<strong>Jagd</strong> & Gesellschaft <strong>Natur</strong>schutz Der <strong>Natur</strong>schutz Paul Sarasin Foto: Bibliothek ETH Zürich und der Admiral <strong>Natur</strong>schutz: der Zeit voraus In einem mitreissenden Vortrag, der seit 1910 nichts, aber auch gar nichts an Aktualität eingebüsst hat und wahrscheinlich heute noch seiner Zeit voraus ist, schlug der Basler <strong>Natur</strong>forscher und <strong>Natur</strong>schutzpionier Paul Sarasin (1856–1929) vor, eine Weltnaturschutzkommission ins Leben zu rufen. <strong>Natur</strong>schutz «von Pol zu Pol» sei das Ziel, denn nachdem der weisse Mensch die Welt erobert habe, gelte es jetzt, «die Welt zu erhalten». Es gab damals schon die gleichen Baustellen wie heute: Lebensraumzerstörung, vom Aussterben bedrohte Arten und Raubbau an der <strong>Natur</strong>, wohin man blickte. Schon damals war es fünf vor zwölf und schon damals setzte man Geld ein, um Lösungen zu finden, wie bei der Einrichtung des Schweizer Nationalparks (erster Vertrag 1909) geschehen. Sarasin regte an, den Weltnaturschutz nach dem Schweizer Modell zu entwickeln. Daher gelte es, weltweit nationale Organisationen zu gründen, die das Ziel verfolgen sollen, «totale» und «partielle» Schutzgebiete zu schaffen. Die wesentliche Aufgabe des Weltnaturschutzes sah er in der Förderung, der Kontrolle und im Austausch. Kurzum: Global denken, lokal handeln. Teil I Text: Alexander Schwab Foto: depositphotos.com <strong>Natur</strong>schutz: ein schwarzes Loch? Schwarze Löcher sind Gebilde, die alles um sich herum aufsaugen und für immer verschwinden lassen. Sie gelten als eines der grossen Geheimnisse des Weltalls. Eines der grossen Geheimnisse des irdischen Daseins ist die Beziehung zwischen Geld und <strong>Natur</strong>schutz. Die Zahlen sind beeindruckend. Allein Pro <strong>Natur</strong>a, WWF, Greenpeace und Birdlife zählen zusammen rund 620 000 Mitglieder. Nimmt man noch <strong>Jagd</strong>Schweiz, den Schweizerischen Fischerei-Verband und die Fondation Franz Weber sowie eine Reihe kleinerer Organisationen mit dazu, dann gibt es in der Schweiz sicher eine Million aktiver (das heisst zahlender) <strong>Natur</strong>schützer. Überschlägt man aufgrund der publizierten Jahresberichte (2016) die Beiträge von Mitgliedern und Gönnern, so ergeben sich astronomisch anmutende Summen. Bleibt man aber auf dem Boden und rechnet im Schnitt Fr. 100.– pro aktiven <strong>Natur</strong>schützer, dann summiert sich das immerhin schon auf 100 Millionen Franken pro Jahr. Rechnet man dazu noch die Freiwilligenarbeit aller oben genannten Organisationen sowie die Bundesbeiträge, so wird einem fast schwindlig. Folgendes mag als Hinweis dienen: Zwischen 2012 und 2015 erhielten die Kantone vom Bund 883 Millionen Franken für <strong>Natur</strong>schutzprojekte. Nicht zu vergessen: Die Administration selbst (also die Arbeit der Behörden) ist auch nicht gratis. Und der Bund engagiert sich zudem in globaler Forschung und in <strong>Natur</strong>schutzprojekten. Seit Jahrzehnten fliessen Geld und Herzblut in nie dagewesener Menge, aber die Rote Liste wird trotzdem immer röter und länger, und kein Tag vergeht ohne irgendeine Hiobsbotschaft. Dessen ungeachtet heisst das Allheilmittel seit Jahrzehnten: Spenden, mehr spenden und noch mehr spenden. Geld, mehr Geld, noch mehr Geld. <strong>Natur</strong>schutz: Was bewirken Milliarden? In den letzten 30 Jahren sind Milliardenbeträge für den <strong>Natur</strong>schutz in der Schweiz investiert bzw. umgesetzt worden. Trotzdem präsentiert sich ein eher düsteres Bild: • In der Schweiz gibt es seit 1998 keine natürliche Dunkelheit mehr. Die Lichtverschmutzung ist nicht nur eine ästhetische Zumutung, sondern auch für die Tierwelt, speziell für die Vögel, problematisch. • Die Arealstatistik Schweiz (Bundesamt für Statistik) belegt, was jeder, der es sehen will, auch sehen kann: Die Schweiz ist hoffnungslos zersiedelt, was noch an bebaubarem Raum bleibt, wird bald zubetoniert werden. • Die Alpen sind eine mit Bahnen und Bähnli erschlossene Party- und Sportzone. • Die wenigen Freiflächen, die es noch gibt, sind touristisch genutzt oder bilden eine «Freizeitkulisse». • Der Biodiversitätsbericht 2014 des «Forums Biodiversität» und der Biodiversitätsbericht 2017 des BAFU belegen: Die Rote Liste wird immer länger, und der Zustand der Schweiz ist aus Sicht des <strong>Natur</strong>schutzes so katastrophal wie nie. Je mehr Geld für die Rettung der Schweizer <strong>Natur</strong> zur Verfügung steht, desto schlechter scheint es ihr zu gehen und desto mehr Geld benötigt sie. Die Frage war: Was bewirken Milliarden? Die Antwort: … <strong>Natur</strong>schutz: Ja, aber … Ja, aber es gibt doch Ramsar- und Smaragd-Gebiete, Waldreservate, Wasser- und Zugvogelreservate, Biotope von nationaler Bedeutung, den Nationalpark und <strong>Natur</strong>parks, <strong>Jagd</strong>banngebiete sowie Unesco- Welterbe- und viele <strong>Natur</strong>schutz-Gebiete. Und es gibt Luchse, Bären, Wölfe, Biber, Otter, Goldschakale und vielleicht bald auch Wisente. Das stimmt, ist aber offenbar nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Die Experten des Biodiversitätsberichtes sehen in den Bemühungen der letzten Jahrzehnte «punktuelle Verbesserungen», auf denen man aufbauen könne. Dazu braucht es natürlich was? Richtig: Geld. Pro <strong>Natur</strong>a stellt nüchtern fest, dass die Schweiz das europäische Schlusslicht in Sachen Schutzgebiete sei, und weist gleichzeitig auf die dringend notwendige Unterstützung hin. Ja, aber es gibt doch mehr Wald in der Schweiz als je zuvor (Waldsterben?). Kann sein, aber das ist «nur» Wirtschaftswald, was es bräuchte, wären «<strong>Natur</strong>wälder», und auch in diesem Bereich werden Spenden gesammelt … Ja, aber so schlimm kann es doch nicht sein, wenn Bär, Luchs und Wolf zu uns kommen bzw. gekommen worden sind. Ihre Rückkehr ist in Wirklichkeit ein im wahrsten Sinne blendender Erfolg, denn vor lauter Pelzträgern sieht man nicht mehr, dass dies keine Aussage über die Leistungsfähigkeit bzw. Gesundheit eines Ökosystems liefert. Wölfe, Bären und Luchse gibt es auch in Tschernobyl. Doch zurück zu uns: Damit sich Bär, Foto: depositphotos.com Foto: Markus P. Stähli 12 JAGD & NATUR JAGD & NATUR 13