GIG September 2018
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
MUSIK<br />
CDS VINYL & MP3<br />
27<br />
nem Sound, der lebendig und angeraut<br />
erscheint. Das ist gleich in „If<br />
You Really Love Nothing“ so, man<br />
spürt Eroberungswillen. „The Rover“<br />
ist schroff, „Mountain Child“ melodiös<br />
und „Stay In Touch“ basiert auf<br />
der Trotzhaltung eines Western-Outlaws.<br />
Interpol werden jeder Sache<br />
Herr, egal um welche Gaunerei es<br />
geht. Thomas Weiland<br />
Matador / Beggars / Indigo;<br />
www.interpolnyc.com<br />
John Maus<br />
Addendum<br />
Tiefbassige Stimme<br />
trifft zuckersüße<br />
Melodien,<br />
Drum Machine<br />
und eine Menge<br />
Keyboards.<br />
Heraus kommt<br />
farbenfroher, unkitschiger Goth-Pop<br />
mit Augenzwinkern und voller Minihits<br />
wie „Dumpster Baby“ oder „Episode“.<br />
John Maus aus Austin ist ein<br />
reflektierter Künstler und Philosophie-Dozent<br />
und verweist in seiner<br />
Musik etwa auf Alain Badiou, der vor<br />
einigen Jahren ein überwältigendes<br />
Manifest gegen das Ungeheuer des<br />
globalisierten Kapitalismus‘ und dessen<br />
Ungleichheiten und Krisen verfasst<br />
hat. Maus hat mit „We Must Become<br />
The Pitiless Censors Of Ourselves“<br />
2011 eines der am tollsten verhuschten<br />
Pop-Alben ever eingespielt<br />
und letztes Jahr mit den „Screen Memories“<br />
unglaublich großmäulig bescheidene<br />
Songs nachgeliefert, mit<br />
Referenzen an Indie-Rock, Synth-<br />
Pop, Homerecordings und Hauntology.<br />
LoFi auf höchstem Level. Zur Veröffentlichung<br />
eines 6-LP-Boxsets<br />
gibt es nun zeitgleich Maus‘ neues<br />
Studioalbum, das weit mehr als eine<br />
im Titel angesprochene Ergänzung<br />
ist. Christoph Jacke<br />
Ribbon / Domino / GoodToGo;<br />
www.johnma.us<br />
Silbersee<br />
Anna Calvi<br />
Hunter<br />
Anstrengend,<br />
aufregend: Calvis<br />
sirenenhaftes<br />
Singen,<br />
Schreien oder<br />
erhitztes Flüstern,<br />
fiebriges<br />
Elektrogewummer und grelle Gitarreneruptionen<br />
zielen weniger auf<br />
komplexe Rock-Ästhetik. Vielmehr<br />
verdichtet die Dame karge Strecken<br />
zu mächtigen, erhaben brausenden<br />
Soundgewittern, spielt mit den<br />
widersprüchlichsten Zärtlichkeiten<br />
und Aggressionen und lässt die<br />
entrücktesten Melodien über musikalische<br />
Wolken und Noise-Wände<br />
schießen wie Blitze. Das ergibt<br />
auf diesem „queeren Manifest“,<br />
wie Anna Calvi „Hunter“ bezeichnet,<br />
guten kathartischen Stoff,<br />
um Körper, Gender, Sexualität von<br />
allen Normen zu befreien.<br />
Domino / GoodToGo;<br />
www.annacalvi.com<br />
Jonathan Jeremiah<br />
Good Day<br />
Mit seiner sonoren, verblüffend<br />
schwarzen Stimme und seinem<br />
ausgereiften Songwriting ist Jeremiah<br />
hier nahe dran an der Grandezza<br />
eines Bill Withers, Marvin<br />
Gaye oder der epischen Wucht von<br />
Issac Hayes‘ „Hot Buttered Soul“,<br />
wächst über seine Einflüsse aus<br />
Motown- und dem Southern-Soul<br />
von Stax hinaus, um zu einem ganz<br />
eigenen Blue-Eyed-Soul zu gelangen,<br />
der in großen europäischen<br />
Traditionen à la Style Council, Blow<br />
Monkeys, ABC steht. Und dann<br />
wieder knüpft der Brite kongenial<br />
an Troubadoure der 70er Jahre wie<br />
Nick Drake, Cat Stevens, James<br />
Taylor, Carole<br />
King an. Dabei<br />
denkt Jeremiah<br />
in seinen<br />
neuen Songs<br />
durchaus tiefgründig<br />
über Themen des digitalen<br />
21. Jahrhunderts nach.<br />
PIAS / Rough Trade;<br />
www.jonathanjeremiah.com<br />
Amos Lee<br />
My New Moon<br />
Der Versuch<br />
der Verarbeitung<br />
persönlicher<br />
Todesfälle<br />
und Tragödien<br />
hat Amos Lees<br />
neue Songs<br />
nicht schwermütig, sondern eher<br />
bittersüß, hoffnungsvoll, heilsam<br />
klingen lassen. Seinen Americana-<br />
Folk mischt der Singersongwriter<br />
aus Philadelphia hier mal mit Afro-<br />
Pop-Elementen, mal mit kühnen<br />
Synthesizer-Passagen auf. Nur die<br />
großen magischen Melodien, die<br />
die Vorläuferalben zierten, vermisst<br />
man auf „My New Moon“.<br />
Dualtone Records;<br />
www.amoslee.com<br />
Texte: Andreas Dewald<br />
3,6mm<br />
15,8mm<br />
17,0mm