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Verhaltenscodes zurechtzukommen, die für sexuelle Beziehungen gelten. Obwohl sie sich selbst ständig als Versagerin<br />

sieht, sich sogar dumm stellt und dadurch Gelegenheiten verschenkt, in ihrem Job zu glänzen, obwohl sie wiederholt in<br />

öffentlichen Situationen das Falsche sagt, ist sie sich ihrer Fehler stets bewusst und macht sich immer wieder Vorwürfe.<br />

Die Komik des Films entsteht zu einem wesentlichen Teil durch ihre ständigen Bemühungen, die Art von Frau zu werden,<br />

die Männer – wie sie glaubt – gerne heiraten würden.<br />

Der zentrale romantische Moment des Films ist daher die Szene, in der Mark Darcy ihr sagt, er möge sie so, wie sie ist.<br />

Das ist natürlich ein zentraler Moment, denn wer möchte nicht so angenommen werden, wie er oder sie ist (was auch<br />

immer das dann heißt)? Bridget Jones's Diary thematisiert weibliches Begehren, und in einer Form, die sich vollständig<br />

an den kommerziellen Interessen ausrichtet, die an ihn geknüpft sind, spricht der Film den Wunsch nach Geschlechtergerechtigkeit<br />

(beziehungsweise Fairness) auf dem Gebiet der Sexualität und der Liebesbeziehungen an. Auch hierüber<br />

schwebt der Geist des Feminismus. Bridget verdient es, das zu bekommen, was sie haben will. Das Publikum steht<br />

gänzlich auf ihrer Seite. Es wünscht ihr, dass sie den richtigen Mann findet, denn schließlich hat sie einen schwierigen<br />

Weg gemeistert: Sie hat es geschafft, unabhängig zu werden und ihren eigenen Lebensunterhalt zu verdienen. Sie weiß<br />

sich gegen herabsetzende Bemerkungen zu wehren, sie hat gegen alle Widrigkeiten ihren Witz und ihre gute Laune<br />

bewahrt, und das, ohne auf die Männer wütend zu werden oder ihnen gegenüber allzu kritisch zu sein – ohne ihre Weiblichkeit,<br />

ihre Sehnsucht nach Liebe und ihren Kinderwunsch aufzugeben und ohne ihren Sinn für Humor und ihre<br />

Verletzlichkeit zu verlieren, die die Zuschauerinnen so für sie einnehmen.<br />

AUFRUF<br />

an Kolleginnen, Unterstützerinnen und Unterstützer<br />

PRO QUOTE REGIE hat sich vor einem Jahr gegründet. Mittlerweile sind wir 320 Regisseurinnen,<br />

die für die Gleichstellung von Frauen in unserem Beruf eintreten. Gespräche mit Verantwortlichen<br />

aus Filmförderung und Politik haben uns in diesem Vorhaben bestätigt. Über Ihre Unterstützung als<br />

Unterzeichner/ Unterzeichnerin dieses Aufrufes würden wir uns freuen. Mail to: aufruf@proquoteregie.de<br />

(für Regisseurinnen), mail to: appell@proquote-regie.de (für Unterstützer/Unterstützerinnen)<br />

Den Anstoß zu unserem Zusammenschluss gab ein Artikel im Branchenblatt black box, der die<br />

Förderergebnisse zweier großer deutscher Filmförderungen vom Herbst 2012 unter dem Aspekt<br />

der Geschlechtergerechtigkeit untersuchte. Die Zahlen waren alarmierend: Bei den insgesamt 47<br />

geförderten Kinoprojekten war die Regie-Position ausschließlich männlich besetzt. Die Zahlen des<br />

DFFF (Deutscher Filmförderfonds) von 2013, der als automatische Förderung ohne Juryentscheid<br />

die Verhältnisse ideal widerspiegelt, zeigen: Bei den insgesamt 115 vom DFFF geförderten Projekten<br />

waren nur 13 von Regisseurinnen. Für die Vergabesummen heißt das: von den 62,5 Millionen<br />

gingen knapp 6 Millionen an Filme mit Regisseurinnen und etwas mehr als 56,5 Millionen an Projekte<br />

mit Regisseuren. Die aktuellen Zahlen von 2014 sind ähnlich, von den 59,5 Millionen wurden<br />

rund 7,5 Millionen an Filme mit weiblicher Regie vergeben. (Zahlen DFFF).<br />

Bei der Auftragsvergabe durch Fernsehredaktionen, die in Deutschland das Nadelöhr des Filmemachens<br />

sind, sieht die Lage nicht anders aus. Unsere Auswertung öffentlich zugänglicher Quellen<br />

hat ergeben: In den letzten zehn Jahren wurden weniger als 15 Prozent der Regieaufträge im<br />

Fernsehen an Frauen vergeben, von 2010-2013 sogar nur 11%.<br />

Die Zahlen der Filmhochschulen zeichnen aber ein ganz anderes Bild: 42 Prozent derjenigen, die<br />

das Regiediplom erhalten, sind Frauen. Eine Schieflage!<br />

Diese betrifft nicht nur die Arbeitssituation von Regisseurinnen, sondern hat auch eine kulturelle<br />

und politische Dimension. In unserer vielfältigen Gesellschaft mit verschiedenen Religionen, Hautfarben<br />

und Kulturen werden 85 Prozent der Kino- und Fernsehfilme von Männern inszeniert.<br />

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