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Lokales<br />

Samstag, <strong>13</strong>. Oktober <strong>2018</strong><br />

Info<br />

Hospizbewegung<br />

im Kreis<br />

KREIS WARENDORF. Die 1993<br />

gegründete Hospizbewegung im<br />

Kreis Warendorf e.V. ist ein gemeinnütziger<br />

Verein mit über<br />

<strong>10</strong>00 Mitgliedern, von denen<br />

rund 300 in den unterschiedlichen<br />

Tätigkeitsfeldern ehrenamtlich<br />

aktiv sind. Unter dem Dach<br />

des Vereins haben sich von Ahlen<br />

ausgehend in Beckum, Drensteinfurt,<br />

Ennigerloh, Everswinkel,<br />

Lippetal, Oelde, Sendenhorst­Hoetmar,<br />

Telgte und Wadersloh<br />

regionale Hospizgruppen<br />

gebildet. Einen offenen Umgang<br />

mit schwerer Krankheit, Sterben,<br />

Tod und Trauer zu leben und<br />

Menschen dabei in ihrem häuslichen<br />

Umfeld oder in Einrichtungen<br />

ehrenamtlich zu begleiten,<br />

ist ihr Hauptanliegen. 2001 hat<br />

der Verein sein Angebot durch<br />

die Eröffnung des stationären<br />

Hospizes St. Michael in Ahlen ergänzt.<br />

Im Hospiz­ und Palliativ­<br />

Zentrum sind ambulante und<br />

stationäre Hospizarbeit unter<br />

einem Dach vereint.<br />

Internet Link<br />

www.hospizbewegung­waf.com<br />

Wachsam sein im Miteinander<br />

Ursula Tewes ist Sterbebegleiterin und engagiert sich ehrenamtlich in der Hospizbewegung<br />

Manchmal gibt Ursula<br />

Tewes dem Sterbenden<br />

einen kleinen Schutzengel<br />

aus Holz mit, legt<br />

ihn in seine Hand oder<br />

stellt ihn auf den Nachttisch.<br />

Der Handschmeichler<br />

soll ausdrücken:<br />

„Wenn Du gehst, bleibe<br />

ich zwar hier, aber Du<br />

bist nicht allein.“<br />

„<br />

„Ich kann dem<br />

Sterbenden die Last<br />

nicht abnehmen,<br />

ich kann nur<br />

„<br />

ein<br />

Stück mitgehen.“<br />

Ursula Tewes<br />

KREIS WARENDORF. Die 65-<br />

Jährige macht nur Gebrauch<br />

von dieser Geste, wenn sie<br />

weiß, dass derjenige empfänglich<br />

dafür ist. Übergestülpt<br />

wird nichts, denn das<br />

Angebot der Hospizbewegung<br />

im Kreis Warendorf richtet<br />

sich an alle Menschen, egal<br />

welcher Weltanschauung, Religion<br />

oder Nationalität.<br />

Ursula Tewes ist ehrenamtliche<br />

Sterbebegleiterin in dem<br />

gemeinnützigen Verein. Seit<br />

elf Jahren begleitet sie Menschen<br />

in der letzten Lebensphase<br />

in deren häuslichen<br />

Umfeld und teilt ihre Zeit mit<br />

ihnen. „Wir entlasten im Alltag,<br />

reden über Gott und die<br />

Welt, wir stellen uns aber<br />

auch den existenziellen Fragen<br />

der sterbenden Menschen<br />

– und davon haben manche<br />

am Ende ihres Lebens viele“,<br />

weiß die Ahlenerin. Die Angst<br />

vor dem Sterben, vor Schmerzen,<br />

die Vorstellung von dem<br />

„Danach“, die Frage nach Gott.<br />

Viele Jahre hat sich Ursula<br />

Tewes neben ihrer Tätigkeit<br />

als Buchhalterin in ihrer früheren<br />

Pfarrei St. Lambertus in<br />

Dolberg auf verschiedene Art<br />

und Weise engagiert - ob in<br />

der Erstkommunionvorbereitung<br />

und im Liturgieausschuss.<br />

Ihr Einsatz im Krankenbesuchsdienst<br />

der Caritas<br />

führte ihr vor Augen, wie groß<br />

die Not bei schwer erkrankten<br />

Nah am Menschen sein ist für Ursula Tewes (65)<br />

wichti Foto: Bisch.Pressestelle A.Chr. Ladermann<br />

Menschen und ihren Angehörigen<br />

ist. „15 Minuten reichen<br />

da nicht, sie brauchen Hilfe<br />

und Beistand, jemanden, der<br />

zuhört“, sagt sie.<br />

Ein Einführungs- und Aufbaukurs<br />

bei der Hospizbewegung<br />

folgten, dann beschloss<br />

Ursula Tewes, zunächst im<br />

stationären Hospiz in Ahlen<br />

zu arbeiten und das Abendbrot<br />

in der dortigen Küche zuzubereiten.<br />

Mit der Arbeit im ambulanten<br />

Hospizdienst begann<br />

sie ein halbes Jahr später.<br />

Ihre erste Begleitung, sie ist<br />

noch so präsent wie am ersten<br />

Tag. „Ein Jahr lang habe ich<br />

einen schwer kranken Mann,<br />

etwa 60 Jahre alt, begleitet. Er<br />

hat erst noch eine Chemotherapie<br />

gemacht und dann<br />

selbst entschieden, die Behandlung<br />

abzubrechen. Als er<br />

es mir gesagt hat, hat er meine<br />

Hand gehalten und ich habe<br />

geweint“, blickt sie zurück.<br />

Schon damals hat sie verstanden:<br />

„Man muss Menschen<br />

gehen lassen. Und es ist beeindruckend,<br />

wie friedlich Menschen<br />

gehen können.“<br />

Drei Tage lang habe ihre kürzeste<br />

Begleitung gedauert,<br />

eineinhalb Jahre die längste.<br />

Lebensfreude und Lebensangst<br />

– Ursula Tewes weiß,<br />

dass diese Gefühle oft beieinander<br />

liegen. „Ich kann dem<br />

Sterbenden die Last nicht abnehmen,<br />

ich kann nur ein<br />

Stück mitgehen.“ Und zuhören,<br />

denn immer wieder erfährt<br />

die Rentnerin, dass<br />

schwer kranke Menschen<br />

ihre Angehörigen nicht mit<br />

Ängsten und Fragen konfrontieren<br />

möchten. „Bei einem<br />

Außenstehenden fällt das vielen<br />

leichter.“ Zwar unterliegen<br />

Sterbebegleiter einer<br />

Schweigepflicht, doch auch<br />

Ursula Tewes kennt das Gefühl,<br />

wenn manches Gehörte<br />

einfach heraus muss. „Dafür<br />

gibt es regelmäßig Supervisionen<br />

und Gespräche in der Hospizgruppe.“<br />

Was die Ahlenerin festgestellt<br />

hat: „Ich lebe bewusster,<br />

genieße jeden Sonnenuntergang<br />

und jeden Moment, in<br />

dem es mir und meiner Familie<br />

gut geht.“ Auch ist sie<br />

wachsamer im Umgang mit<br />

ihren Mitmenschen.<br />

Ursula Tewes bedauert es,<br />

dass Sterben und Tod und<br />

auch die damit verbundene<br />

Trauer noch immer Tabuthemen<br />

in der Gesellschaft sind.<br />

Auch aufgrund ihrer eigenen<br />

Biografie – schon in jungen<br />

Jahren wurde sie durch<br />

Schicksalsschläge in der Familie<br />

damit konfrontiert –<br />

lassen sie die Themen nicht<br />

mehr los. Vor vier Jahren hat<br />

sie sich zusätzlich zur Trauerbegleiterin<br />

qualifizieren lassen<br />

und hilft nun Menschen,<br />

die mit dem Verlust eines nahen<br />

Angehörigen alleine nicht<br />

zurechtkommen. Die Motivation<br />

für ihr ehrenamtliches<br />

Engagement erklärt sie ganz<br />

simpel: „Nah am Menschen<br />

sein und meinen Glauben<br />

ganz praktisch versuchen zu<br />

leben.“

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