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13. Tractor Pulling Zimmerwald - Gemeindeverwaltung Wald-BE

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Portrait 13<br />

Sie sah zwei Welten<br />

Im Herbst wird Elsa Stucki-Zweifel wieder ein<br />

Jahr älter, mittlerweile zum hundertzweiten Mal.<br />

Im Altersheim Riggishof verbringt sie einen zufriedenen<br />

Lebensabend und freut sich über jeden<br />

Besuch – zum Beispiel über den ihres älteren<br />

Bruders.<br />

1908 ist lange her. 1908 ist geschichtlich gesehen<br />

auch eher unspektakulär. 1908 wurde zum Beispiel<br />

die Toblerone erfunden, Robert Walser verhalf<br />

dem Gehülfen zu literarischer Gestalt und in Italien<br />

gründete man einen gewissen „Football Club Internazionale<br />

di Milano“.<br />

101 Jahre später sitzt Elsa Stucki-Zweifel im Zimmer<br />

23 des Alters- und Pflegeheims Riggishof,<br />

schaut durchs Fenster in den regnerischen Aprilmorgen,<br />

nestelt an ihrem Täschchen und kramt in<br />

Erinnerungen. Es will ihr nicht alles einfach so einfallen.<br />

Die Zeit hat ihre Spuren hinterlassen, Stucki<br />

zieht Aussagen zurück, rechnet nach und zerbricht<br />

sich den Kopf über Details aus ihrem Leben. „Dir<br />

müesst entschuldige, i bi sones alts Güetzi“, sagt<br />

sie immer wieder, zum Beispiel, als sie sich beim<br />

besten Willen gerade nicht an den Namen ihres<br />

Lehrmeisters in Bern erinnern kann. Vor etwa 83<br />

Jahren hat sie ihn das letzte Mal gesehen – irgendwie<br />

ist das verständlich.<br />

Schulhaus <strong>Wald</strong> – Belp zu Fuss<br />

In Signau kam Elsa Stucki am 5. September 1908<br />

zur Welt. Als Tochter des Stationsvorstands gehörte<br />

sie beinahe schon zur lokalen „Bourgeoisie“.<br />

Vom stürmischen Ausbau der Eisenbahnlinien war<br />

die Schweiz Ende des 19. Jahrhunderts noch verschont<br />

geblieben, so war eine Arbeit bei der Bahn<br />

auch Anfang 1900 noch ziemlich „en vogue“. Prägend<br />

in Stuckis Jugend waren die Weltkriege: „Es<br />

waren unschöne Zeiten.“ Den ersten hat sie als<br />

Primarschülerin erlebt, den zweiten dann schon als<br />

junge Frau und Mutter. „Als Familie musste man<br />

sich gut überlegen, wie viel man essen wollte.“<br />

1940 musste ihr Mann Walter Grenzdienst leisten,<br />

für sie eine schlimme Zeit. „Man hatte damals mehr<br />

Angst vor den Deutschen, als es heute vielerorts<br />

geschrieben steht“, sagt Stucki.<br />

Schöner sind ihre Erinnerungen an <strong>Zimmerwald</strong>.<br />

Wann sie das erste Mal auf den Längenberg kam,<br />

weiss sie nicht mehr genau. Irgendwann habe aber<br />

ihr Vater die Station in Belp übernommen. Familie<br />

Stucki genoss zum Teil freie Fahrt auf dem Streckennetz<br />

der Umgebung. Die 16-jährige Elsa begann<br />

zu dieser Zeit ihre Lehre als Modistin in Bern<br />

und profitierte eifrig von diesem Privileg. Wohnhaft<br />

waren die Stuckis aber in <strong>Zimmerwald</strong>, beim Schulhaus<br />

und die Bahn fuhr frühmorgens in Belp. „Das<br />

war damals noch ein ganz normaler Fussweg“, bemerkt<br />

Elsa Stucki lächelnd.<br />

Zuhören ja, lesen weniger<br />

Bereits in jungen Jahren stirbt ihr Vater an der<br />

Grippe, „die damals halt im Dorf grad so herumging,<br />

auch der Dorfarzt starb daran“, erzählt Stucki.<br />

Ausgebildet zur „Hüetlere“, bei Herrn Rahm an der<br />

Hotelgasse in Bern (der Name ist ihr schliesslich<br />

doch noch in den Sinn gekommen), wohnte Elsa<br />

mit ihrem Mann Walter weiter in <strong>Zimmerwald</strong>. Er arbeitete<br />

als Lehrer, eine seiner Schülerinnen, Hedy<br />

Hunziker, liest Elsa noch heute ab und zu etwas<br />

vor – nach bald 102 Jahren sieht Stucki nicht mehr<br />

alles messerscharf. Hören kann sie dafür umso<br />

besser und hat denn auch ein offenes Ohr für alle<br />

ihre Mitbewohnerinnen. „Dafür werde ich auch von<br />

allen respektvoll behandelt und umsorgt“, sagt die<br />

rüstige Hunderterin. Am liebsten empfängt sie Besucher,<br />

auch wenn sie sich manchmal an die angekündigten<br />

Gäste nicht mehr erinnern kann. „Das<br />

Treffen wird dann eben um so spontaner“, sagt sie<br />

augenzwinkernd. Gerade letzthin, da sei ihr Bruder

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