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Fraenkische-Nacht-Juli-2017

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Seit knapp drei Jahrzehnten bringt Florian Herrnleben<br />

die kleinen und großen Bamberger zum Lachen<br />

Das Kasperle<br />

und die Sandkerwa<br />

Kaum der sabbernden Schnullerzeit<br />

entwachsen, stand Florian Herrnleben<br />

im zarten Knabenalter von fünf<br />

Jahren schon auf den Brettern, die<br />

die Bamberger Welt bedeuten. Seit<br />

knapp drei Jahrzehnten macht er<br />

in der Domstadt den Lustigen – als<br />

Kasperle mit seinem traditionellen<br />

Kasperle-Theater, aber auch als Comedian<br />

und scharfzüngiger Kabarettist.<br />

Einen Clown zum Frühstück<br />

muss Herrnleben nicht verspeisen,<br />

um seine Mitmenschen zum Lachen<br />

zu bringen. Denn das Theater-Gen<br />

hat er nicht nur durch die Muttermilch<br />

eingesaugt – seine Eltern<br />

waren bekannte Puppenschauspieler<br />

–, sondern auch vom Urgroßvater<br />

geerbt, der nach dem Krieg<br />

die „Puppenbühne Herrnleben“<br />

gründete. Seit mehreren Jahren ist<br />

Herrnleben alleiniger Inhaber und<br />

künstlerischer Leiter des Familienunternehmens.<br />

Die FN ließ sich von<br />

Bambergs größtem Spaßfaktor mal<br />

ordentlich „bespaßen“.<br />

Warum haben Sie eigentlich<br />

nichts Gescheites gelernt – etwa<br />

Politiker, Fußballprofi, Steuerhinterzieher<br />

oder Journalist?<br />

Florian Herrnleben: (schweigt lange)<br />

Ich kann halt nichts Gescheites.<br />

Von der Bühne und dem Mikrophon<br />

konnte mich keiner abhalten.<br />

Und wenn man mir so ein Ding vor<br />

den Mund hängt, dann redet man<br />

hinein. Das kann ich.<br />

Wann und wie spürt man,<br />

dass man das Kasperle-Gen in<br />

sich hat?<br />

Ich spüre die Gene immer dann,<br />

wenn ich schlecht gelaunt bin,<br />

weil ich zwei Wochen nicht<br />

auf der Bühne stand. Vielleicht<br />

steckt hinter diesen Kasperleoder<br />

Schauspielergenen auch ein<br />

Minderwertigkeitskomplex, weil<br />

man ständig Applaus haben will.<br />

Wer weiß das schon...<br />

Wann haben Sie als Kind zum<br />

ersten mal gemerkt, dass Theater<br />

Ihr Ding ist?<br />

Diese Frage stellt sich einem<br />

Theaterkind, das aus einer Theaterfamilie<br />

kommt, faktisch nicht.<br />

Seit ich denken kann, bestimmt<br />

Theater mein Leben. Komplett<br />

und immer.<br />

Sie haben 800 Kasperle-<br />

Stücke im Programm...<br />

Das ist so nicht ganz richtig. Viele<br />

Kasperle-Stücke sind Hörspiele,<br />

die meine Eltern noch zum<br />

Teil fürs Lokalradio geschrieben<br />

haben, als Art „Bamberger<br />

Sandmännchen“. Das sind kurze,<br />

wenige Minuten dauernde Stücke.<br />

Im aktuellen Programm habe<br />

ich rund 50 Kasperle-Stücke. Im<br />

Tournee-Programm sind es noch<br />

einige weniger.<br />

Haben Sie eine Lieblingsfigur?<br />

Ich muss jetzt wohl sagen: Ach,<br />

den Kasper! Das erwarten alle<br />

von mir. Und es stimmt auch zum<br />

Teil. Schauspielerisch ergiebiger<br />

sind aber die bösen Rollen, die<br />

bösen Figuren. In den Jahren, wo<br />

mein Vater noch aktiv war, habe<br />

ich mich auf diese Rollen konzentrieren<br />

können, da musste ich<br />

noch nicht den Hans-Wurst spielen.<br />

Dabei mag ich den Kasper<br />

wirklich gerne, besonders seine<br />

Entwicklung, die er in den letzten<br />

Jahren gemacht hat. In den 90ern<br />

hat man ihn als Zeigefingerpädagogenkasperle<br />

benutzt, der mit<br />

erhobenem Zeigefinger den Kindern<br />

den Umweltschutz, gesunde<br />

Ernährung oder das Verhalten im<br />

Straßenverkehr erklären musste.<br />

Wenn Pädagogen mit den Kleinen<br />

nicht zurecht kamen, hat man die<br />

Puppenspieler missbraucht, den<br />

Kindern Inhalte zu vermitteln, die<br />

auch hängenbleiben. Das funktioniert<br />

auch. Aber das kann nicht<br />

alles sein.<br />

Wie sehen Sie den Kasperle<br />

heute?<br />

Ich liebe Stücke, die das Altanarchische<br />

des Kasperle-Spiels<br />

zeigen. Man muss auch das Anarchische<br />

von Kindergedanken<br />

aufgreifen. Das Anarchische<br />

dürfen während der Vorstellung<br />

weder die Kinder noch die Erwachsenen<br />

merken. Erst nach einem<br />

guten Kasperle-Geschichte<br />

werden sie feststellen, dass 30<br />

Dinge in der Nachbetrachtung<br />

in der realen Welt Nullkommanull-Sinn<br />

machen, aber in dem<br />

Moment, in dem Spiel gepasst<br />

haben und schön waren. Das<br />

sind Kasperle-Geschichten, die<br />

ich liebe.<br />

Sie eröffnen traditionell<br />

mit dem Kasperle-Theater die<br />

Sandkerwa. Jetzt wurde die<br />

Sandkerwa selber zum Kasperle-Theater...<br />

Ja! Bei so einem Theater kann<br />

man kaum mithalten. Auch ich<br />

nicht. Dass die Sandkerwa ausfällt,<br />

ist schade. Aber das war absehbar.<br />

Jeder, der jetzt überrascht<br />

tut und aus allen Wolken fällt, hat<br />

sich nie wirklich um die Sandkerwa<br />

gekümmert. Der war auch nie<br />

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