Sandra Danicke: »Rauchende Frauen brandgefährlich« Bildband, Belser <strong>Verlag</strong>, gebunden, 64 Seiten, 14,95 € Ein ungewöhnliches Motiv der Kunstgeschichte rückt eine Galerie faszinierender Frauen ins Zentrum. Gemalt von Picasso, Dix, Hopper oder fotografiert von Cartier-Bresson, Gisèle Freund u.a. haben sie ein gemeinsames Merkmal: Sie rauchen, sind emanzipiert und also brandgefährlich. Die Autorin gibt Einblicke in die Entstehung der Kunstwerke und lässt den Leser auf unterhaltsame Art hinter die Kulissen schauen. Danuta Görnandt Joyce Carol Oates: »Meine Zeit der Trauer« Autobiographie, aus dem Amerikanischen von Silvia Morawetz, S. Fischer <strong>Verlag</strong>, gebunden, 249 Seiten, 24,95 € Als ihr Mann überraschend stirbt, macht sie sich Vorwürfe und <strong>für</strong>chtet, nicht weiterleben zu können. Sie hortet Schlafmittel und kann die wohlmeinenden Freunde nicht ertragen, die zur Tagesordnung übergehen. Dabei ist sie durch und durch Amerikanerin: Sie versteckt den Schmerz vor der Öffentlichkeit. Am Ende dieses schonungslosen autobiographischen Berichts ist sie erneut verheiratet. Manuela Reichart Oskar Roehler: »Herkunft« Roman, Ullstein <strong>Verlag</strong>, gebunden, 592 Seiten, 19,99 € In seinem ersten Roman erzählt der Filmregisseur Oskar Roehler seine eigene Geschichte: die Geschichte eines vernachlässigten Kindes mitten in der prosperierenden Bundesrepublik Deutschland. Sein Zeit- und Sittenbild reicht vom Wiederaufbau in den Fünfzigern über die Orgien linker Selbstverwirklichung in den 60er und 70er Jahren bis hin zu den 80er Jahren in Westberlin. Ein großes, wildes, farbenreiches Panorama. Claus-Ulrich Bielefeld PROVOKANTE BÜCHER Ferdinand von Schirach: »Der Fall Collini« Kriminalroman, Piper <strong>Verlag</strong>, gebunden, 195 Seiten, 16,99 € »Der Fall Collini« bietet äußerlich ein in trock– enem Ton erzähltes Verbrechen. Die Tat: 34 Jahre hat der Italiener Collini bei Mercedes-Benz gearbeitet. Dann ermordet er in einem <strong>Berlin</strong>er Luxushotel einen alten Mann, den Besitzer einer bekannten deutschen Firma. Das Buch verweist auf einen juristischen Trick, mit dem die bundesdeutsche Justiz in den 60ern die Strafverfolgung tausender Nazi-Täter unmöglich machte. Salli Sallmann Ngugi wa Thiong‘o: »Herr der Krähen« Roman, aus dem Englischen von Thomas Brückner, A 1 <strong>Verlag</strong>, gebunden, 976 Seiten, 29,90 € Das Opus Magnum des Kenianers Ngugi wa Thiong‘o: ein afrikanischer Diktatorenroman und eine Generalabrechnung mit allen größenwahnsinnigen Despoten und allen Fehlentwicklungen wie Korruption und Vetternwirtschaft im post– kolonialen Afrika – mit den Mitteln von Karikatur, Farce und Groteske. Der Afrikaroman des 21. Jahrhunderts – als monumentale und subversive Satire. Sigrid Löffler Hal Vaughan: »Coco Chanel – Der schwarze Engel. Ein Leben als Nazi-Agentin« Biographie, Hoffmann und Campe, gebunden, 415 Seiten, 22,99 € Eigenwillig und kämpferisch war diese Stilikone des 20. Jahrhunderts. Hal Vaughan deckt auch ihre dunklen Seiten auf: War sie Nazi-Agentin? Oder wollte sie schlicht Freunden das Leben retten? Ihre Verbindungen zur deutschen Abwehr sind ebenso belegt wie ihre Rettung vor einer Verurteilung in Frankreich durch ihren alten Freund Winston Churchill. Das Buch ›gut‹ zu nennen wäre verfehlt – aber es ist ein fesselnder Schmöker. Eckhard Stuff 8 <strong>kulturradio</strong> Lesestoff Mo - Fr 8.45 Uhr Elif Batuman: »Die Besessenen. Abenteuer mit russischen Büchern und ihren Lesern« Aus dem Amerikanischen von Renate Orth- Guttmann, Kein & Aber <strong>Verlag</strong>, gebunden, 368 Seiten, 22,90 € Elif Batuman erzählt lustvoll und anarchisch von ihrer Leidenschaft <strong>für</strong> die russische Literatur. Mühelos bringt sie Isaak Babel und King Kong zusammen, berichtet von ihrem Liebesleben und lässt Literatur und Wirklichkeit immer wieder kollidieren. Ein (aber)witziges Buch, in dem man viel über die Autorin und noch viel mehr über die russische Literatur erfährt. Claus-Ulrich Bielefeld Edda Gutsche: »Historische Gutsanlagen in <strong>Berlin</strong> und Umgebung« Sachbuch, <strong>Verlag</strong> <strong>für</strong> <strong>Berlin</strong>-<strong>Brandenburg</strong>, gebunden, 192 Seiten, Farb- und Schwarzweiß-Abbildungen, 19,95 € Im frühen 19. Jahrhundert konnten im Zuge der Stein-Hardenbergschen Reformen landwirtschaftliche Güter und Gebäude auch vom städtischen Bürgertum erworben werden. Der reiche <strong>Berlin</strong>er zog hinaus aufs Land. Und meistens nicht, um Landwirtschaft zu betreiben. Man kaufte Guts- und Herrenhäuser, baute um und aus. 40 der historischen Gutsanlagen in und um <strong>Berlin</strong> werden vorgestellt, ihre Geschichte und heutige Nutzung. Danuta Görnandt Maja Haderlap: »Engel des Vergessens« Roman, Wallstein <strong>Verlag</strong>, gebunden, 290 Seiten, 18,90 € Der Roman erzählt die Geschichte eines Mädchens aus den südösterreichisch-slowenischen Grenzwäldern. Zeitlich angesiedelt ist die Geschichte in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Haderlaps Bildsprache ist voller Poesie und von jener strukturellen Genauigkeit, die kompliziert Verwobenes les- und begreifbar macht: wunderbar quellklar und Blicke in die Tiefe zulassend. Salli Sallmann WEGWEISENDE BÜCHER Anna Reid: »Blokada. Die Belagerung von Leningrad 1941-1944« Sachbuch, aus dem Englischen von Bernd Rulkötter, <strong>Berlin</strong> <strong>Verlag</strong>, gebunden, 560 Seiten, 34,00 € Den Weg zu einem im Westen fast vergessenen Kapitel des Zweiten Weltkrieges hat Anna Reid mit der erschütternden Geschichte der 872 Tage dauernden Belagerung von Leningrad gewiesen. 750.000 Zivilisten verhungerten, Fälle von Kannibalismus waren keine Seltenheit. Sehr lebendig und aufwühlend durch die Einbeziehung vieler zeitgenössischer Quellen. Eckhard Stuff Timothy Snyder: »Bloodlands. Europa zwischen Hitler und Stalin« Sachbuch, aus dem Amerikanischen von Martin Richter, C.H. Beck <strong>Verlag</strong>, gebunden, 524 Seiten, 29,95 € Der US-Historiker aus Yale wagt erstmals die längst fällige große Zusammenschau: Er fokussiert seinen Blick auf die Menschheitsverbrechen des 20. Jahrhunderts – Stalins Terrorkampag– nen, Hitlers Holocaust und den Hungerkrieg gegen Kriegsgefangene und Zivilbevölkerung – auf deren Schauplatz, den »Killing Fields« in Osteuropa. Sigrid Löffler James Wood: »Die Kunst des Erzählens« Aus dem Englischen von Imma Klemm, mit einem Vorwort von Daniel Kehlmann, Rowohlt <strong>Verlag</strong>, gebunden, 237 Seiten, 19,95 € Im Original ist der Titel dieses Buchs doppel– deutig: »How fiction works«. Das meint ja nicht nur, wie funktioniert Erzählen, sondern vor allem auch, was macht das Erzählte mit uns, mit den Lesern. James Wood, Literaturkritiker und Literaturprofessor in Harvard, schreibt über das Erzählen und das Erzählte als ein leidenschaftlicher, der Literatur verfallener und auf sie zählender Leser. Manuela Reichart <strong>kulturradio</strong> Lesestoff Mo - Fr 8.45 Uhr 9