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massivUMFORMUNG_September_2017 - Kopie

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SEPTEMBER <strong>2017</strong><br />

PROZESSANALYSE<br />

Welchen Vorteil<br />

das Simulieren<br />

von Prozessketten bietet<br />

ENERGIEPOLITIK<br />

Welche Forderungen<br />

die Branche an die<br />

nächste Regierung stellt<br />

LEBENSDAUERANALYSE<br />

Über welche virtuellen<br />

Methoden der Markt verfügt<br />

MASSIVER LEICHTBAU<br />

Was wir von der<br />

dritten Phase erwarten können


EDITORIAL<br />

Frank Severin<br />

ist freier Mitarbeiter des<br />

Industrieverbands Massivumformung e. V.<br />

und Chefredakteur der <strong>massivUMFORMUNG</strong><br />

Leicht und simuliert<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

in einer vor nun mehr über zwei Jahren durch ge führten Um frage<br />

zeigten Sie uns unter anderem auf, dass Massiv um formung<br />

weit aus mehr be deutet als die reine Form gebung. Diese Er wartungen<br />

be rück sichtigend, bieten wir Ihnen in dieser Aus gabe<br />

der <strong>massivUMFORMUNG</strong> erneut einen weit ge spannten Bogen<br />

an Er fah rungs berichten und Fach beiträgen.<br />

„Aus der Praxis“ in for mieren wir Sie beispiels weise über ökono<br />

misch und öko lo gisch inno va tive Kon zepte beim An trieb<br />

von Ge senk schmie de pressen sowie bei Ent zun derungs an lagen<br />

zur Er zeugung quali ta tiv hoch wertiger Ober flächen von<br />

Schmie de teilen für die Kunden in der Auto mobil industrie. In<br />

der gleichen Rubrik berück sichtigen wir auch not wendige Wirtschaft<br />

lich keits strategien für die be trieb liche Infra struktur, in<br />

diesem Fall für die Druck luft erzeugung im Pro duktions be reich<br />

der Nach- und Fertig be arbeitung von Lkw-Achsschenkeln.<br />

Praxis ge rechte Werk zeug aus legung hin sicht lich der Gravurge<br />

staltung und in punkto Ver schleiß schutz maß nahmen sowie<br />

For schungs ergebnisse in der me cha nischen Vor be hand lung<br />

sind in der „Techno logie und Wissen schaft“ zuhause und daher<br />

auch dieses Mal in gleich namiger Rubrik zu finden.<br />

Gleicher maßen bieten wir Ihnen ge nügend Hin weise, dass die<br />

An wen dung der nu merischen Simu lation in unserer Branche inzwischen<br />

weit über die ur sprüng liche Material fluss simu lation<br />

während der Um for mung hinaus ge gangen ist: Sowohl zur integra<br />

tiven Werk stoff simulation als auch über die simulative Betrachtung<br />

von Wärme be hand lung und Zer spanung inner halb<br />

der Pro zess kette und über den Nutzen bei der Lebens dauerana<br />

lyse wird in den nach fol genden Fach bei trägen eine Fülle<br />

von ak tu ellen Infor mationen ge boten.<br />

„Im Fokus“ sehen wir für Sie einen ener gie po litischen For derungs<br />

katalog zur Strom preis ent lastung. Direkt nach Druck legung<br />

dieser <strong>massivUMFORMUNG</strong> wird sich zu mindest das Kabi<br />

nett im Deutschen Bundestag neu zu sammen setzen. Un abhängig<br />

von der sich daraus kon sti tuieren den Regierung bleibt<br />

die For derung nach Strom preis ent lastung und Neu ver teilung<br />

der Kosten für Industrie und Privat haus halte.<br />

Dar über hinaus hat die Initiative Massiver Leicht bau im fünften<br />

Jahr ihres Be stehens die dritte Stufe ge zün det. Wir infor mie ren<br />

Sie „Im Rund blick“ über Ziele und Schwer punkte dieser interna<br />

ti onalen multi la teralen Studie, deren 37 teil nehmende Unternehmen<br />

aus den USA, Japan, Deutschland und dem übrigen<br />

West europa stammen, und werden Sie zukünftig auf dem Laufen<br />

den halten.<br />

Ak tu elle Produkte und ihre Ent wick lungen in der ge sam ten<br />

Massiv um for mung folgen dem nach dem An spruch des Leichtbaus<br />

und sind durch aktuell am Markt ver fügbare Simu la tionssoft<br />

ware kon struk tiv aus ge legt.<br />

Und sollten Sie darüber hin aus selbst ein mal schmie den wollen:<br />

Im Ketten schmie de museum Frönden berg be steht dafür die<br />

Mög lich keit – zeit gleich können Sie dort auch heiraten – Bedingung<br />

ist dies jedoch nicht.<br />

Viel Spaß und Freude beim Lesen wünscht Ihnen Ihr<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 3


INHALT<br />

EDITORIAL<br />

AM SCHWARZEN BRETT<br />

IM RUNDBLICK<br />

Massiver Leichtbau geht international –<br />

Dritte Phase der Initiative Massiver Leichtbau<br />

ist gestartet<br />

3<br />

6<br />

20<br />

IM FOKUS<br />

Energiepolitische Forderung<br />

an die nächste Bundesregierung<br />

24<br />

AUS DER PRAXIS<br />

Schmiede bau teil-Lebens dauer ana ly se<br />

mit ak tu ellsten am Markt ver füg ba ren<br />

vir tu ellen Methoden<br />

30<br />

Entwickler unter Zeitdruck – Herausforderungen<br />

für den Massivumformer<br />

34<br />

Neue Wege bei der en ergie effizien ten<br />

Ge stal tung und Aus legung mo der ner<br />

An triebs kon zepte von Ge senk schmie de pressen<br />

Microline Descaling macht das Entzundern<br />

wirtschaftlich<br />

40<br />

44<br />

Eigeninvestition ist über 10 Jahre günstiger<br />

als Contracting<br />

48<br />

4<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


INHALT<br />

WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT<br />

Eine energieintensive<br />

energieeffiziente Branche<br />

52<br />

KOMMENTAR 55<br />

TECHNOLOGIE UND WISSENSCHAFT<br />

Simulative Betrachtung von<br />

Prozessketten in der Fertigung<br />

56<br />

Partielle belastungsgerechte<br />

Verschleißschutzmaßnahmen<br />

für Schmiedegesenke<br />

60<br />

Geometriebasierte prozessbegleitende<br />

Abweichungskompensation<br />

66<br />

Neuartige flexible Entzunderungsverfahren<br />

zur Verbesserung der Teilequalität<br />

beim Warmmassivumformen<br />

VERANSTALTUNGEN<br />

Veranstaltungskalender<br />

72<br />

77<br />

IMPRESSUM 83<br />

KUNST UND KULTUR<br />

Die Kunst des Kettenschmiedens<br />

84<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 5


AM SCHWARZEN BRETT<br />

Tobias Hain, Geschäftsführer Industrieverband<br />

Massivumformung, Förderpreisträger<br />

Dr. Benjamin Lambie, Michael Henke, Leiter<br />

Ausschuss Forschung und Technik im IMU, und<br />

Dr. Frank Springorum, Vorstandsvorsitzender des<br />

IMU (von links)<br />

IMU-Förderpreis für<br />

Dr. Benjamin Lambie<br />

Auf seiner Jahres tagung am 29. Juni in<br />

Dortmund hat der Industrie ver band<br />

Massiv um formung e. V. (IMU) zum<br />

sechsten Mal seinen mit 1.000 Euro dotie<br />

rten För der preis ver liehen. Aus gezeich<br />

net wurde Dr. Benjamin Lambie,<br />

Ma na ging Di rector der Tech nischen<br />

Uni versi tät Darm stadt, für seine Studie<br />

„Ein satz mög lich keiten der Computa<br />

tional Fluid Dy namics (CFD) bei<br />

der nu me rischen Simu lation der Strömung<br />

in Sprüh köpfen für das Gesenk<br />

schmieden“. Lambie arbeitet im<br />

Be reich Maschi nen bau, Profil bereich<br />

Thermo­Fluids & In ter faces TFI.<br />

Der In dus trie ver band wür digt mit dem<br />

För der preis den außer ordent lichen<br />

Ein satz von Hoch schul an ge hörigen<br />

für die Massiv um for mung in wissenschaft<br />

lichen Stu dien. „Unsere Bran che<br />

ist so wohl auf ex zel lente For schung<br />

als auch auf qua li fi zier ten Füh rungsnach<br />

wuchs ange wiesen, um zukunftsfähig<br />

zu bleiben“, er klärte Dr. Frank<br />

Springorum, Vor stands vor sitzender<br />

des In dus trie ver bands.<br />

Die diesjährigen IMU­Stipendiaten (von links):<br />

Johannes Henneberg, Daniel Kampen und Max<br />

Adner<br />

Stipendien zur<br />

Nachwuchsförderung<br />

vergeben<br />

<strong>2017</strong> haben drei Stu den ten ein mit<br />

je weils 4.000 Euro do tier tes IMU­<br />

Stipen dium zur Nach wuchs för derung<br />

er halten: Daniel Kampen, Master­Student<br />

des Studien gangs Ma schinenbau<br />

am Insti tut für In te grierte Pro duktion<br />

(IPH) der Universität Hannover<br />

bei Prof. Bernd­Arno Behrens, Max<br />

Adner als Student des Diplom­Studien<br />

gangs Werk stoff wissen schaften<br />

und Werkstoff technik mit der<br />

Ver tiefungs richtung Um form technik<br />

am Institut für Metall formung (imf)<br />

der TU Bergakademie Freiberg bei<br />

Prof. Rudolf Kawalla sowie Johannes<br />

Henneberg, Master­Student des Wirtschafts<br />

ingenieur wesens am Lehrstuhl<br />

für Fer tigungs techno logie (LFT)<br />

der Friedrich­Alexander­Uni versi tät<br />

Erlangen­Nürnberg bei Prof. Marion<br />

Merklein.<br />

Die IMU­Stipendien werden an Studie<br />

rende ver geben, die im Haupt­ oder<br />

Master studium an Hoch schul instituten<br />

mit Lehr­ und For schungsschwer<br />

punkt in der Massiv um for mung<br />

er folg reich sind. „Die drei IMU­Sti pendien<br />

sollen junge In ge nieur innen<br />

und In ge ni eure an die Unter neh men<br />

der Mas siv um for mung heran füh ren<br />

be ziehungs weise bin den. Unsere<br />

Branche braucht auch weiter hin en gagier<br />

te Fach kräfte, um das hohe Niveau<br />

der Techno logie zu halten“, sagte<br />

Tobias Hain, Geschäfts führer des<br />

Industrie ver bands Massiv umformung.<br />

IMU wählt neue<br />

Beiratsmitglieder<br />

Auf der Mit glieder versammlung am<br />

29. Juni wurden im Industrie ver band<br />

Massiv um for mung e. V. Bei rats wahlen<br />

durch ge führt. Wie der gewählt wurden<br />

Korinna Schwittay (SIEPMANN<br />

WERKE GmbH & Co. KG) und Heiko<br />

Broch (Broch Adler Um form tech nik<br />

GmbH & Co. KG). Als neue Mit glie der<br />

wurden Dr. Rolf Leiber (LEIBER Group<br />

GmbH & Co. KG) und Matthias Praus<br />

(SEISSENSCHMIDT GmbH) gewählt.<br />

Die insgesamt zwölf Mitglieder des<br />

Beirats beraten und unterstützen den<br />

Vorstand in seiner Arbeit. Sie wurden<br />

für eine Legislaturperiode von drei<br />

Jahren gewählt.<br />

Im Vorstand waren keine Neuwahlen<br />

erforderlich. Dem Vor stand<br />

gehören folgende Mit glieder an: Als<br />

Vor sitzender Dr. Frank Springorum<br />

(Hammer werk Fridingen GmbH),<br />

weiter hin Erwin Aberle (Richard<br />

Neumayer GmbH), Dr. Harald Dorth<br />

(PWK Automotive GmbH), Alexander<br />

Essig (Edelstahl Rosswag GmbH),<br />

Rüdiger Groos (SEISSENSCHMIDT<br />

GmbH), Christoph Guhe (Metaldyne<br />

GmbH), Dr. Stephan Guht (A. & E. Keller<br />

GmbH & Co. KG) sowie Matthias Henke<br />

(GKN Driveline Trier GmbH).<br />

Neuer Auftritt<br />

von Hatebur und<br />

Carlo Salvi<br />

Die Hatebur Um form maschinen AG<br />

fasst die Marken Hatebur und Carlo<br />

Salvi unter einem gemein samen Dach<br />

zusammen. Die jeweiligen Leistungen<br />

werden weiter hin an den gewohnten<br />

Stand orten an ge boten. Seit Juli<br />

<strong>2017</strong> gibt es einen ge mein samen Inter<br />

net­Auftritt, Carlo Salvi ist nun<br />

ebenfalls unter www.hatebur.com zu<br />

erreichen. Nach Aus kunft von Hatebur<br />

werden zudem schritt weise die Logos<br />

aneinander angeglichen, ebenso wie<br />

die Pro dukt doku menta tionen und<br />

weitere Marketing maßnahmen. Zum<br />

ersten Mal haben sich Hatebur und<br />

Carlo Salvi ihren Kunden und Partnern<br />

auf der „Metal Forming Fabricating Fair<br />

Tokyo <strong>2017</strong>“ Mitte Juli in Japan im neuen<br />

Erscheinungsbild präsentiert.<br />

6<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


AM SCHWARZEN BRETT<br />

Übergabe der Ehrenurkunde durch<br />

Herrn Dr. Genders, IHK Mainfranken (rechts)<br />

an Barbara Bastian (CEO) und Felix Bastian<br />

(Prokurist)<br />

25 Jahre Tribo-Chemie<br />

Das Familien unter nehmen Tribo­<br />

Chemie be steht seit 25 Jahren. 1992<br />

wurde es mit dem Ziel ge gründet,<br />

Trenn mittel „Made in Germany“ her zustellen<br />

und spe zi a lisierte sich dabei auf<br />

Trenn mittel für Druck guss, Schmieden<br />

und weitere Sonder an wendungen.<br />

Bei der Entwicklung spe zi fi scher Rezep<br />

turen legt Tribo­Chemie großen<br />

Wert auf die Um welt ver träg lich keit<br />

ihrer Pro dukte. Vom unter fränkischen<br />

Hammelburg werden Kunden aus der<br />

deutschen Auto mo bil in dustrie und<br />

anderen Bran chen eben so wie Firmen<br />

im Ausland beliefert, unter an de rem in<br />

Russland, Südkorea, Indonesien und<br />

China.<br />

Be son de res Augen merk legt das<br />

Unter nehmen unter Leitung der Familie<br />

Bastian auf die in ten sive Kundenbetreuung:<br />

Pro duk tions prozesse bei<br />

Kunden sind nie identisch, was bei Entwick<br />

lung und Ein satz hoch effizienter<br />

Trenn mittel zu berücksichtigen ist. Die<br />

Marken Graphitex® und Isolat® werden<br />

welt weit vertrieben.<br />

Siemens Mechanical Drives hat Dirostahl mit<br />

dem „Supplier Award 2016“ ausgezeichnet<br />

Supplier Award 2016:<br />

Siemens ehrt Dirostahl<br />

Die Karl Diederichs KG (Dirostahl)<br />

hat den Siemens „Supplier Award<br />

2016 – R&D and Innovation“ erhalten.<br />

Das Unter nehmen wurde ausgezeichnet<br />

für die lang jährige Werkstoff­,<br />

Prozess­ und Qualitäts ent wicklung in<br />

Kombi nation mit kunden orientierten<br />

Service­ und Entwicklungslösungen<br />

sowie die integrierte Automation und<br />

Prozess kontrolle bei der Her stel lung<br />

und Prüfung der Schmiede teile.<br />

Bei der Her stel lung ge schmie de ter<br />

Ring roh linge für Pla ne ten räder nutzt<br />

die Karl Diederichs KG eine auto mati<br />

sier te Ultra schall­Serien prü fung,<br />

um steck na del kopf große Fehler in<br />

Schmie de stücken zu finden. Das geschieht<br />

durch eine 100­Pro zent­Abtastung<br />

und eine auto ma tisier te Prüfüber<br />

wach ung.<br />

Ab häng ig von Bau teil größe, Gefüge<br />

und Prüf kopf können ge schmie de te,<br />

wärme be han del te und vor ge drehte<br />

Schmie de stücke auf Fehler größen<br />

KSR ≥ 0,7 mm – ober flächen nahe Be reiche<br />

und dünne Wand stärken mittels<br />

Ver gleichs körper methode sogar auf<br />

KSR 0,5 mm – mit einem elek tro nischen<br />

3D­Vo lu men daten satz ge prüft werden,<br />

der auch nach Aus liefe rung des<br />

Bau teils noch für Jahre ar chiviert und<br />

aus wert bar bleibt.<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 7


AM SCHWARZEN BRETT<br />

Heinrich Weiss<br />

Heinrich Weiss<br />

75 Jahre alt<br />

Heinrich Weiss, Vor sitzender des Gesell<br />

schafter aus schus ses der SMS<br />

group, ist am 5. Juni 75 Jahre alt gewor<br />

den. Der im Sie ger land auf gewachsene<br />

Weiss ent stammt der Gründer<br />

familie des Un ter neh mens, das er<br />

von 1971 bis 2013 in vierter Ge ne ra tion<br />

42 Jahre lang ope ra tiv ge führt hat.<br />

2013 über nahm er den Vor sitz des Aufsichts<br />

rats der SMS group, seit 2016 ist<br />

er Vor sitzen der des Ge sell schafteraus<br />

schus ses.<br />

1971 über nahm Heinrich Weiss von<br />

seinem Vater Bernhard den Vor sitz<br />

der Ge schäfts füh rung der SIEMAG<br />

Siegener Ma schi nen bau GmbH in<br />

Hilchen bach. Das Unter neh men war<br />

seinerzeit einer der fünf größ ten Walzwerks<br />

bauer in Deutsch land. Unter<br />

der Füh rung von Weiss ent wickelte<br />

sich das Familien unter neh men durch<br />

mehrere Fu sio nen und Über nahmen<br />

im In­ und Aus land zur heu tigen SMS<br />

group, einer der welt weit füh renden<br />

Unter nehmens gruppen auf dem<br />

Gebiet des Anlagen­ und Maschinenbaus<br />

für die Her stellung und Verarbeitung<br />

von Stahl und NE­Metallen.<br />

Darüber hinaus war Heinrich Weiss<br />

von 1983 bis 1989 Vize präsident des<br />

Verbands Deutscher Maschinenund<br />

An lagen bau (VDMA) und von<br />

1991 bis 1992 Präsident des Bundesverbands<br />

der Deutschen Industrie<br />

(BDI). Er hatte in den vergangenen<br />

Jahr zehnten zahl reiche Auf sichtsrats<br />

man date in der Wirtschaft inne.<br />

Außerdem war er Vorsitzender des<br />

Außen wirt schafts bei rats beim Bundes<br />

minister für Wirtschaft, Vor standsmit<br />

glied des Asien­Pazifik­Aus schusses<br />

der Deutschen Wirt schaft und<br />

Vor stands mit glied im Ost­Aus schuss<br />

der Deutschen Wirt schaft. Heinrich<br />

Weiss gilt als einer der Pioniere der<br />

chinesisch­deutschen Wirtschaftsbe<br />

ziehungen nach der Öffnung des<br />

Landes Ende der 1970er­Jahre.<br />

Ute Salzbrenner<br />

Ute Salzbrenner neue<br />

CFO der Felss Gruppe<br />

Seit 1. August <strong>2017</strong> ist Ute Salzbrenner<br />

als Chief Financial Officer (CFO) verantwortlich<br />

für die Finanzen der Felss<br />

Gruppe. Damit löst sie Mark Schwegler<br />

ab, der mehr als zwölf Jahre für das<br />

Unter nehmen tätig war. Zuletzt begleitete<br />

er die Über nahme der Felss<br />

Holding durch die Schweizer Be teili<br />

gungs gesellschaft Capvis. „Mit der<br />

Über nahme durch Capvis haben wir<br />

die fi nan zielle Zu kunft der Gruppe<br />

für die kommenden Jahre ge sichert.<br />

Ich bin stolz darauf, mich nach einem<br />

solchen Erfolg vom Unter nehmen verab<br />

schie den und neuen Auf gaben widmen<br />

zu können“, so Schwegler.<br />

Seine Nach folgerin Ute Salzbrenner<br />

bringt drei zehn Jahre Er fahrung als<br />

CFO unter schiedlicher Un ter neh men<br />

ein, haupt säch lich aus der Auto mobil<br />

branche. In ihren Auf gaben bereich<br />

bei Felss fallen die Finanzen der<br />

Gruppe, das Controlling, die IT und<br />

der HR­Bereich. Zu ihren Zielen als<br />

CFO äußerte sie: „Felss ist ein Unternehmen<br />

mit Tra di tion und Weit blick.<br />

Ich freue mich darauf, ge meinsam<br />

mit meinen Kollegen den gesunden<br />

Wachs tums kurs fort zu führen.“<br />

Die Felss­Gruppe mit Hauptsitz in<br />

Königsbach­Stein ist neben zwei<br />

wei teren deutschen Stand orten in<br />

Bretten­Gölshausen und Nesselwang<br />

auch in Wujiang (China), New Berlin<br />

(USA), Triengen (Schweiz) und<br />

Ilava (Slowakei) vertreten. Weltweit<br />

beschäftigt Felss etwa 632 Mitarbeiter,<br />

402 davon in Deutschland.<br />

Massivumformung 2025:<br />

Verband entwickelt<br />

Zukunftsstrategien<br />

Unter dem Stich wort „Massiv um formung<br />

2025“ hat der In dus trie ver band<br />

Mas siv um for mung e. V. am 2. und 3.<br />

Mai <strong>2017</strong> einen Stra te gie pro zess gestartet.<br />

Vor stands­ und Bei rats mit glieder<br />

kamen zunächst in einem Kick­off­<br />

Work shop zu sam men, um zu künftige<br />

Chancen und Ri si ken für die Bran che<br />

zu identi fi zie ren und Im pulse für die<br />

weitere Aus rich tung der Akti vi täten<br />

und Pri ori tä ten der ver band lich en Arbeit<br />

ab zu lei ten.<br />

In einer „Zukunfts reise 2030 – 40“<br />

wurden zu nächst Visio nen zur zukünftigen<br />

Ent wick lung von Tech nolo<br />

gien, Wert schöp fungs ketten, Mobi<br />

lität, Digi talisierung und Ar beitswelten<br />

auf ge zeigt. An schlie ßend<br />

ent wickel ten die Teil neh mer mit Hilfe<br />

der Me tho dik „Blue­Ocean­Strategy“<br />

Ideen, wie die Unter neh men der Massiv<br />

umfor mung kom mende Chancen<br />

nutzen und ne ga tive Trends ver meiden<br />

kön nen. Dabei ging es um Ideen<br />

zur Stei ge rung der Wett be werbsfähig<br />

keit über das Er schlie ßen neuer<br />

Märkte oder Eta blie ren neuer Pro dukte<br />

und Leis tungen bis hin zur Entwicklung<br />

gänzlich neuer Ge schäftsmo<br />

delle. Schließ lich be leuch teten die<br />

Teil nehmer die heu tigen Struk turen<br />

und Leistungs schwer punkte des Verbands<br />

und glichen diese mit den künfti<br />

gen An for de rungen der Bran che ab.<br />

In einem weiteren Work shop im Juni<br />

wurden kon krete Pro jekte de fi niert,<br />

die ab der zwei ten Jahres häl fte <strong>2017</strong> in<br />

die Um set zung gehen sollen.<br />

Hier zu wer den alle Mitg lieds unterneh<br />

men ein ge laden, sich am wei teren<br />

Stra te gie pro zess zu be tei ligen. Die<br />

Ein la dun gen hier zu er fol gen in Kürze.<br />

8<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


AM SCHWARZEN BRETT<br />

Informationssicherheit<br />

mit ISO/IEC 27001<br />

Baden­Württembergs Umweltminister Franz<br />

Untersteller (2.v.l.) mit Wolfgang A. Haggenmüller,<br />

Andreas Egelseder und Rainer Schiessle von der<br />

Felss Gruppe bei der Preisübergabe<br />

Bild: Felss Group GmbH<br />

Felss Gruppe erhält<br />

Umwelttechnikpreis<br />

Die Felss Grup pe hat den Um welttechnik<br />

preis Baden­Württemberg er halten.<br />

Bei der Ver leih ung im Juli in der<br />

Schwaben land halle in Fell bach zeichnete<br />

Umwelt minister Franz Untersteller<br />

die Maschine „Generation e4.0“<br />

mit dem dritten Platz in der Ka te go rie 1<br />

„Energieeffizienz“ aus. Kalt um formver<br />

fahren wie Rund kneten und Axialformen<br />

eignen sich besonders gut, um<br />

Leicht bau und Ressourcen effizienz<br />

entlang der Prozess kette und des<br />

Bauteil lebens zyklus zu verwirklichen.<br />

Felss entwickelte dafür ein stan dardi<br />

sier tes Maschinen kon zept mit effi zienter<br />

An triebs technik und maxi malem<br />

Be dien kom fort. Im Fokus der En twicklung<br />

standen robuste Prozesse, op timale<br />

Aus nutzung von Roh stoffen und<br />

Energie sowie Flexibilität bei Mensch,<br />

Prozess und Maschine. Auch eine Anbindung<br />

an Industrie 4.0­Lösungen<br />

ist durch Daten­Schnitt stellen und<br />

Sen sor technik ge währ leistet. „Die<br />

Ge ne ra tion e4.0 stellt für uns einen<br />

Meilen stein im An schluss der Um formtechnik<br />

an die In dus trie 4.0 dar“, sagte<br />

Andreas Egelseder, Chief Market &<br />

Technology Officer bei Felss.<br />

Der Um welttechnik preis wird seit<br />

2009 alle zwei Jahre vom Ministerium<br />

für Um welt, Klima und Energie wirtschaft<br />

Baden­Württemberg für hervorragende<br />

und innovative Produkte in<br />

der Umwelttechnik verliehen. Ausgezeichnet<br />

werden Produkte, die einen<br />

bedeutenden Beitrag zur Ressourceneffizienz<br />

und Umwelt schonung leisten<br />

und kurz vor der Markt einführung<br />

stehen oder erst wenige Jahre am<br />

Markt sind.<br />

Die Norm ISO/IEC 27001 bietet Unternehmen<br />

ein Gerüst für ihre In formationssicherheit.<br />

Eine Zertifizierung<br />

nach dieser Norm hilft Unternehmen<br />

laut Auditierungsgesellschaft Lloyd‘s<br />

Register Deutschland GmbH, ihre Infor<br />

ma tionen zu schützen und Prozesse<br />

zu sichern. Die Mehr heit der<br />

Unter nehmen, un abhäng ig von Größe<br />

oder Bran che, greift heute bei der<br />

Steu erung ge schäfts kritischer Prozesse<br />

auf in for mations tech nische<br />

Sys teme zurück. Mögliche Cyberattacken<br />

oder der Ver lust ver trau licher<br />

In for ma ti onen können er heb liche<br />

Aus wirkungen haben – sowohl finanzieller<br />

Art als auch die Re putation betreffend.<br />

Der Standard ISO/IEC 27001<br />

ist von allen Unternehmen an wend bar,<br />

die ihre Infor mations werte schützen,<br />

Ver trauen bei Interes senten er reichen<br />

und dies durch eine Zer ti fi zierung<br />

von einer un abhängigen Stelle nachweisen<br />

wollen. Be triebe könnten dadurch<br />

außer dem Schwach stellen in<br />

ihrer Pro zess land schaft be sei ti gen<br />

sowie das Be wusst sein für Cyberattacken<br />

bei Mit ar beitern steigern. Die<br />

ISO/IEC 27001 lässt sich pro blem los in<br />

alle gängigen Standards in te grie ren,<br />

bei spiels weise in die Ma na ge ment systeme<br />

ISO 9001 oder ISO 14001. Weitere<br />

Informationen unter www.lrqa.de.<br />

Nachruf auf<br />

Dr. Hans-Jürgen Vogt<br />

Am 15. August <strong>2017</strong> verstarb im Alter<br />

von 89 Jahren Dr. Hans­Jürgen Vogt,<br />

der während seines gesamten Berufslebens<br />

in leitender Funktion für die<br />

SIEPMANN Gesenk schmiede tätig<br />

war. Nach seinem Ein tritt 1958 als<br />

Direktionsassistent wurde Dr. Vogt<br />

nach kurzer Zeit die tech nische Leitung<br />

der SIEPMANN Gesenkschmiede<br />

über tragen. Diese Funktion übte er<br />

bis zu seiner Pensionierung – die<br />

letzten sieben Jahre als Mit glied der<br />

Geschäfts führung – aus. Mit seiner<br />

30­jährigen Tätigkeit für die SIEPMANN­<br />

WERKE prägte Hans­Jürgen Vogt maßgeblich<br />

die erfolg reiche Entwicklung<br />

der SIEPMANN Gesenk schmiede mit.<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


AM SCHWARZEN BRETT<br />

Tekfor Gruppe<br />

wieder eigenständig<br />

Die Tekfor Grup pe wird seit dem<br />

29. April <strong>2017</strong> wieder als eigenständige<br />

Unternehmensgruppe geführt und ist<br />

damit losgelöst vom Amtek­Konzern.<br />

Die finanzierenden Banken haben<br />

einen unabhängigen „Manager und<br />

Receiver“ (Treuhänder) bei Amtek<br />

Global Technologies (AGT) in Singapur<br />

eingesetzt. Tekfor ist Teil der AGT­<br />

Gruppe.<br />

Nach Angaben der Gruppe ge schieht<br />

dies, um die finanzielle Stabilität der<br />

Tekfor­Werke zu gewährleisten, ihren<br />

Wert zu er halten und um sicher zustellen,<br />

dass Interessen von Kunden,<br />

Lieferanten, Mitarbeitern sowie Investoren<br />

nachhaltig gesichert sind.<br />

Das Ge schäft wurde seither aus Liquiditätsperspektive<br />

sta bilisiert. Das<br />

Management­Team hat mit Unterstützung<br />

der Beratungsunternehmen Alix­<br />

Partners und PricewaterhouseCoopers<br />

die strategische Neuausrichtung als<br />

eigenständige Einheit begonnen. Unberührt<br />

von dieser Veränderung wird<br />

der Betrieb der Tekfor­Werke in üblicher<br />

Art und Weise fortgesetzt.<br />

Das lokale Management führt weiterhin<br />

das Unternehmen, begleitet durch<br />

PwC. Manfred Vogel, lang jähriges<br />

Tekfor­Management­Mitglied, ist neu<br />

eingesetzter Geschäftsführer in<br />

Deutschland und Mit glied des Vorstands<br />

der internationalen Werke.<br />

BDI­Präsident Dieter Kempf spricht vor den<br />

Gästen anlässlich der Einweihung des Schuler<br />

Innovation Towers<br />

Bild: Schuler<br />

Schuler Innovation Tower<br />

offiziell eingeweiht<br />

Mit Ehren gästen aus Politik und Wirtschaft<br />

sowie Ver tretern der Göppinger<br />

Bürger schaft und der Bele gschaft hat<br />

Schuler am 18. August <strong>2017</strong> offiziell die<br />

neue Konzernzentrale, den Schuler<br />

Innovation Tower (S. I. T.), eingeweiht.<br />

Das zwölfgeschossige Ingenieurs­ und<br />

Technologiezentrum bietet den Schuler­<br />

Beschäftigten künftig 750 Arbeitsplätze<br />

mit modernster Technik, hervorragenden<br />

Kommu nikationsmöglichkeiten und<br />

eigenem Betriebsrestaurant.<br />

Baden­Württembergs Ministerpräsident<br />

Winfried Kretschmann bestätigte<br />

Schuler „immer inno vativ und in langen<br />

Linien“ zu denken. Schuler­Vorstandsvorsitzender<br />

Stefan Klebert erklärte,<br />

die Entstehung des Innovationszentrums<br />

in Göppingen stelle „ein klares<br />

Be ken ntnis zu den Wurzeln des Unternehmens<br />

und zu Deutschland als<br />

Standort für Premiumtechnologie“ dar.<br />

Der Präsident des Bundesverbandes<br />

der Deutschen Industrie (BDI), Dieter<br />

Kempf, forderte mehr politische Rückendeckung<br />

für den Mittelstand: Die Politik<br />

müsse „ihre Hausaufgaben machen,<br />

damit der industrielle Mittelstand<br />

auch weiter Rück grat einer star ken<br />

deutschen Wirtschaft bleiben kann.“<br />

Göppingens Oberbürgermeister Guido<br />

Till nannte Schuler einen renom mier ten<br />

Botschafter und ein erstklassiges Aushängeschild<br />

des starken Wirtschaftsstandorts<br />

Göppingen.<br />

Im Spät sommer und Herbst werden<br />

die Inneneinrichtung des neuen Wahrzeichens<br />

von Göppingen abgeschlossen<br />

und die Versorgungssysteme getestet<br />

und abgestimmt. Danach erfolgt<br />

der Umzug der Belegschaft in die neue<br />

Konzernzentrale. Der Rückbau des alten<br />

Ingenieursgebäudes und die Gestaltung<br />

der Außen anlagen sollen im Jahr<br />

2018 abgeschlossen werden.<br />

Leistritz mit<br />

neuer Doppelspitze<br />

Mit dem Eintritt von Dr. Olaf Römer in<br />

die Geschäfts führung zum 1. April <strong>2017</strong><br />

hat die Leistritz Turbinen technik GmbH<br />

eine neue Doppel spitze. Während<br />

Römer den Be reich Ope ra tions verant<br />

wortet, ist Sven Nieper bereits<br />

seit Ende 2016 im Unter nehmens mana<br />

ge ment für den Be reich Ver trieb<br />

ver ant wort lich. „Wir sind stolz auf die<br />

lange, er folg reiche Unter nehmensge<br />

schichte von Leistritz. Als Partner<br />

aller führenden OEMs und Modullieferanten<br />

der Trieb werks in dustrie<br />

und Ener gie tech nik wollen wir diesen<br />

Weg zu kunfts ge richtet weiter gehen“,<br />

so die beiden Geschäfts führer.<br />

Seit mehr als 100 Jahren be lie fert<br />

Leistritz Partner aus Luft fahrt und<br />

Energie technik mit Trieb werk­ und<br />

Tur binen kom po nen ten. Mit 800 Mitarbeitern<br />

am Haupt sitz in Remscheid,<br />

im Werk Nürnberg sowie in den Niederlassungen<br />

in Thailand und Kroatien<br />

bietet Leistritz alle wich tigen Fer tigungs<br />

techno lo gien an: Präzisionsschmieden,<br />

CNC­Fräs­ und Schleifvorgänge,<br />

Warm­ und Kalt walzen,<br />

elek tro chemische Be ar bei tung sowie<br />

Ober flächen be hand lungen jeder Art.<br />

10<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


AM SCHWARZEN BRETT<br />

BEMERS & Co. an<br />

Arcaris verkauft<br />

Zum 1. Januar <strong>2017</strong> hat Karl Heinz<br />

Bemers, Gründer der BEMERS & Co.<br />

Sprühtechnik + Vorrichtungsbau GmbH,<br />

sein Unter nehmen an die Beteiligungsgesellschaft<br />

Arcaris Management<br />

GmbH in Düsseldorf veräußert. Die auf<br />

die Lösung von Nachfolgesituationen<br />

spezialisierte Arcaris Management<br />

GmbH repräsentiert ein Netz werk von<br />

Unternehmern und Unternehmerfamilien,<br />

die lang fristige Beteiligungen<br />

im klassischen deutschen Mittel stand<br />

ein gehen und diese kontinuierlich<br />

weiterentwickeln.<br />

Als Nach folger von Karl Heinz Bemers<br />

hat Dr. Hamid Shahnazian ab August<br />

<strong>2017</strong> die Geschäfts leitung übernommen.<br />

Der promovierte Diplom­<br />

Ingenieur und Betriebs wirt blickt<br />

auf eine mehrjährige internationale<br />

Karriere im Maschinen­ und Anlagenbau<br />

zurück. Zusammen mit der<br />

Arcaris Management GmbH wird<br />

Dr. Shahnazian die Entwicklung der<br />

BEMERS & Co. steuern.<br />

Erste Schritte wurden bereits umgesetzt,<br />

so wurde weiteres Schlüsselpersonal<br />

in das Unter nehmen geholt,<br />

ein neuer Außen auftritt wird aktuell<br />

vor bereitet. Karl­Heinz Bemers, der<br />

das Unter nehmen mehr als 25 Jahre<br />

geführt hat, wird zunächst als Mitgeschäfts<br />

führer und anschließend als<br />

Berater für die Gesell schaft tätig sein.<br />

Bild: Klaus Vollrath<br />

Neuer Azubi-Award<br />

ab 2018<br />

Der Industrie ver band Massiv um formung<br />

e. V. vergibt ab 2018 erst malig<br />

einen Azubi­Award für gewerb liche<br />

Aus zu bildende, die sich durch be sonderes<br />

Engagement und Leis tung auszeichnen.<br />

Er möchte damit jähr lich<br />

drei Aus zubildende des dritten Ausbildungs<br />

jahrs aus den Mit glieds unternehmen<br />

mit einer attraktiven Prämie<br />

be son ders ehren und an die Branche<br />

binden. Vor schläge werden von den<br />

Ausbildern der Mitglieds unter nehmen<br />

ein ge reicht.<br />

Kriterien sind vor rangig prak tische/<br />

technische Fähig keiten und das innerbe<br />

trieb liche sowie außer be triebliche<br />

Engagement. Noten sind relevant,<br />

aber nicht ent schei dend. Der Azubi­<br />

Award ist einer von vielen Kampagnen<br />

des In dustrie ver bands zur Nachwuchs<br />

förderung.<br />

Die Bra nche der Massiv um for mung<br />

muss in die Maß nahmen zur Gewinnung<br />

von ge werb lichem und akademischem<br />

Nach wuchs in vestieren, um<br />

sich auch in Zu kunft sowohl durch<br />

fach liches Know­how als auch durch<br />

prak tische Kom pe tenzen zu verstärken.<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 11


AM SCHWARZEN BRETT<br />

LASCO stellte auf der EMO <strong>2017</strong> die<br />

neuentwickelte Multiplexpresse MXP vor<br />

LASCO: neue und<br />

erweiterte Möglichkeiten<br />

für Leichtbaukomponenten<br />

Aktuelle und absehbare Anforderungstrends<br />

in Schlüsselindustrien erhöhen<br />

den Druck auf die Massiv um former.<br />

LASCO hat daher ein Maschinenkonzept<br />

entwickelt, mit dem Industrieschmieden<br />

in der Umstellungsphase<br />

auf neue Automobil­Antriebssysteme<br />

flexibel re agie ren kön nen: Die Multiplexpresse<br />

MXP ist servohydraulische<br />

Presse und Schmiedehammer zugleich.<br />

Das innovative Maschinensystem MXP<br />

vereinigt das Antriebssystem der kraftgebundenen<br />

Hydraulikpresse mit dem<br />

des energiegebundenen hydraulischen<br />

Gesenkschmiedehammers. Der daraus<br />

resultierende Vorteil ist, dass die Fließoperationen<br />

mit den für Hydraulikpressen<br />

typischen weichen Bewegungsabläufen<br />

erfolgen und die Endausformung<br />

oder das Kalibrieren bei vorgegebener<br />

Energie mit extrem hohen<br />

Kräften durchgeführt werden kann.<br />

Die Maschine eignet sich bestens für<br />

Press­ und Biege opera tionen. Nach<br />

dem Press­ oder Biegevorgang wird<br />

der Stößel mit einer genau vorgegebenen<br />

Energie beaufschlagt, die sich<br />

im unteren Totpunkt aufgrund des<br />

kurzen Umformwegs in eine sehr hohe<br />

Umformkraft übersetzt. Die Steuerung<br />

ermöglicht frei programmierbare Umform<br />

impulse mit hoher Frequenz,<br />

deren jeweilige Energien sich addieren.<br />

Die daraus resultierende Endkraft<br />

zum Ausformen oder Kalibrieren<br />

er reicht das Viel fache der Nennpress<br />

kraft der Maschine. Durch nachgeschaltete<br />

inkrementelle Umformimpulse<br />

können kombinierte Biege­/<br />

Prägeteile mit höchster Genauigkeit<br />

bei vergleichsweise geringen Investitionen<br />

hergestellt werden.<br />

Die neue Hatebur Coldmatic CM 725 wurde für die<br />

Umformung von komplexen Teilen entwickelt<br />

Bild: Hatebur Umformmaschinen AG, <strong>2017</strong><br />

Hatebur präsentiert neuen<br />

Kaltumformer Coldmatic<br />

CM 725<br />

Anlässlich der MF­Tokyo Messe in<br />

Japan vom 12. bis 15. Juli prä sen tierte<br />

Hatebur den Besucherinnen und Besuchern<br />

ihren neuen Coldmatic CM 725<br />

Kaltumformer. Die 7­Stufen­Um formma<br />

schine wurde für das Formen von<br />

höchst prä zisen Teilen mit einer Länge<br />

von 8 bis 125 mm und einem Drahtdurch<br />

messer von bis zu 20 mm entwickelt.<br />

Mit diesen Spezifikationen<br />

ist die Maschine ideal für die Zu lie ferer<br />

der Auto mo bil industrie, die damit<br />

hoch komplexe und äußerst präzise<br />

geformte Teile zu einem wett be werbsfähigen<br />

Preis pro duzieren können.<br />

„Unser Ent wicklungs­Team hat meh rere<br />

Inno va ti onen ein ge bracht, welche<br />

unseren Kunden das effiziente produ<br />

zie ren von an spruchs vollen Teilen<br />

er mög licht. Mit einer Pro duktions<br />

kapazität von bis zu 180 Teilen<br />

pro Minute ist die CM 725 eine noch<br />

leistungs fähigere Maschine als die<br />

Vor gänger ver sionen. Mit der Integration<br />

von mo dern ster Servo­Techno<br />

logie haben wir die Um rüst zeiten<br />

weiter massiv reduziert. Als Nebeneffekt<br />

hat dies zudem das An triebssystem<br />

ver ein facht”, er klärt Reinhard<br />

Bührer, Leiter Mar ke ting und Ver trieb<br />

bei Hatebur.<br />

Dank eines hoch prä zisen und anschlag<br />

freien Linear ein zugs, sowie<br />

Hateburs be währ tem Hoch geschwindig<br />

keits­Schersystem, ent steht eine<br />

Ab schnitts qualität, welche weiter hin<br />

den Maß stab in der In dustrie setzt.<br />

Jerko­Sprühanlage mit separat arbeitenden<br />

Sprüharmen<br />

Neues Sprühkonzept<br />

von Jerko<br />

Zur Re du zierung der Takt zeit hat Jerko<br />

ein neues Sprüh kon zept ent wickelt.<br />

Durch zwei separat an ge steuerte<br />

Sprüh arme in einem Mani pu lator<br />

können nun auto ma ti sierte Pro zessbe<br />

wegungen in einer teil be legten<br />

Presse parallel durch ge führt werden.<br />

Die jeweils nicht be legte Gravur kann<br />

separat besprüht und für die nächste<br />

Um for mung vor be reitet werden.<br />

Hier durch können bei einer Gesamt ­<br />

zykluszeit von 16 Sekun den zwei Sekun<br />

den ein ge spart wer den. Dies entspricht<br />

einer Re du zierung von 12,5<br />

Pro zent.<br />

Für die Mani pu la tor bau reihe stehen<br />

zwei leistungs starke Servo an triebe<br />

mit maximal 15 kW und einem maxi malen<br />

Dreh moment von 200 Nm zur Verfügung.<br />

Durch opti mier te Be schleuni<br />

gungs­ und Brems rampen be trägt<br />

zum Beispiel die Fahr zeit in die Sprühpo<br />

sition für bis zu 110 kg schwere<br />

Sprüh werk zeuge über einen Weg von<br />

1.200 mm nur 0,5 Sekunden. Bei einem<br />

Hub zwischen 800 und 1.600 mm<br />

beträgt die Nutzlast maximal 160 kg,<br />

die Positioniergeschwindigkeit liegt<br />

bei maximal 225 m/min bei einer Beschleuni<br />

gung von 15 m/s².<br />

Der erste Mani pu lator wurde im Jahr<br />

2016 in Betrieb genommen, der zweite<br />

Manipulator dieses Typs wird zurzeit<br />

im Werk in Kempen gebaut und noch<br />

in <strong>2017</strong> an den Kunden ausgeliefert.<br />

12<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


AM SCHWARZEN BRETT<br />

Eröffnung der neuen Schmiedehalle in Polen<br />

Neue Schmiedehalle<br />

bei LEIBER Poland<br />

Die LEIBER Group hat im Juli <strong>2017</strong> eine<br />

neu ge baute Schmie de halle ihres<br />

pol nischen Toch ter unter neh mens<br />

LEIBER Po land in Be trieb ge nom men.<br />

Die 3.000 Qua drat meter große Halle im<br />

ober schle sischen Ruda Slaska wurde<br />

im Bei sein von Ge sell schaftern, Bei rat<br />

und Ge schäfts füh rung ein ge weiht. Mit<br />

17 Metern Höhe ist sie kom plett überkrant<br />

und um fasst neben Werk zeugvor<br />

be rei tung, Werk zeug lager und Material<br />

lager auch die Sägerei und neue<br />

Pressen linien. Im Auf bau be fin det sich<br />

außerdem eine 1.000­Tonnen­Presse.<br />

Um neue Ab satz märkte in Osteuropa<br />

zu er schließen, gründete die<br />

LEIBER Group GmbH & Co. KG 1995<br />

den weiteren Pro duk tions stand ort<br />

in Ruda Slaska in Süd polen. In dem<br />

100­pro zentigen Tochter unter nehmen<br />

werden Klein­ und Mittel serien sowie<br />

ein zelne aus ge reifte und prozesssichere<br />

Produkt ions reihen gefertigt.<br />

Das Tochterunternehmen im<br />

zentralmexikanischen Queretaro<br />

BECHEM mit<br />

Firmengründungen in<br />

Mexiko und Spanien<br />

BECHEM baut das Geschäft in Amerika<br />

weiter aus. Mit der Grün dung der CARL<br />

BECHEM México Lubri cation Techno<br />

logy S.R.L re agiert das Hagener<br />

Mutter unter neh men auf das Wachstum<br />

und die ge plan ten In vesti tionen<br />

aus län discher Auto mobil bauer<br />

und ­zu lie ferer in Mexiko. Gleich zeitig<br />

unter mauert die Firmen grün dung<br />

des Tri bo logie spe zia listen und ersten<br />

deutschen In dus trie schmier stoff herstellers<br />

dessen Stra te gie, glo ba len<br />

Kunden direkt vor Ort mit Pro duk ten<br />

und ver bes ser tem Service zur Seite zu<br />

stehen. Das Tochter un ter neh men im<br />

zen tral mexi kanischen Queretaro ist<br />

offiziell im Frühjahr <strong>2017</strong> an den Start<br />

ge gan gen. Be reits 2015 hatte BECHEM<br />

ein 100­pro zen tiges Tochter unter nehmen<br />

in den USA auf ge baut.<br />

Im Fokus stehen außer dem Spanien<br />

und Portugal. Die CARL BECHEM GmbH<br />

gründete dazu mit ihrem lang jährigen<br />

Handels partner Cogelsa Compania<br />

General de Lubricantes SA, Barcelona,<br />

das Joint­Venture BECHEM COGELSA<br />

IBERIA S.L. Dieses soll gezielt den<br />

wichtigen Auto motive­Sek tor be arbeiten.<br />

BECHEM sieht in dem neuen<br />

Unter nehmens ver bund eine ideale<br />

Basis für weiteres Wachstum und eine<br />

Ver besserung des Kundenservice auf<br />

der iberischen Halbinsel.<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 13


AM SCHWARZEN BRETT<br />

Kugelbolzen aus 20MnCrMo7<br />

Kugelbolzen von EZM aus<br />

neu entwickeltem Stahl<br />

Die EZM Edel stahl zieherei Mark hat<br />

einen neuen Kugelbolzen entwickelt,<br />

der zurzeit in der Vorserien­Testphase<br />

bei einem Premium­Auto mobil hersteller<br />

in Deutschland getestet wird.<br />

Dieser soll ins besondere bei Hybrid­<br />

Pkws eingesetzt werden, bei denen<br />

die erhöhte Achs belastung besondere<br />

An for der un gen an be stim mte<br />

Chassis­Komponenten stellt.<br />

Diese höheren An for der un gen an<br />

den Kugel bolzen werden durch den<br />

Ein satz des neu ent wickel ten Stahls<br />

20MnCrMo7 erreicht, der auf eine<br />

Festig keit von größer als 1.450 MPa<br />

vergütet wird. Ein nach träg liches Induk<br />

tions härten ist nicht er for der lich,<br />

was zudem eine Kosten ein sparung<br />

be wirkt. Die Prüfung und die Er mittlung<br />

der Rechen formel sowie die Überprüfung<br />

auf Über ein stimmung mit den<br />

ex pe ri men tellen Ergeb nissen zur Vorher<br />

sage der Le bens dauer der neuen<br />

Kugel bolzen hat die norwegische<br />

Firma Raufoss Technology AS vor genom<br />

men bezieh ungs weise bestätigt.<br />

Derzeit wird dieses Bau teil noch<br />

aus dem Stahl 42CrMo4 her ge stellt,<br />

der auf eine Festigkeit von 1.050 bis<br />

1.200 MPa ver gütet und an schließend<br />

induktiv gehärtet wird. Bei einer hohen<br />

plastischen Ver formung der Kugelbolzen<br />

kann die induktions ge här tete<br />

Rand schicht unter Um ständen beschädigt<br />

und somit die Lebens dauer<br />

des Kugel bol zens ver ringert wer den.<br />

Darüber hinaus kann die Lebens dauer<br />

des in duktiv ge härteten Ku gel bolzens<br />

nicht er rechnet und somit nicht vorher<br />

ge sagt werden.<br />

Schweißen und Zerspanen:<br />

Zusammenschluss von<br />

Caspar Hahn und LZT<br />

Seit Anfang <strong>2017</strong> ko operieren sie zusam<br />

men: Caspar Hahn, der Reparaturschweiß­Spezialist<br />

und die LZT Zerspan<br />

ungs tech nik. Caspar Hahn, 1906<br />

als Kessel schmiede ge grün det, zählt<br />

heute zu einem der größten Re pa ratur<br />

schweiß­Spezial be trie be Europas<br />

mit welt weiten Re fe renzen. Bei LZT<br />

richtet sich seit 20 Jahren der Fokus<br />

auf die Her stel lung von Ma schi nenbauteilen,<br />

Schmiede­ und Spritz werkzeugen,<br />

ge fer ti gt mit mo dern ster<br />

HSC­Technik. Schon seit Jahren pflegen<br />

beide Unter nehmen eine enge<br />

Zu sammen arbeit und er gänzen sich<br />

in vielen Ar beits be reichen. So nutzen<br />

sie ihre ge mein same lang jährige Fachkom<br />

pe tenz, kom biniert mit größt möglicher<br />

Flexibilität.<br />

Im selben Ge bäude kom plex in<br />

Remscheid an ge sie delt, bie ten sie<br />

ihren Kun den mit diesem Zu sammen<br />

schluss nun den Vor teil, durch<br />

die ent stan de nen Sy ner gien noch<br />

effi zi en ter und spe zi a li siert auf Problem<br />

lö sun gen ein gehen zu kön nen,<br />

per fekt ab ge stimmt auf in di vi du elle<br />

An forder ungen. So kann zum Bei spiel<br />

bei Schmiede gesenken der Kunde<br />

da hin gehend be raten werden, ob<br />

eine In stand setzung lohnens wert ist<br />

oder eine neue Fer ti gung sinn voller<br />

er scheint. Beides ist aus einer Hand<br />

jetzt durch führbar. Dank kurzer Kommuni<br />

ka tions wege kann dem Kunden<br />

schnell und zu ver lässig ge hol fen werden.<br />

Der Automobilzulieferer Chongqing Lianhao<br />

Technology aus China hat vier mechanische<br />

Schmiedelinien bei Schuler bestellt<br />

Bild: Schuler<br />

Auftrag über vier<br />

Mehrstufenpressen<br />

an Schuler aus China<br />

Der Automobilzulieferer Chongqing<br />

Lianhao Technology aus China hat<br />

vier mechanische Schmiedelinien bei<br />

Schuler bestellt. Die mechanischen<br />

Mehrstufenpressen mit Kniegelenkantrieb<br />

verfügen über eine Presskraft<br />

von 8.000 bis 20.000 kN.<br />

Pres sen vom Typ MML2 mit Knie gelenk<br />

antrieb, die optional auch mit<br />

ServoDirekt Technologie erhältlich sind,<br />

eignen sich durch den großen Hubbereich<br />

von 250 bis 800 Mi lli metern für<br />

die Massenfertigung von Antriebs­ und<br />

Fahrwerkkomponenten in unterschiedlichster<br />

Größe – von Kegelzahnrädern<br />

bis hin zu Ge triebe wellen. Durch die<br />

Kniegelenk­Kinematik reduziert sich<br />

die Umformgeschwindigkeit, wodurch<br />

sich Teilequalität sowie Formbarkeit<br />

des Materials erhöhen. Das von Schuler<br />

entwickelte Gelenksystem der MML2<br />

lässt sich beim Bau der Pres se optimal<br />

an die jeweiligen Anforderungen anpas<br />

sen und eignet sich sowohl für die<br />

Kaltumformung als auch für die Halbwarmumformung.<br />

„Die Akquise dieses Auftrags erfolgte<br />

durch den Ver trieb in Weingarten,<br />

wo auch die tech nische Hoheit über<br />

dieses Pro dukt liegt und die Aus legung<br />

der Anlage durchgeführt wird“, erklärt<br />

Markus Bieg, der die Division Industry<br />

dort leitet. „Fer ti gung und Montage erfolgen<br />

an den Standorten Göppingen<br />

und Erfurt. Die Auslieferung der vier<br />

Schmiedelinien ist im Verlauf des<br />

ersten Halb jahrs 2018 ge plant“, so Bieg<br />

weiter.<br />

14<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


AM SCHWARZEN BRETT<br />

CONDAT erweitert<br />

Personalkapazität<br />

Die französische CONDAT­groupe<br />

konnte im 1. Halbjahr <strong>2017</strong> die guten<br />

Ergeb nisse des Vorjahrs im Bereich<br />

der Gesenk trenn stoffe über treffen.<br />

Um die Nach frage und Präsenz beim<br />

Kunden bedienen zu können, baut<br />

CONDAT­groupe sein Team Schmiedetechnik<br />

durch zwei neue Mit arbeiter<br />

weiter aus.<br />

45 Labor spezialisten entwickeln neue<br />

Formulierungen, speziell auch auf Basis<br />

neuer Roh stoffe mit der Ziel setzung<br />

Leistungs steigerung, Personal­ und<br />

Umwelt freundlichkeit, REACH, Nachhaltig<br />

keit. Die Anwendungs technik<br />

unter stützt Kunden bei der Auswahl<br />

und In betrieb nahme der opti malen<br />

Trenn stofflösung.<br />

Weitere Sprühanlage<br />

von AED Automation<br />

bei Strojmetal<br />

Die mittler weile achte ro bo ter gestützte<br />

Sprüh an la ge in klu si ve Ver sorgungs<br />

sys tem kon nte AED Auto ma tion<br />

an einer voll auto ma ti sierten Schmiede<br />

anlage der Strojmetal Alu mi nium<br />

Forging s.r.o. in stal lieren. Durch die<br />

Flexi bi lität und Pro grammier bar keit<br />

der Pro zess pa ra meter so wie die innova<br />

tiven Kon zepte bei den Sprüh werkzeu<br />

gen kann der Pro zess „Ge senkschmie<br />

rung“ op ti mal an die je wei li gen<br />

Be dürf nisse an ge passt wer den. Dies<br />

ist ins be son dere beim Schmie den<br />

von hoch kom plexen Alumi nium komponen<br />

ten ein ent schei den der Faktor.<br />

Die Strojmetal Aluminium Forging s.r.o.<br />

ist ein füh ren der An bie ter von Schmiede<br />

kom po nen ten aus Aluminium. Mit<br />

sieben voll auto ma ti sier ten Schmiede<br />

an lagen und ver schie de nen manu<br />

ellen Schmie de pressen deckt das<br />

Unter nehmen die viel fäl ti gen Kundenwünsche<br />

opti mal ab. Über diverse Vorform<br />

opera ti onen wer den an spruchsvolle<br />

An wen dungen re ali siert und<br />

opti male Ein satz ge wichte erreicht.<br />

Zur Er rei chung seiner Ziele setzt<br />

Strojmetal auf die Sprüh­ und Ver sorgungs<br />

sys teme von AED Auto ma tion<br />

GmbH. „Mit über 40 Jahren Er fahrung<br />

in der Ent wicklung und Her stellung<br />

von Sprüh sys temen und ständigen<br />

Pro dukt inno va ti onen, ist AED Automa<br />

tion der richtige Partner für uns“,<br />

so Miroslav Jelinek jr., R&D Director bei<br />

Strojmetal.<br />

Simufact Additive 2 –<br />

Optimierung<br />

von Prozessketten für<br />

metallbasierte additive<br />

Fertigung<br />

Simufact Engineering, ein Tochterunter<br />

nehmen von MSC Software,<br />

bringt mit Simufact Additive 2 die<br />

nächste Version seiner Si mu la tionslösung<br />

für den Metall­3D­Druck auf<br />

den Markt. Die Soft ware bie tet eine<br />

Reihe von Funk ti ona li täten für Pulverbett<br />

schmelz ver fahren, um die Prozess<br />

sicher heit in der addi ti ven Ferti<br />

gung zu er höhen und zu ver lässig<br />

hoch wer tige Teile zu liefern.<br />

Als wesent liche neue Features sind<br />

zu nennen: die Kali brie rung mit Can tile<br />

vern (phy si ka lische Tests), um Aussagen<br />

über Ver züge im Werk stück zu<br />

er mög lichen, die in di vi du elle Po si tionie<br />

rung von Tei len im vir tu ellen Bauraum,<br />

die Unter stüt zung or tho troper<br />

Ma te ri al eigen schaften für eine rea listischere<br />

Ab bildung der Steifig keit der<br />

Stütz struk tur, eine effek tive schnelle<br />

Opti mie rung der ge samten Prozesskette,<br />

die den Druck, die Wärmebe<br />

hand lung, das Schneiden/Ent fernen<br />

von Stütz struk turen so wie den<br />

HIP ein schließt. Ebenso kann jetzt die<br />

Ver dichtung der Kom po nen ten simuliert<br />

wer den. Zu dem er mög licht die<br />

neue Ver sion den An wen dern den Vergleich<br />

von simulierten Teilen mit dem<br />

Ziel design oder mit 3D­Messdaten als<br />

Referenz.<br />

16<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


AM SCHWARZEN BRETT<br />

Die optris PI 05M ist im Schmiedebereich sehr<br />

gut einsetzbar<br />

Infrarotkamera für<br />

die Metallindustrie<br />

bis 2.000 °C<br />

Die neue Infra rot kamera optris PI 05M<br />

kann Ober flächen bis 2.000 °C messen,<br />

und das durch gängig ab 900 °C, verfügt<br />

über eine Auflösung von 764 x 480<br />

Pixel und misst im Wellen längenbereich<br />

500 bis 540 nm. Durch den<br />

spe ziellen Spek tral be reich mini miert<br />

sie Mess fehler bei un be kannten oder<br />

sich ver än dern den Emissions graden.<br />

„Mit der PI 05M haben wir eine weitere<br />

kom pakte In fra rot kamera für die weltweite<br />

Metall industrie ent wickelt, die<br />

speziell für die Tempe ratur messung<br />

von Metall schmelzen bestens ge eignet<br />

ist“, erklärt Dr. Ulrich Kienitz, CEO<br />

der Optris GmbH.<br />

Zu sätz lich gibt es auch einen direkten<br />

Echtzeit­Analog­Ausgang mit<br />

einer eben falls frei po si ti onier baren<br />

8x8­Pixel­Region. Diese Mög lich kei ten<br />

bieten eine opti ma le An passung an<br />

die je wei lige An wendung.<br />

Zudem misst die Kamera IR­Strahlung<br />

im Spektralbereich zwischen 500 und<br />

540 nm und ist damit ideal geeignet<br />

für alle Laserbearbeitungsprozesse,<br />

da Strah lung ober halb 540 nm hervor<br />

ragend ge blockt wird. Die im<br />

Metall be reich üblichen Dioden­Laser<br />

im Bereich 900­1.030 nm oder der<br />

Nd:YAG­Laser bei 1.064 nm haben<br />

somit keinen störenden Ein fluss auf<br />

die Messung. Grund sätz lich hat diese<br />

kurz wellige Messung von Metall oberflächen<br />

den Vor teil, dass Mess fehler<br />

bei un be kannten oder sich ver än dernden<br />

Emissionsgraden stark minimiert<br />

werden.<br />

Transvalor und Elysium<br />

veröfentlichen CADdoctor<br />

TRANSVALOR Edition<br />

Elysium, ein welt weit führender Anbieter<br />

von Interoperabilitätslösungen,<br />

gibt das Release der ersten<br />

„CADdoctor TRANSVALOR Edition“ bekannt,<br />

einer maßgeschneiderten Version<br />

von Elysium CADdoctor, einer in<br />

der Branche bewährten Anwendung<br />

zur 3D­Daten konvertierung und ­optimierung.<br />

Die CADdoctor TRANSVALOR Edition<br />

wird von Transvalor und seinen Vertragshändlern<br />

weltweit vertrieben und<br />

ist ab Sommer <strong>2017</strong> er hält lich. Diese<br />

Ver sion wurde speziell auf den Be darf<br />

von Transvalor­Anwendern zugeschnitten.<br />

Dazu ver fügt sie über eine Funktion<br />

zum Daten export in Transvalor­Lösungen,<br />

um sicherzustellen, dass<br />

einerseits das Einlesen optimierter<br />

3D­Modelle in Softwareprogramme<br />

wie FORGE®, COLDFORM®, THERCAST®<br />

und REM3D® auf Anhieb erfolgreich ist<br />

und andererseits präzise Ergebnisse<br />

bei der Simulation von beispielsweise<br />

Schmiede­ und Umform prozessen mit<br />

den oben erwähnten Softwareprogrammen<br />

erzielt werden können.<br />

Weitere Schlüsselmerkmale sind der<br />

Multi­CAD Import zur Übertragung von<br />

3D­Modellen in Multi­CAD­Formaten in<br />

das proprietäre Format für Transvalor­<br />

Lösungen, die Geometrieheilung zur<br />

Überprüfung und Reparatur von Geometrie<br />

und Topologie, um Ausfälle beim<br />

Datenimport sowie bei der Netzgenerierung<br />

in CAE­Tools zu vermeiden,<br />

sowie die Vereinfachung der Geometrie<br />

für eine effektive CAE­Analyse.<br />

Darüber hinaus stehen die Features<br />

Solid Envelope zur Erstellung von<br />

Außenhüllen von 3D­Modellen sowie<br />

die Polygon­Heilung zwecks Überprüfung<br />

und Re pa ratur von Polygon­<br />

Daten zur Verfügung.<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 17


AM SCHWARZEN BRETT<br />

Maschinengestell einer Hatebur AMP20<br />

LINAMAR<br />

SEISSENSCHMIDT Forging<br />

rüstet Warmumformungskapazitäten<br />

auf<br />

Nach dem die Kapazitäten bei der<br />

LINAMAR SEISSENSCHMIDT Forging<br />

Group im Be reich der Warm um formung<br />

am Standort Plettenberg im<br />

ver gan gen en Jahr durch eine horizon<br />

tale Mehr stufen presse Hatebur<br />

Typ AMP 50­9 HFE aus gebaut wurden,<br />

steht nun die nächste In vesti tion in<br />

diesem Bereich an: Ab 2019 wird eine<br />

AMP 20 den Standort Hildburg hausen<br />

er gän zen.<br />

Die LINAMAR SEISSENSCHMIDT<br />

Hild burg hausen GmbH + Co. KG in<br />

Thüringen gilt als der Nocken spezia<br />

list in der Unter nehmens gruppe.<br />

Durch die In vestition in eine AMP 20<br />

werden zum einen die Ka pa zi tä ten<br />

zur Nocken fertigung erweitert, zum<br />

ande ren bietet die neue Presse neue<br />

tech nologische Möglich keiten für<br />

das Unter nehmen, denn die AMP 20<br />

ist die erste ihrer Sorte inner halb der<br />

LINAMAR SEISSENSCHMIDT Forging<br />

Group. Die Schmiede gruppe, die ab<br />

2019 über 15 voll automatische Mehrstufen<br />

pressen in Deutschland und in<br />

den USA verfügt, kann somit die volle<br />

Band breite an horizontalen Mehrstufen<br />

pressen ab bilden.<br />

„Wir sind bestens auf gestellt, um<br />

unseren Kunden welt weit ein breites<br />

Pro dukt spektrum an zu bieten“, so<br />

Rüdiger Groos, Präsident der LINAMAR<br />

SEISSENSCHMIDT Forging Group.<br />

Neben der Investition in das Hatebur­<br />

Aggregat wird der Werk zeug bau in<br />

Hild burg hausen mit zusätz lichen Maschi<br />

nen aus ge stattet, um die Ka pa zitäts<br />

er weiterung auch bei der Werkzeug<br />

her stellung ab zu decken.<br />

Neue Assistentin<br />

der IMU-Geschäftsführung<br />

Am 1. Juni <strong>2017</strong> hat Pirkko Olschewski<br />

die Position als Assistentin der<br />

Geschäfts führung im Industrie verband<br />

Massiv umformung e. V. übernommen.<br />

Sie folgt damit auf Ingrid<br />

Schallnus, die zum 1. <strong>September</strong> in<br />

Alters teilzeit ge gangen ist.<br />

Die staatlich geprüfte Betriebs wirtin<br />

war nach ihrer Aus bildung in ver schiedenen<br />

Unter nehmen der Metall verar<br />

bei tung in Buch haltung und Vertrieb<br />

tätig. In den letzten 17 Jahren<br />

ar bei tete Pirkko Olschewski in einem<br />

schwe dischen Konzern. Neben der<br />

Ge schäfts füh rungs assis tenz war sie<br />

dort auch im Ver trieb, Ex port und im<br />

Be reich HR eingesetzt.<br />

Im IMU unter stützt Frau Olschewski<br />

zu sätz lich auch die German Cold<br />

Forging Group (GCFG) sowie die<br />

Presse­ und Öffent lich keits arbeit. Wir<br />

wünschen Pirkko Olschewski einen<br />

guten Start und eine er folg reiche Zusam<br />

men arbeit.<br />

Angela Scheuren<br />

neue Ansprechpartnerin<br />

beim IMU<br />

Seit 1. Mai <strong>2017</strong> verstärkt Angela<br />

Scheuren den Industrieverband<br />

Massivumformung e. V. Die Wirtschaftsingenieurin<br />

stieß direkt nach<br />

dem Master abschluss Ihres Studiums,<br />

welches sie an der HAWK Hoch schule<br />

für angewandte Wissenschaft und<br />

Kunst in Göttingen sowie an der Fachhochschule<br />

Südwestfalen Standort<br />

Hagen absolvierte, zum IMU­Team.<br />

Schwerpunkte des Studiums waren<br />

die Produktionstechnik und das Projektmanagement<br />

sowie Lean Six Sigma<br />

im Qualitätsmanagement. Vor Beginn<br />

des Studiums war Frau Scheuren in<br />

der Abwicklung und Regulierung von<br />

Haft plicht­ und Kasko schäden im Inund<br />

Ausland tätig.<br />

Im Industrie verband ko or di niert<br />

Angela Scheuren Gre mien sitzungen<br />

und Ar beits kreise schwer punkt mäßig<br />

im Fach bereich Forschung und Technik.<br />

Zu den wei te ren Auf gaben ge hört<br />

das Ver an stal tungs­ und Schulungsma<br />

na ge ment inner halb der Schmiedeaka<br />

de mie. Wir wünschen Angela<br />

Scheuren eine er folg reiche und harmo<br />

ni sche Zu sam men arbeit.<br />

18<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


IM RUNDBLICK<br />

Massiver Leichtbau<br />

geht international – Dritte Phase der<br />

Initiative Massiver Leichtbau<br />

ist gestartet<br />

Wie kann durch die Kom bi nation von kreativen An sätzen in Kon struktion<br />

und Fertigungsprozessen mit innovativen Stahlwerksto f en der<br />

Mega trend des automobilen Leicht baus und damit das Ziel der Re duzierung<br />

von klimaschädlichem CO 2 -Ausstoß durch die Technologie<br />

der Massiv um for mung unter stützt wer den? Dieser Frage gehen seit<br />

nun mehr fast fünf Jahren Unter neh men der deut schen Massiv um formung<br />

und der Stahl in dus trie in der Ini tia ti ve Massiver Leichtbau nach.<br />

20<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


AUTORIN<br />

Dipl.-Math.<br />

Sabine Widdermann<br />

leitet den Fachbereich<br />

Strategische Projekte<br />

im Industrieverband<br />

Massivumformung e. V.<br />

Gewichtseinsparungen im Fahrzeug führen zu einer Vielzahl von<br />

positiven Effekten wie Minderung des CO 2 - Ausstoßes, Erhöhung<br />

der Fahrdynamik, Schonung von Ressourcen, und sie haben einen<br />

positiven Einfluss auf die Fahrsicherheit. Zudem ermöglicht der<br />

Leichtbau auch die Kompensation des Mehrgewichts durch den<br />

vermehrten Einsatz von Komfort- und Fahrerassistenzsystemen.<br />

Das Thema Leichtbau bestimmt deshalb seit vielen Jahren<br />

die Diskussion um die Optimierung der zukünftigen Mobilität<br />

und ist einer der auf Konferenzen und Messen immer wieder<br />

behandelten Megatrends der Automobilindustrie.<br />

Die Initiative Massiver Leichtbau wurde 2013 von 15 Unternehmen<br />

der Massivumformung und neun Stahlherstellern unter<br />

der Federführung des Industrieverbands Massivumformung<br />

e. V. (IMU) und des Stahl ins ti tuts VDEh ins Le ben ge rufen. In der<br />

ersten Phase wurde ein Mittelklasse-Personenkraftfahrzeug<br />

analysiert und ein Leichtbaupotenzial von 42 kg für massivumgeformte<br />

Bauteile des Antriebsstrangs und des Fahrwerks<br />

identi fiziert. Auf grund des Er folgs bei den Kun den und in der<br />

Öffentlichkeit wurde die Kooperation 2015 mit einer zweiten<br />

Phase und der Konzen tration auf das Leicht bau potenzial eines<br />

leichten Nutzfahrzeugs fortgesetzt. 17 Umformunternehmen,<br />

zehn Stahlhersteller und ein Ingenieurdienstleister untersuchten<br />

als Referenz fahr zeug ein leichtes Nutz fahr zeug mit 3,5 t<br />

Gesamt gewicht (Nutzlast inklusive). Von 2.394 kg Fahr zeug gewicht<br />

entfielen 845 kg auf massivumgeformte Bauteile, die wiederum<br />

ein Einsparpotenzial in Antriebsstrang und Fahrwerk von<br />

99 kg boten (12 Prozent).<br />

Zur Analyse des Verhältnisses zwischen gegebenenfalls höheren<br />

Kosten für Hochleistungsstähle und der möglichen daraus resultierenden<br />

Gewichtseinsparung wurden Getriebeentwicklungsstudien<br />

durchgeführt. So wurden für die untersuchten Getriebe<br />

des Pkws und des leich ten Nutz fahr zeugs Rechen modelle erstellt,<br />

die über die Ver rin gerung der Größe von Zahn rädern und<br />

Wellen aufgrund des Einsatzes höher belastbarer Stähle Einsparungen<br />

in Systemgewicht und -größe voraussagen.<br />

Ein zusätzlicher Programmschritt berechnet die Gewichtsnebeneffekte<br />

des schrumpfenden Getriebegehäuses. Damit können<br />

neben primären Einspareffekten auch sekundäre Gewichtseinsparungen<br />

abgeschätzt werden. Zudem zeigen die Untersuchungen<br />

auch die Wettbewerbsvorteile zu konkurrierenden<br />

Fertigungsverfahren und Werkstoffen auf.<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 21


IM RUNDBLICK<br />

37 Unter nehmen aus Deutsch land, West europa, Japan und USA<br />

werden unter der Or ga ni sa ti on des In dus trie ver bands Massivum<br />

formung e. V. und des Stahl ins ti tuts VDEh Leicht bau ansätze<br />

durch den Ein satz von in no va ti ven Stählen und massiv um geformten<br />

Kom po nen ten er ar beiten.<br />

Leicht mit massivumgeformten Bauteilen aus Stahl in die automobile Zukunft<br />

Bild: Initiative Massiver Leichtbau<br />

Die Ergebnisse beider Phasen wurden in zwei Kundentagungen<br />

in den Jahren 2014 beziehungsweise 2016 präsentiert. Diesen<br />

nachfolgend, werden sogenannte TechDays in Kundenfirmen<br />

erfolgreich durchgeführt. Projektpartner der Initiative präsentieren<br />

sich und ihre Leicht bau ideen mit Impuls vor trägen und<br />

eigenen Messe ständen vor Ort beim Kunden, um Mit arbeitern<br />

aus Entwicklung, Konstruktion und Einkauf der jeweiligen<br />

Kunden Leichtbaupotenziale bei der Auslegung von Massivbauteilen<br />

darzustellen.<br />

Begleitend zu den beiden Initiativen untersucht seit 2015 ein<br />

dreijähriges Forschungsprojekt Leichtbaupotenziale massivumgeformter<br />

Bauteile im Pkw-Antriebsstrang. Zehn Forschungsinstitute<br />

und rund 50 Industrieunternehmen entlang der gesamten<br />

Prozesskette entwickeln gemeinsam leistungsfähigere<br />

Stähle, optimierte Wärmebehandlungen sowie neue Verfahren<br />

und Prozesse in der Massivumformung.<br />

Am 1. Juli <strong>2017</strong> ist nun die vierte Säule zum Massiven Leicht bau<br />

ge schaffen worden, die Ini tia tive ist somit in die dritte Phase<br />

ge startet:<br />

Dem all ge meinen Trend zur Elektri fi zie rung fol gend, wird ein Hybrid<br />

fahr zeug unter sucht, um mit be an spruchungs ge rechtem,<br />

ge wichts mini mier tem Bau teil de sign und be lastungs optimier<br />

ten Werk stoffen vor handenes Leicht bau po ten zial aufzudecken.<br />

Zu sätz lich er mög li cht die Ana lyse Ein blicke in eine<br />

neue zu kunfts weisende An triebs technik. Als weitere Er gebnisse<br />

werden das Auf zeigen ent sprechender Po ten ziale für<br />

die Unter nehmen der Massiv um formung, Ein satz mög lich keiten<br />

für mo derne, in no va ti ve Stähle und die Stahlherstellung neuer<br />

Bau teile an ge strebt.<br />

In dieser multi lateralen Studie werden durch die in ten sive in ternatio<br />

nale Zu sam men arbeit von zehn Stahl her stel lern, sieben<br />

Ma schinen bauern für Um form an la gen, einem Werk zeug hersteller<br />

und 20 Massiv um formern alle Kom pe ten zen von der Vorma<br />

te ri al her stel lung über die Um formung und Be ar bei tung von<br />

Bau teilen ge bün delt.<br />

Ferner wird als ein weiterer Schwer punkt nach der Ana lyse<br />

des Leicht bau po ten zials bei einem Pkw und einem leich ten<br />

Nutz fahr zeug nun der Fo kus auf ein schwe res Nutz fahr zeug<br />

ge legt, und zwar auf ein Lkw-Ge triebe sowie auf einen Lkw-Antriebs<br />

strang mit Kar dan welle und Diffe ren zial. Auch in dieser<br />

Phase werden, wie in den beiden zuvor, alle Leicht bau-Lösungsansätze<br />

nach Leicht bau po ten zial, Kos ten und Um setzungs aufwand<br />

be wertet.<br />

Ebenso werden durch begleitende Ge triebe ent wicklungsstudien<br />

die pri mären und se kun dären Effekte des Leicht baus<br />

für die Ge trie be des Hy brid-Fahr zeugs sowie des Lkws er mittelt.<br />

Phase I und Phase II haben ge zeigt, dass heute schon be lastungs<br />

ge rechte hoch feste Stähle auf dem Markt sind, um Getriebe<br />

leichter und effizienter aus zu legen. Die Iniative will nun in<br />

einer weiteren Studie die Frage klären, welche Maß nah men zur<br />

Ein füh rung von neu ent wickelten höher festen Ge triebe stählen<br />

beim Kunden zu er greifen sind.<br />

Mit die sem Gesamt paket an Maß nahmen tragen Massiv umformung<br />

und Stahl in dus trie dazu bei, dass Lösungs an sätze zur<br />

deut lichen Min de rung des Ge wichts, des Energie ver brauchs<br />

und des CO 2 -Aus stoßes für die ge samte Fahr zeug palette vom<br />

Pkw bis zum schweren Nutz fahrzeug bereit stehen.<br />

Bild 2: Portfolio-Grafik: Überblick über die drei Gruppen von Ideen A, B und C<br />

in der Phase II für Leichtbaupotenziale und ihre Auswertung im Sinne der<br />

Gewichtsersparnis<br />

Bild: fka für Iniative Massiver Leichtbau<br />

Bis Ende <strong>2017</strong> be steht für in te res sierte Firmen noch die Möglich<br />

keit, der Ini ti ative Massiver Leicht bau Phase III bei zutreten<br />

und sich in ten siv mit den Mega trends „Elektri fi zie rung<br />

des An trieb strangs“ und „Leicht bau“ aus ein ander zu setzen.<br />

Weitere Informationen unter www.massiverLEICHTBAU.de<br />

22<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


IM FOKUS<br />

Energiepolitische Forderung<br />

an die nächste Bundesregierung<br />

Die Bundestagswahl <strong>2017</strong> bringt Bewegung in die ener gie poli<br />

tische De batte – zahl reiche Par teien und Orga ni sa tionen erkennen,<br />

dass eine Neu ver teilung der energie po li ti schen Kosten<br />

an ge gan gen wer den muss, um den Strom preis zu entlasten.<br />

24<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


IM FOKUS<br />

AUTOR<br />

Dipl.-Kfm.<br />

Holger Ade<br />

ist Leiter Betriebs-, Volkswirtschaft,<br />

Energie- und Klimapolitik im WSM<br />

Wirtschaftsverband Stahl- und<br />

Metallverarbeitung in Hagen<br />

Der WSM Wirtschafts verband Stahl- und Metall ver ar beitung<br />

e. V. beschäftigt sich mit einer inzwischen größer ge wordenen<br />

Gruppe von BDI-Mitglieds ver bänden seit dem Jahr 2012 intensiv<br />

mit der Forde rung, die energie wende bedingten Strom kosten<br />

nicht länger auf den Strom preis und damit alle Ver braucher<br />

um zu legen, son dern diese gesamt gesell schaft liche Auf gabe<br />

aus dem Bundes haus halt zu finanzieren. Am 24. Oktober 2012<br />

hatte das Bündnis, das damals aus dem WSM, dem Gesamt verband<br />

textil+mode sowie dem Bundes ver band der Deutschen<br />

Gießerei-Industrie bestand, in Berlin im Rahmen eines par lamen<br />

ta rischen Abends die Ergeb nisse einer Studie vor ge stellt,<br />

mit der man das Institut der Deutschen Wirt schaft (IW Köln)<br />

be auftragt hatte. Professor Dr. Michael Hüther, Leiter des<br />

Instituts, hatte der inter es sierten Öffent lich keit vor ge rechnet,<br />

um wie viele Prozent punkte man alternativ die Mehr wertsteuer,<br />

die Strom steuer oder die Ein kommen steuer erhöhen<br />

müsste, um das damalige Vo lu men der EEG-Umlage in Höhe von<br />

18 Milliarden Euro (im Jahr 2013) über den Bundes haus halt zu<br />

finanzieren. So wäre eine Option, die er mä ßi gte Mehr wert steuer<br />

von sieben Pro zent nur noch auf Nahrungs mittel zu er heben<br />

und für die anderen Pro dukte auf den Regel satz von 19 Prozent<br />

an zu heben. Weitere Mög lich keiten wären, beide Mehr wertsteuer<br />

sätze um einen Prozent punkt oder den So li dari täts zuschlag<br />

um sieben Prozent punkte an zu heben.<br />

In Tabelle 1 sind 5 mögliche Szenarien einer Gegenfinanzierung<br />

mit ihren jeweiligen Aufkommenswirkungen dargestellt.<br />

Die Szenarien 1 und 2 schlagen unterschiedliche Anhebungen<br />

der Mehrwertsteuer vor, Szenario 4 eine Anhebung der Ertragbeziehungsweise<br />

Einkommensteuern über den Solidaritätszuschlag.<br />

Die Sze na rien 3 und 5 kombi nieren diese Ideen mit<br />

einer Erhöhung der Stromsteuer.<br />

Reformszenario Umsatzsteuer Stromsteuer<br />

Solidaritätszuschlag<br />

Aufkommenswirkung<br />

Einheit % ct/kWh % Mrd. €<br />

2012<br />

Szenario 2012 -1 20 (9) 14,6<br />

Szenario 2012 -2 21 (7) 14,8<br />

Szenario 2012 -3 20 (7) 4,05 14,9<br />

Szenario 2012 -4 11,0 13,3<br />

Szenario 2012 -5 4,05 8,0 13,5<br />

2013<br />

Szenario 2013 -1 21 (8) 18,5<br />

Szenario 2013 -2 19 (19) 21,5<br />

Szenario 2013 -3 20 (8) 4,05 18,6<br />

Szenario 2013 -4 12,5 17,6<br />

Szenario 2013 -5 4,05 9,5 17,6<br />

Tabelle 1: Möglichkeiten der Umfinanzierung;<br />

Finanzierungsbedarf 2012: 13,5 Mrd.; 2013: 18 Mrd.<br />

Quelle: Berechnungen des IW Köln, Vortrag Professor Dr. Hüther (IW Köln) am<br />

24.10.2012 in Berlin<br />

Leider hat sich gezeigt, dass solche Maß nahmen bisher politisch<br />

nicht „anschluss fähig“ waren, also für eine Re gie rung kaum umsetzbar.<br />

Inzwischen enthält der Bundeshaushalt jedoch erhebliche<br />

Über schüsse, die in den Wahl programmen der Parteien<br />

Gegenstand einer großzügigen Umverteilung sind, die über die<br />

Ein kommen steuer ge staltet werden soll. Würde der Staat die finan<br />

ziellen Mittel einsetzen, um die Kosten der Energie wende zu<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 25


IM FOKUS<br />

Bild 1: Anteile der EEG-Umlage am Einkommen<br />

Einkommensgruppen auf Basis bedarfsgemäßer Pro-Kopf-Ein kommen, in €<br />

Quelle: Sozioökonomisches Panel, eigene Berechnungen; Vortrag Professor Dr. Hüther (IW Köln)<br />

am 24.10.2012 in Berlin<br />

über nehmen, würden die Haus halte allein durch den Weg fall der<br />

EEG-Um lage jähr lich um etwa 300 Euro ent lastet. Diese Ent lastung<br />

käme, anders als bei steuer po li tischen Maß nahmen, allen<br />

Haus halten in gleicher Höhe zugute, denn das IW-Gut achten<br />

aus dem Jahr 2012 hatte auch zum Ergebnis, dass der Strom verbrauch<br />

unelastisch auf das Haushaltseinkommen reagiert, das<br />

heißt Haushalte mit geringem Einkommen verbrauchen gleich<br />

viel Strom wie Haus halte mit hohem Ein kommen.<br />

Bild 1 veranschaulicht, dass bereits die EEG-Umlage im Jahr 2011<br />

bei Haus halten mit nied rigen Ein kommen rund 0,9 Pro zent des<br />

Budgets ausmachte, inzwischen ist die Umlage in etwa doppelt<br />

so hoch. Dagegen erreicht die EEG-Umlage in Haus halten mit<br />

höheren Ein kommen weniger als 0,2 Prozent des Haus haltsnettos.<br />

Das „Bünd nis faire Energie wende“, das inzwischen auf sieben<br />

mittelständisch geprägten Industriebranchen angewachsen<br />

ist, fordert daher die nächste Bundes regierung auf, die Energiewende<br />

statt wie bisher über den Strom preis in Zukunft über<br />

den Bundeshaushalt zu finanzieren. Dieser Forderung haben<br />

sich im Wahljahr weitere Verbände angeschlossen, vollumfänglich<br />

etwa der Zentralverband des Deutschen Handwerks<br />

und Familienunternehmen. Teilweise auch der Industrie- und<br />

Handelskammertag, der vorschlägt, die Einnahmen aus der<br />

Stromsteuer für eine Absenkung der EEG-Umlage zu verwenden.<br />

Auch aus Richtung der Er neuer baren Ener gien sind Stimmen zu<br />

vernehmen, die den Einsatz von Haushaltsmitteln für die Finanzierung<br />

der Energiewende fordern. So schlägt der Bundesverband<br />

Neue Energiewirtschaft gemeinsam mit der Verbraucherzentrale<br />

Bundesverband sowie dem Einzelhandelsverband vor,<br />

die Industrieentlastungen aus Steuermitteln zu finanzieren und<br />

die Energiesteuer auf den europäischen Mindestsatz zu reduzieren.<br />

Selbst die Politikberater von Agora Energiewende sehen die<br />

Notwendigkeit, das System von Steuern, Abgaben und Umlagen<br />

auf Energie grundlegend zu überarbeiten, um die Stromkosten<br />

zu senken. Der Druck auf die Politik ist also hoch! Und die Parteien<br />

haben er kannt, dass dieses Thema auf die Tages ordnung<br />

der nächsten Legislaturperiode gehört, das haben zahlreiche<br />

Ge spräche mit Ver tretern des Bundes tags aber auch auf re gionaler<br />

Ebene ge zeigt. Es scheint, als komme es jetzt nur noch auf<br />

das Wie an, nicht mehr auf die Frage, ob die Finanzierung der<br />

Energiewende neu gestaltet werden muss.<br />

Die bayerische IHK hatte die Kosten wirkungen der unter schiedlichen<br />

Optionen einer Umverteilung der EEG-Umlage in einer<br />

Studie unter suchen lassen, die Ende 2016 der Öffent lich keit vorgestellt<br />

wurde.<br />

Dem nach müsste der Staat bei einer voll stän digen Haus haltsfi<br />

nan zierung der EEG-Umlage 25,67 Mil li arden Euro auf brin gen.<br />

Ein Durchschnittshaushalt würde dann um jährlich 222 Euro<br />

26<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


IM FOKUS<br />

Lösungsvorschlag EEG-Umlage Haushalte GHD Industrie BesAR Staat<br />

Einheit ct/kWh €/Jahr % % % Mrd. €<br />

Entlastung über Stromsteuer 4,71 – 70 -8,8 -14,5 -1,1 7,39<br />

Entlastung über andere staatliche<br />

Finanzierung<br />

3,04 – 124 -15,6 -25,5 -1,9 13,05<br />

Finanzierung der BesAR 5,27 ca. – 52 -6,6 -10,7 -0,8 5,49<br />

Vollständige staatliche Finanzierung 0,00 – 222 -27,9 -45,7 -4,6 25,67<br />

Einnahmen aus ETS 6,61 – 9 -1,1 -1,8 -0,1 0,84<br />

Streckungsfonds A: 6,5 ct/kWh 6,50 – 12 -0,9 -1,4 -0,2<br />

Streckungsfonds B: 3,0 ct/kWh 3,00 – 125 -9,4 -14,1 -1,7<br />

EEG-Umlage erweitert auf Endenergie<br />

insgesamt (Variante A)<br />

1,09 ca. – 186 -8,1 -7,8 -2,9<br />

EEG-Umlage erweitert auf Endenergie für<br />

Raumwärme und Transport (Variante B)<br />

EEG-Umlage erweitert auf Endenergie für<br />

Raumwärme (Variante C)<br />

EEG-Umlage erweitert auf CO2 insgesamt<br />

(Variante A)<br />

EEG-Umlage erweitert auf CO2 aus<br />

Verbrauch für Raumwärme und Transport<br />

(Variante B)<br />

EEG-Umlage erweitert auf CO2 aus<br />

Verbrauch für Raumwärme (Variante C)<br />

1,42 – 176 -22,7 -57,0 -2,7<br />

2,28 – 148 -19,6 -35,5 -2,3<br />

1,84 – 163 -20,5 -33,5 -2,5<br />

2,36 – 146 -19,2 -30,0 -2,3<br />

3,37 – 113 -15,5 -30,6 -1,8<br />

Tabelle 2: Quantitative Wirkungen der Vorschläge für die EEG-Umlage auf Strompreise, auf die Stromkosten,<br />

sowie den Staatshaushalt (jeweils <strong>2017</strong>)<br />

Quelle: Studie „Alternative Finanzierung des EEG-Kontos“ im Auftrag von BIHK und VBEW, 2016<br />

ent lastet und auch die Strom kosten der Unter nehmen würden sinken, am stärksten<br />

bei Industrie be trie ben (45,7 Prozent). Aber selbst Be triebe, die von der be son deren<br />

Aus gleichs re ge lung des EEG pro fi tieren, würden im Durch schnitt 4,6 Pro zent weniger<br />

für elektrische Energie bezahlen.<br />

Ver treter des Wirtschafts mi niste riums fa vo ri sieren dem Ver neh men nach allerdings<br />

Ideen, wonach die EEG-Um lage nicht mehr nur auf Strom er ho ben, son dern auf<br />

weitere Energie träger wie Erd gas, Mi ne ral öl aber auch Ben zin und Diesel verteilt<br />

werden soll. Die unteren sechs Va ri anten in Tabelle 2 be schreiben die ent sprechenden<br />

Aus wir kungen des Vor schlags, der er kenn bar ohne Be lastungen des Staats haus halts<br />

aus käme. Dies hätte eine Lenkungs wir kung, durch die eine Ein bin dung der Sek toren<br />

Wärme und Mobi li tät in die Energie wende er leich tert würde. Denn der mit den Um lagen<br />

be lastete Strom ist in diesen anderen Sek to ren nicht wett bewerbs fähig. Solche<br />

Lösungen hätten jedoch im Wesent lichen zwei Nach teile: Die anderen Energie träger<br />

sollen mittel fristig nicht mehr ge nutzt werden, da ihre Ver brennung CO 2 frei setzt. Die<br />

energie po li tischen Kosten würden also suk zessive in den Strom preis zurück kommen.<br />

Und alle Lösungen, die weiter hin eine Um lage auf den Strom preis bei be hal ten (auch<br />

wenn sie nie dri ger aus fallen würden) machen die Bei be hal tung der büro kra ti schen,<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 27


IM FOKUS<br />

den Wett be werb ver zer renden Aus nahme re ge lungen für die<br />

In dustrie er for der lich. Das Bünd nis um den WSM herum setzt<br />

sich daher mit un ver min der tem Nach druck für eine voll ständige<br />

Über nahme der Energie wende kosten durch den Bundes haushalt<br />

ein und setzt dabei auf fol gen de Argu men te:<br />

KOSTEN SOZIAL- UND LEISTUNGSGERECHT VERTEILEN<br />

Durch die Be zah lung der Energie wende kosten aus dem<br />

Bundes haus halt werden ein kommens schwache Haus halte<br />

von den Um la gen ent lastet. Soll ten für die Gegen fi nan zie rung<br />

Ein kommen steuern an ge ho ben wer den, würde dies solche<br />

Haus halte nicht be lasten, die Ent las tung käme also voll umfäng<br />

lich bei den Be ziehern nie dri ger Ein kommen an. Gleichzeitig<br />

würden jedoch Unter nehmen (auch die Industrie) weiterhin<br />

an der Fin an zie rung der Energie wende be teiligt, da sie über<br />

die er wirt schafteten Er träge steuer pflich tig sind. Die Er träge<br />

dürften durch die Ent lastung des Pro duktions faktors Strom<br />

sogar steigen und damit die Ertrags steuer basis ver brei tern.<br />

WETTBEWERBSVERZERRUNGEN BESEITIGEN –<br />

INTERNATIONAL UND NATIONAL<br />

Die hohen po li ti schen Strom kosten be hin dern Unter nehmen im<br />

inter na ti onalen Wett bewerb, so wohl auf aus ländi schen Märkten<br />

als auch im In land! Die Ent lastungs sys te ma tik bei der EEGund<br />

KWK-Um lage führt zu Wett be werbs ver zerrungen inner halb<br />

von Bran chen in Deutschland, denn ent las tete und nicht entlas<br />

tete Unter nehmen stellen häufig iden ti sche Pro duk te her.<br />

Die Be rech nungs sys tematik der Strom kosten in ten si tät, die zu<br />

einer Ent las tung der Unter nehmen be rech tigt, be straft arbeitsinten<br />

sive und strom effi zi ente Pro zesse, ver hin dert also den<br />

Auf bau von Be schäftigung und In ves titi onen in Energie effi zienz.<br />

ARBEITSPLÄTZE SICHERN UND DEREN AUFBAU NICHT<br />

BESTRAFEN<br />

Die hohen und ab seh bar weiter stei gen den po li ti schen Stromkosten<br />

in Deutschland führen zu In ves ti ti ons ent scheidungen<br />

gegen den Stand ort zu guns ten von Re gi onen mit nie dri geren<br />

Kosten. Das ge fähr det be ste hende Arbeits plätze in unserer<br />

In dustrie und ver hin dert einen Aus bau der Be schäfti gung in<br />

ener gie in ten si ven Bran chen.<br />

INVESTITIONSSICHERHEIT FÜR DIE INDUSTRIE ERHÖHEN<br />

Unter neh men haben kaum Sicher heit über die Ent wick lung<br />

ihrer Strom kosten! Nicht nur die EEG-Um lage steigt er kenn bar<br />

weiter, auch die Netz ent gelte ent wickeln sich un kal ku lier bar.<br />

Zu dem sind die Ent las tungen für die strom in ten si ven Unterneh<br />

men von Jahr zu Jahr nicht sicher, denn die Strom kosteninten<br />

si tät der Be trie be schwankt und die Rahmen be din gungen<br />

än dern sich eben falls. In ves ti ti onen können oft erst frei ge geben<br />

werden, wenn der po si tive EEG-Ent las tungs bescheid vom<br />

Bundes amt für Wirt schaft und Aus fuhr kon trolle (BAFA) vorliegt.<br />

Länger fris tige In ves ti ti onen sind unter diesen Um ständen<br />

nicht mög lich.<br />

EUROPÄISCHES BEIHILFERECHT UMGEHEN<br />

Die Ent lastungen der In dustrie von der EEG-Um lage stehen<br />

im Fokus des euro pä ischen Bei hilfe rechts. Die Leit linien für<br />

Um welt- und Energie bei hilfen als Grund lage der Ent lastungssys<br />

te matik gelten bis zum Jahr 2020. Vor Ände rungen sind die<br />

Unter nehmen nicht ge schützt, auch die bisher existie renden<br />

Auffang regeln sind keines wegs sicher. Die För de rung des Ausbaus<br />

erneuer barer Ener gien ist da ge gen eine er laubte Bei hilfe<br />

und kann daher vom Staat über nommen werden, ohne dass<br />

die EU da ge gen vor gehen könnte.<br />

DEZENTRALISIERUNG (EIGENERZEUGUNG) ERMÖGLICHEN<br />

Die De zen tra li sie rung der Strom er zeu gung ist po li tisch gewünscht,<br />

unter an de rem da der Netz aus bau be darf sinkt, wenn<br />

Strom vor Ort pro du ziert und ver braucht wird. Aller dings re duziert<br />

Eigen er zeu gung und -ver brauch die Strom menge, auf die<br />

Um lagen ver teilt werden können, daher werden auch auf selbst<br />

er zeug ten und ver brauch ten Strommengen Stromumlagen<br />

fällig. Eine Abschaffung der Umlagen durch Haus halts finanzierung<br />

löst auch dieses Para doxon auf. Eigen erzeugung<br />

könnte von Kosten ent las tet werden und die ge wünschten Wirkungen<br />

ent falten – die Energie wende würde somit be schleunigt.<br />

UND…<br />

…die Energie wende ist eine gesamt gesell schaft liche Auf gabe<br />

ver gleich bar der po li tischen Wende nach der Wieder ver ei nigung;<br />

für diese wird ein Soli dari täts zu schlag er hoben. Die Haushalts<br />

finanzierung würde im Bundes tag dis ku tiert, par la men tarisch<br />

kon trol liert und demo kra tisch legi ti miert. Die Haus haltsdis<br />

zi plin würde ein trans pa ren tes und effi zi entes Förder sys tem<br />

für den wei te ren Aus bau der re ge ne ra ti ven Strom er zeu gung im<br />

Wett be werb mit anderen po li ti schen Pro jek ten ge ne rie ren.<br />

WOHER KOMMT DAS GELD FÜR EINE<br />

HAUSHALTSFINANZIERUNG?<br />

Im Wahl kampf zur Bundes tags wahl haben die Par teien Besteue<br />

rungs mo delle vor ge legt, die den Bürger um deut lich<br />

zwei stellige Milliarden be träge ent lasten. Durch den pro gressiven<br />

Steuer tarif kommen die Ent lastungen aber immer auch<br />

bei den Besser- und gar nicht bei Gering ver dienern an. Die Abschaffung<br />

der ener gie po li ti schen Um lagen würde alle Haushalte<br />

ent lasten und den Kon sum er höhen und zu dem In ves titi<br />

onen der In dustrie an reizen und Arbeits plätze schaffen. Die<br />

Haus halts fi nan zierung der Energie po li tik kosten ist ein Konjunk<br />

tur pro gramm!<br />

Ob sich diese For de rung durch setzt, muss der po li ti sche Diskurs<br />

der nächsten Monate zeigen.<br />

28<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


AUS DER PRAXIS<br />

Schmiedebauteil-Lebensdaueranalyse<br />

mit ak tu ellsten am Markt<br />

verfügbaren virtuellen Methoden<br />

Vir tuelle Be rech nungs methoden sind in der Um form technik und auch in der Bau teil entwicklung<br />

seit Jahr zehnten fixer Be stand teil des je wei ligen Pro dukt ent wick lungs prozesses.<br />

Auf grund der immer größer wer den den An for derungen an die Bau teile hin sicht lich<br />

des Leicht baus steigt auch die Er for der nis, den Her stellungs pro zess im Pro duktent wicklungs<br />

pro zess früh zeitig vir tuell ab zubilden.<br />

30<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


AUS DER PRAXIS<br />

AUTOREN<br />

Dipl.-Ing.<br />

Stefan Trabesinger<br />

Dipl.-Ing.<br />

Gerald Pichler<br />

Dipl.-Ing. (FH)<br />

Christian Rieger, M.Sc.<br />

ist BU Manager<br />

Forging Engineering<br />

bei der SinusPro GmbH<br />

in Graz/Österreich<br />

ist Senior Engineer<br />

und Projektleiter<br />

bei der SinusPro GmbH<br />

in Graz/Österreich<br />

ist Geschäftsführer<br />

der SinusPro GmbH<br />

in Graz/Österreich<br />

Als nicht zu unter schätzende Un genauig keit bei der Simulation<br />

von Bau teilen stellen sich immer wieder die zur Verfügung<br />

stehenden Material daten heraus. In den meisten<br />

Fällen wurden bisher zur Berech nung der Bau teil halt barkeit<br />

iso trope Material daten heran gezogen. Immer stärkere<br />

Rechner leistungen und Weiter ent wicklungen in Soft ware<br />

zur Ab bil dung von mole kularen Ma terial zusam men hängen<br />

er leich tern nun auch die Mit be trachtung der Ani so tro pie<br />

der Festig keit, ge nauer: die Be trachtung von der je wei li gen<br />

Richtungs ab hängig keit. Mit dem neu ent wickelten Si mula<br />

tions-Work flow ist es möglich, ein besseres Ver ständ nis<br />

der Werk stoff ani so tropie zu gewinnen, die Betriebs- und<br />

Eigen span nungen ein zu beziehen und die Er geb nisse von<br />

dy na mischen Tests zu ver wenden. Durch die Analyse des gesamten<br />

Pro duktions pro zesses ist es nun mehr möglich, die<br />

Lebens dauer von Schmiede teilen sehr realis tisch und exakt<br />

zu berechnen. In diesem Artikel wird die virtuelle Ab bil dung<br />

des ge sam ten Pro duk tions pro zesses inklu sive Ent wick lung<br />

einer eigenen Material-Soft ware am Bei spiel einer 2-Zylinder-<br />

Kurbel welle aus dem Be reich Auto motive er läutert.<br />

Um sämtliche Effekte in der Simu lation ab zu bilden, welche bei der Pro duktion einer Kurbel welle ent stehen, werden die folgenden<br />

Schritte durch geführt:<br />

Auslegung der<br />

1.<br />

Vorform mittels<br />

2.<br />

Reckwalzen<br />

Simulation des<br />

Reckwalzens<br />

3.<br />

Simulation des<br />

Gesenkschmiedens<br />

4.<br />

Simulation der<br />

Wärmebehandlung<br />

zur Ermittlung der<br />

Eigenspannungen<br />

5.<br />

Vereinfachte<br />

Simulation der<br />

Bearbeitung<br />

Vereinfachte<br />

6. Simulation des 7.<br />

Schleifprozesses<br />

Simulation der voll<br />

dynamischen<br />

Belastungen der<br />

Kurbelwelle<br />

8.<br />

Eigenentwicklung<br />

einer Software zur<br />

Voraussage lokaler<br />

Festigkeits-<br />

Anisotropie<br />

9.<br />

Verwendung der<br />

ermittelten Längs- und<br />

Querfestigkeitsdaten<br />

aus dynamischen<br />

Lebensdauer-Tests<br />

10.<br />

Simulation der<br />

Bauteilfestigkeit<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 31


AUS DER PRAXIS<br />

Rohmaterial<br />

• Beschaffung<br />

• Materialtests<br />

Umformung<br />

• Simulation<br />

• Prozessabbildung<br />

Wärmebehandlung<br />

• Simulation<br />

Produktion<br />

• Simulation<br />

Wärmebehandlung<br />

• Simulation<br />

Bauteilabsicherung<br />

• Simulation<br />

Bild 1: Herstellungsprozess einer Kurbelwelle<br />

Der Schwer punkt in diesem Beitrag wird auf die fol gen den Bereiche<br />

ge legt: Simu lation der Wärme be handlung, Simu lation der<br />

voll dy namischen Be las tungen, Ei gen ent wicklung einer Software<br />

zur Voraus sage lokaler Festig keits-Aniso tropie, Er mitt lung<br />

der tat säch lichen Aniso tropie sowie Simu lation der Bau teil ­<br />

festig keit.<br />

SIMULATION DER WÄRMEBEHANDLUNG<br />

Die Ab bil dung der Wärme be handlung und spe ziell die Ermittlung<br />

der daraus re sul tie ren den Eigen span nungen er fordert<br />

einige wichtige Schritte, wel che hier er läutert werden (Bild 1).<br />

Die Basis bil det eine Material simu lation, bei der die Ein gabepara<br />

meter nach folgend be schrieben wer den: Aus gehend von<br />

den Tem pera turen, die am Bau teil nach der Schmiede simulation<br />

vor liegen, wird eine rein thermische Finite-Elemente-Temperatur<br />

ver teilungs rechnung von jedem Wärme behand lungsschritt<br />

durch geführt.<br />

Im nächsten Schritt werden in Ab hängig keit von Härte und<br />

Gefüge aus ZTU-Dia grammen (aus der Literatur oder nach<br />

Ermitt lung) die ent sprechen den Ab kühl kurven be stimmt.<br />

Mit der chemischen Ana lyse sind die Ein gabe daten nun vollständig.<br />

Als Er geb nisse aus der Material simu lation werden<br />

die Kurven verläufe von Wärme aus dehnungs koeffi zient, Dichte<br />

sowie tem peratur- und spannungs ab hängige Spannungs-<br />

Dehnungs kurven gewonnen. Diese er mittel ten Kurven werden<br />

als Material kurven in der Festig keits berechnung ver wendet,<br />

um die Eigen span nungen zu be rechnen (Bild 2). Da die Berechnung<br />

von Eigen span nungen, vor allem von ganzen Bauteilen,<br />

sehr hohe An sprüche hin sicht lich Rechen zeit an die<br />

ver wen dete Hard- und Soft ware stellt, wurde dazu ein eigenes<br />

Soft ware-Unter pro gramm erstellt, welches um fassende Benutzer<br />

ein gaben und erhöhte Ergebnis ge nauig keit, voll ständige<br />

Netz-Un ab hängig keit und zeit sparende Netz-Fest legung, keine<br />

Über tragung von Span nungen und da durch eine Mini mierung<br />

des Fehler risikos während der Be nutzer ein gabe bietet.<br />

Um das voll ständige Be lastungs spektrum eines Ver brennungsmotors<br />

abzubilden, wird eine voll dyna mische tran siente<br />

Mehr körper simu lation durch geführt (Bild 3). Dabei werden<br />

die nicht linearen Effekte der Gleit lager mittels elasto-hydrodyna<br />

mischer (EHD-) Simu lation voll ständig berück sich tigt.<br />

Als Ein gabe daten fungieren Last daten in Form von Gas- und<br />

maxi malem Zylinder druck, elastischen Kör pern (zum Bei spiel<br />

Kurbel welle und Pleuel), nicht line aren Feder ele men ten zur Abbil<br />

dung der Kolben ­Liner-Inter aktion so wie elasto hydro dynamische<br />

Gleit lager ele mente für die Haupt lager und die Lager am<br />

großen Pleuel auge. Ergeb nisse aus der EHD-Simu lation sind<br />

die Ver teilung des Drucks in allen Lagern, der Ölfluss, die Reibleistung<br />

und die elas tische De for mation des Kurbel triebs.<br />

Bild 2: Eigenspannungen beim induktiven Aufheizen<br />

32<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


AUS DER PRAXIS<br />

Bild 3: Darstellung der Kräfte und Drücke an einer Kröpfung Bild 4: Sicherheitsfaktor infolge Anisotropie Bilder: Autoren<br />

EIGEN ENT WICKLUNG EINER SOFT WARE ZUR VOR AUSSAGE<br />

LOKALER FESTIG KEITS-ANISO TROPIE<br />

Je nach ein ge setztem Werk stoff wird im Vor feld eine umfassende<br />

Pro zess ana lyse durch geführt, welche zum Ziel hat,<br />

Material para meter zu finden, die maß geb lichen Ein fluss auf die<br />

Aniso tropie haben. Infolge dieser gewon nenen Ein fluss parameter<br />

wurde die Soft ware „Material Mapper“ [1] ent wickelt. Sie<br />

erfüllt den Zweck, die Rich tungs daten aus der Um form simulation<br />

in der Festig keits be ur teilung zu verwenden. Die Soft ware<br />

bietet die fol genden Vor teile:<br />

• Informa tionen zur tat säch lichen Aus rich tung des Festigkeits<br />

tensors für jeden Ort im Modell des ver wen deten Werkstoffs<br />

• Visuali sierung der Werk stoff aniso tropie nach dem Um formpro<br />

zess<br />

• Möglich keit zum Er höhen der Festig keit auf grund exakter<br />

Kenntnis des Werk stoff fließ pfads<br />

• Ver wendung von Daten aus Dauer festig keits tests<br />

• Er kennung von Schwach stellen des Werk stoffs in der Lebensdauer<br />

analyse<br />

Für die Daten ein gabe sind Kennt nisse des Werk stoff ver haltens<br />

und der Effekte während des Schmiede pro zesses sowie Kenntnisse<br />

der relevanten Ein fluss fak toren des Werk stoffs und der<br />

von der Schmiede simu lation erzeug ten Fluss linien er for der lich.<br />

Bild 4 zeigt den sche matischen Ab lauf des Daten flusses, um<br />

den Sicher heits faktor mit aniso tropen Material daten be rechnen<br />

zu können.<br />

[1] SinusPro GmbH, eigene Entwicklung<br />

ERMITTLUNG DER TAT SÄCH LICHEN AN ISO TRO PIE UND<br />

SI MU LA TION DER BAU TEIL FESTIG KEIT<br />

Ab schließend werden noch Para meter beschrieben, welche<br />

bei der Genauigkeit des betrachteten Prozesses den größten<br />

Vorteil bringen. Die Kenntnis über die Rich tungs ab hängig keit<br />

des jewei ligen Materials ist der erste essen tielle Bau stein, der<br />

zweite stellt die Kenntnis über die tat säch liche Festig keit des<br />

jeweiligen Werk stoffs dar. Im Spe ziellen handelt es sich dabei<br />

um das Ver hältnis von Längs- zu Quer festig keit. Diese Daten sind<br />

nach derzeitigem Stand der Technik ausschließlich durch Dauerfestigkeitstests<br />

zu ermitteln und dementsprechend zeit- und<br />

kostenintensiv. Sollten keine Testdaten vorliegen, kann dieses<br />

Verhältnis auch angenommen werden, was für Relativvergleiche<br />

ein zulässiger Weg ist. Die Er mittlung von Ab solut werten bietet<br />

die höchste Qualitäts güte. In der finalen Be rechnung des Sicherheitsfaktors<br />

sind somit alle relevanten und beeinflussenden<br />

Parameter berücksichtigt, welche den realen Prozess derzeit am<br />

realistischsten abbilden.<br />

Die durchgeführten Berechnungen und Benchmarks haben<br />

gezeigt, dass unter Berücksichtigung der Eigenspannungen<br />

und der volldynamischen Belastungen, der Anisotropie und der<br />

tatsächlichen Festigkeitswerte im Material noch ausreichend<br />

Reserven vor handen sind. Damit konnte mit den neuen Methoden<br />

ge zeigt werden, welche Stellen im Bau teil das höchste Poten zial<br />

für Materialeinsparungen bieten.<br />

SinusPro GmbH<br />

Conrad-von-Hötzendorf-Str. 127/2. OG<br />

8010 Graz, Österreich<br />

Tel.: +43 316 392990<br />

office@sinuspro.at<br />

www.sinuspro.at<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 33


AUS DER PRAXIS<br />

Entwickler unter Zeitdruck –<br />

Herausforderungen für<br />

den Massivumformer<br />

Rückrufaktionen sind heutzutage mit einer Vielfalt an Ur sachen ein<br />

zu nehmen des Er eig nis in der Auto mo bil bran che. Ent wick lungs in geni<br />

eu re sind ak tuell noch nicht stark davon betrofen, diese Si tu ation<br />

kann sich aber in Zu kunft än dern. Als Grün de können die Ten denz<br />

zur Ver kür zung der Ent wick lungs zeiten, die Kosten re du zie rung und<br />

die Ten denz zum Leicht bau auf ge führt werden.<br />

34<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


AUS DER PRAXIS<br />

AUTOREN<br />

Dr.-Ing.<br />

Pablo Guel-López<br />

ist Projektleiter FEM bei<br />

LINAMAR SEISSENSCHMIDT<br />

Forging in Plettenberg<br />

Karsten Bartsch<br />

ist Leiter Technologie bei<br />

LINAMAR SEISSENSCHMIDT<br />

Forging in Plettenberg<br />

Bild 1: Entwicklungsablauf (OEM-Lieferant)<br />

In der Warmmassivumformung gilt die Produktentwicklung<br />

als sehr viel schichtig. Zum einen ist die Ent wick lung eines<br />

neuen Pro dukts zu nennen, bei denen meistens nur die Randbedingungen<br />

oder die Geo metrie bekannt sind, zum anderen<br />

Produktänderungen, bei welchen die Randbedingungen nur<br />

aktualisiert werden sollen. Diese Aufgaben muss der Konstrukteur<br />

zusammen mit dem Kunden unter Berücksichtigung der<br />

Wirtschaftlichkeit erfüllen. Das stellt Unternehmen, die im mittelständischen<br />

Segment angesiedelt sind, vor Herausforderungen,<br />

da die finan ziellen Mittel für die Ent wicklung begrenzt sind.<br />

In der Schmiedeindustrie sind die Produktionsschritte klar<br />

definiert. Zur kontinuierlichen Optimierung existiert auf dem<br />

Markt eine Viel zahl an Tools. Hier sind die Finite-Ele mente-<br />

Methode (FEM), das Re verse Engineering sowie die Ver suchsplanung<br />

(DOE) zu er wähnen. Unter den genannten theore tischen<br />

Unter suchungs-Tools darf man auch die prak tischen Versuchsstände<br />

nicht außer Acht lassen. Ohne den Ein satz solcher Prüfstände<br />

würde die Anzahl von Reklamationen am Endprodukt<br />

deutlich steigen.<br />

Im Hin blick auf die eingeräumte Ent wicklungs zeit ist es gar nicht<br />

darstellbar, alle Untersuchungsmöglichkeiten einzusetzen – es<br />

gibt beispielsweise zahlreiche Berechnungsmöglichkeiten bei<br />

der Entwicklung eines Schmiedeteils. Außerdem gilt es zu unterscheiden,<br />

ob warm-, halb warm- oder kaltum ge formt wird. Beim<br />

Warmschmieden gibt es ein breites Spektrum an Berechnungsmög<br />

lich keiten: die Er wär mung (sowohl induktiv als auch im<br />

E-Ofen), das Scheren, das Um formen, die Wärme be handlung, die<br />

Mikro struktur sowie die Viel zahl von Phä no menen, die sich in der<br />

Prozesstiefe verstecken, wie zum Beispiel der Transport durch<br />

die Presse (Kinematik) sowie die Ab kühlung und Be lastung der<br />

Werkzeuge. Aufgrund des vorherrschenden Zeitdrucks ist es<br />

für den Ent wickler nicht realisier bar, alle Mög lich keiten aus zuschöpfen.<br />

Demzufolge wird das Scheren nicht be rück sichtigt<br />

und das Teil als ideal zylindrisch angenommen. Für einige Teile<br />

spielt die Annahme von einem zylindrischen Abschnitt keine<br />

große Rolle, aber für viele Teile ist die Be rech nung mit einem deformierten<br />

Abschnitt wichtig, da ansonsten die Ergebnisse zu<br />

weit von der Realität entfernt sind.<br />

Bei LINAMAR SEISSENSCHMIDT Forging (LSF) in Pletten berg<br />

werden jährlich etwa 750 unterschiedliche Produkte gefertigt,<br />

hinzukommen stetig weitere Neuprodukte. Dabei werden Fertigteilanpassungen<br />

und Verbesserungen der Produktion immer<br />

vorrangig betrachtet. Von der Kundenanfrage bis zum ersten<br />

Muster teil ist in der Regel ein Zeit raum von zwölf Wochen kal kuliert.<br />

Hinzu kommen noch Vor unter suchungen, welche eine grobe<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 35


AUS DER PRAXIS<br />

Bild 2: Berechnungszeiten in der Warmmassivumformung<br />

Ein schätzung der Mach bar keit beinhalten. Ohne die Vor untersuchung<br />

ist eine Pro dukt planung nicht re ali sier bar. In Bild 1 sind<br />

die Schritte in der Ent wick lung graphisch dar ge stellt, von der<br />

Kunden anfrage bis zum fertigen Pro dukt. Je nach Pro dukt sind<br />

die Heraus for derungen unter schiedlich, und somit variiert auch<br />

der Ent wick lungs auf wand. Ein wichtiger Punkt ist die Kom muni<br />

kation mit dem Kunden, da der Er folg von der richtigen Wahl<br />

der Rand be dingungen abhängt und der Partner sehr wichtige<br />

Infor mationen liefert.<br />

Wie bereits er wähnt, gibt es eine Reihe von unterstützenden<br />

Tools, um den Pro zess zu opti mieren, von denen einige im Einsatz<br />

sind. Für ein mittel ständisches Unter nehmen ist es sehr<br />

wichtig, das Gleich gewicht zwischen Kosten und Nutzen aus zubalancieren,<br />

da die Kosten für CAD-Systeme und FEM-Tools sehr<br />

hoch sind. Somit bleibt nur ein geringer Spiel raum für andere<br />

Simu lations pro gramme, bei spiels weise CDF-Tools für die<br />

Strömungs be rech nungen. Aus oben ge nannten Gründen muss<br />

der Ent wickler Kom pro misse be züglich der Unter suchungs tiefe<br />

eingehen. Anderen falls wäre es nicht möglich, den Zeit plan einzu<br />

halten.<br />

Zum besseren Verständnis nachstehend ein Beispiel, warum<br />

bei der Entwicklung eines Schmiedeteils Kompromisse einge<br />

gangen werden müssen: Die Ent wicklung beginnt mit einer<br />

Voruntersuchung, die normalerweise nicht in die Entwicklungsphase<br />

ein ge rechnet wird, da diese nur zur groben Ein schätzung<br />

der Mach bar keit dient. Nach der Anfrage vom Kunden und der<br />

Mach bar keits prüfung beginnt die Ent wicklung des Bau teils<br />

durch das Er stellen der Stadien für die Simu lation mittels<br />

CAD. Die er stellten CAD-Daten können weiter für die FEM-<br />

Berechnung genutzt werden. Diese hilft, das best mögliche<br />

Stadium in Bezug auf Stand zeiten der Werk zeuge und Umformung<br />

zu finden. Der Zeit auf wand für die Ent wick lung eines<br />

pro zess fähigen Stadiums ist unter schiedlich und hängt unter<br />

anderem davon ab, ob schon ein ähnliches Bau teil im Produkt<br />

programm existiert; üblicher weise sind ein bis drei Tage<br />

realistisch.<br />

Wenn es sich aber um eine Neu ent wicklung handelt, bei der<br />

nur die Rand be dingungen bekannt sind, ver längert sich die<br />

Ent wick lungs zeit je nach Auf wand. Dies ist ein Hin weis darauf,<br />

dass es wichtig ist, ent sprechende Pro gramme zur Ver fügung<br />

zu haben. In Bild 2 sind typische FEM-Be rechnungs zeiten in der<br />

Warm massiv um formung bei Ein satz von horizon talen Mehrstufen<br />

pressen dar gestellt. Für kom plette Neuent wicklungen<br />

werden ein bis zwei Wochen be nötigt.<br />

Varianten der Be rech nungs mög lich keiten haben sich in letzter<br />

Zeit vervielfacht und er weitern die An wendungs felder in der<br />

Praxis. Unter anderen kommen die Mikro struktur, Optimierungstools,<br />

CFD-Berech nungen und numerische Unter suchungen<br />

zur Ver suchs planung (DOE) in der Massiv um formung immer<br />

häu fi ger zum Ein satz. Diese Optionen er höhen zwar wunschge<br />

mäß die Genauig keit der Er geb nisse, jedoch auch Zeit und<br />

Auf wand in der ge samten Ent wick lung.<br />

36<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


AUS DER PRAXIS<br />

Bild 3: CFD-Berechnung der Kühlung einer Matrize<br />

Bild 4: Aufnahmen mit einer High-Speed-Kamera<br />

Ins be sondere die CFD-Be rech nungen sind mit einem erhöhten<br />

Zeit auf wand von mehreren Wochen ver bunden.<br />

Des wegen sind diese Be rech nungen nur in Sonder fällen zu<br />

empfehlen. Bild 3 zeigt ein Bei spiel zur Be rechnung der Kühlung<br />

einer Matrize. Für diese Be rech nung der Einzel-FEM-Simulation<br />

wurden zwei Wochen be nötigt. Um diese Pro ble matik<br />

zu um gehen, wurde in eine High-Speed-Kamera investiert,<br />

um Störungen im Detail zu ana ly sieren. Im Fokus der hier<br />

wieder gegebenen Unter suchung stand die Werk zeug kühlung<br />

(Bild 4).<br />

Um zeiteffizient zu entwickeln, kommen weitere Tools zum<br />

Ein satz, wie bei spiels weise das Reverse Engineering. In der<br />

Warm massiv um formung werden in der Regel unter schiedliche<br />

Stationen für die voll ständige Um formung benötigt. Im Fall von<br />

Fer ti gungs pro blemen ist häufig der kom plette Stadien gang<br />

noch mal zu unter suchen be ziehungs weise zu be rechnen.<br />

Um das Pro blem in der Simu lation praxis näher be trachten zu<br />

können, wird das Fer tigungs stadium ein ge scannt und in das<br />

Be rech nungs pro gramm ein ge lesen. Somit können die Umformund<br />

Werk zeug ver besserungen vorgenommen werden. Besonders<br />

bei kom plexen Teilen hat sich diese Vor gehens weise<br />

bewährt: Bild 5 zeigt ein ein ge scanntes Bau teil und das dazuge<br />

hörige FEM-Modell. Hier wurde die Vor form ein ge scannt und<br />

für die Simu lation beim Fertig pressen genutzt. Das ge scannte<br />

Teil wurde mit einer höheren Auflösung auf genommen, damit<br />

eine feinere Ver netzung statt finden konnte. Beim Simu lieren<br />

dieses Teils konnten Schritte ein gespart werden, da sofort mit<br />

der geeigneten Vor form aus der Praxis ge rechnet wurde. Als<br />

Nach teil bei diesem Vor gehen ist die unzureichende Abbildung<br />

des Temperaturfelds zu nennen. Es wurde aber fest ge stellt,<br />

dass die An näherung sehr gut zu den Presser geb nissen passt.<br />

Eine weitere Mög lich keit des Reverse Engineerings ist das<br />

Scannen von Werk zeugen nach den Ver suchen zur Her stellung<br />

der CAD-Zeichnungen. So können kleine Änderungen, die<br />

durch manuelles Drehen oder Schleifen durch ge führt werden,<br />

1:1 in die Zeichnung übernommen werden, was vorher in dieser<br />

exakten Weise nicht möglich war.<br />

Einen weiteren, Zeit druck auf bauenden Faktor stellt fol gende<br />

Ent wicklung dar: In der Ver gangen heit wurde das Schmiedeteil,<br />

ab ge leitet vom ge wünschten Fertig teil, vom Kunden<br />

weitest gehend vor ge geben — mittler weile wird oft mals nur<br />

noch ein Lasten heft und der Bau raum zur Ver fügung ge stellt.<br />

Diese Ten denz ist zum Bei spiel in der Kegel rad fer tigung zu<br />

erken nen, das heißt dass die Ent wick lung von Differenzialge<br />

trieben mehr und mehr auf die Zu lieferer industrie übertragen<br />

wird. Zur Realisierung der gestiegenen An for derungen<br />

ist unter anderem die Investition in neue Pro gramme und<br />

Prüfstände er for derlich. Der Vor teil dieser Ent wicklung ist,<br />

dass die Bau teile direkt schmiede gerecht den Möglich keiten<br />

der Pressen angepasst werden können.<br />

Darüber hinaus war es in der Ver gangen heit schwierig, Vorschläge<br />

des Zulieferers neu mit einfließen zu lassen, die einen<br />

er neuten prak tischen Prüf stands lauf zur Folge ge habt hätten.<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 37


AUS DER PRAXIS<br />

Diese Forderung führt auch dazu, dass der Zeit druck aufgrund<br />

der Ver suchs termine auf Prüf ständen weiter hin er höht wird.<br />

Vorpressen Real<br />

Vorpressen 3D-Scan<br />

Die theoretischen Berechnungen werden auf Prüfständen validiert.<br />

Das Bauteil wird dort aufgrund von Sicherheitszugaben<br />

höher belastet. In der Ver gangen heit wurde bei einem Kunden<br />

die Anzahl der Prüfstandsläufe, zeitsparend und terminierend,<br />

von fünf auf drei re duziert, welches aber die Ge fahr von Ausfällen<br />

im Feld erhöht. Die Komplexität der vorgenannten Herausfor<br />

derungen wird durch die steigen den An for derungen an den<br />

Leicht bau erhöht. In erster Linie stellen selbstverständlich<br />

Materialeinsparungen eine große Herausforderung für die Entwickler<br />

dar, da die Kom ponenten in der Regel im Zu sammen hang<br />

mit der voll ständigen Kon struktion stehen. Das heißt, es ist eine<br />

komplette Analyse erforderlich, welche für den Entwickler selten<br />

re ali sierbar ist, da nicht alle Daten vom Kunden zur Ver fügung<br />

stehen. Selbst wenn alle Daten zur Ver fügung stehen würden,<br />

lässt der Zeit druck es nicht immer zu, alles zu berück sichtigen<br />

beziehungsweise zu untersuchen.<br />

Um die große Anzahl von Para metern in einem Pro jekt zu<br />

reduzieren, wird eine Ver suchs planung empfohlen. Zurzeit gibt<br />

es DOE-Tools, welche in die FEM-Pro gramme inte griert sind. In<br />

DEFORM ist in der neuen Ober fläche (Version 11.1) bei spiels weise<br />

dieses Tool zu finden. Zusammenfassend lässt sich feststellen,<br />

dass viele neue Werkzeuge für die Entwickler zur Verfügung<br />

stehen, welche aber auch die Kosten erhöhen. Der ebenfalls nicht<br />

zu unterschätzende Zeitaufwand kann zu einer Beeinträchtigung<br />

der Produktentwicklung führen. Der Ingenieur steht vor der<br />

Heraus for derung, einen Weg zu finden, der zu einer Ver kür zung<br />

der Entwicklungszeiten führt, ohne dabei die Produktionsergebnisse<br />

zu beeinträchtigen.<br />

Bild 5: Beispiel Reverse Engineering<br />

FEM-Modell<br />

Bilder: Autoren<br />

LINAMAR SEISSENSCHMIDT Forging<br />

Daimlerstraße 11<br />

58840 Plettenberg<br />

Tel.: +49 2391 915-0<br />

info@seissenschmidt.com<br />

www.linamar.com<br />

38<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


Neue Wege<br />

bei der energieeffizienten<br />

Gestaltung und Auslegung<br />

moderner Antriebskonzepte<br />

von Gesenkschmiedepressen<br />

Sowohl aus öko no mischen wie aus öko lo gischen Grün den ergreifen immer mehr Betreiber<br />

von Pressen linien die Ini tia tive und for dern von Pressen her stellern neue Lösungen ab seits<br />

der be reits aus ge tretenen Pfade, um einen Pro duk ti vi täts sprung, eine signi fi kante Verbesserung<br />

der En ergie effizienz der Pro duk tions an lagen sowie eine deut liche Re du zie rung<br />

des CO 2 – Fuß ab drucks zu er reichen.<br />

40<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


AUS DER PRAXIS<br />

AUTOR<br />

Dipl.-Ing. (FH)<br />

Martin Gerhard Scholles<br />

ist Projektleiter Vertrieb<br />

für Gesenk- & Pulverpressen<br />

bei der SMS group<br />

in Mönchengladbach<br />

Bis zum jetzigen Zeitpunkt<br />

lag das Hauptaugenmerk auf<br />

der Optimierung der Energieeffizienz<br />

induktiver Erwärmungsanlagen<br />

durch die<br />

Implementierung dynamischer<br />

Energiemanagement-<br />

Technologien. Da deren Energieeffizienz<br />

jedoch inzwischen<br />

be reits ein sehr hohes Level<br />

er reicht hat, rücken nun mehr<br />

und mehr andere Ver braucher,<br />

wie zum Beispiel Antriebe und<br />

Steuerelemente, in den Fokus.<br />

Um dieser Er wartungs haltung der Kunden gerecht zu werden,<br />

hat sich die SMS group mit Markt führern im Be reich An triebstechnik<br />

zusammengeschlossen, um nach wegweisenden Lösungen<br />

zu suchen. Ein gelungenes Resultat dieser Zusammenarbeit<br />

stellt ein komplett neu entwickeltes Servodrive-Konzept<br />

dar, welches im Mittel punkt der neuen Ex zenter pressen-Baureihe<br />

MT steht. In ide aler Weise werden nun Eigen schaften vereint,<br />

die bislang als unvereinbar galten: die Verfügbarkeit außerordentlich<br />

hoher Energie bei gleich zeitig kür zes ten Hub zeiten<br />

in Verbindung mit höchster Energieeffizienz. Zwei Synchronmotoren<br />

ergänzen sich im Wechselspiel zwischen Stößelbeschleunigung,<br />

-verzögerung und Bereitstellung der Umformenergie. Im<br />

Gegensatz zu konventionellen Servo-Pressenantrieben bedient<br />

sich dieses Kon zept, das unter dem Namen MEERtorque® Servodrive<br />

angeboten wird, eines kontinuierlich rotierenden Schwungrads<br />

als Energie speicher. Aus diesem Grund kann bei einer derart<br />

ausgerüsteten Servopresse die installierte Leistung deutlich<br />

niedriger ausgelegt sein als bei konventionellen Servopressen,<br />

deren Energiebedarf während des Umformvorgangs kurzzeitig<br />

weitaus höher ausfällt.<br />

Bild 1: Schematische Darstellung des Antriebskonzepts<br />

Die Exzenterwelle wird direkt<br />

durch den auf der linken<br />

Pressenseite angeordneten<br />

Torquemotor beschleunigt.<br />

Das kontinuierlich rotierende<br />

Schwung rad wird durch einen<br />

auf der rechten Pressen seite<br />

befindlichen Torquemotor<br />

direkt, das heißt unter Ver zicht<br />

auf Riemenantrieb oder Vorgelege,<br />

an ge trieben und auf Geschwindigkeit<br />

gehalten (Bild 1).<br />

Die hier beschriebene Antriebslösung<br />

beruht auf der<br />

Idee, die reine Stößelbewegung von der Bereitstellung der<br />

Umformenergie zu trennen. Durch die hohe Dynamik der Antriebe<br />

ist es möglich, die Vor teile von Servo pressen mit jenen<br />

von Pres sen mit Schwung rad und kon ven tio neller Kupplungs-/<br />

Bremskombination zu vereinen. Die bekannt hohe Stößelgeschwindigkeit<br />

der Maxima- (MP-)Pressen während des Umformpro<br />

zesses und die damit ver bundenenen extrem kurzen Druckberührzeiten<br />

führen zu längeren Transferzeitfenstern. Hinzu<br />

kommt die Tat sache, dass einer seits der Schalt be trieb zu einer<br />

Trennung von Druckberührzeit und Pressentaktzeit führt und<br />

andererseits ein scharfes Bremsen und Wiederanfahren bei<br />

gleicher Taktzeit. Der Bereich von UT nach OT beziehungsweise<br />

umgekehrt wird schließlich mit höchster Geschwindigkeit durchfahren.<br />

Daraus resultierend maximiert sich das für Gesenkpflege<br />

und Werkstücktransfer zur Verfügung stehende Zeitfenster.<br />

Somit lassen sich längere An lagen lauf zeiten, eine höhere Produktivität<br />

und deutliche Einsparungen bei Emissionen sowie<br />

Energie- und Medienverbrauch erreichen. Die für die Umformung<br />

notwendige Energie ist im kontinuierlich rotierenden Schwungrad<br />

gespeichert und somit unmittelbar verfügbar. Exzenterwelle<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 41


AUS DER PRAXIS<br />

Alle wesentlichen Ständerkomponenten sind Gussteile, frei von<br />

unerwünschten Eigenspannungen, wie sie beispielsweise durch<br />

thermischen Verzug in Schweißkonstruktionen auftreten. Der<br />

Stößel wird zwischen einstellbaren, temperaturneutralen Diagonalführungen<br />

mit außerordentlich großer Führungslänge geführt.<br />

Die Ver stellung der Stößel position kann im laufenden Betrieb<br />

im Automatikmodus zwischen zwei aufeinanderfolgenden<br />

Hü ben mittels hy drau lischem Stell motor und Schnecken trieb in<br />

Inkrementen von 0,1 mm vorgenommen werden.<br />

Bild 2: MT-Gesenkschmiedepresse während der Produktion von<br />

Differenzialkegelrädern<br />

Bilder: SMS group GmbH<br />

und Stößel werden bei Hub aus lösung mittels Torque motor auf<br />

Syn chron dreh zahl zum Schwung rad be schleunigt, dann erst<br />

schlupf- und damit energie ver lust frei sowie praktisch wartungs<br />

frei mit dem Schwung rad ge kuppelt. Der Dreh zahl ab fall<br />

des Schwung rads, der durch die Energie ent nahme während<br />

des Um form vor gangs ver ur sacht wird, wird durch den im<br />

Schwung rad be find lichen Torque motor nach Be endi gung des<br />

Um form vor gangs aus ge glichen. Nach er folgter Um formung<br />

wird der Stößel in der Auf wärts be wegung ab ge bremst. Hierzu<br />

wird der Be schleu nigungs motor der Ex zenter welle auf Rekuperations<br />

modus um ge schaltet und die dabei ge wonnene<br />

En ergie zur Be schleu ni gung des Schwung rads rück ge speist.<br />

Prinzip be dingt er laubt das neue Kon zept einen Be schleu nigungs<br />

winkel der Ex zenter welle von 120°. Dieser Wert ist somit<br />

acht mal größer als bei kon ven tio nel len Kupplungs-Brems-<br />

An triebs sys tem en üblich, welche Werte zwischen 10 und 15°<br />

er reichen. Dieser Um stand er möglicht, dass das bereit zustellende<br />

An triebs moment, ver glichen mit kon ventio nellen Antriebs<br />

sys temen, etwa acht mal ge ringer sein darf! Neben den<br />

dar ge stellten In no va ti on en im An triebs bereich wurde bei der<br />

kom pletten Ge stal tung der Presse Wert darauf ge legt, der zeiti<br />

gen und zu künftigen Er war tun gen der Kunden hin sicht lich<br />

Performance, Präzision und Qua li tät Rech nung tra gen zu können.<br />

Der Pressen ständer ist in ge teilter Zug anker kon struktion<br />

aus ge führt und ba siert auf der be währ ten, lang lebigen und<br />

ex trem zu ver lässigen Kon struktion der Eumuco-Hasenclever<br />

Gesenk schmiede pressen, die jedoch unter Ver wen dung<br />

neuester Finite-Elemente-Konstruktions methoden im Hinblick<br />

auf Steifig keit und Ro bust heit bei gleich zeitig groß zügig<br />

dimen sio nier tem Werk zeug ein bau raum weiter opti miert wurde.<br />

Zur Ver wen dung aller eta blierten Auto ma ti ons varianten sowie<br />

Schaffung bester Zu gäng lich keit zum Ge senk- und Halterwechsel<br />

weist der Pressen ständer außer or dentlich große<br />

Pressen fenster auf. Das neue, in no va ti ve Pres sen de sign bietet<br />

ungehinderten Zu gang für War tungs- und In spektions arbeiten<br />

ohne De mon tage von Ver kleidungs teilen.<br />

Darüber hinaus bietet das MEERtorque® Servo drive-Kon zept<br />

weitere Vorteile:<br />

• verbesserte Werkzeugstandmengen aufgrund reduzierter<br />

Druckberührzeit<br />

• reduzierte Instandhaltungskosten aufgrund reduzierter Zahl<br />

mechanischer Teile im Bereich des Pressenantriebs<br />

• gesteigerte Produktionsleistung aufgrund höherer Zuverlässigkeit<br />

und verbesserter Performance<br />

• deutliche Verbrauchsreduzierung eingesetzter Medien, wie<br />

zum Bei spiel Druck luft, Sprüh mittel, Strom<br />

• ex trem leiser und ruhiger Lauf wegen des Ver zichts unter<br />

anderem auf Bremse und Ge triebe<br />

• zentrale Energiesäule für optimale Zugänglichkeit zur Medienversorgung<br />

Auf grund der hier be schriebenen Eigen schaften kann der Technologie<br />

eine große Zukunft bei Antrieben für Gesenkschmiedepressen<br />

vorausgesagt werden. Im Gegensatz zu den bereits<br />

bekannten Lösungen bei konventionellen Gesenkschmiedepressen<br />

kombiniert das Antriebskonzept in idealer Weise die<br />

Effizienz und Dynamik von Torque-Antrieben mit der effektivsten<br />

Art, Umformenergie zu speichern – einer rotierenden Schwungmasse.<br />

Vergleichbar mit Hybrid-Antriebskonzepten, wie sie im<br />

Antriebsstrang moderner Fahrzeuge zum Einsatz kommen, generiert<br />

der zum Antrieb der Exzenterwelle genutzte Torquemotor<br />

während der Ver zögerungs phase elektrischen Strom, der dann<br />

zur Wiederbeschleunigung des Schwungrads zur Verfügung<br />

steht. Um ohne Schwungradmasse auszukommen und dennoch<br />

ausreichendes Arbeitsvermögen bereitstellen zu können, ist bei<br />

konventionellen Servopressen eine hohe Leistungsaufnahme<br />

aus dem Stromnetz vonnöten, die eine extrem hohe Anschlussleistung<br />

erfordert.<br />

Der Erst kunde SONA BLW Präzisions schmiede GmbH nahm eine<br />

neue Gesenkschmiedepresse mit MEERtorque® Antriebskonzept<br />

als Herzstück einer vollautomatisierten Schmiedelinie zum<br />

Halbwarmschmieden von Präzisionsgetriebeteilen mit einbaufertig<br />

geschmiedeten Funktionsflächen und Verzahnungen im<br />

Februar 2015 in Betrieb. Seit Inbetrieb nahme wurden auf diesem<br />

Aggregat deut lich über 11,6 Millionen Differenzial kegel räder im<br />

Präzisionsschmiedeverfahren hergestellt.<br />

SMS group GmbH<br />

Ohlerkirchweg 66<br />

41069 Mönchengladbach<br />

Tel.: +49 2161 350-0<br />

www.sms-group.com<br />

42<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


AUS DER PRAXIS<br />

Microline Descaling<br />

macht das Entzundern wirtschaftlich<br />

Im Produktionsbereich von Entzunderungsanlagen<br />

wurden Microline Descaling-Systeme<br />

speziell für induktiv erwärmte Schmiedeteile<br />

mit einem Ge wicht von etwa 5 bis 20 kg auf<br />

den Markt gebracht. Die Systeme erzielen<br />

nicht nur saubere Werkstückoberflächen,<br />

sondern er öfnen da rüber hin aus mit mini malem<br />

Tem pera tur abfall sowie geringem Wasser-<br />

und Energiebedarf neue Möglichkeiten<br />

der effizienten Her stellung hoch wertiger<br />

Schmiedeteile.<br />

MICROLINE – ANWENDUNG<br />

Die SGGT Hydraulik GmbH hat als erster Her steller die Micro line-<br />

Serie spe ziell für Pro duk tions linien konzi piert, in denen die Teile<br />

mit kurzen Takt zeiten her gestellt werden, zum Bei spiel für das<br />

Ent zun dern von kleinen Schmie de tei len in der Auto mo bil in dustrie<br />

(Bild 1). Der saar län dische Ma schinen bauer liefert die Systeme<br />

als Lö sung aus einer Hand ein schließlich der Handlingund<br />

Förder tech nik so wie der Wasser auf be rei tung.<br />

Auf grund ihrer kom pakten Bau weise las sen sie sich einfach<br />

in be ste hende Pro duktions linien mit Takt zeiten von wenigen<br />

Sekunden in te grie ren (Bild 2). Das ei gent liche Ent zun dern<br />

dauert nur wenige Zehntel se kun den. Die Micro line Systeme<br />

zeichnen sich durch extrem kurze Spritz zeiten und<br />

ent sprechend geringen Wasser bedarf aus. Beide Fak toren<br />

bedingen, dass die Tem pe ratur der Werk stücke beim Ent zundern<br />

um ledig lich 5 bis 10 °C sinkt – ein Effekt, der für den Herstel<br />

lungs pro zess hoch wertiger Schmiede pro dukte von entscheidender<br />

Be deu tung ist.<br />

ER FAH RUNGEN UND ER GEB NISSE<br />

Das Ver fahren macht viele Pro zess schritte über flüs sig, da kein<br />

Hand ling außer halb der An lage er for der lich ist. Erste An wen der<br />

aus der Auto mo bil in dus trie be richten, dass sie die Neben zeiten<br />

deut lich re du ziert haben. So hat bei spiels weise ein Her steller<br />

von Auto mo bil teilen die Takt zeit seiner Pro duk tions linie von 20<br />

auf 15 Sekunden pro Teil durch deut lich ver kürzte Zeiten für das<br />

Rei ni gen der Ge senke reduzieren können. Auf grund der besseren<br />

Ober flächen eigen schaften ist auch die An zahl der Teile,<br />

die nach ge ar bei tet wer den müs sen, dras tisch ge sunken.<br />

44<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


AUS DER PRAXIS<br />

AUTOR<br />

Dipl.-Ing.<br />

Gregor Przybylla<br />

ist geschäftsführender<br />

Gesellschafter der<br />

SGGT Hydraulik GmbH in<br />

Neunkirchen<br />

Darüber hin aus kön nen während der Kon struk tion ge ringere<br />

Werk stoff zu gaben für die spätere Be ar bei tung der Bau teile<br />

oder die Kom pen sation mög licher Fehler ein flüsse an gesetzt<br />

werden, da davon aus ge gangen werden kann, dass der Zun der<br />

in der Micro line-An lage zu ver lässig ent fernt wird.<br />

Das gründ liche Ent fernen des Zun ders in der Micro line-An lage<br />

hat auch einen ge ringeren Wi der stand beim Flie ßen im Werkzeug<br />

und damit eine gleich mäßige Fül lung und ge ringere Oberflächen<br />

de fekte zur Folge.<br />

Fer ner trägt das Ver fahren zur Ver längerung der Stand zeit von<br />

Ge senken und Werk zeugen bei, und es wird weniger Zun der in<br />

Lager und Füh rungen von Pres sen und anderen Pro duk tionsein<br />

rich tungen ein ge tra gen.<br />

Auch auf die nach ge la gerten Fer ti gungs schritte hat Micro line-<br />

Descaling po si ti ven Ein fluss: Da kein Zun der in die Ober fläche<br />

der Werk stücke ein ge schmiedet wird, ent steht weniger Ausschuss.<br />

Außer dem nutzt sich das Strahl gut weniger stark ab.<br />

Zeiten für das Strahlen und für die me cha nische Be ar beitung<br />

kön nen ver kürzt wer den.<br />

VER FAH RENS BE SCHREI BUNG<br />

Der Ein satz höher le gier ter oder mikro legier ter Stähle, die in<br />

der Her stel lung hoch wer tiger Schmiede teile immer weiter an<br />

Be deu tung ge win nen, stel lt für tra di tio nelle Ent zun derungsver<br />

fahren eine Her aus for de rung dar. Des halb setzt sich die<br />

hy drau lische Ent zun de rung beim Schmie den mehr und mehr<br />

durch; be son ders aus der Fer ti gung hoch wer tiger Schmiedepro<br />

duk te ist sie nicht mehr weg zu denken.<br />

Bild 1: Hohlachse nach der Warmumformung<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 45


AUS DER PRAXIS<br />

sind ähnlich aufgebaut wie die aus den Verbrennungsmotoren<br />

bekannten Common-Rail-Systeme (Bild 3). Der eigentliche Einspritzvorgang<br />

ist vollständig von der Druckerzeugung getrennt.<br />

Dies ermöglicht extrem kurze Schaltzeiten und somit eine präzise<br />

Steuerung der Ein spritzung.<br />

Auf diese Weise werden kurze Durchlaufzeiten und gleichzeitig<br />

eine geringe Abkühlung der Teile bei minimalem Wasserbedarf<br />

er zielt. Bei einem Druck von mehr als 300 bar und einer gängigen<br />

Spritzzeit von 0,2 Sekunden wird jedes ein zelne Teil von etwa 10<br />

bis 15 kg mit einer Wasser menge von deut lich weniger als einem<br />

Liter voll stän dig ent zun dert und kühlt dabei nur um 5 bis 10 °C<br />

ab.<br />

INTEGRATION<br />

Die Microline Descaling-Systeme werden schlüsselfertig aus<br />

einer Hand, einschließlich des Zunderwäschers, der Druckerzeugung,<br />

des Teile­Handlings und der Fördertechnik sowie der<br />

Wasserkreislaufsysteme, geliefert (Bild 4).<br />

Bild 2: Microline-Descaling System für die Entzunderung von Schmiedeteilen für<br />

die Automobilindustrie<br />

Bild 3: Die patentierten DÜV-Düsenventile schalten den Wasserstrahl auch bei<br />

hohen Drücken innerhalb von wenigen Millisekunden zu und ab<br />

Beim Ent zun dern wird Was ser unter hohem Druck auf die heiße,<br />

verzunderte Oberfläche aufgebracht. Wasser wird verwendet,<br />

weil es eine weit aus höhere Dichte als Luft hat und damit eine<br />

deutlich intensivere Energieübertragung erzielt; darüber hinaus<br />

findet beim Eindringen in die Zunderschicht ein Phasenwechsel<br />

von flüssig nach gasförmig statt. Die zigfache schlagartige Volumenvergrößerung<br />

setzt dabei zusätzlich hohe Kräfte zur gründlichen<br />

Zunderentfernung frei. Zudem ist Wasser unbrennbar,<br />

günstig und fast überall verfügbar.<br />

In den Microline-Anlagen werden patentierte DÜV-Düsenventile,<br />

die den Was ser strahl auch bei hohen Drücken in ner halb<br />

von wenigen Millisekunden zu- und abschalten, verwendet. Sie<br />

Die standardisierten Kernanlagen werden individuell an die Gegebenheiten<br />

der Schmiedelinien und der produzierten Teile<br />

angepasst. Dabei berücksichtigen die Konstrukteure auch die<br />

Legierungen des Vormaterials, die Abmessungen der Schmiedeteile<br />

und insbesondere die Art der Erwärmung, die ganz entscheidenden<br />

Einfluss auf die Zunderausbildung hat. Bei Konzeption<br />

und Dimensionierung der Anlagen nutzt SGGT bewährte<br />

Module und die Erfahrung aus vielen Anlagen, um prozessrelevante<br />

Para meter wie Druck und Wasser menge, aber vor allem<br />

auch die Geometrie und Anordnung der Düsen festzulegen und<br />

so ein optimales Ergebnis sicherzustellen.<br />

Die Lieferung aus einer Hand gewährleistet sichere funktionelle<br />

Abläufe und harmonisch abgestimmte Übergänge zwischen<br />

den einzelnen Aggregaten. Außerdem sind beim Einbau vor Ort<br />

nur minimale Anpassungen erforderlich, im Projekt müssen nur<br />

wenige Schnittstellen koordiniert werden. Die Systeme sind so<br />

kompakt, dass sie in kurzer Zeit in bestehende Fertigungslinien<br />

inte griert werden können. Der Ein bau mit In be trieb nahme in<br />

neue oder vor han dene Linien nimmt in der Regel nur wenige Tage<br />

in Anspruch.<br />

HANDLING<br />

Um den Ent zunderungsprozess exakt führen zu können, sind<br />

neben der wasserhydraulischen Ausrüstung auch das Teile-<br />

Handling und damit die Fördertechnik von entscheidender Bedeutung.<br />

Das beginnt bei der Teilezuführung oder der Entnahme<br />

aus dem Induktor und geht über den horizontalen oder vertikalen<br />

Trans port mit Ketten-, Mit nehmer- oder auch Zwangs förderer bis<br />

hin zur Positionierung der Schmiedeteile mit Roboterarmen.<br />

Die För der ein rich tun gen im Be reich der Zu führung und Entzun<br />

derung sind so aus gelegt, dass sie dem Ein fluss von Strahlungs<br />

wärme, Zun der und Prozess wasser wider stehen. Mit speziel<br />

len Lagern und ent sprechender Ab dich tung sowie warmund<br />

ver schleiß festen Ma terialien wird sicher ge stellt, dass der<br />

Zun der, der als oxidische, harte Ver bindung be sonders bei<br />

46<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


AUS DER PRAXIS<br />

In duktions erwär mung sehr fein körnig ist, nur mini malen Verschleiß<br />

an La gern, Füh rungen und Ketten ver ur sacht.<br />

Optio nal kön nen in der Zu führung auch Ein richtungen für das Erkennen<br />

zu kalter oder zu heißer, nicht pro zess fähiger Teile in tegriert<br />

werden, die automatisch aus dem Prozess ausgeschleust<br />

werden. Die „freie Sicht“ auf die Ober fläche der Teile er leich tert<br />

die Temperaturmessung und das für hochwertige Schmiedeprodukte<br />

erforderliche Einhalten enger Temperaturfenster.<br />

AN TRIEBE UND STEUERUNG<br />

Aufgrund der hohen Prozessgeschwindigkeiten kommt den Antrieben<br />

besondere Bedeutung zu. Sowohl für die exakte Teilepositionierung<br />

als auch für den Entzunderungsprozess setzt<br />

der Anlagenhersteller deshalb geregelte Drehstrommotoren<br />

mit Frequenzumrichtern und Encodern mit internen Bussystemen<br />

ein. Sind besonders hohe Beschleunigungen erforderlich,<br />

werden Servomotoren verwandt, die mit ihrem direkten Anlaufund<br />

Regelverhalten und hohen Drehmomenten kurze Beschleunigungsstrecken<br />

und somit kompakte Systeme ermöglichen.<br />

Bild 4: Microline-Anlage vor der Auslieferung an einen Kunden mit der<br />

Druckwasser-Erzeugung (links) und dem Entzunderungs-System (rechts)<br />

DRUCKERZEUGUNG<br />

Das für die Entzunderung erforderliche Wasser wird aus einem<br />

langsam arbeitenden Dreimedienspeicher bereitgestellt, der<br />

ölhydraulisch gegen Stickstoffdruck aufgeladen wird. Diese<br />

Lösung hat sich im Vergleich mit konventionellen Systemen zur<br />

Druckerzeugung, die mit Kolbenpumpen arbeiten, als bedeutend<br />

wartungsfreundlicher erwiesen. Die einfache Konstruktion der<br />

Druckerzeugungsanlage trägt wesentlich zu geringeren Wartungs-<br />

und In stand haltungs kosten bei. Die prä zise Steuerung<br />

der Ven tile be wirkt auch, dass Wasser nur dann be nötigt wird,<br />

wenn sich ein Werkstück innerhalb des Wirkungsbereichs der<br />

Düse befindet. Dies führt zu minimalem Wasserbedarf und geringen<br />

Umschlagmengen der gesamten Anlage.<br />

Ein weiterer Vorteil der Microline-Anlagen ist, dass mehrere Entzunderungslinien<br />

an einer einzigen zentralen Druckversorgung<br />

betrieben werden können. Diese „MF“-Variante reduziert den<br />

Platzbedarf weiter und senkt die Kosten für Investition und Wartung<br />

(Bild 5). Auch die Energiekosten sind gering: Die Antriebsleis<br />

tung der Druck er zeugung liegt bei nur 15 kW.<br />

WASSERKREISLAUF<br />

Die – wenn auch geringen – Wasser mengen, die beim Ent zunderungsprozess<br />

umgeschlagen werden, summieren sich je nach<br />

Einsatzfall zu einer Menge, für die eine Rückgewinnung sinnvoll<br />

ist. Im geschlossenen Kreislauf wird die Ressource „Wasser“ geschont,<br />

außerdem sind die Anlagen sehr kompakt. Der rückgewon<br />

nene, reine Zun der braucht nicht als Sonder müll ent sorgt<br />

zu werden, sondern kann als Rohstoff vermarktet werden.<br />

Da Zun der als oxidische Ver bindung sehr hart und – ins be sondere<br />

der von in duk tiv er wärm ten Teilen – sehr fein gra nu liert ist,<br />

werden mehr stu fige Ab setz becken mit Schmutz pum pen und<br />

an schließen der Fein fil tra tion ver wendet und starker Ver schleiß<br />

an be wegten Teile ober flächen im Druck wasser sys tem ver mieden.<br />

Bild 5: An der zentralen Druckversorgung des MF-Systems können mehrere<br />

Entzunderungslinien betrieben werden<br />

Bilder: SGGT Hydraulik<br />

AUSBLICK<br />

SGGT hat das Ver fah ren ur sprüng lich für kleine Teile von 2 bis<br />

50 kg Gewicht entwickelt. Das Microline-Verfahren wurde inzwischen<br />

auch bei in duk tiv er wärm ten Tei len mit bis zu 250 kg Gewicht<br />

re ali siert. Die be nötigte Was ser menge ist dann mit bis zu<br />

rund sechs Litern pro Teil nur ge ring fügig größer.<br />

SGGT Hydraulik GmbH<br />

Sinnerthaler Weg 7<br />

66538 Neunkirchen<br />

Tel.: +49 6821 92083-0<br />

info@sggt-wh.de<br />

www.sggt-wh.de<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 47


AUS DER PRAXIS<br />

Eigeninvestition ist über 10 Jahre<br />

günstiger als Contracting<br />

Für die End ferti gung und -ab nahme ge schmie de ter Achs schen kel wer den Handschleifma<br />

schinen ver wen det. Die hier für – und für den norm- und um welt ge rech ten Be trieb von<br />

Strahl- und Ab saug an lagen – er for der liche Druck luft ist vom Druck luft er zeuger mit den geringsten<br />

Ge samt kosten und mit höchster En ergie effizienz be reit zu stellen. An bieter und Anfor<br />

de rer müs sen sich über den ge samten Planungs zeit raum de tail liert ab stimmen.<br />

48 <strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


AUS DER PRAXIS<br />

AUTOR<br />

Dipl.-Ing.<br />

Helmut Bacht<br />

ist Produktmanager öleingespritzte<br />

Kompressoren, Industriedruckluft,<br />

Gasgeneratoren und Vakuumtechnik<br />

bei der Atlas Copco in Essen<br />

Die Bharat Forge CDP GmbH<br />

fertigt in Ennepetal und Gevelsberg<br />

als reine Gesenkschmiede<br />

Fahrwerk- und<br />

Motorkomponenten für Nutzfahr<br />

Bild 1: „Wir haben zunächst ein mal<br />

zeuge und Pkw sowie<br />

eine Leih an lage geliefert, damit unser<br />

Kunde an seinem neuen Stand ort<br />

Weichenteile für die Bahn. In<br />

Gevelsberg werden vor allem<br />

gleich mit der Pro duk tion los legen Achsschenkel auf Oberflächenfehler<br />

konnte“, be richtet Peter Frank, Vertriebs<br />

in ge nieur des Druck luft spezialisten<br />

Indrutec<br />

und Maßhaltigkeit<br />

geprüft: Zunder wird entfernt,<br />

die Teile wer den an einer von<br />

drei Linien gesandstrahlt und<br />

dann an einer der vier Fertigungslinien<br />

zu 100 Prozent geprüft. Im Zuge der Kontrolle fallen<br />

vereinzelt noch leichte Nacharbeiten an. Zum Beispiel werden<br />

kleine Grate mit Druckluftschleifern entfernt.<br />

Bild 2: Joachim Höh, Leiter<br />

Instandhaltung Infrastruktur<br />

bei der Bharat Forge CDP GmbH:<br />

Die zusätzliche Produktionsstätte in Gevelsberg hat das Unternehmen<br />

erst vor einem guten Jahr bezogen. Joachim Höh,<br />

Leiter Instandhaltung Infrastruktur und Energiemanager beider<br />

Standorte, hat die komplette Druckluftversorgung geplant.<br />

Dabei wurde die Fertigung schrittweise hochgefahren: Begonnen<br />

wurde mit einer Strahlanlage und einer Fertigungsstraße.<br />

„Ursprünglich hatten wir geplant, die Druckluft über einen Contractinganbieter<br />

zu beziehen“,<br />

blickt Höh zurück. „Nach den<br />

ersten Angeboten wurde uns<br />

aber klar, dass eine Eigeninvestition<br />

günstiger wäre.“ Wieder<br />

wurden mehrere Anbieter<br />

angefragt.<br />

„Die Energie effizienz der An lage<br />

hat uns über zeugt. Nach dem wir<br />

die In ves ti tions kosten, Strom- und<br />

Betriebs kosten sowie den Service<br />

VOR RAN GI GES ZIEL WAR<br />

HOHE ENERGIE EF FI ZIENZ<br />

Den Zuschlag erhielt die Dortmunder<br />

Indrutec GmbH, ein<br />

addiert und auf die Lebens dauer Handelspartner der Atlas<br />

ver teilt hatten, waren andere<br />

Copco Kompressoren und<br />

Anbieter schnell aus dem Rennen.“ Drucklufttechnik GmbH in<br />

Essen. Peter Frank, Vertriebsingenieur<br />

bei Indrutec, spricht von einer guten Zusammenarbeit:<br />

„Wir haben von Anfang an eine gute Gesprächsebene gefunden,<br />

kon nten die ge wünschte Tech nik und auch die Steuerung so umsetzen,<br />

wie es sich der Kunde vor stellte. Ob wohl wir uns am Anfang<br />

gar nicht kannten, haben wir schnell Ver trauen auf ge baut.“<br />

Joachim Höh, der in Ennepetal eine umfangreiche Druckluftversorgung<br />

be treut, die aus Kom pres soren mehrerer Her stel ler besteht,<br />

ging ohne Fest legun gen in die Ge spräche: „Mir kam es vor<br />

allem auf die En ergie effizienz an. Und wir wollten die An lage über<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 49


AUS DER PRAXIS<br />

Bild 3: Die Absauganlagen sind große Druckluftverbraucher<br />

eine unabhängige Steuerung regeln, die wir auch in Ennepetal<br />

haben.“ Indru tec konnte auf alles ein gehen, hatte am Ende auch<br />

beim Preis die Nase vorn – und die vor ge schlagene Stati on aus<br />

drei Atlas-Copco-Kompressoren überzeugte auch energetisch.<br />

Bild 4: Die Druckluftstation besteht aus drei öleingespritzten Schraubenkompressoren<br />

von Atlas Copco: zwei GA 37+ mit fester Drehzahl sowie einem<br />

GA 45 VSD mit Drehzahlregelung. So werden Leerlaufzeiten reduziert und die<br />

erforderliche Druckluftmenge effizient bereitgestellt<br />

An ins ge samt 15 Hand schleif plätzen werden die Achs schenkel<br />

ent gratet. Sie allein be nö ti gen laut Planung gut 5 m³ Druckluft<br />

pro Minute, die Strahl- und Ab saug an lagen schla gen mit<br />

knapp 3 m³/min zu Buche, die ge planten vier Be ar beitungszentren<br />

wür den wei tere etwa 5,5 m³/min be nötigen. Bei den Bearbeitungs<br />

zentren ist noch offen, ob sie so um ge setzt wer den.<br />

BESCHREIBUNG DER KOMPRESSOREN- UND TROCKNER-<br />

TECHNOLOGIE<br />

Die Druck luft station, die An fang 2016 er richtet wurde, um fasst<br />

drei öl ein ge spritzte GA-Schrauben kom pres soren von Atlas<br />

Copco: einen dreh zahl ge regelten GA 45 VSD so wie zwei Maschinen<br />

mit fester Dreh zahl vom Typ GA 37+. Auf be reitet wird<br />

die Druck luft von zwei Kälte trock nern des Typs FD 285, wo bei<br />

in die ge samte Sta tion eine voll ständige Re dun danz ein ge plant<br />

wurde. Die bei den GA 37+ ar bei ten im wöchent lichen Wechsel<br />

mit der VSD-Maschine zu sam men, die wie de rum die Be darfsschwankungen<br />

ab puffert – jeden falls, wenn die Fer ti gung eines<br />

Tages auf vol len Tou ren läuft. „Der zeit läuft die dreh zahl ge re gelte<br />

Ma schine häu fig noch allein“, sagt Joachim Höh. „Und zwar<br />

meis tens mit etwa 70 bis 80 Pro zent Aus las tung. Nur sel ten<br />

schal tet sich eine 37er hinzu.“ „Dieser Betriebs be reich ist en erge<br />

tisch ide al“, er gänzt Peter Frank.<br />

Die be son dere Effi zienz der ge sam ten Sta tion kommt nicht<br />

nur durch die Dreh zahl re gelung zu stan de, die immer genau<br />

so viel Druck luft be reit stellt, wie die Fer ti gungs linien gerade<br />

be nötigen, viel mehr hat Peter Frank die Sta tion auch mit zwei<br />

GA+-Kom pres soren ge plant, die noch effi zienter sind als ihre<br />

Vor gänger modelle. Sie ar bei ten mit einer spe zi el len en ergiespa<br />

ren den Ver dich ter stufe. „Kon struk tiv be dingt er zie len die<br />

Ma schinen außer dem eine nie drigere Ver dich tungs end tem pera<br />

tur als viele an dere Kom pres soren“, erläutert Frank. „Da durch<br />

wird die En ergie bes ser aus ge nutzt. Und bei gleicher Öl einspritz<br />

menge altert das Öl lang samer!“<br />

50<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


Bild 5: Die Schmiedeteile kurz vor der Einfahrt in die Sandstrahlanlage. Im Vordergrund<br />

sind die blauen Druckluftschläuche zu sehen, über die die Betätigungszylinder<br />

für die Zuführklappe mit Luft versorgt werden<br />

Bilder: Atlas Copco Kompressoren und Drucklufttechnik<br />

Auch die FD-Trock ner ar beiten sehr effi zient. Sie weisen nur<br />

einen ge ringen Druck ab fall auf, wo durch Kom pres sor leis tung<br />

ge spart wird. Das Kälte mittel ist en ergie spa rend, ein hoch ­<br />

effizienter Wärme tauscher ist ein ge baut, der Kon den sat ab lass<br />

ar bei tet elek tronisch und ver lust frei. Vor allem die pa ten tierte<br />

Saver-Zyklus-Re gelung stellt einen spar samen Be trieb sicher,<br />

so dass die En ergie kosten bei jedem Vo lu men strom ge ring<br />

blei ben. Über ein ge baute Fil ter wird sicher ge stellt, dass die<br />

Luft eine In dus trie qua li tät von maximal 1 mg Öl je Kubik meter<br />

ein hält. Der Druck liegt en ergie spa rend in einem engen Band<br />

zwischen 6,0 und 6,4 bar, ein 3.000-Liter-Spei cher gleicht die<br />

Spit zen aus.<br />

FÜR ZEHN JAHRE RUNDUM SORGLOS<br />

Die beiden Part ner haben eine Ser vice ver ein ba rung für zehn<br />

Jahre ab ge schlos sen. Die Kos ten dafür sind im Vor feld gleich<br />

in die Ge samt be triebs kos ten rech nung für die neue Druck luftstation<br />

ein be zogen worden: „Wir haben die reinen In ves ti tionskos<br />

ten, die Strom- und übri gen Be triebs kosten sowie den Service<br />

ad diert und auf die Lebens dauer ver teilt“, er klärt Höh.<br />

VER BRAUCHS KENN ZAHLEN AUF DAS SCHMIE DE STÜCK BE-<br />

ZO GEN<br />

Als letzten Schritt plant Bharat Forge CDP noch eine Datenver<br />

netzung mit der Druck luft ver sorgung in En ne pe tal. Sobald<br />

die Lei tungen stehen, kann Joachim Höh beide Stand orte<br />

ver gleichen, den ex ak ten En ergie ver brauch und die Ein sparungen<br />

be ziffern. Die re sul tieren an tei lig außerdem noch aus<br />

der Nut zung der Kom pres soren ab wärme: Über Lüftungsschächte<br />

wird die Hallen hei zung unter stützt; derart kön nen<br />

etwa 40 bis 50 Pro zent der Ab wärme ge nutzt wer den. Am<br />

Ende will er Druck luft-Ver brauchs kenn zahlen er rech nen, die<br />

sich auf das ein zel ne ge prüfte Schmiede stück be zie hen und<br />

so die neue An lage mit der ge wachsenen Sta tion in Enne pe tal<br />

ver glei chen. „In monat lichen Manage ment runden werden die<br />

Kenn zahlen be sprochen“, sagt Höh, „schließ lich sind wir für<br />

unser En ergie manage ment sys tem nach DIN ISO 50001 zerti<br />

fi ziert. Da wol len wir alle Ent wick lungen im Blick be halten!“<br />

Indrutec GmbH<br />

Rohwedderstraße 4<br />

44369 Dortmund<br />

Tel.: +49 231 936969-0<br />

info@indrutec.de<br />

www.indrutec.de<br />

Bharat Forge CDP GmbH<br />

Mittelstraße 64<br />

58256 Ennepetal<br />

Tel.: +49 2333 796-0<br />

info@cdp.de<br />

www.cdp.de<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 51


WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT<br />

Eine energieintensive<br />

energieeffiziente Branche<br />

Massiv um formung ist eine energie intensive Pro zess techno<br />

logie. Der In dus trie ver band Massiv um for mung e. V. wirbt<br />

dafür, die Fi nan zie rung der Energie wende um zu stellen und<br />

sinn volle An reiz sys teme zu im ple men tieren. Ebenso wird<br />

weiter an der Ver besserung der Energie effizienz der Prozesse<br />

und im gleichen Sinne an energie effizienten Pro dukten<br />

für die Kun den der Massiv um for mung ge ar bei tet. Die<br />

Branche ist daher eine zwar energie intensive, aber gleichzeitig<br />

energie effiziente Inno vations industrie.<br />

52 <strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


AUTOR<br />

Dipl.-Kfm.<br />

Holger Ade<br />

ist Leiter Betriebs-, Volkswirtschaft,<br />

Energie- und Klimapolitik im WSM<br />

Wirtschaftsverband Stahl- und<br />

Metallverarbeitung in Hagen<br />

€/KWh<br />

0,11<br />

0,10<br />

0,09<br />

0,08<br />

0,07<br />

0,06<br />

0,05<br />

0,04<br />

€/KWh<br />

0,16<br />

0,14<br />

20 – 70 GWh ohne Steuern und Abgaben<br />

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016<br />

20 – 70 GWh mit erstattungsfähigen<br />

Steuern und Abgaben<br />

Italien<br />

Spanien<br />

Tschechische Republik<br />

Polen<br />

Frankreich<br />

Deutschland<br />

Österreich<br />

Massiv um ge formte Bau teile weisen über ragende tech nische<br />

Eigen schaften auf. Um diese zu er reichen, ist phy si kalisch bedingt<br />

ein in ten siver Energie ein satz not wen dig. Dieses Prin zip<br />

gilt über all auf der Welt. In Deutschland ist dieser Energie einsatz<br />

mit hohen und ab seh bar weiter stei gen den Kosten verbunden,<br />

ins be son dere wenn Strom als Er wär mungs energie vor<br />

dem ei gent lichen Um form pro zess ein ge setzt wird.<br />

Die ser Zu sammen hang ge fähr det die Wett be werbs fähig keit<br />

der Massiv um former am Stand ort. Denn nur eine Minder heit<br />

der Be triebe kann die Ent las tungen von den energie po li tischen<br />

Um lagen auf den Strom preis in An spruch nehmen. Und selbst<br />

diese wenigen Unter nehmen sind von Jahr zu Jahr von der Unsicher<br />

heit be droht, ob die Ent lastungen im Folge jahr er neut gewährt<br />

werden. Der Ver lust allein der EEG-Ent las tung ist für die<br />

Be triebe gleich zu setzen mit dem Ver lust der kom pletten Rendite.<br />

Die Unter nehmen, die die Voraus setzungen für eine Umlage<br />

ent lastung nicht er füllen, weil sie etwa per sonal in tensiv<br />

oder strom effizient pro du zieren, müssen diesen er heb lichen<br />

Wett be werbs nach teil ander weitig kom pen sieren.<br />

0,12<br />

0,10<br />

0,08<br />

0,06<br />

0,04<br />

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016<br />

Italien<br />

Spanien<br />

Tschechische Republik<br />

Polen<br />

Frankreich<br />

Deutschland<br />

Österreich<br />

Bild 1: Entwicklung der Industriestromkosten; im oberen Bild sind die reinen<br />

Stromkosten inklusive Netzentgelten dargestellt; unten sind die Steuern und<br />

Abgaben berücksichtigt, allerdings nachdem die Unternehmen die individuell<br />

unterschiedlichen Möglichkeiten einer Entlastung in Anspruch genommen haben<br />

Quelle: Eurostat, Strompreise für die Industrie<br />

Eine demnächst erscheinende Pub li kation des Ver bands greift<br />

das Thema auf und unter sucht, warum die Unter nehmen trotz<br />

der heraus for dern den Rahmen be din gungen er folg reich im<br />

Wett bewerb be stehen.<br />

Hier bei wird dar ge stellt, in welchen For schungs pro jekten der<br />

Branche das Thema Energie effizienz bereits seit der Jahrtausend<br />

wende, also nach dem die preis sen ken den Effekte<br />

der Strom markt li be ra li sierung aus gelaufen waren, unter sucht<br />

werden; wie die Unter nehmen ihre Er fahrungen zum Stich wort<br />

Best Practice Energie effizienz zum Bei spiel im Branchen netzwerk<br />

Energie effizienz aus tauschen; und welche in no vativen<br />

Lösungen die Massiv um for mung pro dukt seitig für ihre Kun den<br />

an zu bieten hat.<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 53


WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT<br />

Es ist dem nach ein viel fäl tiges Spek trum von Themen, das eine<br />

energie in ten sive Branche in Deutschland im in ter natio nalen<br />

Wett be werb hält:<br />

• die ständige Optimierung der eigenen Prozesse bis ins Detail<br />

ist eine wichtige Grundlage für die Wettbewerbsfähigkeit<br />

gegenüber Marktbegleitern im Ausland<br />

−−einerseits über Forschung und Entwicklung<br />

−−andererseits im Branchennetzwerk über den Erfahrungsaustausch<br />

• noch ent schei den der ist jedoch, dass man in der Branche<br />

weiß, dass die größten Po ten ziale zur Stei gerung der En ergieeffizienz<br />

in der Wert schöp fungs kette liegen<br />

−−auf der Lieferanten seite in der Weiter ent wick lung der<br />

Eigen schaften der Ein satz materialien<br />

−−auf Kun den seite im ma terial effizienten Ein satz der Bau teile<br />

in den End pro dukten<br />

Durch diesen Drei klang ent scheidet die Massiv um formung den<br />

Wett be werb gegen alter native Ver fahren und Pro zesse einerseits<br />

und gegen Markt be gleiter an Niedrig kosten stand orten<br />

anderer seits.<br />

Für die Aus schöpfung dieser Mög lich keiten bietet der Forschungs-<br />

und Ent wick lungs stand ort Deutschland im internatio<br />

nalen Ver gleich die besten Vor aus setzungen. In no vative<br />

For schungs institute ar beiten eng ver zahnt mit den Unternehmen<br />

der Massiv um for mung und deren praxis er fahrenen<br />

Spe zia listen an den Lösungen für eine energie schonende Produktion<br />

um welt ver träg licher Pro dukte unseres täg lichen Bedarfs.<br />

Dabei werden die Partner der Liefer kette sowohl auf der<br />

Liefe ranten seite als auch kun den seitig eng ein ge bunden, um<br />

ge mein sam branchen über greifend die besten Lösungen zu<br />

finden. Alle Partner er kennen: Die klima po litischen Ziele im Verkehrs-<br />

und Trans port sek tor sind nur mit inno va tiven Pro dukten<br />

der Massiv um formung aus Deutschland er reich bar. Denn diese<br />

massiv um ge formten Bau teile sind hoch be last bar, auch bei<br />

geringem Material be darf sicher und des wegen energie- und<br />

CO 2 -effizient.<br />

Die „Initiative Massiver Leicht bau“ ist ein Parade beispiel für die<br />

Zu sammen arbeit ent lang der auto mo bilen Wert schöpfungskette<br />

Stahl. Die Stahl her steller haben gemeinsam mit den Ver arbeitern<br />

die Leicht bau po ten ziale in Per sonen kraft wagen sowie<br />

Nutz fahr zeugen unter sucht und iden ti fi ziert und werden dies<br />

in Kürze auf Hybrid fahr zeuge aus dehnen. Auf so ge nannten<br />

TechDays bei den Auto mobil her stellern und deren großen<br />

Zu lieferern ver mitteln die Partner jetzt ihren Kunden die gefundenen<br />

Steuer und Lösungs Abgaben an sätze für die und Industrie tech nischen Möglich keiten, um<br />

Durchschnittliche Steuern und Abgaben für die Industrie in ct/kWh 2006 bis <strong>2017</strong><br />

so zum Nutzen der Ver braucher, der Um welt und des Klimas die<br />

Jahresverbrauch 160.000 bis 20 Mio. kWh (Mittelspannungsseitige Versorgung;<br />

Pro dukte für indi vi duelle Mobili tät und Ver kehr zu opti mieren.<br />

Abnahme 100 kW/1.600 h bis 4.000 kW/5.000 h)<br />

Konzessionsabgabe<br />

KWK-Aufschlag<br />

Offshore-Haftungsumlage*<br />

Stromsteuer<br />

EEG-Umlage<br />

§19 StromNEV-Umlage<br />

Umlage für abschaltbare Lasten<br />

2006: 2,27 ct/kWh 0,88 1,23<br />

2007: 2,41 ct/kWh 1,02 1,23<br />

2008: 2,55 ct/kWh 1,16 1,23<br />

2009: 2,7 ct/kWh 1,31 1,23<br />

2010: 3,44 ct/kWh 2,05 1,23<br />

2011: 5,21 ct/kWh 3,53 1,54<br />

2012: 5,35 ct/kWh 3,59 1,54<br />

2013: 7,27 ct/kWh 5,28 1,54<br />

2014: 8,37 ct/kWh 6,24 1,54<br />

2015: 8,05 ct/kWh 6,17 1,54<br />

2016: 8,55 ct/kWh 6,35 1,54<br />

<strong>2017</strong>: 9,07 ct/kWh 6,88 1,54<br />

*Offshore-Haftungsumlage 2015/17 wegen Nachverrechnung negativ<br />

Stand: 02/<strong>2017</strong><br />

Bild 2: Steuern und Abgaben für die Industrie<br />

Durchschnittliche Steuern und Abgaben für die Industrie in ct/kWh 2006 bis <strong>2017</strong>.<br />

Jahresverbrauch 160 000 bis 20 Mio. kWh (Mittelspannungsseitige Versorgung,<br />

Abnahme 100 kW/1.600 h bis 4.000 kW/5.000 h)<br />

Quelle: VEA, BDEW<br />

Beispiel bei 20 GWh Stromverbrauch/a:<br />

EEG-Umlage <strong>2017</strong> (voll): 1.376.000 €<br />

EEG-Umlage <strong>2017</strong> (entlastet): 330.240 €<br />

Differenz: 1.045.760 €<br />

Kennzahlen bei 20 GWh Stromeinsatz/a:<br />

Umsatz: 50.000.000 €<br />

Gewinn (2 % Rendite): 1.000.000 €<br />

Bei voller EEG-Umlage kein Gewinn!<br />

Tabelle: EEG-Umlage (Zahlenbeispiel)<br />

Quelle: IMU<br />

Die Politik ist ge for dert, die Massiv um for mung als wichtiges<br />

Glied der inno va tiven Wert schöpfungs kette Stahl in<br />

Deutschland zu er hal ten. Dafür müssen drin gend die Wett bewerbs<br />

nach teile der energie poli tischen Kosten und Un sicherheiten<br />

be sei tigt werden.<br />

Lesen Sie zum Thema auch unseren Beitrag „Energie poli<br />

tische Forderung an die nächste Bundesregierung“ auf<br />

Seite 24.<br />

54<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


KOMMENTAR<br />

Integrative Werkstofsimulation<br />

im Kontext der Massivumformung<br />

AUTOREN<br />

Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Math.<br />

Ulrich Prahl<br />

ist Gruppen leiter „Integrative<br />

Werkstoff simulation“ am Institut<br />

für Eisen hütten kunde (IEHK)<br />

der RWTH Aachen und<br />

ab Oktober <strong>2017</strong> Professor<br />

für Umform technik an der<br />

TU Bergakademie Freiberg<br />

Prof. Dr.-Ing.<br />

Prof. E.h. mult.<br />

Rudolf Kawalla<br />

ist Direktor des Instituts<br />

für Metall formung (imf) der<br />

TU Berg akademie Freiberg<br />

Die Massiv um formung metallischer Bau teile ist in mehrstufige<br />

Prozessketten eingebunden, die mit dem Abguss von<br />

Brammen begin nen, mehrere kombinierte Umform- und Wärmebehandlungs<br />

schritte be inhalten und mit Finishing-Operationen<br />

enden. Entlang der Produktionskette ändern sich für den Werkstoff<br />

sowohl Eigenschaften als auch Anforderungen maßgeblich.<br />

Insbesondere zur Fertigung komplexer Bauteile mit lokal optimierten<br />

Eigenschaftsverteilungen zielen aktuelle Entwicklungen<br />

auf eine ganzheitliche Betrachtung der gesamten Prozesskette<br />

ab. Neben der Prozesskettenverkürzung geht es um einen reduzierten<br />

Werkstoffverbrauch und die Einstellung maßgeschneiderter<br />

Eigenschaften.<br />

In der Massiv um for mung spielt somit der Werk stoff eine zen trale<br />

Rolle. Neben der geometrischen Formgebung ist er der Garant<br />

für ein anspruchsvolles Anforderungsprofil und eine kosteneffiziente<br />

Produzierbarkeit. Ein hochwertiger Werkstoff ist eine<br />

wertvolle Ressource und soll ohne Verlust eingesetzt werden,<br />

was robuste und optimierte Prozesse erfordert.<br />

Die Digitalisierung der Produktion (Stichwort Industrie 4.0) gilt<br />

als zentraler Schlüssel zum Sicherstellen der Wettbewerbsfähigkeit.<br />

Im Kontext der digitalen Produktion ist die numerische Simulation<br />

als Werkzeug zum Prozess- und Werkzeugdesign über die<br />

gesamte Prozesskette in der Fertigung nicht mehr wegzudenken.<br />

Die FEM (Finite-Elemente-Methode) ist die übliche Metho dik der<br />

Wahl und hat sich im in dustrie llen Um feld bei großen und auch<br />

in klein- und mittelständisch geprägten Betrieben fest etabliert.<br />

Eine besondere Herausforderung bei der Anwendung der FEM<br />

sind immer die Werkstoffkennwerte, die prozessangepasst und<br />

ausreichend exakt das Werkstoffverhalten beschreiben sollen.<br />

Traditionell werden Fließkurven genutzt, die in Abhängigkeit von<br />

Temperatur und Dehnrate als Input für die Simulation zur Verfügung<br />

gestellt werden. Zudem werden Kennwerte benötigt, die die<br />

Gefügeentwicklung entlang der Prozesskette mit verschiedenen<br />

Umformverfahren beschreiben. Neue Schmiedewerkstoffe wie<br />

zum Beispiel Stähle mit TRIP-Effekt oder bai ni ti schen Phasenanteilen<br />

zeigen komplexe Abhängigkeiten des Gefüges von Herstellungsparametern<br />

und damit der Eigenschaften von der Prozess<br />

führung, die erst durch eine Be schreibung der Ge füge entwicklung<br />

nachvollziehbar und steuerbar sind.<br />

Die integrative Werkstoffmodellierung zielt auf die Beschreibung<br />

der Entwicklung des Gefüges in allen für eine bestimmte Anwendung<br />

relevanten Längenskalen. Durch die gezielte Beschreibung<br />

vom Pro zess über das Ge füge zur Eigen schaft können<br />

mehrstufige Prozessketten mit engen Toleranzen entwickelt und<br />

werkstoffabhängig optimiert werden. Gerade die aktuellen Entwicklungen<br />

im Bereich Industrie 4.0 eröffnen hier neue Anwendungen<br />

und Po tenziale zur Steigerung der Innovations fähigkeit.<br />

Aber auch die integrative Werkstoffmodellierung benötigt physikalisch-chemische<br />

Eingabedaten. Die Zielvision muss es sein,<br />

dass diese Kennwerte aus den Daten abgeleitet werden können,<br />

die im Kontext der Industrie 4.0-Implementierung produktionsseitig<br />

abfallen. Diesen Datenschatz so aufzubereiten, dass er<br />

gleichzeitig eine effiziente Produktion ermöglicht und auch für<br />

die Weiterentwicklung neuer Werkstoff- und Prozesslösungen<br />

ge nutzt wer den kann, ist eine Auf gabe, die sich vor allem durch<br />

eine enge Kooperation zwischen Industrie und Hochschulen<br />

lösen lässt.<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 55


TECHNOLOGIE UND WISSENSCHAFT<br />

Simulative Betrachtung von<br />

Prozessketten in der Fertigung<br />

Im Pro dukt ent stehungs pro zess kom men si mu lations ge stützte Ana ly sen zur Aus le gung<br />

von Bau teilen und Pro duk tions an lagen, Werk zeugen und Pro zes sen zum Ein satz. Auch<br />

wenn die heute mög lichen Si mu lations tech niken mittler weile die Be trach tung der ge samten<br />

Pro zess kette für alle Pro duktions schritte er mög lichen, wird dies in der In dus trie nur<br />

äußerst sel ten an ge wen det. Im Fol gen den wird das Po ten zi al der Pro zess ket ten mo del lierung<br />

ex em pla risch vor ge stellt.<br />

56 <strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


TECHNOLOGIE UND WISSENSCHAFT<br />

AUTOREN<br />

Eric Segebade, M.Sc.<br />

ist akademischer Mitarbeiter<br />

im Team Zerspanung des<br />

Forschungsbereichs Fertigungsund<br />

Werk stoff technik am wbk<br />

Institut für Produktionstechnik<br />

des Karlsruher Instituts für<br />

Technologie (KIT)<br />

Dipl.-Ing.<br />

Michael Gerstenmeyer<br />

ist Teamleiter Zerspanung des<br />

Forschungsbereichs Fertigungsund<br />

Werk stoff technik am wbk<br />

Institut für Produktionstechnik<br />

des Karlsruher Instituts für<br />

Technologie (KIT)<br />

Dr.-Ing.<br />

Frederik Zanger<br />

Prof. Dr.-Ing. habil.<br />

Volker Schulze<br />

ist Oberingenieur im Forschungsbereich<br />

Fertigungs- und Werkstoff<br />

technik am wbk Institut für<br />

Pro duktions technik des Karlsruher<br />

Instituts für Technologie (KIT)<br />

ist Institutsleiter des For schungs bereichs<br />

Ferti gungs- und Werk stoff technik am<br />

wbk Institut für Pro duktions technik und<br />

Mitglied der Kollegialen Institutsleitung des<br />

Forschungsbereichs Werkstoffkunde am<br />

Institut für angewandte Materialien des<br />

Karlsruher Instituts für Technologie (KIT)<br />

Bei der Herstellung metallischer Bauteile kann die Prozesskette<br />

aus einer Vielzahl von Prozessen, beginnend zum Beispiel beim<br />

Umformen bis hin zum Surface Finishing von Funktionsflächen,<br />

bestehen. Dabei können sich die Bauteilzustände durch hohe<br />

mechanische und thermische Belastungen in den jeweiligen<br />

Prozessschritten maßgeblich ändern und die folgenden Prozessschritte<br />

hinsichtlich ihrer resultierenden Bauteilzustände nachhaltig<br />

beeinflussen. Diese Änderungen wirken sich insbesondere<br />

auf Randzonenzustände wie Eigenspannungen oder Verfestigungen<br />

und Phasenanteile und -verteilungen oder Änderung<br />

des Ge füges aus. Mit Hilfe neuer Kennt nisse über die Wechselwirkungen<br />

zwischen Prozessen und Bauteilen können bereits<br />

mittels der FEM-Simulation die Eigenschaften von Bauteilen zunächst<br />

vorausgesagt und später im Prozess gezielt eingestellt<br />

werden. Hierbei stehen besonders die gennanten Charakteristika<br />

der Bauteilrandzonen, wie Eigenspannungsverteilungen im<br />

Fokus. Diese üben einen gro ßen Ein fluss auf die Eigen schaften<br />

bei schwingender oder tribologischer Beanspruchung aus. Die<br />

definierte Erzeugung von Bauteilrandzonen, aber auch die schädigungsarme<br />

Bearbeitung spielen dabei eine große Rolle.<br />

Sowohl in der industriellen Anwendung als auch in aktuellen Forschungsvorhaben<br />

haben sich in den Prozessschritten vom Gießen<br />

bis hin zum Sur face Finishing von Funk tions flächen je weils<br />

spezielle FEM-Simulationen etabliert. Industriell weit verbreitet<br />

ist unter anderen die Umformsimulation mit anschließender<br />

Wärmebehandlung bezie hungsweise die Simulation von mechanischen<br />

Fügeverbindungen. Hier werden Gesenke, Matrizen<br />

oder Tiefziehwerkzeuge hinsichtlich der optimalen Materialausnutzung,<br />

Faltenbildung oder auch des Werkzeugverschleißes bereits<br />

detailliert simulativ untersucht. Die Zerspanung oder auch<br />

mechanische Oberflächenbehandlung, die sich im Vergleich zur<br />

Umformtechnik durch hohe Scherverformungen bei Dehnraten<br />

bis zu Größenordnungen um 10 6 1/s aus zeichnen und in aller<br />

Regel als letzte Schritte einer Pro zess kette die finalen Oberflächenzustände<br />

erzeugen, werden dagegen im Wesentlichen<br />

forschungsseitig auf einem hohen Detaillierungsgrad mittels<br />

FEM-Simulationen untersucht. Hierbei stehen die resultierenden<br />

Bauteilrandzonenzustände nach der Zerspanung im Fokus, was<br />

sich unter dem Be griff „Surface Engineering“ zu sammen fassen<br />

lässt. So kann es beispielsweise bei der Zerspanung höherfester<br />

Stahlwerkstoffe prozess- und parameterbedingt zur Phasenumwandlung,<br />

das heißt Ausbildung von martensitischen Bauteilrandschichten<br />

kommen. Diese Randschichten zeichnen sich<br />

durch eine hohe Härte, Sprö dig keit und Riss an fäl lig keit aus. Simulativ<br />

wurde am Beispiel 42CrMo4 gezeigt, dass eine Erhöhung<br />

der Schnittgeschwindigkeit bei gleicher Zustellung zu martensitischen<br />

Randschichten führt [1].<br />

Auch das angewandte Kühlkonzept kann simulativ bewertet<br />

werden. So führt beispielsweise der Einsatz von Minimalmengenschmierung<br />

zu geringeren Temperaturen und wirkt sich<br />

auf die sich aus bildende Rand zone aus [2]. Mit einem de fi nierten<br />

Einsatz von Kühlkonzepten kann die Phasenumwandlung<br />

in den Randzonen im Vergleich zur Trockenbearbeitung vermieden<br />

werden, indem die Prozesstemperatur unterhalb der Umwandlungstemperatur<br />

gehalten wird [3]. Eine weitere Zielgröße<br />

ist die Bildung einer reibungsarmen und verschleißresistenten,<br />

teils nanokristallinen Mikrostruktur in der Randschicht nach der<br />

Zerspanung oder auch mechanischen Oberflächenbehandlung.<br />

Die simulative Analyse dieser Prozesse hat gezeigt, dass die Ausprägung<br />

nanokristalliner Randschichten neben den Prozessparametern<br />

wie Vorschub und Drehzahl auch von der Schneidkantenmikrogeometrie<br />

abhängt [4-5].<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 57


TECHNOLOGIE UND WISSENSCHAFT<br />

Bild 1: Modellierung der Prozessschritte für die Flanschfertigung<br />

Der derzeitige Trend der ganzheitlichen Betrachtung der Prozesskette<br />

eines Bauteils rückt insbesondere bei der Fertigung<br />

komplexer Bauteile zunehmend in den Vordergrund. Dies wurde<br />

beispielsweise am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) im<br />

Rahmen des von der DFG geförderten Graduiertenkollegs 1483<br />

be trach tet, das be reits im Jahr 2009 be gann [6]. So wohl die Umformung<br />

in Kombination mit der Wärmebehandlung als auch die<br />

Zerspanung beziehungsweise mechanische Oberflächenbehandlung<br />

haben oftmals gemein, dass bei der Prozesssimulation<br />

von idealisierten Randbedingungen ausgegangen wird. Die sich<br />

aus der gesamten Prozesskette ergebende Bauteilhistorie wird<br />

dabei in der Regel nicht berücksichtigt.<br />

So ausgelegte Bauteile zielen meist auf wenige Prozessschritte<br />

wie beispielsweise Schmieden und Wärmebehandlung ab. Nachfolgende<br />

Bearbeitungsschritte finden dabei kaum Beachtung.<br />

Insbesondere die Zerspanbarkeit sowie der Spanfluss stellen<br />

bei den für das Schmieden optimierten Werkstoffen eine Herausforderung<br />

in der Zerspanung dar. Einige dieser Werkstoffe<br />

gelten in diesem Kontext als schwer zerspanbar und stellen<br />

hohe An sprüche an die Werk zeuge und Prozess führung. Die<br />

ganzheitliche Auslegung von schmiedbaren und zerspanbaren<br />

Werkstoffen kann durch Prozesskettensimulationen erheblich<br />

erleichtert werden. In der folgenden exemplarisch dargestellten,<br />

simulativ durchgeführten Prozesskette, bestehend aus Massivumformung,<br />

anschließender Wärmebehandlung sowie einer spanenden<br />

Endbearbeitung von Funktionsflächen, wird der Einfluss<br />

der Bauteilhistorie eindrücklich dargestellt.<br />

Bild 2: Simulativ betrachtete Prozesskette be ste hend aus Schmieden,<br />

Wärmebehandlung, Schruppen und Schlichten<br />

SIMU LATIONS AUFBAU UND RAND BE DINGUN GEN<br />

Grundlage der Simulation einer Prozesskette ist der Ergebnisübertrag<br />

zwischen den einzelnen simulierten Prozessschritten.<br />

Dies ist derzeit mit mehreren kommerziell erhältlichen Softwarepaketen<br />

möglich. Für die hier vorgestellte, ausschließlich simulativ<br />

betrachtete Prozesskette, wurde die Software Simufact Forming<br />

mit dem primären Ziel verwendet, das Potenzial der Darstellung<br />

von Prozessketten in Simulationen aufzuzeigen. Zu diesem<br />

Zweck wurde an die Simu lation des Gesenk schmie dens eines<br />

Flan sches aus dem Ver gütungs stahl 42CrMo4 mit 30 cm Durchmesser<br />

eine zweistufige Wärmebehandlung, bestehend aus<br />

Här ten in Öl und An lassen, an ge schlossen (Bild 1). Die Wärmebehandlung<br />

erfolgte direkt aus der Schmiedewärme. Darauf<br />

folgend wurde die spanende Endbearbeitung in zwei Schritten<br />

bestehend aus Schruppen (hohe Schnittgeschwindigkeit und<br />

Zustellung, großer Kantenradius) und Schlichten (niedrigere Geschwindigkeit<br />

und Zustellung, kleiner Kantenradius) unter Berücksichtigung<br />

der vorangegangenen Ergebnisse simuliert.<br />

Als Ergebnisgröße wurde die resultierende Eigenspannung in<br />

tangentialer Richtung gewählt. Die Prozesskette ist schematisch<br />

in Bild 2 dargestellt. Als Vergleichsgröße dient eine jeweils<br />

identische Simulation ohne Berücksichtigung der Bauteilhistorie.<br />

Alle Simulationen wurden in 2D durchgeführt, wobei für<br />

den Schritt von Wärmebehandlung zu Zerspanung eine Änderung<br />

der Betrachtungsebene realisiert wurde, indem das<br />

Bauteil tangential ausgetragen und dann erneut auf Ebene in<br />

Austragungsrichtung vereinfacht wurde. Die weiteren Randbedingungen<br />

wie Materialmodell, Reibung und Wärmeübergänge<br />

wurden für das Gesenkschmieden und Wärmebehandeln der<br />

Programmdatenbank entnommen: mittlere Schmiermittelmenge<br />

beim Schmie den, Ab küh len in Öl (45 °C) und an Luft (20 °C) mit<br />

temperaturabhängigen Wärmeübergangskoeffizienten. Die Zerspanungssimulationen<br />

wurden analog zu den in [4] veröffentlichten<br />

Arbeiten modelliert.<br />

ERGEBNISSE UND BEWERTUNG<br />

Die den Simulationen entnommenen Tangentialspannungen<br />

sind für sämt liche Pro zess ketten schritte in Bild 3 ge zeigt. Es ist<br />

durchweg eine deutliche Abweichung zwischen der einzelnen<br />

Prozesssimulation (schwarz) und der verketteten Prozesssimulation<br />

(blau) zu sehen. Für die gezielte Auslegung der Randschichteigenschaften,<br />

also das Surface Engineering von Funktionsflächen<br />

ganzer Bauteile, ist es also von entscheidender<br />

Bedeutung, die gesamte Prozesskette zu berücksichtigen.<br />

Die hier beispielhaft simulierte Prozesskette beinhaltet zum jetzigen<br />

Zeitpunkt noch eine Reihe von Vereinfachungen, welche für<br />

die tatsächliche Betrachtung einer solchen Prozesskette nicht<br />

getroffen oder berücksichtigt werden sollten. Der notwendige<br />

Skalenwechsel zwischen Wärmebehandlungssimulation und<br />

Zerspanung ist signifikant hinsichtlich der Randbedingungen<br />

des Bauteils, welche die Ergebnisse beeinflussen können. Zudem<br />

führt die Vereinfachung zum 2D-Fall zu weiteren Unsicherheiten<br />

bezüglich der Realsituation und verhindert die Betrachtung<br />

des gesamten Bauteils sowie des Realprozesses Drehen.<br />

Die Vereinfachung zum 2D-Fall in der Zerspanungssimulation<br />

ist nur dann valide, wenn bereits Analogieversuche mit Drehversuchen<br />

korreliert wurden, um die Ergebnisse der 2D-Simulation<br />

58<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


TECHNOLOGIE UND WISSENSCHAFT<br />

Bild 3: Tangentiale Spannungen für jeden Prozessschritt, aufgetragen auf die Bauteiltiefe<br />

Bilder: Autoren<br />

besser einordnen zu können. Je nachdem, wie routiniert solche<br />

Simulationen durchgeführt werden – und welche Hardware zur<br />

Verfügung steht – stellt dies eine Zeit- und Kostenersparnis<br />

gegenüber einer ausreichend fein aufgelösten 3D-Simulation<br />

der Drehbearbeitung des Flansches dar.<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

In vielen Forschungseinrichtungen wie auch in vielen Unternehmen<br />

betrachten Prozessingenieure in der Simulation vorrangig<br />

Prozesse, welche von je her eng miteinander verbunden sind.<br />

So wird auch bei der Umformung die Wärmebehandlung simuliert,<br />

während im Bereich der Zerspanung die mechanische Oberflächenbehandlung<br />

Beachtung findet.<br />

Ein tiefgehender Austausch zwischen den Disziplinen ist selten,<br />

obwohl in der ganzheitlichen Betrachtung von Prozessketten in<br />

der Simulation großes Potenzial hinsichtlich der bedarfsgerechten<br />

Auslegung von Bauteileigenschaften besteht. Insbesondere<br />

die Wechselwirkung aus Zerspanbarkeit und resultierendem<br />

Werkzeugverschleiß wird in der industriellen Anwendung im Kontext<br />

des Surface Engineering von Funk tions flä chen wenig Beach<br />

tung ge schenkt. Das liegt auch daran, dass durch den hohen<br />

Anspruch an Detailgenauigkeit die Zerspanungssimulation nicht<br />

routiniert auf Bauteilebene angewendet wird. Obwohl in der Forschung<br />

dieser Fragestellung intensiv nachgegangen wird, beinhaltet<br />

der Fokus nicht flächendeckend den Prozesskettengedanken.<br />

Bei Neuentwicklungen wird zunehmend vor dem Prototyping zunächst<br />

die Prozesskette simulativ abgebildet, um neben den resultierenden<br />

Bauteilzuständen und -eigenschaften die notwendige<br />

Anlagentechnik sowie Prozesszeit vorauszusagen und in<br />

den Produkt entstehungsprozess mit einzubeziehen. Dabei geht<br />

es nicht nur um die in diesem Bei trag de mons trierte Ver kettung<br />

von Umformen, Wärmebehandeln und Zerspanung, sondern<br />

auch um das Einbeziehen der additiven Fertigung, des Fügens<br />

und der mechanischen Oberflächenbehandlung in die Prozesskette.<br />

Notwendig ist aus Sicht der Autoren das Zusammenrücken<br />

der Dis zi plinen auf simula tiver Ebene, nicht zu letzt um Mo dellierungstechniken<br />

auszutauschen. Beispielsweise bietet die Materialmodellierung<br />

der Zerspanung Lösungen für Problemstellungen<br />

des Hochgeschwindigkeitsformens und könnte von der<br />

in der Umformsimulation routiniert durchgeführten Gefüge- und<br />

Phasenumwandlungsmodellierung profitieren.<br />

[1] Schulze, V.; Michna, J.; Zanger, F.; Faltin, C.; Maas, U.; Schneider, J. (2013): Influence of cutting parameters, tool coatings and<br />

friction on the process heat in cutting processes and phase transformations in workpiece surface layers, Journal of Heat<br />

Treatment and Materials 68, pp. 22 – 31<br />

[2] Schulze, V.; Michna, J.; Schneider, J.; Gumbsch, P. (2011): Modelling of cutting induced surface phase transformations considering<br />

friction effects, in Procedia Engineering 19, pp. 331 – 336<br />

[3] Bollig, P.; Faltin, C.; Schießl, R.; Schneider, J.; Maas, U.; Schulze, V. (2015), In Procedia CIRP 31, pp. 142 – 147<br />

[4] Segebade, E.; Zanger, F.; Schulze, V. (2016): Influence of different asymmetrical cutting edge microgeometries on surface<br />

integrity, In Procedia CIRP 45 pp. 11 – 14<br />

[5] Gerstenmeyer, M.; Ort, B.; Zanger, F., Schulze, V. (<strong>2017</strong>), Influence of the cutting edge microgeometry on the surface integrity<br />

during mechanical surface modification by Complementary Machining, In Procedia CIRP 45, pp. 55 – 60<br />

[6] Schulze, V.; Pabst, R. ; Meier, H. (2009): Simulation von Prozessketten in der Fertigung, Jahresmagazin Ingenieurwissenschaften<br />

Werkstofftechnik, Band 11, S. 90 – 93<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 59


TECHNOLOGIE UND WISSENSCHAFT<br />

Partielle belastungsgerechte<br />

Verschleißschutzmaßnahmen<br />

für Schmiedegesenke<br />

Die An for de rungen an Verschleiß schutz behandlungen für hoch belastete<br />

Schmiede gesenke sind ebenso viel fältig wie komplex. Die<br />

isolierte Betrachtung von Ober flächen- und Rand schicht ein flüssen<br />

ist richtungs weisend für die darau folgende Umsetzung von Maßnahmen<br />

im in dustriellen Ein satz. Die Wirtschaftlichkeit der partiellen<br />

Behandlungsstrategien muss jedoch im Einzelfall nachgewiesen<br />

werden.<br />

60 <strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


TECHNOLOGIE UND WISSENSCHAFT<br />

AUTOREN<br />

Prof. Dr.-Ing.<br />

Bernd-Arno Behrens<br />

Dipl.-Ing.<br />

Kai Brunotte<br />

leitet das Institut für<br />

Umformtechnik und Umformmaschinen<br />

(IFUM) der<br />

Leibniz Universität Hannover<br />

ist stellvertretender<br />

Oberingenieur am Institut<br />

für Umformtechnik und<br />

Umformmaschinen (IFUM) der<br />

Leibniz Universität Hannover<br />

Dipl.-Ing.<br />

Hanno Paschke<br />

Markus Mejauschek,<br />

M. Sc.<br />

ist wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter am Fraunhofer-<br />

Institut für Schicht- und<br />

Oberflächentechnik (IST)<br />

in Dortmund<br />

ist wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter am Fraunhofer-<br />

Institut für Schicht- und<br />

Oberflächentechnik (IST)<br />

in Braunschweig<br />

Schmiedegesenke unterliegen prozessbedingt überlagerten<br />

Beanspruchungskollektiven, welche die erzielbaren Werkzeugstandmengen<br />

begrenzen [1, 2]. Vorherrschende, meist zyklische<br />

Beanspruchungen finden sich in sehr hohen Prozesstemperaturen,<br />

einer hohen Temperaturwechselbeanspruchung sowie<br />

hohen mechanischen Kräften, die insgesamt vielfältige Verschleißmechanismen<br />

verursachen [3]. Vorhergehende Arbeiten<br />

haben gezeigt, dass bei Schmiedegesenken in Abhängigkeit<br />

der lokal vorherrschenden Beanspruchungen sehr unterschiedliche<br />

Verschleißmechanismen auftreten [4, 5]. Aufgrund des<br />

unterschiedlich ausgeprägten Belastungskollektivs kann durch<br />

die Anwendung global applizierter Behandlungen in einzelnen<br />

Gesenkbereichen eine deutliche Verschleißreduzierung erzielt<br />

werden, während in anderen Be reichen oftmals nur geringe bis<br />

gegenteilige Effekte nachweisbar sind.<br />

Aus diesem Grund wurden lokal applizierte Ober flächen- und<br />

Randschichtmodifikationen entwickelt und validiert. Die Entwicklung<br />

erfolgte auf Basis von Modellwerkzeugen, welche die<br />

Hauptbeanspruchungsarten möglichst isoliert abbilden. Durch<br />

eine Verschleißanalytik an vergüteten Werkzeugen konnten<br />

Anforderungen an wirksame Behandlungsansätze definiert<br />

und als Ausgangsbasis für die anschließende Entwicklung herangezogen<br />

werden. Das Einsatzverhalten der Behandlungen<br />

wurde anhand von Serienschmiedeversuchen auf einer automatisierten<br />

Exzenterpresse eindeutig charakterisiert und jeder Beanspruchung<br />

eine geeignete Verschleißschutzbehandlung zugeordnet.<br />

Die Übertragbarkeit partieller Behandlungsstrategien<br />

in die industrielle Praxis wurde abschließend durch Industrieversuche<br />

sichergestellt.<br />

ENT WICKLUNG BE LASTUNGS SPE ZIFISCHER MODELL PRO-<br />

ZESSE UND LOKALER BE LASTUNGS GE RECHTER BE HAND-<br />

LUNGS STRATEGIEN<br />

In Modellgesenkgeometrien wurden die Beanspruchungsarten<br />

Überhitzung, Abrasion sowie mechanische Rissbildung<br />

Bild 1: Entwickelte Modellgesenke für die Validierung belastungsangepasster<br />

Behandlungen<br />

möglichst isoliert abgebildet. Eine vollständige Isolation einzelner<br />

Beanspruchungen ist in einem Schmiedeprozess nicht<br />

möglich, da es zum Beispiel aufgrund der hohen Rohteiltemperaturen<br />

stets zu einem ther mischen Ein trag in das Werk zeug<br />

kommt. Dennoch kann durch angepasste Prozessführung sowie<br />

konstruktive Maßnahmen die gewünschte Beanspruchung<br />

gegen über allen anderen maxi miert werden. Auf Basis um fangreicher<br />

Studien wurden charakteristische Gestaltungsmerkmale<br />

zusammengefasst und die ausgelegten Modellprozesse anschließend<br />

in FE-basierten Iterations schleifen optimiert (Bild 1).<br />

Die an schließend am Institut für Umformtechnik und<br />

Umformmaschienen (IFUM) durchgeführten Serienschmiedeversuche<br />

lieferten Eingangsgrößen für die Entwicklung geeigneter<br />

Behandlungen. Bei den Versuchen zum tribologisch<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 61


TECHNOLOGIE UND WISSENSCHAFT<br />

ist durch die Abnahme der Nitrierhärtetiefe gekennzeichnet. Ein<br />

Übergangsbereich gleichartiger Nitrierungen ist dagegen unter<br />

dem Lichtmikroskop nicht festzustellen.<br />

Für die weiter füh renden Unter suchungen wurde eine zu sätzliche<br />

CrVN-Hart stoff schicht mit einer Schicht dicke von 3 bis 5 µm<br />

appliziert [6].<br />

EINSATZVERHALTEN IM SERIENSCHMIEDE PROZESS<br />

Alle am Institut für Schicht- und Ober flächen technik (IST) behandel<br />

ten Schmiede ge senke wurden am IFUM im Serienschmiedeprozess<br />

eingesetzt und durch prozessbegleitende<br />

zerstörungsfreie und zerstörende Analysen nach Erreichen des<br />

Standmengenkriteriums charakterisiert. An tribologisch belasteten<br />

Gesenken konnten deutliche Zusammenhänge zwischen<br />

NHT und Verschleißverhalten ermittelt werden.<br />

Bild 2: Metallografische Schliffbilder und Mikrohärtetiefenverläufe<br />

unterschiedlicher Nitrierungen (Werkstoff 1.2343)<br />

be las teten Gesenk konnte nach gewiesen werden, dass sich<br />

zwar eine ther misch be ein flusste Zone mit einer Tiefe von zirka<br />

400 µm aus bildet, die Rand schicht schädigungen jedoch auf die<br />

ober flächen nahen Be reiche bis zirka 100 µm re duziert bleiben.<br />

Bei hoher thermischer Beanspruchung werden Nitrierungen<br />

mit deut lich höherer Nitrier härte tiefe (NHT) benötigt, um die<br />

auftretenden plastischen Deformationen infolge thermischer<br />

Entfestigung zu verhindern. Als Zielvorgabe für die Entwicklung<br />

lokaler Be hand lungen wurden am Fraunhofer Institut für Schicht<br />

und Ober flächen technik (IST) daher NHT von 70 bis 500 µm in<br />

Kombination mit einer Verschleißschutzschicht in einer so genannten<br />

Duplex-Behandlung abgeleitet. Exemplarische Gefügeaufnahmen<br />

im Querschliff sowie Mikrohärtemessungen entwickel<br />

ter Behand lungen sind in Bild 2 dar gestellt. In Ab hängigkeit<br />

der Nitrierprozessparameter lassen sich die erreichbaren<br />

NHT sowie der Härte gradient variieren. Durch eine Prozess zeit<br />

von 64 Stunden in einer 80-prozentigen Stickstoffatmosphäre<br />

bei 560 °C lässt sich zum Bei spiel eine 500 µm tiefe Ni trie rung<br />

erreichen (Bild 2, unten links).<br />

Weiterhin wurde in Untersuchungen der Übergangsbereich<br />

partieller Nitrie rungen un ter sucht. Partielle Nitrie rungen können<br />

sowohl durch mechanische Ab deckungen als auch Mas kierung<br />

mit diffusions hemmenden Pasten reali siert werden. Der dabei<br />

entstehende Transientenbereich unterschiedlicher Nitrierungen<br />

In einer ersten Versuchs reihe wurden die Werk zeuge zunächst<br />

partiell be handelt, indem je eine Werk zeug hälfte mit einer<br />

schwachen und die andere mit einer stärkeren Nitrie rung<br />

(jeweils mit und ohne Be schichtung) be handelt wurde. Die Analyse<br />

zur festgelegten Standmenge von 500 Schmiedezyklen<br />

ergab, dass der Ver schleiß der duplex-behan delten Ge senke<br />

unabhängig von der gewählten Nitrierung stets geringer ist<br />

als der nitrie rter Ge senke. Dies ist auf die höhere Ab rasions beständigkeit<br />

der applizierten Beschichtungen zurückzuführen.<br />

Weiterhin konnte nachgewiesen werden, dass der Transientenbereich<br />

zwischen den unterschiedlichen Behandlungen auch im<br />

Serienschmiedeprozess keine Probleme bereitet. Eine eindeutige<br />

Aussage zur Wahl der Nitrierung bei hoher tribologischer<br />

Beanspruchung war aufgrund der geringen Unterschiede nicht<br />

möglich, weswegen eine zweite Versuchsreihe duplex-behandelter<br />

Ge senke bis zur Stand menge von 2.000 Schmiede zyklen<br />

durch ge führt wurde. In Bild 3 ist der Ver lauf der auf ab rasiven<br />

Abtrag zurückzuführenden mittleren negativen Geometrieabweichung<br />

im Verlauf der Schmiedezyklen dargestellt.<br />

Es ist zu er kennen, dass die ne gative Geo metrie ab weichung<br />

mit zu nehmender Nitrierinten sität zu nimmt und der Ver schleißfort<br />

schritt nach etwa 500 Schmiede zyklen an steigt, während<br />

der des ver güteten Re ferenz gesenks nahezu linear zu nimmt.<br />

Im Ver gleich zur ver güteten Referenz konnten die Ver schleißbeträge<br />

nach 2.000 Schmie de zyklen um den Faktor 7 ver ringert<br />

werden. Auch die Unter schiede der ein zelnen Behand lungen<br />

unter ein ander er mög lichen eine ein deutige Bewer tung. Die<br />

Gründe für den ein setzen den stär keren Ver schleiß fort schritt<br />

nach 500 bis 1.000 Schmie de zyklen liegen in der star ken Riss bildung<br />

höherer NHT be gründet. Wäh rend bei geringer NHT lediglich<br />

feine Risse sowie leichte Riefen in Material fluss richtung<br />

62<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


Referenz vergütet<br />

Schwache Nitrierung 520 °C; 70 µm<br />

Starke Nitrierung 520 °C; 200 µm<br />

Starke Nitrierung 560 °C; 200 µm<br />

Langzeit-Nitrierung 520 °C; 500 µm<br />

Langzeit-Nitrierung 560 °C; 500 µm<br />

Bild 3: Negative Geometrieabweichung duplex-behandelter Gesenke im Verlauf von 2.000 Schmiedezyklen<br />

Bilder: Autoren<br />

zu erkennen sind, kommt es bei höheren NHT zu einem Auswaschen<br />

der Risse. Die ent ste henden Schicht defekte wirken<br />

ver schleiß initiierend und be günstigen den ab ra siven Ver schleiß,<br />

wes wegen bei tri bo logischen Be las tungen eine geringe NHT in<br />

Kom bi nation mit einer Be schich tung ziel führend ist. Auch an<br />

den vorwiegend thermisch belasteten Gesenken konnte das<br />

Einsatzverhalten unterschiedlicher Nitrierungen bewertet und<br />

geeignete Behandlungsansätze herausgearbeitet werden. Es<br />

kamen eben falls Nitrie rungen mit NHT von 70 bis 500 µm bis zu<br />

einer Stand menge von 1.000 Schmiede zyklen zum Ein satz. Durch<br />

die anschließend durchgeführten Untersuchungen konnte nachge<br />

wiesen werden, dass erst eine Nitrie rung mit einer NHT von<br />

500 µm die auftretenden plas tischen De for mationen wirkungsvoll<br />

unter bindet (Bild 4). Die durch Mikro härte messungen nachgewiesene<br />

thermische Entfestigung des Grundgefüges unterhalb<br />

der Nitrierschicht begünstigt plastische Deformationen,<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 63


TECHNOLOGIE UND WISSENSCHAFT<br />

Bild 4: Konturenvergleich (links) und makroskopische Verschleißdokumentation<br />

(rechts) einer 200-µm- und einer 500-µm-Nitrierung nach 500 Schmiedezyklen<br />

da die Nitrier schicht auf dem weicheren Gefüge durch lokales<br />

Über schreiten der Fließ spannung ab gleitet. Dies ist sowohl im<br />

Koordinatenvergleich (links) als auch in der makroskopischen<br />

Aufnahme (rechts) der 200-µm-Nitrierung zu erkennen.<br />

Erst eine Lang zeit-Nitrie rung mit einer NHT von 500 µm (Bild 4,<br />

unten) verhindert eine Materialverschiebung im Bereich des<br />

Dorn radius wirkungs voll, da sie den auftretenden ther mischen<br />

Entfestigungen vollständig entgegenwirkt. Die Stabilisierung<br />

des Radius geht jedoch einher mit einer starken Riss bildung.<br />

Auch ein deformationsfreier abrasiver Abtrag des Gesenkdorns<br />

kann durch die starke Nitrierung nicht vollständig verhindert<br />

werden. Dies korreliert mit den Er geb nissen des tri bo logisch belasteten<br />

Modellgesenks, wonach die entstehende Rissbildung<br />

den abrasiven Abtrag begünstigt. Aufgrund der geringen Gleitwege<br />

auf dem Dorn des ther misch be lasteten Ge senks ist der<br />

abrasive Verschleiß dieses Bereichs verhältnismäßig gering. Es<br />

überwiegt die stabilisierende Wirkung der tiefen Nitrierung und<br />

die damit einhergehende Reduzierung der Gesamtverschleißerscheinungen,<br />

weshalb in thermisch hochbelasteten Bereichen<br />

ohne große Gleitwege eine möglichst hohe Nitrierhärtetiefe<br />

gewählt werden sollte.<br />

ERKENNT NIS TRANSFER AUF INDUS TRIELLE SCHMIEDE-<br />

PROZESSE<br />

Um die an den Instituten durchgeführten Untersuchungen auf<br />

Schmiedeprozesse im industriellen Maßstab übertragen zu<br />

können, wurden produktionsbegleitende Schmiedeversuche<br />

durchgeführt. Hierfür wurde ein geeigneter Industrieprozess<br />

ausgewählt und die Schmiedegesenke dieses zweistufigen<br />

Prozesses umfassend charakterisiert. Auf Basis dieser Charakterisierung<br />

wurde eine lokale Behandlungsstrategie abgeleitet<br />

und auf jeweils vier Werk zeuge appli ziert, bevor diese re gulär in<br />

der Pro duktion einge setzt wurden. Nach Erreichen der Standmenge<br />

wurden diese ebenfalls untersucht und die Ergebnisse<br />

einander gegenübergestellt. Durch den lokalen Behandlungsansatz<br />

konnte die mittlere Standmenge der Vorgravur von durchschnitt<br />

lich 3.000 auf 5.200 Schmiede zyklen und die der Fertiggravur<br />

von 2.400 auf 3.200 Schmiede zyklen gestei gert werden.<br />

Dies entspricht einer Standmengensteigerung von zirka 70<br />

Prozent bei der Vor gravur be ziehungs weise knapp 30 Pro zent<br />

bei der Fertig gravur und be stätigt das hohe Po tenzial lokaler<br />

belastungsangepasster Behandlungen. Die bisherigen Ergebnisse<br />

müssen nun in weiter führenden Versuchs reihen und über<br />

einen längeren Zeit raum unter sucht werden, um ab schließende<br />

Aussagen zur Wirtschaftlichkeit der Verschleißschutzbehandlung<br />

treffen zu können.<br />

FAZIT<br />

Anhand ausgelegter Modellprozesse und experimenteller Untersuchungen<br />

konnten die Anforderungen an belastungsgerechte<br />

Verschleißschutzbehandlungen auf Basis von Oberflächenund<br />

Randschichtmodifikationen definiert und entsprechend<br />

entwickelt werden. Anschließend wurden die Behandlungen<br />

in Serienschmiedeversuchen eingesetzt und anhand von umfangreichen<br />

Analysen die bestmögliche Behandlung je Hauptbeanspruchung<br />

herausgearbeitet. Weiterhin wurden Möglichkeiten<br />

zur lokalen Appli kation und deren Ein fluss auf das Einsatz<br />

ver halten unter sucht. Es konnte gezeigt werden, dass lokale<br />

Behandlungen durch diffusionshemmende Pasten oder mechanische<br />

Abdeckungen realisiert werden können und das Einsatzverhalten<br />

nicht be einflussen. Weiter hin konnte sowohl der überwiegend<br />

tribologischen als auch der überwiegend thermischen<br />

Beanspruchung je eine geeignete Verschleißschutzmaßnahme<br />

zugeordnet werden. Unter überwiegend tribologischer Beanspruchung<br />

ist eine mög lichst geringe Nitrier härte tiefe in Kombi<br />

nation mit einer Be schichtung zu wählen, da die ent stehende<br />

starke Rissbildung hoher Nitrierhärtetiefen verschleißinitiierend<br />

wirkt, während thermisch beanspruchte Bereiche eine hohe<br />

Nitrierhärte erfordern, um der thermischen Entfestigung entgegen<br />

zu wirken. Die starke Riss bildung ist in diesen Be reichen<br />

nicht verschleißinitiierend, da die vorherrschenden Gleitwege<br />

zumeist gering sind. Die Übertragbarkeit der entwickelten lokalen<br />

Behandlungsstrategien auf die industrielle Praxis wurde<br />

durch zusätzliche prozessbegleitende Industrieversuche<br />

sichergestellt. Durch die lokale belastungsangepasste Behandlung<br />

der Werkzeuge ist es möglich, die erreichbare Standmenge<br />

deutlich zu steigern. Das Potenzial dieser Behandlungen<br />

konnte heraus ge arbeitet werden, ist jedoch vom Einzelfall, das<br />

64<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


heißt vom jeweiligen Gesenk beziehungsweise dessen Gravur<br />

abhängig. Für die Beurteilung der Gesamtwirtschaft muss der<br />

beschriebene Mehraufwand für die Oberflächenbehandlung<br />

dem Gewinn durch die Standmengensteigerung gegenüber<br />

gestellt werden.<br />

Das IGF-Vorhaben „Realisierung partieller Ver schleiß schutzmaßnahmen<br />

für Schmiedegesenke mit Hilfe belastungsspezifischer<br />

Modellversuche“, IGF-Projekt Nr. 17951 N, der<br />

Forschungsvereinigung Werkzeuge und Werkstoffe e. V.<br />

(FGW), wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur<br />

Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)<br />

vom Bundes mi nisterium für Wirt schaft und Energie aufgrund<br />

eines Beschlusses des Deutschen Bundestages<br />

gefördert. Der Schlussbericht des Projekts kann über die FGW<br />

angefordert werden.<br />

[1] Doege, E.; Behrens B.-A.: Handbuch Umformtechnik:<br />

Grund lagen, Technologien, Maschinen, Springer Verlag, 2010<br />

[2] Klümper-Westkamp, H.: Optimierung der Rand schicht zusam<br />

men setzung durch Nitrieren von Warmarbeitsstählen<br />

zur Steigerung der Werkzeuglebensdauer, Industrieverband<br />

Massivumformung, 2009<br />

[3] Gronostajski, Z.; Kaszuba, M.; Polak, S.: The failure<br />

mechanisms of hot forging dies, Materials Science and<br />

Engineering, 657, 2016, pp. 147 – 160<br />

[4] Yilkiran, T.; Behrens, B.-A.; Paschke, H.; Weber, M.; Bräuer, G.:<br />

The Potential of Plasma Deposition Techniques Processes<br />

in the Application Field of Forging, Archives of Civil and<br />

Mechanical Engineering, 12/2012, pp. 284 – 293<br />

[5] Behrens, B.-A.; Yilkiran, T.; Paschke, H.; Weber, M.; Dültgen,<br />

P.; Brand, H.: Weniger Gesenkverschleiß, Umformtechnik,<br />

Ausgabe 3, 2012<br />

[6] Paschke, H.; Yilkiran, T.; Lippold, L.; Brunotte, K.; Weber, M.;<br />

Braeuer, G.; Behrens, B.-A.: Adapted surface properties of hot<br />

forging tools using plasma technology for an effective wear<br />

reduction, Wear 330 – 331, 2015, pp. 429 – 438<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 65


TECHNOLOGIE UND WISSENSCHAFT<br />

Geometriebasierte<br />

prozessbegleitende<br />

Abweichungskompensation<br />

Auf grund der Viel zahl kom plex wechsel wir ken der Ein fluss größen bei der Massiv um formung<br />

er folgt die Werk zeug aus legung und -kon struk tion oft in mehre ren, auch ma nu ellen und erfah<br />

rungs ba sierten Schrit ten. Durch den vor ge schla genen pro zess in te grier ten und rein<br />

geo me trie ba sierten An satz ist es mög lich, die Werk zeug aus le gung und -kon struktion zu<br />

sys te ma ti sieren und zu auto ma ti sie ren.<br />

66<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


TECHNOLOGIE UND WISSENSCHAFT<br />

AUTOREN<br />

Matthias Eder,<br />

M.Sc.<br />

Christoph Hartmann,<br />

M.Sc.<br />

Prof. Dr.-Ing.<br />

Wolfram Volk<br />

ist wissenschaftlicher Mitar<br />

beiter am Lehr stuhl für<br />

Um form technik und Gießereiwesen<br />

der Technischen<br />

Universität München<br />

ist wissenschaftlicher Mitar<br />

beiter am Lehr stuhl für<br />

Um form technik und Gießereiwesen<br />

der Technischen<br />

Universität München<br />

ist Ordinarius des Lehrstuhls<br />

für Umform technik und Gieße<br />

rei wesen der Technischen<br />

Universität München<br />

Die Auslegung und Konstruktion von Gesenken für die Massivumformung<br />

stellt sich als Aufgabe von besonderer Komplexität<br />

dar. Die Wechselwirkungen des thermo-elastisch-plastischen<br />

Materialverhaltens während der Deformation sowie des Werkzeug-Werkstück-Systemverhaltens<br />

erlauben in vielen Fällen<br />

keine ausreichend präzise numerische Abbildung des Prozesses<br />

und somit eine nur unzureichend robuste und stabile Detektion<br />

von Prozessfenstern. Dies bedingt einen erhöhten Bedarf<br />

an prototypischen Werkzeugen und einen gesteigerten Kontrollaufwand<br />

im Prozess. Die digitale beziehungsweise numerische<br />

Unterstützung der Auslegungs- und Konstruktionsprozesse<br />

in der Massivumformung findet derzeit in keiner ganzheitlichen<br />

Umgebung statt, sondern gliedert sich in eine konstruktive<br />

sowie eine simu lative Seite. Die auf Simu lationser gebnissen<br />

basierende, geometrische Werkzeuganpassung beinhaltet<br />

derzeit aufgrund dieser Trennung aufwendige manuelle Rekonstruktionsprozesse<br />

zwischen diskreten Ergebnis- und Messdaten<br />

sowie parametrischen CAD-Daten. Daraus resultiert,<br />

dass die Auslegung neuer Massivumformprozesse gegenwärtig<br />

mitunter zu einem wesentlichen Anteil manuell und im Trialand-Error-Verfahren<br />

erfolgt, was lange Entwicklungszeiten verbunden<br />

mit hohen Kos ten nach sich zieht.<br />

PROBLEMSTELLUNG UND ZIELSETZUNG<br />

Aufgrund der hohen Komplexität sind bei der Auslegung der<br />

Prozesse häufig mehrere Iterationen notwendig, um Abweichungen<br />

am Bau teil zu kom pen sieren [1]. Drei Kern as pekte sind<br />

für die Effektivität und Effizienz einer Abweichungskompensation<br />

von entscheidender Bedeutung:<br />

• Separierung von deterministischen und stochastischen<br />

Abweichungen<br />

• datenbasierte Systematik bei der Modifikation der Werkzeuggeometrie<br />

• Überführung diskreter Werkzeuggeometrie in parametrisierte<br />

Konstruktionsdaten<br />

Die Modifikation der Werkzeuggeometrie basiert derzeit auf<br />

unterschiedlichen Herangehensweisen, die sich zumeist auf<br />

Erfahrungswissen des Unternehmens beziehungsweise jedes<br />

einzelnen Handelnden stützen. Eine grundlegende Herausforderung<br />

ist die Analyse eines Bauteils mit Maßabweichungen<br />

und die punktweise Eins-zu-Eins-Zuordnung zwischen Werkzeuggeometrie<br />

und gefertigtem Bauteil. Sämtliche existierende<br />

Ansätze arbeiten dabei ohne einen systematischen und eindeutigen<br />

mathematischen Zusammenhang zwischen materiellen<br />

Punkten des Werkzeugs und entsprechenden Punkten auf dem<br />

Bauteil. Die auftretenden Abweichungen am Bauteil werden in<br />

der jeweiligen Iteration folglich in nicht eindeutiger unsystematischer<br />

Weise in eine Modifikation des Werkzeugs übersetzt.<br />

Selbiger Aspekt bedingt ebenfalls, dass eine Überführung der<br />

diskreten Werkzeuggeometriedaten, abgeleitet aus diskreten<br />

Bauteildaten (Simulationsergebnis oder Realmessung), in eine<br />

parametrisierte Konstruktion nur schwer möglich ist.<br />

Ziel einer durch den Industrieverband Massivumformung e. V.<br />

finanzierten Vorstudie war es, einen allgemeingültigen systematischen<br />

Ansatz aufzuzeigen, welcher sowohl die komplexen<br />

Wechselwirkungen im Prozess als auch die Problematik der<br />

Geometrierückführung in den parametrisierten Raum berücksichtigt.<br />

LÖSUNGSANSATZ UND VORGEHENSWEISE<br />

Der er arbe itete alter na tive Model lierungs an satz rekru tiert sich<br />

aus einer aus schließ lich geo me trischen Heran gehens weise,<br />

welche die Ba sis der All gemein gültig keit bil det. Kern ele mente<br />

bilden einer seits die Mög lich keit der ein deu tigen Zu ord nung<br />

dis kreter Daten auf para me tri sierte Be schrei bungen von Werkzeug<br />

und Bau teil auf Ba sis einer Kontroll punkt dar stellung<br />

sowie ande rer seits daraus ab ge lei tet eine sys te ma tische Vorgehens<br />

weise bei der Kom pen sation, wie sie sche ma tisch in<br />

Bild 1 dar gestellt ist [2, 3]. Hier für werden in der Kon struk tion<br />

für das Bau teil im CAD-Um feld so genan nte Kontroll punkte<br />

auf der Soll geo metrie defi niert. Iden tische ma te rielle Punkte<br />

werden eben falls im CAD-Um feld auf der Werk zeug ober fläche<br />

identi fi ziert, wo durch sich Paare von Kon troll punkten auf Bauteil<br />

und Werk zeug er ge ben. Die Kontroll punkte die nen als<br />

Stütz ele mente für eine äqui va lent para metri sierte Flächenre<br />

präsen tation des Bau teils und des Werk zeugs, die eine ein­<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 67


TECHNOLOGIE UND WISSENSCHAFT<br />

Kontrollpunktdefinition<br />

Systematische Abweichungskompensation<br />

S ollgeometrie<br />

Simulation/<br />

Fertigung<br />

B auteilgeometrie<br />

Auswertung/<br />

Messung<br />

K ontrollpunkte<br />

Werkzeuggeometrie<br />

S oll-Is t-Abweichung<br />

Kontrollpunktverschiebung<br />

K ompens ation<br />

Systematisches<br />

Datenhandling<br />

Bild 1: Schematische Darstellung des Ansatzes zur geometriebasierten prozessintegrierten Abweichungskompensation auf Basis<br />

vordefinierter Kontrollpunkte<br />

deu tige Zuord nung mate rieller Punk te zu lässt. Durch eine Verschie<br />

bung der Kontroll punkte im Raum kann ein so ge nan ntes<br />

„Shape-Morphing“ der Bau teil- beziehungs weise der Werk zeuggeo<br />

metrie er reicht werden, welches zwischen dis kreten und<br />

para metri sierten Daten über setzt. Eine Punkt-zu-Punkt-Zu ordnung<br />

der Kon troll punkt paare ist auf grund der para metri sierten<br />

Be schrei bung auch stets nach dem „Shape-Morphing“ mög lich,<br />

wes halb ge ziel te Ver schie bungen der Kontroll punkte Kom pensations<br />

vor schriften für das para metri sierte CAD-Werk zeug darstel<br />

len kön nen. Grund sätzlich gibt es für die Defi ni tion der Kontroll<br />

punkte zwei Mög lich kei ten:<br />

• systematische Festlegung<br />

• Adaption vorhandener Messpunkte<br />

Anzahl und Ort der Kontrollpunkte richten sich bei der systematischen<br />

Festlegung nach den zulässigen Toleranzfeldern aus der<br />

Auslegung und Konstruktion des Bauteils. Die Kontrollpunktfestlegung<br />

beinhaltet die Definition der Referenzlage zur Gewährleistung<br />

der Vergleichbarkeit der Vermessungen und legt diejenigen<br />

Bereiche der Bauteilgeometrie fest, welche zur Beurteilung des<br />

Bauteils hinsichtlich der Maßhaltigkeit kritisch sind. Die geforderten<br />

Toleranzen an den kritischen Bauteilbereichen müssen in der<br />

Kontrollpunktdarstellung auflösbar sein und begrenzen somit<br />

die minimale Anzahl der benötigten Kontrollpunkte.<br />

Die zweite Möglichkeit der Kontrollpunktfestlegung lässt es<br />

zu, das Verfahren auch in bestehende Prozesse zu integrieren,<br />

in dem be stehende Mess punkte auf dem Bau teil als Kon trollpunkte<br />

definiert werden. Die Qualität der Flächenrepräsentation<br />

ist hierbei zu prüfen und gegebenenfalls durch Hinzunahme weiterer<br />

Kontrollpunkte zu steigern.<br />

Basierend auf der Kontrollpunktdarstellung können sowohl<br />

Bauteil- als auch Werkzeuggeometrie systematisch verarbeitet<br />

werden. Die lokale Abweichungsinformation am jeweiligen Kontrollpunkt<br />

stellt die Basis für die Abweichungskompensation<br />

dar. Durch die Äquivalenz der materiellen Punkte auf Werkzeug<br />

und Bauteil kann eine lokal detektierte Abweichung direkt einem<br />

Ort auf der Werkzeugoberfläche zugeordnet und dort geeignet<br />

kompensiert werden. Die aktuelle Bauteilgeometrie wird an den<br />

Kontrollpunkten mit der Soll-Geometrie verglichen, um die dortigen<br />

Abweichungen zu ermitteln. Die Werkzeuggeometrie wird<br />

schließlich entsprechend der Maßabweichungen über eine Abbildungsvorschrift<br />

modifiziert. Da Geometrieanpassungen am<br />

Werkzeug im nächsten Fertigungsschritt wiederum den Umformprozess<br />

beeinflussen, kann gegebenenfalls ein iteratives<br />

Vorgehen notwendig sein [1]. Die Konturabweichungsinformation<br />

kann dabei aus sämtlichen kontinuierlichen oder diskreten<br />

Bauteildaten ermittelt werden. In der Regel kommen an dieser<br />

Stelle taktile oder 3D-Messdaten sowie Simulationsergebnisse<br />

zum Einsatz. Die Abbildungsvorschrift ist durch Invertierung der<br />

Maßabweichungen umgesetzt worden, was dem intuitiven Vorgehen<br />

entspricht, nach welchem die Bauteilabweichungen am<br />

jeweils zugehörigen materiellen Punkt des Werkzeugs in entgegengesetzter<br />

Richtung kompensiert werden müssen.<br />

UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE<br />

Oben dargestellte Vorgehensweise zur Abweichungskompensation<br />

von Massivumformteilen wurde an Demonstratorbauteilen<br />

unterschiedlicher Charakteristik erprobt. Die bereits industriell<br />

gefertigten Bauteile weisen vor einer betriebsinternen<br />

manuellen Optimierung systematische, das heißt deterministische<br />

Konturabweichungen auf. Für die betrachteten Bauteile<br />

68<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


sind Datensätze unterschiedlicher Form aus den einzelnen<br />

Iterationsschritten in der Prozessauslegung bereitgestellt worden.<br />

CAD­Daten des Bau teils und des Werk zeugs sowie ent sprechende<br />

Konstruktionszeichnungen, 3D­Messdaten der Bauteile<br />

und der Werkzeuge sowie taktile Abweichungsanalysen sind in<br />

die numerische Abweichungskompensation eingegangen.<br />

Bild 2 zeigt die zur Erprobung der Abweichungskompensation<br />

verwendeten Bauteile. Dabei handelt es sich um ein halbwarm<br />

umgeformtes Pressteil für eine Antriebswelle (1, oben links),<br />

eine Turbinenschaufel (2, oben Mitte) sowie ein Zahnrad eines<br />

Differenzialgetriebes (3, oben rechts). Der bezüglich Abweichungen<br />

relevante Durchmesser bei Bauteil 1 ist blau ge­<br />

Bild 2: Real gefertigte Bauteile zur Erprobung der Abweichungskompensation (oben). Daraus abgeleitete Geometriebeschreibung auf<br />

Basis von Kontrollpunkten (unten) vordefinierter Kontrollpunkte<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 69


TECHNOLOGIE UND WISSENSCHAFT<br />

Mittelwert 113,04 mm<br />

1,0<br />

h/h ges<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0,0<br />

112,8 113,0 113,2 113,4<br />

Durchmesser Werkzeug [mm]<br />

1,0<br />

0,8<br />

h/h ges<br />

Mittelwert 112,99 mm<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0,0<br />

112,8 112,9 113,0 113,1<br />

Durchmesser Werkzeug [mm]<br />

Bild 3: Ergebnisse der Abweichungskompensation<br />

Bilder: Autoren<br />

kennzeichnet. Dieser wurde entsprechend einer vorhandenen<br />

Messstrategie mit zwölf gleichverteilten Kontrollpunkten über<br />

den Durchmesser parametrisiert, wodurch die Geometriemodellie<br />

rung von 3D auf 2D re du ziert wurde (Bild 2, unten links). Bei<br />

Bauteil 2 gilt als abweichender Bauteilbereich die zentrale Freiformfläche<br />

der Schaufel. Die Kontrollpunkte wurden in diesem<br />

Fall systematisch entsprechend der Toleranzanforderungen definiert,<br />

woraus eine Flächenbeschreibung mit 38 Kontrollpunkten<br />

resultierte (Bild 2, unten Mitte). Die zu kompensierenden<br />

Zahnflanken 3 wurden gemäß der verwendeten Messstrategie<br />

mittels 66 Kontrollpunkten parametrisiert (Bild 3, unten rechts).<br />

Bild 3, oben links zeigt für Bau teil 1 das Er geb nis der nu merischen<br />

Abweichungskompensation in der ersten Iteration. Der<br />

Schnittpunkt von Abszisse mit Ordinate gibt den zur Fertigung<br />

der Bauteilgeometrie verwendeten Durchmesser im Werkzeug<br />

an. Die Punkte kennzeichnen den Kompensationsvorschlag auf<br />

Basis des numerischen Kompensationsmodells über verschiedene<br />

Bereiche der relevanten Abmessung. Zudem sind der Mittelwert,<br />

die Standardabweichungen und eine Ausgleichsgerade<br />

gra fisch dar ge stellt. In Bild 3, un ten links ist das Er geb nis der Numerischen<br />

Abweichungskompensation für das unternehmensseitig<br />

aktualisierte Werkzeug für Bauteil 1 dargestellt. In beiden<br />

Iterationsschritten resultiert, basierend auf der numerischen<br />

Abweichungskompensation, eine konische Werkzeuggeometrie<br />

mit re pro du zier tem Mittel wert. Somit ist es neben der reinen<br />

Skalierung der Werkzeuggeometrie möglich, zusätzlich Freiheitsgrade<br />

für die Kompensation zu erlauben.<br />

In Bild 3, oben Mitte ist für Bau teil 2 der Ver gleich zwischen<br />

dem unternehmensseitigen Kompensationsvorschlag und dem<br />

Vorschlag aus dem entwickelten numerischen Verfahren gezeigt.<br />

Markiert ist dabei der Bereich, der hinsichtlich der systematischen<br />

Kompensation stärker kompensiert worden wäre. Der<br />

äquivalente Bereich ist ebenfalls im unternehmensseitig gefertigten<br />

Bauteil aus Iteration zwei gekennzeichnet (Bild 3, unten<br />

Mitte). Die ser Be reich zeigt auch nach Kom pen sation Maß abwei<br />

chungen am Bau teil. Es ist dort folg lich in zu ge ringem Maße<br />

kompensiert worden. Die Beobachtungen lassen vermuten, dass<br />

mit der berechneten Kompensation ebenfalls bereits nach einer<br />

einzigen Iteration ein Gutteil hergestellt werden kann.<br />

Bei Bauteil 3 wurde die numerische Kompensation für Toleranzanforderungen<br />

im µm­Bereich angewendet. Bild 3, oben rechts<br />

zeigt den Vergleich der unternehmensseitigen Kompensation<br />

mit der systematischen. Im Vergleich zum Bauteil, das mit dem<br />

unternehmensseitig kompensierten Werkzeug hergestellt<br />

wurde, führen blaue Bereiche zu positiven Abweichungen,<br />

orange Bereiche würden zu negativen Abweichungen. In Bild 3,<br />

unten rechts sind die Abweichungen des gefertigten Bauteils<br />

zur Soll­Geometrie dargestellt. Grüne Bereiche verdeutlichen<br />

Abweichungen in positive Normalenrichtung, rote Bereiche in<br />

negative Normalenrichtung. Ein Vergleich von Bild 3, oben und<br />

unten rechts lässt die Ver mutung zu, dass mithilfe der numerischen<br />

Kompensationsstrategie die Flanke des Zahnrads in<br />

einer Iteration zu einem Bauteil mit geringeren Abweichungen<br />

führen würde.<br />

ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK<br />

Aus der Anwendung der entwickelten numerischen Kompensation<br />

resultieren für sämtliche Beispielbauteile vielversprechende<br />

Ergebnisse. Die Analyse des Pressteils für eine Antriebswelle<br />

zeigte, dass über die reine Skalierung geometrischer Merkmale<br />

hinaus zusätzliche Freiheitsgrade gezielt in die Kompensationsstrategie<br />

aufgenommen werden können, zum Beispiel<br />

eine konische statt zylindrische Form der Werkzeuggeometrie.<br />

70<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


Bei der Anwendung der Methode auf die Freiformfläche einer<br />

Schaufelgeometrie wird eine systematische Kontrollpunktdefinition<br />

angewendet und 3D-Messdaten zur Ermittlung der Kompensation<br />

herangezogen. Eine Anwendbarkeit der Methode bei<br />

deterministischen Abweichungen auch im µm-Bereich wird anhand<br />

eines Zahnrads dargestellt. In allen Beispielen zeigt sich,<br />

dass eine lineare Kompensation mit direkter Invertierung bereits<br />

nach einer Iteration gute Ergebnisse liefert.<br />

Der vorgestellte Ansatz zur geometriebasierten prozessbegleitenden<br />

Abweichungskompensation besitzt aufgrund der alternativen<br />

Modellierungsmethodik eine Reihe von neuen Potenzialen.<br />

Die vorgestellte geometrische Beschreibung ist konsistent<br />

im gesamten Entwicklungsprozess einsetzbar, wodurch eine<br />

holistische Datenbasis umgesetzt werden kann. Basierend auf<br />

der Kopplung der Kon troll punkte auf Bau teil und Werk zeug ist<br />

eine systematische Abweichungskompensation möglich, welche<br />

sich prinzipiell auch auf andere Fertigungsverfahren übertragen<br />

lässt.<br />

Weitere Ergebnisse sollen durch Untersuchungen der Sinnhaftigkeit<br />

einer kontrollpunktspezifisch variablen Invertierung<br />

ermittelt werden. Dabei können geometrische, beispielsweise<br />

krümmungsabhängige oder materialspezifische Einflüsse analysiert<br />

werden. Ein nicht konstanter Kompensationsfaktor deutet<br />

dabei auf ein geometrisch nicht lineares Verhalten hin, wodurch<br />

eine nicht lineare Anwendung der Kompensationsstrategie<br />

notwendig würde. Des Weiteren sollten die Potenziale der<br />

kontrollpunktbasierten Flächenrepräsentation eruiert werden.<br />

Dabei sollte eine automatisierte Kontrollpunktdefinition mit<br />

einer minimalen Anzahl benötigter Kontrollpunkte angestrebt<br />

werden, wobei beispielsweise eine Bauteilbeschreibung auf Basis<br />

von T-Splines ziel führend sein kann.<br />

Die Autoren bedanken sich bei allen Mitgliedern der<br />

Patengruppe der Vorstudie für die zahlreichen Diskussionen,<br />

die tatkräftige Unterstützung und das Engagement.<br />

[1] Ponthot, J.-P.; Kleinermann, J.-P.; A cascade optimization<br />

methodology for automatic parameter identification and<br />

shape/process optimization in metal forming simulation,<br />

Comput. Methods Appl. Mech. Eng. 195, (2006), pp. 5472 – 5508<br />

[2] Braibant, V; Fleury, C; Shape Optimal Design Using<br />

B-Splines, Comput. Methods Appl. Mech. Eng. 44, (1984), pp.<br />

247 – 267<br />

[3] Fourement, L; Chenot, J.L.; Optimal Design for Non-Steady-<br />

State Metal Forming Processes – I. Shape Optimization<br />

Method, Int. J. Numer. Methods Eng. 39, (1996). pp. 33 – 50<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 71


TECHNOLOGIE UND WISSENSCHAFT<br />

Neuartige flexible<br />

Entzunderungsverfahren zur<br />

Verbesserung der Teilequalität<br />

beim Warmmassivumformen<br />

Die Warmmassivumformung wird zunehmend<br />

mit variablen Einflussfaktoren konfrontiert,<br />

wie beispielsweise kürzeren Produktlebenszyklen<br />

oder einer größeren Pro dukt viel -<br />

falt inklusive stetig steigender Qualitätsansprüche.<br />

Dies erfor dert Pro zess ketten mit<br />

einer Ma schinen- und An lagen technik, die den<br />

wachsenden An for derungen gerecht werden<br />

kann. Hier für wur den am Fraunhofer-Insti tut<br />

für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik<br />

IWU zwei flexible Ver fahren zum Ent zundern<br />

von Anfangs formen für die Warm massiv umformung<br />

ent wickelt und in um fang reichen<br />

Versuchsreihen erprobt.<br />

Die Anforderungen an massivumgeformte Bauteile im Hinblick<br />

auf Material- und Energieeffizienz erfordern stetige Weiterentwicklungen.<br />

Dies gilt nicht nur für die zu verarbeitenden<br />

Materialien selbst, sondern auch für die zur Um for mung ein gesetzten<br />

Verfahren und der dazugehörigen Anlagentechnik. Da<br />

warm ge formte Bau teile aus Stahl und Stahl legie rungen auch<br />

in Zukunft einen Schwer punkt im Fahr zeug- und Anlagen bau<br />

darstellen (Bild 1), besteht weiterhin Forschungsbedarf unter<br />

anderem in Rich tung der Weiter ent wicklung modernster Entzunderungstechniken<br />

zur Verbesserung der Bauteilqualität<br />

nach der Warmumformung.<br />

72<br />

Bild 1: Produktionsmenge von Schmiedestücken in der Schmiedeindustrie in<br />

Deutschland nach Schmiedeverfahren im Jahr 2015 [Statista©]<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


TECHNOLOGIE UND WISSENSCHAFT<br />

AUTOREN<br />

Dipl.-Ing.<br />

André Wagner<br />

Dipl.-Ing.<br />

Tim Lehnert<br />

ist Gruppenleiter, Press und Schmiedeverfahren<br />

am Fraunhofer-Institut für<br />

Werkzeugmaschinen und Umformtechnik<br />

IWU in Chemnitz<br />

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter, Press- und<br />

Schmiedeverfahren am Fraunhofer-Institut<br />

für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik<br />

IWU in Chemnitz<br />

Stefan Gärtz,<br />

M. Sc.<br />

Prof. Dr.-Ing.<br />

Dirk Landgrebe<br />

ist Konstrukteur bei der Hugo Stiehl GmbH<br />

in Crottendorf/Erzgebirge und war bis<br />

Dezember 2016 Hilfswissen schaftler am<br />

Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen<br />

und Umformtechnik IWU in Chemnitz<br />

ist Institutsleiter des Wissenschaftsbereichs<br />

Umformtechnik und Fügen am Fraunhofer-<br />

Institut für Werkzeugmaschinen und<br />

Umformtechnik IWU in Chemnitz<br />

STAND DER TECHNIK<br />

Werden die ent stan denen Oxide vor der Um formung nicht<br />

signifikant entfernt, kann dies zu sogenannten Zundermarken<br />

führen, die oft ein Ausschusskriterium für die Komponenten<br />

sind. Ebenso wird die Lebensdauer der Umformwerkzeuge durch<br />

den erhöhten Verschleiß erheblich herabgesetzt [1]. Eine entsprechende<br />

Oberflächenvorbehandlung ist somit unerlässlich.<br />

ZUN DER ENTSTEHUNG<br />

Bei der Erwärmung von konventionellen Stahl- und Eisenwerkstoffen<br />

über eine Tempe ratur von 570 °C ent steht auf der Bauteiloberfläche<br />

unter entsprechend begünstigender Atmosphäre<br />

eine Oxidschicht, der sogenannte Zunder. Dieser besteht aus<br />

drei von fünf be kannten Eisen oxiden: Wüstit (FeO), Hämatit<br />

(Fe 2 O 3 ) und Magnetit (Fe 3 O 4 ). Bei Temperaturen von über 570 °C<br />

sind diese thermodynamisch stabil, unterhalb bilden sich lediglich<br />

Fe 2 O 3 und Fe 3 O 4 . Charakteristisch für Primärzunder ist, dass<br />

mit steigender Härte von innen nach außen die Elas ti zität abnimmt<br />

[2, 3, 4, 5].<br />

Die Zunder bildung läuft nur in den sel tens ten Fällen nach den<br />

gängigen Zun derbil dungs gesetzen ab. In der Regel reißt die entstandene<br />

Oxid schicht während der Er wärmungs phase stetig<br />

auf oder platzt partiell ab, wodurch die Bauteiloberfläche erneut<br />

mit Sauer stoff in Ver bindung kommt. Dies wird als „Durch bruchoxi<br />

dation“ oder „Break away-Oxi dation“ be zeichnet (Bild 2). Die<br />

Zun der schicht wächst dabei zu nächst linear und später parabolisch<br />

an. Durch dieses sprung hafte Wachs tum kann der Abbrand<br />

während der Er wärmung bis zu drei Prozent der ge samten<br />

Bauteilmasse betragen [6].<br />

Ziel sollte es sein, die Zunderbildung bestmöglich zu minimieren.<br />

Ansatzpunkte hierfür sind – neben der Reduzierung von Haltezeiten<br />

in der Er wärmungs anlage zum Beispiel durch den Ein satz<br />

einer induktiven Erwärmung – die Erwärmung unter Schutzgasatmosphäre,<br />

das Herabsetzen der Umformtemperaturen (Halbwarmumformung)<br />

oder das Aufbringen eines Schutzüberzugs<br />

auf Siliziumbasis. Diese Methoden können alle die Zunderbildung<br />

erheblich minimieren, sind aber aufgrund ihrer Kom plexität teilweise<br />

sehr un flexibel und un wirt schaftlich [7].<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 73


TECHNOLOGIE UND WISSENSCHAFT<br />

wieder [8]. Durch den hohen Druck des Wassers kommt es zur<br />

Tröpfchen bildung, wobei die ein zelnen Tropfen wie eine Art<br />

Hammer auf die Zunder schicht wirken und diese auf brechen.<br />

Der Vor teil dieser Art der Ent zun derung ist die gleich zeitige<br />

Kühl wirkung des Wassers in Kom bi nation mit der Um formung.<br />

Mit dieser ther mo-me cha nischen Be hand lung können Halbzeuge<br />

mit her vor ragenden Eigen schaften her ge stellt werden.<br />

Als nach teilig stellt sich je doch die not wendige Wieder aufbereitung<br />

des ein ge setzten Wassers und der darin be findlichen<br />

Zunder be stand teile dar.<br />

Im Gegen satz zum Druck wasser strahl wird beim Schleifen und<br />

Bür sten die Zunder schicht mechanisch ent fernt. Nach teilig ist,<br />

dass es hierbei zum Abtrag eines gewissen An teils des Grundmaterials<br />

kommt und die ein ge setzten Bürsten einem sehr<br />

großen Ver schleiß, aufgrund der hohen Tem pe raturen des umzu<br />

for menden Ma terials, unter liegen [9].<br />

Bild 2: Zeitlicher Verlauf des Zunderwachstums<br />

VERFAHREN ZUM ENT ZUNDERN IN DER MASSIV UM FORMUNG<br />

Aktuell exis tieren ver schiedenste Me thoden und Ver fahren,<br />

um Zunder vor einem wei teren Pro zess schritt zu ent fernen. Zu<br />

den meist ge nutzten Me tho den zählt das Stau chen vor dem<br />

Schmie den, das Druck wasser strahlen sowie das Schleifen und<br />

Bürsten.<br />

Die häufigste zum Ein satz kommende Me thode ist eine Stauchstufe<br />

vor der ersten Form ge bungs stufe, wobei die Schmiedean<br />

fangs form auf eine de finierte Höhe ge staucht wird. In folge<br />

der so ent stehenden Um fangs ver größerung platzt der Zunder<br />

all seitig ab. Die Gefahr bei dieser Variante be steht jedoch darin,<br />

dass sich der Zun der stirn seitig in der Schmie de an fangs form<br />

ein prägt und es zur Bil dung von Zun der marken kommt.<br />

Das Druck wasser strahlen (hohe Vo lumen ströme unter hohem<br />

Druck) ist eine wir kungs volle Me tho de der Ober flächen entzunderung.<br />

Sie findet sich vor allem in der Halb zeug her stellung<br />

NEU ENT WICKELTE ENT ZUNDERUNGS KON ZEPTE<br />

Im Rahmen der For schungs arbeiten, hier in einer industriellen<br />

Eigenforschung am IWU in Form einer Studien-, Bachelor- sowie<br />

Masterarbeit, wurden für die oben genannte Problem stellung<br />

„Ent zun derung in der Warm massiv um formung“ zwei flexibel<br />

ein setz bare Ver fahren ent wickelt, welche nach folgend vorgestellt<br />

werden:<br />

• axiales mechanisches Ent zun dern mittels Form walzen<br />

• Ultraschall ent zunderung mittels Form sonotrode<br />

Ziel der Ent wicklung von Form walzen mit definierter Walzengeo<br />

metrie war es, rota t ions sym metrische Werk stücke durch<br />

ein ver setztes An or dnen der Walzen körper von Zunder zu befreien.<br />

Der Grund auf bau des Werk zeugs ist in Bild 3 dar ge stellt.<br />

Die Schlitten, die auf dem Grund träger montiert sind, können in<br />

ra di aler Rich tung zu gestellt werden. Die Walzen träger (grün)<br />

sind federnd gelagert und werden über eine Ge winde spindel<br />

po sitio niert und vor ge spannt, wo durch die Kraft, die auf das<br />

Werk stück aus geübt werden soll, stufen los variiert werden<br />

kann. Um mehr Be rührungs punkte der Walzen körper am<br />

Schmie de roh ling zu er mög lichen, wurden spe zielle Form walzen<br />

ent wickelt (Bild 4). Die Be an spruchung der Zun der schicht<br />

konnte so maximiert werden, und die daraus re sul tierende Entzunderungs<br />

wirkung wurde deut lich ver bessert.<br />

Bild 3: Grundaufbau des Werkzeugs und Anordnung der Kegelwalzen am Werkstück<br />

74<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


Um den Werk stück umfang um laufend ab zu decken, wurden<br />

zwei Werk zeug auf nahmen nach ein ander jeweils um 60° versetzt<br />

an ge ordnet, wo durch sechs Walzen gleich zeitig im Eingriff<br />

sind. Die Kräfte, die für das Durch stoßen des Roh lings<br />

durch die Ent zunde rungs vor rich tung not wen dig sind, liegen in<br />

dem Be reich, wie sie beim Ein stoßen von Werk stücken, wie zum<br />

Bei spiel vor dem Quer keil walzen, üblich sind.<br />

Bei dem zweiten Ver fahren, der Ent zun derung mittels Ultraschall,<br />

wird der Ultra schall ohne Kop pel flüssig keit mit Hilfe einer<br />

Form sonotrode direkt auf die Bau teil ober fläche ein ge leitet.<br />

Durch die hoch frequenten Wellen wird somit ein Ab platzen des<br />

Zun ders von der Werk stück ober fläche aus gelöst. Nach teilig ist,<br />

dass aufgrund des direkten Kontakts mit dem er wärmten Werkstück,<br />

der Schwing körper extrem hohen Be lastungen unterliegt,<br />

die bei der Aus legung be rück sichtigt werden müssen.<br />

Die Qua lität der ent zun derten Ober fläche spricht jedoch für<br />

sich. Der Pri mär zunder konnte mit dieser Me tho de fast vollständig<br />

von der Mantel- und Stirn fläche entfernt werden. Des<br />

Weite ren konnten un zu lässige Ober flächen mar kierungen, wie<br />

sie zum Bei spiel bei der me chanischen Ent zunderung durch<br />

Walzen entstehen können, aus geschlossen werden. Getestet<br />

wurden Ultra schall fre quenzen im Be reich von 20 bis 50 kHz mit<br />

Schwingungs am pli tuden >10 µm und einer Leistung von zirka<br />

500 W. Wich tigster Unter su chungs para meter war die Geometrie<br />

der Sonotrode. Diese muss ent sprechend des zu entzun<br />

dern den Halb zeugs an ge passt werden. Um im späteren<br />

Ver lauf flexibler agieren zu können, be darf es weiterer Ent wicklungs<br />

arbeiten.<br />

NUTZEN FÜR DIE IN DUS TRIE UND DEN AN WEN DER<br />

Bild 4: Finales Walzen design mit<br />

schräg verlaufenden Nuten<br />

Bilder: Autoren<br />

Beim axialen Ent zundern mit durch messer an ge passten Formwalzen<br />

konnten zirka 95 Prozent des Primär zunders von der<br />

Mantel ober fläche der An fangs formen für die Warm massiv umformung<br />

ent fernt werden. Dies gilt für eine Ent zun derung noch<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 75


TECHNOLOGIE UND WISSENSCHAFT<br />

vor der ersten Um form stufe nach Meinungen von Branchenver<br />

tretern als ein sehr guter Wert. Die Vor teile der Ein bin dung<br />

einer solchen Ent zun derungs ein rich tung stellen sich wie folgt<br />

dar: Das Werk zeug ist platz sparend und kann an den je weiligen<br />

Pro zess und sämtliche Ent zun derungs auf gaben opti mal<br />

an ge passt werden. Haupt vor teil dieser Me tho de ist, dass es<br />

keiner zu sätz lichen Energie zu führung bedarf. Die in der Praxis<br />

üblichen Ein stoß me chanismen sind nach ak tu ellem Stand für<br />

das Durch stoßen der zu ent zun dern den Werk stücke für die<br />

unter schied lichsten An wendungs fälle aus reichend. Eine Integra<br />

tion dieses Ent zun derungs kon zepts kann sowohl in der<br />

Halb zeug her stel lung, als auch in der Ein zel stück fer tigung erfolgen.<br />

Die Nutzung der Ultra schall technik zur Ent zun derung findet<br />

hin sicht lich ihrer Flexi bili tät eher im Be reich der Klein- und<br />

Mittel serien fer tigung An wen dung, da somit auf Pro zess unregel<br />

mäßigkeiten effektiv re agiert werden kann. In Hin blick auf<br />

den hohen Form speicher grad der Sono troden sind weitere Entwick<br />

lungs tätig keiten not wen dig, um diesen zu re du zieren und<br />

das ge samte Sys tem flexibler zu ge stal ten.<br />

ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK<br />

In der Warmmassivumformung werden Werkstücke auf Temperaturen<br />

von zirka 1.000 und 1.250 °C er wärmt und an schließend<br />

umgeformt. Die Bildung einer Zunderschicht ist ohne weitere<br />

Maßnahmen bekannterweise in der Großserie kaum zu vermeiden.<br />

Maß nahmen wie die Ver kürzung der Halte zeit in der Erwärmungseinrichtung,<br />

das Aufbringen von Schutzschichten auf<br />

die Werkstückoberfläche oder das Erwärmen unter Schutzgas<br />

zur Reduzierung der Primärzunderbildung sind vor allem im Bereich<br />

der Sonderverfahren anzuordnen, da sie für Großserien als<br />

eher unwirtschaftlich gelten.<br />

Um den vielfältigen Anforderungen der Warmmassivumformung<br />

Genüge zu tun, ist es zwingend notwendig, einen Entzunderungsschritt<br />

in die Prozesskette zu integrieren.<br />

Ziel der hier vor ge stellten Ar beiten war es, die oben be schriebenen<br />

Entzunderungstechniken in die Prozessketten der Warmmassivumformung<br />

zu integrieren, genauer noch zwischen der Erwär<br />

mung und der ersten Um form stufe. Dies war so zu ge stalten,<br />

dass bezüglich des bisher vorhandenen technologischen<br />

Ablaufs keine beziehungsweise nur minimale Änderungen vorzu<br />

nehmen waren. Zu dem galt es, das Zeit fenster zwischen Entzun<br />

derung und Um form stufe so kurz wie möglich zu halten, um<br />

die bereits erwähnte Sekundärzunderbildung zu vermeiden.<br />

Die Ver suche im Be reich der axialen Ent zun derung zeigten<br />

deut lich, dass durch fe dernd ge lagerte Form walzen gute Er gebnisse<br />

erzielt werden konnten und die sich bei der Er wärmung<br />

bildende Zun der schicht als pro zess be ein flussende Wir kung<br />

er heb lich re du ziert werden konnte.<br />

[1] Przybylla, G.: Prozessoptimierung und Qualitätsverbesse<br />

rung durch Entzunderung, MEFORM 2005, Tagungsband:<br />

Neue Entwicklungen beim Gesenk- und Freiformschmieden,<br />

30.03.05 – 01.04.05<br />

[2] Viščorová, R.: Untersuchung des Wärmeübergangs bei der<br />

Spritzwasserkühlung unter Berücksichtigung des Einflusses<br />

der Verzunderung, Dissertation, TU Clausthal, Fakultät für<br />

Natur- und Materialwissenschaften, Clausthal, 2007<br />

[3] Luig, H.: Einfluß von Verschleißschutzschichten und Rohteil<br />

ver zunderung auf den Verschleiß beim Schmieden, Fortschritt-Berichte<br />

VDI, Reihe 5: Grund- und Werkstoffe, Nr. 315,<br />

Hannover, VDI Verlag, 1993<br />

[4] Joseph, Y.: Spektroskopische Untersuchungen zur Oberflächenchemie<br />

von einkristallinen Eisenoxidfilmen, Dissertation,<br />

Freie Universität Berlin, Fachbereich Biologie, Chemie,<br />

Pharmazie, Berlin, 2001<br />

[5] Schimanke, G.T.: Zur kinetischen Stabilität von nano kristallinem<br />

Maghemit. Dissertation, TU Darmstadt, Fachbereich<br />

Chemie, Darmstadt, 2001<br />

[6] Bürgel, R.; Maier, H.-J.; Niendorf, T.: Handbuch Hoch tempe ratur-Werkstofftechnik,<br />

4. Auflage, Wiesbaden, Vieweg+Teubner<br />

Verlag, 2011<br />

[7] Spur, G.; Stöferle, Th.: Handbuch der Fertigungstechnik,<br />

Band 2, Umformen und Zerteilen, München, Wien, Carl Hanser<br />

Verlag München Wien, 1984<br />

[8] Schneidau, V.: Merkblatt 212 „Strahlen von Stahl“, Datteln,<br />

Stahl-Informationszentrum Düsseldorf, 2010<br />

[9] Pietschmann, J.: Industrielle Pulverbeschichtung, Wiesbaden,<br />

Vieweg+Teubner Verlag, 2010<br />

76<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


VERANSTALTUNGEN<br />

DeburringEXPO<br />

mit 150 Ausstellern<br />

Inno vative Lö sun gen für Ent gratauf<br />

gaben und prä zise Ober flächen<br />

werden vom 10. bis 12. Oktober <strong>2017</strong><br />

auf der Deburring EXPO in Karls ruhe<br />

prä sen tiert. Er war tet werden 150<br />

Aus steller; damit wird die Ver an staltung<br />

auf dem Messe ge lände deut lich<br />

größer und inter na tio naler als die Premieren<br />

ver an stal tung 2015. Durch sehr<br />

an spruchs volle Spezi fi kationen hinsicht<br />

lich To leranzen und Ober flächengüte<br />

rücken bei der Fer ti gung von<br />

Prä zi sions teilen Ent graten, Ver runden<br />

und Ober flächen finish immer mehr in<br />

den Fokus.<br />

Ein drei tägi ges inte grier tes Fachforum<br />

run det das An gebot ab. Alle<br />

Vor träge werden simul tan Deutsch­<br />

Englisch über setzt. Die Re fe rate<br />

bieten Infor ma tionen zu Grund lagen<br />

und Exper ten wissen über inno va tive<br />

Ent grattech nologien und Prä zisionsober<br />

flächen, über Praxis bei spiele und<br />

Bench mark­Lösungen.<br />

Mit ihrem Aus stellungs pro gramm<br />

deckt die Deburring EXPO das gesamte<br />

Spek trum für die Ent gra tung,<br />

Ver run dung und Her stel lung von Präzi<br />

si ons ober flächen ab. Neben einem<br />

re prä senta tiven Über blick über die<br />

ver schie denen Ver fahren, An lagen,<br />

Werk zeuge sowie Prüf­, Mess­ und<br />

Ana lyse metho den er mög licht die<br />

Fach messe auch die ge zielte Information<br />

über Trends und aktuelle Entwick<br />

lungen. Weitere Informationen<br />

gibt es unter www.deburring­expo.de.<br />

massivesMARKETING –<br />

Workshop-Reihe<br />

geht <strong>2017</strong> erfolgreich<br />

in die zweite Runde<br />

Die Work shop­Reihe „massives­<br />

MARKETING“ ging am 22. Mai <strong>2017</strong> im<br />

Ver bands haus in Hagen in die zweite<br />

Runde nach 2016. Unter dem Stich wort<br />

„Marketing Klassiker“ haben sich neugie<br />

rige Teil nehmer rund um die Themen<br />

„Po sitio nierung/Story des eigenen<br />

Unter nehmens“ sowie „Marketingin<br />

stru mente“ mit Fokus auf die Kommu<br />

ni kation schulen las sen.<br />

„Der Mix aus Impuls­Vor trägen, Workshop­Elementen<br />

und Best­Practice<br />

Bei spielen bie tet die Mög lich keit, die<br />

ge lern ten In halte direkt auf das eigene<br />

Unter nehmen zu über tragen“, so<br />

ein be geis terter Teil nehmer. Die Präsen<br />

tation – mit Fokus auf die Unterneh<br />

men der Massiv um formung – bot<br />

den Teil nehmern indi vi duelle Ansatzpunkte<br />

und Hilfe stellungen in Sachen<br />

Story telling und Ver mark tung.<br />

Am 9. November <strong>2017</strong> findet in Stuttgart<br />

im Insti tut für Um form technik<br />

der ein tägige Work shop „Marketing<br />

Excellence“ statt. Die Themen „Marktana<br />

lyse durch Big Data“ und „Markenbil<br />

dung“ stehen für die Mit ar bei terinnen<br />

und Mit arbeiter der Mit gliedsunter<br />

nehmen des In dus trie ver bands<br />

Massiv um formung auf dem Pro gramm.<br />

Weitere Infor ma tionen unter E­Mail:<br />

osenberg@massivumformung.de.<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


VERANSTALTUNGEN<br />

Fachtagung SFU <strong>2017</strong> mit<br />

Schwerpunkt Fahrzeugbau<br />

Die dies jährige Fach tagung SFU<br />

findet am 6./7. Dezember <strong>2017</strong> an der<br />

TU Berg aka de mie Freiberg unter dem<br />

Titel „Neue Werk stoffe und Kom ponen<br />

ten für den Fahr zeugbau“ statt.<br />

Sie ver folgt in diesem Jahr das Ziel,<br />

Fach leute aus For schung, Ent wick lung<br />

und Pro duk tion zu einem in ten si ven<br />

Er fah rungs aus tausch zu sam men zuführen<br />

und neue weg weisende Entwick<br />

lungen auf dem Ge biet der Umform<br />

technik vor zu stellen. An meldung<br />

und nähere Informationen unter:<br />

http://tu­freiberg.de/fakult5/imf/<br />

veranstaltungen/sfu­<strong>2017</strong>.<br />

Massivumformteile<br />

mit technischem<br />

Know-how verkaufen<br />

Der Industrieverband Massiv um formung<br />

bietet am 15. Mai 2018 in Hagen<br />

das Seminar „Mit technischem Knowhow<br />

Massiv um form teile ver kaufen“ an.<br />

Das Semi nar stellt Mög lich keiten und<br />

Vor teile massiv um ge form ter Bau teile<br />

vor und zeigt eine ge eignete Zu sammen<br />

arbeit im Entwicklungs­ und Konstruk<br />

tions pro zess auf. Es richtet sich<br />

an Mit ar bei ter innen und Mit arbeiter<br />

aus dem Ver trieb der Mit glieds unternehmen<br />

des Industrie ver bands, die<br />

ihre technischen Grund kennt nisse erwei<br />

tern möchten. Re fe rent ist Dr. Rainer<br />

Herbertz von der Proheris Daten­ und<br />

Pro zess technik GmbH in Iserlohn.<br />

Die Seminar­Gebühren betragen 300<br />

Euro je Teil nehmer, für jeden weiteren<br />

Teilnehmer desselben Unternehmens<br />

250 Euro. Auskünfte zum Seminar<br />

erteilt Dorothea Bachmann Osenberg,<br />

Telefon: +49 2331 9588­30, E­Mail:<br />

osenberg@massivumformung.de.<br />

Stahl-Innovationspreis:<br />

Zukunftsweisende Ideen<br />

aus Stahl gesucht<br />

Inge nieure, Archi tekten, Desig ner,<br />

Hand werker, For scher und Er finder<br />

kön nen sich um den Stahl­Innovations<br />

preis 2018 be wer ben. Zum<br />

elften Mal loben Unter nehmen der<br />

Stahl indus trie in Deutsch land den<br />

Preis aus, um Inno va tio nen mit dem<br />

Werk stoff Stahl eine Bühne zu bieten.<br />

Den Gewin nern win ken Preis gelder in<br />

Höhe von ins ge samt 60.000 Euro und<br />

die Be kannt machung ihrer Inno vationen<br />

im Markt. Um der großen Anwen<br />

dungs viel falt von Stahl ge recht<br />

zu wer den, wird der Wett be werb in<br />

den Kate go rien „Pro dukte aus Stahl“,<br />

„Stahl im Bau wesen“, „Stahl­Design“<br />

sowie „Stahl in For schung und Entwick<br />

lung“ aus ge schrieben. In allen<br />

Ka tego rien werden je weils drei Preise<br />

ver ge ben. Außer dem gibt es einen<br />

Sonder preis „Klima schutz und Ressour<br />

cen effizienz“, der die Inno vation<br />

aus zeichnet, die durch Ver wen dung<br />

von Stahl am besten dazu bei trägt,<br />

Energie und Ma te rial ein zu sparen.<br />

Die Teil nahme am Wett be werb ist<br />

kosten frei. Die ein ge reichten Pro jekte<br />

müssen inner halb der ver gan genen<br />

fünf Jahre in Deutsch land ent wickelt<br />

worden sein. Teil nahme be rechtigt<br />

sind Per sonen, Firmen, Institute und<br />

Ent wick lungs ge mein schaften mit Sitz<br />

in Deutsch land. Die Teil nahme unterlagen<br />

kön nen bei der Wirt schafts vereini<br />

gung Stahl in Düssel dorf an ge fordert<br />

werden. Ein sende schluss ist der<br />

26. Januar 2018. Weitere Infor ma tionen<br />

unter www.stahl­innovationspreis.de.<br />

MEFORM 2018<br />

Ressourceneffiziente<br />

Werkstof- und<br />

Umformtechnologien<br />

Das Insti tut für Metall formung (imf)<br />

der TU Berg aka demie Frei berg lädt<br />

vom 21. bis 23. März 2018 zur MEFORM<br />

ein. Die Ta gung für Um form tech nik<br />

be fasst sich mit einem Themen komplex,<br />

der in der Zeit des Klima wan dels<br />

und der Roh stoff ver knap pung immer<br />

wichtiger wird: „Res sour cen effiziente<br />

Werk stoff­ und Um form technolo gien“.<br />

Neben aktuellen Techno logie ent wicklungen<br />

im Be reich der Stähle, Leichtsowie<br />

Bunt me talle rücken inno va tive<br />

An lagen kon zepte zur Her stel lung von<br />

Halb zeugen und End pro duk ten in den<br />

Fo kus. Weitere In halte der Kon ferenz<br />

be schäftigen sich mit der Simu lation<br />

für die schnelle und detail lierte Prozess<br />

aus legung sowie mit neu artigen<br />

Kon zepten in der Walz­ und Schmiedetech<br />

nologie.<br />

Parallel zur MEFORM 2018 organi siert<br />

die ESF­Nach wuchs forscher innengruppe<br />

ein Sym po sium zum Thema<br />

„Leicht me talle und deren Le gie rungen<br />

unter dem As pekt der Ener gie effi zienz<br />

und Wirt schaft lich keit“. Zudem lädt<br />

das imf am 23. März 2018 alle ehe mali<br />

gen Stu den ten und Mit ar bei ter zu<br />

einer Feier an läss lich des Jubi läums<br />

„90 Jahre Metall for mung in Frei berg“<br />

ein.<br />

Wei te re Infor ma tionen zur Ver an staltung<br />

und der Mög lich keit, Ihr Unterneh<br />

men unseren Kon ferenz teil nehmern<br />

zu prä sen tieren, finden Sie unter:<br />

tu­freiberg.de/fakult5/imf/<br />

veranstaltungen/meform­2018 oder<br />

an meform18@imf.tu­freiberg.de per<br />

E­Mail.<br />

78<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


VERANSTALTUNGEN<br />

EUROFORGE conFAIR 2018<br />

Kundenseminar<br />

informiert über<br />

Massivumformteile<br />

„Massiv um form teile: Vorteile – Entwick<br />

lung – Ein satz mög lich keiten“<br />

lautet der Titel eines Semi nars, das der<br />

In dustrie ver band Massiv um for mung<br />

am 19. Juni 2018 in Günzburg an bietet.<br />

Es richtet sich an Mit ar bei ter innen und<br />

Mit ar beiter von Kunden der Massiv umformer<br />

aus den Be reichen Vor ent wicklung,<br />

Kon struk tion und Tech nischer<br />

Ein kauf, die nicht auf Um form tech nik<br />

spe zi alisiert sind. Re fe rent Dr. Rainer<br />

Herbertz von der Proheris Daten­ und<br />

Pro zess technik GmbH in Iserlohn<br />

bringt den Teil nehmern die Po ten ziale<br />

massiv um ge formter Bau teile und Systeme<br />

näher und zeigt den inno va tiven<br />

Ent wick lungs stand der Massiv um formung<br />

ebenso auf wie die Vor teile der<br />

ein ge setzten Ver fahren. In punkto<br />

Be an spruch bar keit, Kosten opti mierung,<br />

Flexi bi li tät in der Her stellung und<br />

kür zes ter Ent wick lungs zeit bietet die<br />

Massiv um formung Weiter ver ar beitern<br />

kon kurrenz los sichere und inno vative<br />

Lösungen. Die Seminar­Gebühren<br />

betragen 390 Euro je Teil nehmer,<br />

für jeden weite ren Teil nehmer desselben<br />

Unter nehmens 340 Euro. Auskünfte<br />

zum Se mi nar erteilt Dorothea<br />

Bachmann Osenberg, Telefon:<br />

+49 2331 9588­30, E­Mail: osenberg@<br />

massivumformung.de.<br />

Vom 13. bis 15. November 2018 fin det<br />

die erste „Euro pean Fair and Conference“<br />

für die Schmie de indus trie<br />

in Berlin im ESTREL Kon gress Center<br />

statt. Aus ge rich tet wird die Mes se mit<br />

be glei ten der Kon ferenz von EURO­<br />

FORGE, dem euro päischen Dach verband<br />

der Schmie de ver bände und<br />

­unter nehmen in Euro pa.<br />

Als Aus steller der EURO FORGE con­<br />

FAIR sind alle Partner der Massiv umfor<br />

mung wie bei spiels weise Ma schinen<br />

her steller, Schmier stoff her steller,<br />

An bieter für Si mu lations soft ware<br />

oder Stahl her steller ein ge laden. Das<br />

Vor trags pro gramm kon zen triert sich<br />

ne ben Firmen­ und Pro dukt präsenta<br />

ti onen ins be son dere auf ak tu elle<br />

Themen und Trends der Branche.<br />

Das Event bietet Zu lie ferern der<br />

Schmie dein dus trie erst malig die Ge legen<br />

heit, ihr in ter natio nales Netz werk<br />

in Euro pa zu treffen und aus zu bauen.<br />

Nutzen auch Sie die Möglich keit und<br />

seien Sie ein Teil des um fang reichen<br />

Pro gramms als Aus steller oder als Besucher<br />

der Ver an stal tung.<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 79


VERANSTALTUNGEN<br />

09.10.<strong>2017</strong><br />

bis<br />

11.10.<strong>2017</strong><br />

26. AACHENER KOLLOQUIUM FAHRZEUG- UND MOTORENTECHNIK AACHEN<br />

Kolloquium des Instituts für Kraftfahrzeuge (ika) und des Lehrstuhls Verbrennungskraftmaschinen<br />

(vka) der RWTH Aachen University<br />

Weitere Informationen: www.aachener-kolloquium.de<br />

09.10.<strong>2017</strong><br />

bis<br />

12.10.<strong>2017</strong><br />

36. MOTEK <strong>2017</strong> STUTTGART<br />

Internationale Fachmesse für Produktions- und Montageautomatisierung<br />

Weitere Informationen: www.motek-messe.de/motek<br />

10.10.<strong>2017</strong><br />

bis<br />

12.10.<strong>2017</strong><br />

DEBURRING EXPO<br />

Fachmesse für Entgrattechnologie und Präzisionsoberflächen siehe Mitteilung auf Seite 77<br />

Weitere Informationen: www.deburring-expo.de/home<br />

KARLSRUHE<br />

16.10.<strong>2017</strong><br />

DER WEG ZUM HOCHWERTIGEN UMFORMTEIL – ZUVERLÄSSIGE MASCHINEN<br />

Seminar der Schmiede-Akademie<br />

Weitere Informationen: www.massivumformung.de/veranstaltungen<br />

HAGEN<br />

17.10.<strong>2017</strong><br />

bis<br />

18.10.<strong>2017</strong><br />

LAYERED PROCESS AUDIT IN DER STAHL- UND METALLVERARBEITUNG<br />

Schulung der TQU International GmbH in Zusammenarbeit mit der Forschungsgesellschaft<br />

Stahlverformung e. V. (FSV)<br />

Weitere Informationen: www.massivumformung.de/veranstaltungen<br />

MÜNSTER<br />

18.10.<strong>2017</strong><br />

SEMINAR KALTSCHEREN – GEWUSST WIE<br />

Seminar der Schmiede-Akademie<br />

Weitere Informationen: www.massivumformung.de/veranstaltungen<br />

HAGEN<br />

24.10.<strong>2017</strong><br />

bis<br />

26.10.<strong>2017</strong><br />

EUROMOLD MÜNCHEN <strong>2017</strong><br />

MÜNCHEN<br />

Weltmesse für Werkzeug-, Modell- und Formenbau, Design, Additive Fertigung und Produktentwicklung<br />

Weitere Informationen: www.euromold.com<br />

25.10.<strong>2017</strong><br />

bis<br />

26.10.<strong>2017</strong><br />

BETRIEBSFESTIGKEIT – AUSLEGUNG VON SCHMIEDEBAUTEILEN<br />

UNTER BETRIEBSLASTEN<br />

Seminar der Schmiede-Akademie<br />

Weitere Informationen: www.massivumformung.de/veranstaltungen<br />

DARMSTADT<br />

26.10.<strong>2017</strong> GRUNDLAGEN DER MASSIVUMFORMUNG STUTTGART<br />

Seminar des Instituts für Umformtechnik (IFU) der Universität Stuttgart<br />

Weitere Informationen: www.ifu.uni-stuttgart.de/events/schulungsreihen<br />

08.11.<strong>2017</strong><br />

TOLERANZEN FÜR MAß, FORM UND LAGE<br />

Seminar der Schmiede-Akademie<br />

Weitere Informationen: www.massivumformung.de/veranstaltungen<br />

HAGEN<br />

14.11.<strong>2017</strong><br />

bis<br />

15.11.<strong>2017</strong><br />

LAYERED PROCESS AUDIT IN DER STAHL- UND METALLVERARBEITUNG<br />

Schulung der TQU International GmbH in Zusammenarbeit mit der Forschungsgesellschaft<br />

Stahlverformung e. V. (FSV)<br />

Weitere Informationen: www.massivumformung.de/veranstaltungen<br />

HAMBURG<br />

80<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


VERANSTALTUNGEN<br />

14.11.<strong>2017</strong><br />

bis<br />

17.11.<strong>2017</strong><br />

FORMNEXT<br />

Internationale Fachmesse für additive Fertigungstechnologien,<br />

3D-Druck sowie Werkzeug- und Formenbau<br />

Näheres unter: www.mesago.de/de/formnext/home.htm<br />

FRANKFURT/MAIN<br />

15.11.<strong>2017</strong> STANDMENGENSTEIGERUNG BEI SCHMIEDEGESENKEN BAD NAUHEIM<br />

Seminar der Schmiede-Akademie<br />

Weitere Informationen: www.massivumformung.de/veranstaltungen<br />

16.11.<strong>2017</strong><br />

bis<br />

17.11.<strong>2017</strong><br />

PRAXISBEISPIEL: BESEITIGUNG EINES SYSTEMATISCHEN REKLAMATIONSGRUNDES<br />

MIT HILFE VON SIX SIGMA WERKZEUGEN IN DER STAHL- UND METALLVERARBEITUNG<br />

Workshop der Forschungsgesellschaft Stahlverformung e. V (FSV)<br />

Weitere Informationen: www.massivumformung.de/veranstaltungen21.11.<strong>2017</strong><br />

HAGEN<br />

21.11.<strong>2017</strong><br />

DER WEG ZUM HOCHWERTIGEN UMFORMTEIL – SICHERE QUALITÄTSPRÜFUNG<br />

Seminar der Schmiede-Akademie<br />

Weitere Informationen: www.massivumformung.de/veranstaltungen<br />

HAGEN<br />

21.11.<strong>2017</strong><br />

bis<br />

22.11.<strong>2017</strong><br />

FREIFORMSCHMIEDEN – SEMINAR MIT WERKSBESICHTIGUNG<br />

FÜR MEISTER UND TECHNIKER<br />

Seminar des Schmiedeausschusses im Stahlinstitut VDEh in Kooperation mit dem<br />

Institut für Bildsame Formgebung der RWTH Aachen University und VDM Metals GmbH<br />

AACHEN/UNNA<br />

21.11.<strong>2017</strong><br />

bis<br />

22.11.<strong>2017</strong><br />

LEAN PRODUCTION GRUNDLAGEN UND EINORDNUNG VON INDUSTRIE 4.0<br />

Seminar des Lean-Enterprise-Instituts in Kooperation mit der WZLforum gGmbH<br />

Weitere Informationen: www.lean-enterprise-institut.com<br />

AACHEN<br />

23.11.<strong>2017</strong><br />

WERKZEUGBAU MIT ZUKUNFT<br />

17. Internationales Kolloquium des Werkzeugmaschinenlabors WZL der RWTH Aachen University<br />

Weitere Informationen: www.massivumformung.de/veranstaltungen<br />

AACHEN<br />

23.11.<strong>2017</strong><br />

bis<br />

24.11.<strong>2017</strong><br />

UMFORMTECHNISCHES GRUNDWISSEN FÜR NICHT-TECHNIKER<br />

Seminar der Schmiede-Akademie<br />

Weitere Informationen: www.massivumformung.de/veranstaltungen<br />

REMSCHEID<br />

27.11.<strong>2017</strong><br />

bis<br />

28.11.<strong>2017</strong><br />

EAC EUROPEAN ALUMINIUM CONGRESS <strong>2017</strong><br />

Fachtagung des GDA Gesamtverband der Aluminiumindustrie e.V.<br />

Weitere Informationen: www.aluinfo.de/european-aluminium-congress.html<br />

DÜSSELDORF<br />

05.12.<strong>2017</strong><br />

bis<br />

06.12.<strong>2017</strong><br />

LEGIERTE EDELBAUSTÄHLE IM MODERNEN FAHRZEUGBAU<br />

DÜSSELDORF<br />

Seminar des Stahlinstituts VDEh<br />

Weitere Informationen: http://www.stahl-online.de/index.php/seminar/legierte-edelbaustaehle-immodernen-fahrzeugbau/<br />

07.12.<strong>2017</strong><br />

bis<br />

08.12.<strong>2017</strong><br />

24. SÄCHSISCHE FACHTAGUNG FÜR UMFORMTECHNIK (SFU) FREIBERG<br />

Fachtagung für Umformtechnik des Instituts für Metallformung in der TU Bergakademie Freiberg,<br />

siehe Mitteilung auf Seite 78<br />

Weitere Informationen: www.tu-freiberg.de/fakult5/imf/veranstaltungen/sfu-<strong>2017</strong><br />

82<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


VERANSTALTUNGEN<br />

07.02.2018<br />

bis<br />

08.02.2018<br />

33. JAHRESTREFFEN DER KALTMASSIVUMFORMER DÜSSELDORF<br />

6. VDI-FACHTAGUNG WARMMASSIVUMFORMUNG<br />

Kombinierte Tagung des VDI Wissensforum GmbH<br />

Weitere Informationen: www.vdi-wissensforum.de<br />

20.02.2018<br />

bis<br />

24.02.2018<br />

METAV 2018<br />

Internationale Messe für Technologien der Metallbearbeitung<br />

Weitere Informationen: www.metav.de<br />

DÜSSELDORF<br />

03.03.2018<br />

bis<br />

07.03.2018<br />

XXXVII. VERFORMUNGSKUNDLICHES KOLLOQUIUM 2018<br />

Konferenz des Lehrstuhls für Umformtechnik der Montan-Universität Leoben<br />

Weitere Informationen: www.metalforming.at<br />

ZAUCHENSEE<br />

21.03.2018<br />

bis<br />

23.03.2018<br />

MEFORM 2018<br />

FREIBERG<br />

Konferenz des Instituts für Metallformung der TU Bergakademie Freiberg siehe Mitteilung auf Seite 78<br />

Weitere Informationen: www.roundtable.simufact.de/konferenz.html<br />

16.04.2018<br />

bis<br />

20.04.2018<br />

WIRE 2018/TUBE 2018<br />

Internationale Fachmesse für Draht und Kabel und internationale Rohr-Fachmesse<br />

Weitere Informationen: www.wire.de und www.tube.de<br />

DÜSSELDORF<br />

23.04.2018<br />

bis<br />

27.04.2018<br />

HANNOVER MESSE 2018<br />

Weltgrößte Industriemesse<br />

Weitere Informationen: www.hannovermesse.de<br />

HANNOVER<br />

IMPRESSUM<br />

Einem großen Teil unserer Leser stellen wir die <strong>massivUMFORMUNG</strong> aufgrund<br />

eines Datenbankeintrags persönlich zu. Sollten Sie in Zukunft kein<br />

Exemplar mehr erhalten wollen, bitten wir um eine formlose E-Mail an<br />

shoefinghoff@massivumformung.de.<br />

HERAUSGEBER<br />

Infostelle Industrieverband Massivumformung e. V.<br />

Redaktion<br />

Chefredakteur:<br />

Frank Severin, V.i.S.d.P.<br />

Redaktionsassistenz: Sabrina Höfinghoff<br />

Redaktionsbeirat:<br />

Dr. Frank M. Springorum<br />

Dr. Harald Dorth<br />

Tobias Hain<br />

Layout:<br />

Grafik Design Peter Kanthak, Wickede<br />

Anschrift der Redaktion: <strong>massivUMFORMUNG</strong><br />

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Zurzeit gilt die Anzeigenpreisliste<br />

Nr. 22 vom 1. Januar <strong>2017</strong><br />

Bezugspreis:<br />

Einzelheft 10,00 Euro plus Versandkosten<br />

und Mehrwertsteuer<br />

Bestellungen nimmt der Verlag entgegen<br />

ISSN 2366-5106<br />

Druck:<br />

Domröse druckt GmbH, Hagen<br />

Erfüllungsort<br />

und Gerichtsstand: Hagen<br />

USt-IdNr.: DE 125 127 673<br />

Die <strong>massivUMFORMUNG</strong> und die in ihr ent hal tenen Bei träge und Ab bildungen<br />

sind urheberrechtlich geschützt. Namentlich gekennzeichnete Beiträge<br />

stellen nicht un be dingt die Meinung der Redaktion dar.<br />

Jede Verwendung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne<br />

Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt besonders für Vervielfältigungen,<br />

Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in Datenbanken.<br />

Markenzeichen, Handelsnamen, Patente und Verbrauchsmuster werden nicht<br />

immer ausdrücklich erwähnt. Dies bedeutet nicht, dass die beschriebenen<br />

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keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte oder Fotos.<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 83


KUNST UND KULTUR<br />

Die Kunst des Kettenschmiedens<br />

Krachend fällt der schwere Ham mer auf den glü hen den Me tall stab und<br />

formt ihn zu einem „U“. Der Schmied be ar bei tet das ge bo gene Werk stück<br />

funkensprühend und mit gezielten Schlägen. Im Kettenschmiedemuseum<br />

Frönden berg können Be sucher das harte und fas zinieren de Hand werk der<br />

Kettenherstellung ursprünglich erleben.<br />

84<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


KUNST UND KULTUR<br />

AUTORIN<br />

Dagmar Thiel<br />

ist freiberufliche Journalistin<br />

und Dozentin für<br />

journalistische Weiterbildung<br />

in Bad Bentheim<br />

be sichtigt, son dern auch aus pro biert werden“, er gänzt Norbert<br />

Muczka. 18 ehren amt liche Mit ar beiter in for mieren die Be sucher<br />

bei Führungen nicht nur, son dern pro du zieren auch Ketten. Als<br />

be sondere Attrak tion ar beitet am ersten Sonn tag im Monat<br />

ein Schmied an Amboss und Esse. Die Ge räusch kulisse, die<br />

sprühenden Funken und die Wasser dampf schwa den, während<br />

er das 1.300 °C heiße Eisen im Wasser löscht, sind ein spektakuläres<br />

Schau spiel. „Bei Be sich tigungen von Schul klassen und<br />

Jugend gruppen können die Kinder selbst ihr eigenes Kettenglied<br />

mit denen der anderen zu einer Kette der Freund schaft<br />

ver binden“, er klärt Muczka.<br />

Foto: Norbert Muczka<br />

Seit mehr als 3.000 Jah ren gehören Ketten zum All tag der<br />

Menschen, als fi li graner Schmuck ebenso wie als tech nisches<br />

Hilfs mittel. Für das östliche Ruhr gebiet und das an gren zende<br />

Sauer land gehörte die Ketten her stellung einst zu den wichtigsten<br />

Indus trie zweigen. Das galt auch für die Stadt Fröndenberg.<br />

„Unser Museum will das alte Hand werk des Kettenschmiedens<br />

und -schweißens lebendig er halten“, sagt Norbert<br />

Muczka, Vor stands mit glied des Förder ver eins Kultur zen trum<br />

Frönden berg, der das dortige Ketten schmie demuseum betreibt.<br />

Das 1999 eröffnete Museum zeigt in drei Räumen 18 funktionsfähige<br />

Ma schinen aus den Jahren 1910 bis 1950 sowie eine<br />

Schmiede feuer an lage. Die Maschinen wurden in mühevoller<br />

Klein arbeit aus zahl reichen ehe maligen Ketten fa briken<br />

zusammen getra gen, res tau riert und wieder funk tions fähig<br />

gemacht. Im Museum be finden sich alle für diese Ar beiten erfor<br />

der lichen Schneide- und Biege maschinen, elek trische Handschweiß<br />

maschinen und Ketten schweiß auto maten. Zu sehen<br />

sind außer dem Roll fässer sowie Ver dreh- und Ketten prüfmaschinen,<br />

mit denen die fer tigen Ketten ge rollt, po liert, verdreht<br />

und ge prüft wurden. „Die Ma schinen können hier nicht nur<br />

Herz stück des Museums ist die Schmiede feuer anlage mit den<br />

beiden Fall hämmern und dem Trans missions an trieb aus dem<br />

Jahre 1910. Sie stammt aus der Ruhr land Ketten fabrik Wilhelm<br />

Prünte. Mit Hilfe von Spezial koks und einem Luft ge bläse<br />

werden die U-förmig ge bogenen Pinne auf etwa 1.300 °C er hitzt<br />

und mit dem Fall hammer an den beiden Enden flach ge schlagen<br />

– dies wird „An schärfen“ ge nannt. Dann wird das „U“ durch ein<br />

bereits fertiges Ketten glied ge steckt. Am Am boss schlägt dann<br />

der Schmied die beiden an ge schärften Enden über ein ander,<br />

so dass ein „O“ ent steht. Nach er neu tem Er hitzen wird das<br />

neue Ketten glied mit kräftigen Hammer schlägen ver schweißt.<br />

Unter dem Fall hammer bär ent steht die optimale Rund form.<br />

Zum Schluss ent fernt der Ketten schmied mit dem Schmiedehammer<br />

den ent stan denen Grat am Ketten glied und gibt ihm<br />

die end gültige Form.<br />

Das Ketten schmiede mu seum ent stand in dem ehe maligen<br />

Magazin ge bäude der Pa pier fabrik Himmel mann. An die 1982<br />

ge schlossene und ab 1987 ab ge brochene Fabrik er innert auch<br />

heute noch der un weit des Museums stehende „Fröndenberger<br />

Trichter“. Das 14 Meter hohe im po sante Metall bau werk<br />

wurde ge nutzt, um Was ser zu reinigen, das für die Papier produk<br />

tion un er lässlich war. Um ein solches Mu seum ins Leben zu<br />

rufen, braucht man nicht nur eine über zeu gende Idee, sondern<br />

auch etwas Glück und die richtigen Kon takte. Bei einer privaten<br />

Feier Mitte der 1990er-Jahre in Frönden berg war auch der<br />

renommierte Künstler Markus Lüpertz unter den Gästen. Die<br />

Mu seums macher konnten ihn für die Idee ge winnen, den Hochleistungs-Trich<br />

ter stoff-Fänger als Denk mal der In dus trie kultur<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong> 85


KUNST UND KULTUR<br />

zu er hal ten. Lüpertz malte den Trich ter zudem und er laub te<br />

dem Verein, davon 120 Sieb drucke an fer tigen zu lassen. Durch<br />

den Ver kauf der Bilder eines der re nommier tes ten Künstler<br />

Deutschlands kamen damals 75.000 D-Mark zu sam men, Res taurierungs<br />

kosten für den Trichter und Start kapital für das Kettenschmie<br />

de museum. Heute steht der Trichter unter Denk malschutz<br />

und gilt als Wahr zeichen der 22.000-Ein wohner-Stadt.<br />

Die Außen mauern des ehe maligen Stroh lagers der Papier fabrik<br />

blieben eben falls er hal ten, 2007 wurde in diesem Forum neben<br />

dem Mu seum der Ver an stal tungs ort „Kultur schmiede“ er öffnet.<br />

Das Mu seum ist zu gleich die Außen stelle des Frönden berger<br />

Standes amtes. Im Schein von 300 Tee lichtern vor dem flackern<br />

den Schmiede feuer haben bis lang mehr als 660 Paare<br />

den Bund fürs Leben ge schlossen. Sie können hier direkt nach<br />

der standes amt lichen Trau ung ge mein sam mit einem Schmied<br />

ein Hoch zeits ketten glied fertigen.<br />

Foto: Gerd Nolte<br />

Foto: Norbert Muczka<br />

GE SCHICHTE DER KET TEN IN FRÖNDEN BERG<br />

Die Ge schichte der Frön den berger Ketten her stel lung<br />

begann um 1830. Damals stellte das Iser lohner Draht walzwerk<br />

nicht nur selbst Ketten her, son dern ließ diese auch<br />

in Heim ar beit fer tigen. Im Möhne tal gab es neben einigen<br />

Ar bei tern, die das ganze Jahr in der Fabrik oder zu Hause<br />

schmie de ten, zahl reiche kleine Land be sitzer und Bauern,<br />

die dem Ge werbe über wiegend in der schlech ten Jahreszeit<br />

nach gingen. „Viele Frön den berger Land wirte fan den als<br />

Heim ketten schmiede ein lohnen des Neben ein kommen zu<br />

ihrer Land wirt schaft“, er klärt Norbert Muczka. Der ehe malige<br />

Stadt bau rat in Frön den berg war einer der Mit ini tia toren des<br />

Ketten schmiede mu seums.<br />

Mit zu neh mender In dus triali sierung gab es in der zweiten<br />

Hälfte des 19. Jahr hun derts aber immer mehr Fabrik ar beit.<br />

1858 grün dete Wilhelm Prünte jr. die erste Ketten schmiede in<br />

Frönden berg. Ab 1866 wurden dann viele weitere Ketten fabriken<br />

er richtet. Die Er zeug nisse gingen in alle Welt und begrün<br />

de ten Frönden bergs Ruf als „Stadt der Ketten“. Deren<br />

Spe zia lität waren extra …dicke Spezial ketten, die eben falls im<br />

Mu seum zu sehen sind. Mit zehn Zenti metern Durch messer<br />

kamen sie vor allem als Schiffs- und Anker ketten zum Einsatz.<br />

„Ketten krisen“ wur den 1929 durch die Welt wirt schafts krise<br />

und 1932 durch die In fla tion ver ur sacht. Nach dem Zweiten<br />

Welt krieg flo rierte die Ketten pro duk tion dann wieder, bis<br />

sie in den 1980er Jahren unter anderem durch den in ternatio<br />

nalen Markt nicht mehr kon kur renz fähig war. Die<br />

Ketten schmieden, die mehr als 100 Jahre das Bild der Ruhrstadt<br />

präg ten, sind seit dem ver schwun den. „Zur Blüte zeit<br />

der Ketten in dus trie gab es in Frön den berg mehr als 4.000<br />

Arbeits plätze in der Ketten pro duktion. In dem Ort hatte<br />

damals nahe zu jeder damit zu tun“, sagt Muczka. Der letzte<br />

noch in Frönden berg an sässige Pro du zent, das Prünte<br />

Ketten werk, wurde 2004 von der HEKO Ketten GmbH aus<br />

Wickede über nommen.<br />

Kettenschmiedemuseum Fröndenberg/Ruhr<br />

Himmelmann-Park<br />

Ruhrstraße 12<br />

58730 Fröndenberg<br />

www.freu-dich-auf-froendenberg.de<br />

Öffnungszeiten:<br />

April bis Oktober an jedem Samstag und Sonntag sowie an<br />

allen Feiertagen von 10 bis 16 Uhr.<br />

Führungen außerhalb dieser Öffnungszeiten nach vor heriger<br />

Terminvereinbarung unter +49 2303 82004 oder<br />

+49 171 7092963 oder norbert-muczka@t-online.de<br />

86<br />

<strong>massivUMFORMUNG</strong> | SEPTEMBER <strong>2017</strong>


Innovative Lösungen<br />

für die Massivumformung.<br />

SCHULER PRESSEN GMBH<br />

Bahnhofstraße 41<br />

73033 Göppingen<br />

Tel. +49 7161 66-307<br />

Fax +49 7161 66-729<br />

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NEUHEITEN IN DER HALBWARM- UND WARMUMFORMUNG.<br />

Vier Servo-Motoren im Kopfstück der neuen Schmiedepresse MSE erhöhen nicht<br />

nur die Ausbringungsleistung, sondern verlängern darüber hinaus die Lebensdauer<br />

des Gesenks signifikant. Die hydraulische Ringwalze verbessert durch spezielle<br />

Features die Werkstückqualität der Ringe und entlastet gleichzeitig die Werkzeuge.<br />

Darüber hinaus bietet Schuler sowohl Einzellösungen als auch Turn-Key-Anlagen<br />

für das Schmieden von Aluminium-Bauteilen verschiedenster Größen. Beim<br />

Schmieden von Aluminium ist Schuler Ihr erfahrener Partner.<br />

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