten aber auch nicht die Qualität,<br />
sagt Hengstenberg. Qualität, die der Kunde<br />
schätzt und die sich auszahlen soll. Bei <strong>saure</strong>n<br />
Gurken heißt Qualität, dass das Gemüse<br />
in der <strong>saure</strong>n Lake über Jahre seine Knackigkeit<br />
bewahrt. Die ist die wahre Herausforderung.<br />
Das Rezept für die Hengstenberg- Lake,<br />
den Aufguss, ist daher streng geheim.<br />
Das Geschäft mit dem Fein<strong>saure</strong>n ist<br />
durchaus sauer verdientes Geld, sagt der<br />
Gürkchen-Boss. Das habe aber auch etwas<br />
Gutes: „Das hält uns so manchen internationalen<br />
Konzern vom Leib, der sonst in unsere<br />
Bereiche eindringen und uns mit großem Kapital<br />
verdrängen könnte.“ So sind Hengstenbergs<br />
größte Konkurrenten, Spreewaldhof<br />
im Osten und Kühne im Norden, ebenfalls<br />
mittelgroße (Familien-)Unternehmen. Auf<br />
120 Mio. Umsatz kommt Hengstenberg und<br />
liegt damit zwischen Kühne (rund 300 Mio.<br />
Euro) und Spreewaldhof (92,5 Mio. Euro).<br />
Financial Times DeuTschlanD