NJW 17/18 Dolmetscher und Übersetzer
Der Honoraranspruch von Dolmetschern und Übersetzern nach dem JVEG und die Bedeutung der Vergütungsvereinbarung gemäß § 14 JVEG
Der Honoraranspruch von Dolmetschern und Übersetzern nach dem JVEG und die Bedeutung der Vergütungsvereinbarung gemäß § 14 JVEG
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<strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong><br />
Professionelle Dienstleistungen für Juristen<br />
<strong>NJW</strong>-Anzeigenschwerpunkt
Anzeigenschwerpunkt <strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong>F<br />
Wie lässt sich die Qualität im Bereich der juristischen<br />
Übersetzungen gewährleisten?<br />
Bericht von der Words to Deeds Conference 20<strong>18</strong> – The Value of<br />
Legal Trans lation Professionals<br />
Zum zweiten Mal trafen sich am 2. <strong>und</strong> am 3. Februar 20<strong>18</strong><br />
juristische Fachübersetzer, Rechtsanwälte <strong>und</strong> Akademiker<br />
aus 30 Ländern aller fünf Kontinente zur zweiten<br />
Words to Deeds Conference in London unter dem Motto: The<br />
Value of Legal Translation Professionals.<br />
Das Ziel? Vertreter der verschiedenen Berufsgruppen zusammenzubringen,<br />
um brennende Themen aus verschiedenen Blickwinkeln<br />
zu besprechen sowie den Beruf des juristischen Fachübersetzers<br />
hervorzuheben. Tatsächlich boten eine Reihe von Workshops<br />
bei der Rechtsanwaltskanzlei Irwin Mitchell am Freitagvormittag<br />
<strong>und</strong> bei Thomson Reuters am Freitagnachmittag sowie viele Vorträge<br />
<strong>und</strong> Diskussionsr<strong>und</strong>en bei der Konferenz im Gray’s Inn am<br />
Samstag viel Stoff zum Nachdenken, <strong>und</strong> es kristallisierten sich<br />
Erfolg versprechende Ansatzpunkte für verschiedene Handlungsmöglichkeiten<br />
heraus.<br />
Disintermediation<br />
Christina Guys Vortrag über „Disintermediation“ kam bei den<br />
Seminarteilnehmern ganz besonders gut an. Ihr Vortrag über das<br />
Auslassen von Elementen der Lieferkette, die keinen Mehrwert,<br />
sondern oft sogar einen Minderwert bieten, beschäftigte sich primär<br />
mit Transparenz <strong>und</strong> Aufklärung für Rechtsanwälte, damit<br />
diese informierte Kaufentscheidungen treffen können. Große<br />
Übersetzungsagenturen versprechen oftmals schnelle <strong>und</strong> günstige<br />
Übersetzungen in vielen Fachgebieten <strong>und</strong> Sprachkombinationen.<br />
Aber haben diese wirklich das nötige Fachwissen, um im Bereich<br />
Recht eine korrekte Übersetzung anzufertigen? Ein häufiger Einwand<br />
aus der Praxis ist, dass Einzelfachübersetzer trotz sehr guter<br />
Qualifikationen <strong>und</strong> hoher Spezialisierung nicht in der Lage<br />
seien, großvolumige Projekte schnell genug zu übersetzen. Rechtsanwälte<br />
wären deshalb in solchen Fällen (zwangsläufig) auf Großagenturen<br />
angewiesen. In der Tat ist es so, dass ein Fachübersetzer<br />
alleine nicht in Windseile mehrere h<strong>und</strong>ert Seiten übersetzen<br />
kann. Das ist aber oft gar nicht nötig, da die Zusammenarbeit mit<br />
einem Fachübersetzer einen ganz anderen Ablauf nach sich ziehen<br />
kann.<br />
Nur wenn Rechtsanwälte die Arbeitsweise von Fachübersetzern<br />
kennen, können die beiden Gruppen optimal miteinander zusammenarbeiten,<br />
so Christina Guy. Die erfahrene juristische Fachübersetzerin<br />
für die Sprachkombination Niederländisch-Englisch<br />
berichtete über ihre Erfahrungen mit Präsentationen bei Rechtsanwaltskanzleien<br />
in Amsterdam, bei denen sie den Arbeitsprozess<br />
eines juristischen Fachübersetzers schildert. Zum Beispiel erklärt<br />
sie ihnen, dass Fachübersetzer heutzutage in der Regel mit einem<br />
lokalen <strong>und</strong> projektspezifischem CAT-Tool arbeiten, das alle Sätze<br />
erkennt, die schon einmal vom Fachübersetzer in einem Projekt<br />
übersetzt wurden, ohne dass dabei Daten in das Internet gelangen<br />
oder überhaupt mit dem Internet in Berührung kommen (dies<br />
umgeht die Problematik hinsichtlich der Vertraulichkeit, die wiederkehrend<br />
mit Agenturen auftritt <strong>und</strong> mit der Rechtsanwälte oft<br />
nicht vertraut sind). Das Tool zeigt beim Übersetzen zudem sämtliche<br />
Änderungen auf. Wenn der <strong>Übersetzer</strong> einen Entwurf bzw.<br />
eine Vorversion schon übersetzt hat, ist die Endfassung bzw. die<br />
Neufassung deshalb schnell <strong>und</strong> folglich auch kostengünstig übersetzt<br />
(dabei ist es nicht nötig, die Änderungen in Word mit der<br />
Änderungsfunktion zu markieren). Bei eiligen Projekten können<br />
Rechtsanwälte deshalb wertvolle Zeit im Endspurt sparen, wenn<br />
sie Fachübersetzer schon von Anfang an einbeziehen. Während<br />
der Rechtsanwalt noch kritische Einzelpunkte mit dem Mandanten<br />
bespricht, kann sich der Fachübersetzer schon Gedanken<br />
über die Fachbegriffe machen <strong>und</strong> in den Fall einlesen. Auch eine<br />
Übersetzung des Entwurfs kann frühzeitig erstellt werden, die<br />
später als Gr<strong>und</strong>lage für die Endfassung dient. In dieser Konstellation<br />
wird in der Regel auch kein Eilzuschlag berechnet, weil der<br />
Fachübersetzer ausreichend Zeit hat, den Entwurf in aller Ruhe<br />
zu übersetzen <strong>und</strong> nachträglich nur die Änderungen oder neuen<br />
Textteile übersetzen <strong>und</strong> einbauen muss. Ohne den hohen Zeitdruck<br />
für eine kurzfristige Komplettübersetzung kann der Fachübersetzer<br />
auch eine qualitativ bessere Fachübersetzung erstellen.<br />
Es sprechen also eine Reihe von Gründen dafür, Fachübersetzer<br />
schon von Anfang an in ein Projekt einzubinden. Auch die am<br />
Seminar teilnehmenden Rechtsanwälte der Kanzlei Irwin Mitchell<br />
bestätigten, dass sie aus dem Vortrag von Christina Guy viel über<br />
die Arbeit professioneller Fachübersetzer gelernt hätten <strong>und</strong> diese<br />
Punkte künftig auf jeden Fall bei der Vergabe von Übersetzungen<br />
berücksichtigen werden.<br />
Spezialisierung<br />
In einer Podiumsdiskussion am Samstag ging es um die Spezialisierung<br />
als weitere Möglichkeit, um die Qualität juristischer<br />
Fachübersetzungen zu gewährleisten. Dabei war nicht nur die<br />
Spezialisierung des Fachübersetzers im Bereich Recht allgemein<br />
ein Thema, sondern vielmehr die weitere Spezialisierung innerhalb<br />
des Bereichs. Diese „Super-Spezialisierung“ hätte nicht nur<br />
sehr viele Vorteile für den K<strong>und</strong>en, sondern auch für den Fachübersetzer<br />
selbst. Ein Rechtsanwalt spezialisiert sich auf ein bestimmtes<br />
Fachgebiet oder einige wenige Fachgebiete, kennt sich<br />
in diesen Bereichen durch seine Qualifikationen <strong>und</strong> Erfahrung<br />
extrem gut aus <strong>und</strong> kann seinen Mandanten sehr gute Beratung<br />
bieten. Dasselbe gilt für den juristischen Fachübersetzer. Durch<br />
eine „Super-Spezialisierung“ könnten sich Fachübersetzer weiterbilden,<br />
ihre Fachkenntnisse vertiefen <strong>und</strong> folglich noch effizienter<br />
<strong>und</strong> in noch besserer Qualität übersetzen. Zwei Fachübersetzer<br />
Anzeigenschwerpunkt <strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong>
Anzeigenschwerpunkt <strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong>F<br />
aus Spanien berichteten über ihre Erfahrungen als Spezialisten für<br />
Vertragsrecht, <strong>und</strong> es gab Vorträge über die Zusammenarbeit als<br />
Fachübersetzer mit dem Europäischen Gerichtshof sowie über<br />
die „Super-Spezialisierung“ im Bereich Patentrecht. Eine „Super-<br />
Spezialisierung“ hat außerdem den Vorteil, dass der Fachübersetzer<br />
den K<strong>und</strong>en maßgeschneiderte Lösungen anbieten kann, da<br />
er mit den Besonderheiten, Textsorten <strong>und</strong> Fristen seines Fachgebiets<br />
vertraut ist.<br />
Aufklärung<br />
In einem weiteren Vortrag wurde eine in Spanien durchgeführte<br />
Studie erläutert, aus der hervorging, dass sehr viele Rechtsanwälte<br />
nicht wissen, was ein juristischer Fachübersetzer macht oder wie<br />
sie überhaupt qualifizierte juristische Fachübersetzer finden können.<br />
Teilweise wissen sie nicht einmal, dass es Fachkräfte dafür<br />
gibt. Obwohl sie mit ihren jetzigen Lösungen oft nicht zufrieden<br />
sind, haben sie akzeptiert, dass sie ihre wertvolle Zeit in die Nachbesserung<br />
von Übersetzungen investieren müssen, da ihnen keine<br />
anderen Möglichkeiten bekannt sind. An dieser Stelle ist auch<br />
Aufklärungsarbeit nötig.<br />
Um hier Abhilfe zu schaffen, wurde der Vorschlag gemacht, das<br />
Thema „Einkaufen von juristischen Fachübersetzungen <strong>und</strong><br />
Beauftragung juristischer Fachübersetzer“ in die juristische Ausbildung<br />
aufzunehmen. Beim Gespräch am r<strong>und</strong>en Tisch am<br />
Samstagnachmittag wurde das Thema K<strong>und</strong>enaufklärung ausführlich<br />
besprochen. Im Gespräch kristallisierten sich drei Zeitpunkte<br />
heraus, zu denen ein Fachübersetzer die Möglichkeit hat,<br />
Aufklärungsarbeit beim K<strong>und</strong>en zu leisten: 1) wie anfangs erwähnt<br />
in der Form von Präsentationen (auftragsunabhängig),<br />
2) direkt nach der Anfrage/bei Angebotserstellung, 3) nachdem<br />
der K<strong>und</strong>e schon eine oder mehrere böse Überraschung(en) mit<br />
einem anderen Übersetzungsdienstleister erlebt hat. Es wurde<br />
berichtet, dass die Aufklärung in der Regel im letzten Fall von<br />
allein stattfindet, frei nach dem Motto: Erst leiden, dann handeln.<br />
Einige Teilnehmer bestätigten allerdings, dass Präsentationen,<br />
obwohl nicht aktiv angefragt, dennoch sehr willkommen sind,<br />
wenn Fachübersetzer sie anbieten. Präsentationen oder Aufklärungsveranstaltungen<br />
bei Rechtsanwaltstagungen sowie kurze<br />
Webinare wären deshalb auf jeden Fall denkbar <strong>und</strong> könnten viel<br />
Positives bewirken.<br />
Fazit<br />
Zum Abschluss der Konferenz, einer Kreuzfahrt auf der Themse<br />
inklusive Abendessen, wurde der rege Austausch zu den Themen<br />
des Tages unter den Konferenzteilnehmern fortgesetzt. Am Ende<br />
des Abends war für alle klar, dass die Qualität im Bereich der juristischen<br />
Fachübersetzungen nur durch eine langfristige, direkte<br />
Zusammenarbeit zwischen Rechtsanwälten <strong>und</strong> juristischen Fachübersetzern<br />
gesichert werden kann. In diesem Fachgebiet sollte es<br />
ganz klar keinen Platz für Anbieter geben, die mangels Fachwissen<br />
nicht in der Lage sind, hochwertige Fachübersetzungen zu erstellen,<br />
keine Unterstützung vor Fertigstellung der Endfassung eines<br />
Textes anbieten können <strong>und</strong> sich oft zu wenig für die Vertraulichkeitsaspekte<br />
interessieren. Wenn der Beruf des juristischen<br />
Fachübersetzers allerdings weiterhin unreguliert bleibt, werden<br />
juristische Fachübersetzer für direkte Aufklärung sorgen <strong>und</strong> sich<br />
(aktiv) für ihren Beruf einsetzen müssen. Nur so wird gewährleistet,<br />
dass die Fachübersetzer selbst <strong>und</strong> die mit einer direkten<br />
Auftragsvergabe einhergehenden Vorteile angesichts der heutigen<br />
Fülle der Übersetzungsdienstleister von Rechtsanwälten tatsächlich<br />
auch ausreichend wahrgenommen werden.<br />
Die Website der Konferenz mit Teilnehmerprofilen finden Sie hier:<br />
http://conference20<strong>18</strong>.wordstodeeds.com/<br />
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ist Juristische Fachübersetzerin DE>EN,<br />
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Anzeigenschwerpunkt <strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong>
Anzeigenschwerpunkt <strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong>F<br />
Der Honoraranspruch von <strong>Dolmetscher</strong>n <strong>und</strong><br />
<strong>Übersetzer</strong>n nach dem JVEG <strong>und</strong> die Bedeutung der<br />
Vergütungsvereinbarung gemäß § 14 JVEG<br />
Die Möglichkeiten, wie <strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong> in<br />
den Bereichen der Justiz, der öffentlichen Verwaltung<br />
sowie nicht zuletzt gegenüber den Sozialversicherungsträgern<br />
tätig werden können, sind vielfältig. Mit dieser Vielzahl<br />
der Tätigkeitsbereiche stellt sich für die <strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong><br />
regelmäßig die Frage nach der Vergütung ihrer Leistung.<br />
Dies betrifft zum einen die unterschiedlichen Rechtsgr<strong>und</strong>lagen,<br />
aus denen der Vergütungsanspruch herzuleiten ist. Zum anderen<br />
ist die Frage nach der Höhe des jeweiligen Vergütungsanspruches<br />
zu beantworten.<br />
Als eine wesentliche Gemeinsamkeit lässt sich erkennen, dass<br />
die Honorare für die <strong>Dolmetscher</strong>- <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong>leistungen<br />
nach dem Willen des Gesetzgebers gr<strong>und</strong>sätzlich auf der Basis<br />
des „Justizvergütungs- <strong>und</strong> -entschädigungsgesetzes“ (JVEG)<br />
bemessen werden sollen. Beispielhaft wird in den folgenden Überlegungen<br />
die Tätigkeit des <strong>Dolmetscher</strong>s in den Blick genommen.<br />
Die Ergebnisse lassen sich jedoch im Wesentlichen auf die Tätigkeit<br />
des <strong>Übersetzer</strong>s übertragen.<br />
1. Gr<strong>und</strong>sätzliches zur Anwendbarkeit des JVEG<br />
a) Das Dolmetschen im Rahmen der Verfahren der Justiz – vom<br />
staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren bis hin zu den Gerichtsverfahren<br />
der verschiedenen Instanzen – kann historisch als<br />
Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Ausgangslage für die Bemessung der Vergütung von<br />
<strong>Dolmetscher</strong>n angesehen werden. Wird ein <strong>Dolmetscher</strong> bestellt,<br />
Schwedisch – Dänisch – Niederländisch<br />
u. a., auch mit Beglaubigung (vereidigt)<br />
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Der Übersetzungsdienst für den Juristen!<br />
Dr. Thormann Wirtschaftsenglisch<br />
Vertrags-Übersetzungen Dt. > Engl. <strong>und</strong> Engl. > Dt.<br />
Mitglied im BDÜ, ATA, CIoL<br />
so hat dieser für seine Tätigkeit im Verfahren einen unmittelbaren<br />
Vergütungsanspruch nach § 1 Abs. 1 S. 3 JVEG. Dieser umfasst<br />
die in § 8 JVEG genannten Positionen. In den Verfahren vor den<br />
Gerichten ergibt sich die Vergütung entsprechend den Vorgaben<br />
des § 8 JVEG. Das Honorar des <strong>Dolmetscher</strong>s beträgt dabei gemäß<br />
§ 9 Abs. 3 S. 1 JVEG für jede St<strong>und</strong>e 70,00 Euro <strong>und</strong>, wenn<br />
er ausdrücklich für simultanes Dolmetschen herangezogen worden<br />
ist, 75,00 Euro; maßgebend ist für den erhöhten Honorarsatz<br />
ausschließlich die bei der Heranziehung im Voraus mitgeteilte Art<br />
des Dolmetschens. <strong>Dolmetscher</strong> erhalten darüber hinaus nach § 5<br />
Abs. 2 Ziff. 2 JVEG zur Abgeltung der Anschaffungs-, Unterhaltungs-<br />
<strong>und</strong> Betriebskosten sowie zur Abgeltung der Abnutzung<br />
des Kraftfahrzeugs 0,30 Euro pro gefahrenem Kilometer. Schließlich<br />
können verschiedene weitere Aufwandsentschädigungen, insbesondere<br />
bei Ortsabwesenheit, gemäß § 6 JVEG hinzukommen.<br />
b) Neben der unmittelbaren Anwendung im Bereich der Justiz ist<br />
für die Tätigkeit der <strong>Dolmetscher</strong> die entsprechende Anwendung<br />
der Vergütungsregeln des JVEG im Rahmen von Verwaltungsverfahren<br />
der unterschiedlichsten Art von großer Bedeutung.<br />
Zieht eine Behörde einen <strong>Dolmetscher</strong> hinzu, so hat dieser nach<br />
Maßgabe des § 23 Abs. 2 S. 4 VwVfG einen Vergütungsanspruch<br />
in entsprechender Anwendung der Regelungen des JVEG. Aufgr<strong>und</strong><br />
der föderalen Struktur der B<strong>und</strong>esrepublik gelten neben<br />
der genannten b<strong>und</strong>esrechtlichen Regelung die Verwaltungsverfahrensgesetze<br />
der Länder. In Nordrhein-Westfalen korrespondiert<br />
der insoweit wortgleiche § 23 Abs. 2 S. 4 VwVfG NRW für die<br />
Beauftragung durch Behörden des Landes mit der b<strong>und</strong>esrechtlichen<br />
Regelung.<br />
Namentlich im Bereich der Tätigkeit von <strong>Dolmetscher</strong>n für die<br />
Polizei – die überwiegend in Länderhoheit tätig wird – kommt es<br />
zu einer Abgrenzungsfrage von unmittelbarer <strong>und</strong> nur entsprechender<br />
Anwendung des JVEG. Der R<strong>und</strong>erlass zur „Vergütung<br />
von <strong>Dolmetscher</strong>n <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong>n im Bereich der Polizei“ in<br />
Nordrhein-Westfalen 1 macht dies beispielhaft deutlich. Nach<br />
Ziffer 2. gilt für <strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong>, die von der Polizei<br />
im Auftrag oder mit vorheriger Billigung der Staatsanwaltschaft<br />
www.wirtschaftsenglisch.eu<br />
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1<br />
RdErl. des Ministeriums für Inneres <strong>und</strong> Kommunales - 402 - 57.01.63 -<br />
v. 25.2.2013.<br />
Anzeigenschwerpunkt <strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong>
Anzeigenschwerpunkt <strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong>F<br />
herangezogen werden, das JVEG unmittelbar – es liegt ein Verfahren<br />
der Justiz vor. Lediglich entsprechend wird das JVEG<br />
im Bereich der polizeilichen Gefahrenabwehr oder sonstiger der<br />
Polizei gesetzlich zugewiesener Aufgaben gemäß § 10 Absatz<br />
5 PolG NRW angewandt – einer Spezialregelung gegenüber<br />
§ 26 Absatz 3 VwVfG NRW.<br />
An dieser Stelle ist über die vorstehend bereits genannten Fälle<br />
einer lediglich entsprechenden Anwendung des JVEG hinaus<br />
auch die Vorschrift des § 19 Abs. 2 S. 4 SGB X anzusprechen.<br />
Für den weiten <strong>und</strong> für <strong>Dolmetscher</strong> wirtschaftlich bedeutsamen<br />
Bereich der Verfahren vor den Sozialleistungsträgern wird in<br />
§ 19 Abs. 2 S. 4 1. Halbsatz SGB X der Wortlaut der Regelung<br />
des § 23 Abs. 2 S. 4 VwVfG aufgegriffen. Danach gilt auch hier,<br />
dass hinzugezogene <strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong> einen Vergütungsanspruch<br />
entsprechend der Regelung des JVEG haben.<br />
Die Vorschrift des § 19 Abs. 2 S. 4 SGB X weist jedoch im Verhältnis<br />
zu § 23 Abs. 2 S. 4 VwVfG einen entscheidenden Unterschied<br />
auf. Sie enthält im 2. Halbsatz nämlich eine Ergänzung,<br />
wonach eine andere Vergütung vereinbart werden kann 2 . Diese<br />
Besonderheit wird nachfolgend unter Ziffer 2. c) noch genauer<br />
zu untersuchen sein.<br />
c) Schließlich kann das JVEG für eine Vergütung des <strong>Dolmetscher</strong>s<br />
auch bei Dienstverhältnissen gemäß §§ 611 ff. BGB<br />
im Rahmen des § 612 Abs. 2 BGB als eine vorhandene „Taxe“<br />
Anwendung finden.<br />
Zu dieser Problematik, welche namentlich die Tätigkeit von<br />
Gebärdensprachdolmetschern (GSD) im Bereich der stationären<br />
Heilbehandlung berührt – wenn diese im Krankenhaus hörbehinderte<br />
Menschen bei ärztlichen Gesprächen zur Aufnahme, zur<br />
Vorbereitung der Operation <strong>und</strong> zum Abschlussgespräch betreuen<br />
– sind eine Entscheidung des Sozialgerichts Hamburg vom<br />
24.03.20<strong>17</strong> 3 sowie ein vorangegangener Beschluss des B<strong>und</strong>essozialgerichts<br />
vom 29.07.2014 4 beachtenswert.<br />
2<br />
Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB, Stand 12/2010, § 19 SGB X, Rn. 23.<br />
3<br />
SG Hamburg, Urteil vom 24.03.20<strong>17</strong> – S 48 KR 1082/14, juris.<br />
4<br />
BSG, Beschluss vom 29.07.2014 – B 3 SF 1/14 R, juris.<br />
Karen Rückert<br />
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Anzeigenschwerpunkt <strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong>
Anzeigenschwerpunkt <strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong>F<br />
Nach der erwähnten Entscheidung des Sozialgerichts Hamburg<br />
handelte es sich bei der entsprechenden <strong>Dolmetscher</strong>leistung im<br />
Rahmen der Patientenbegleitung um eine Sozialleistung im engeren<br />
Sinne <strong>und</strong> keine Tätigkeit im Sozialverwaltungsverfahren, auf<br />
welche die Verweisungen auf das JVEG § 19 Abs. 2 S. 4 SGB X<br />
somit keine Anwendung finden. Die Kosten für den Einsatz eines<br />
GSD waren im konkreten Falle bereits mit der Fallpauschale der<br />
gesetzlichen Krankenkasse im Verhältnis zum Krankenhaus abgegolten.<br />
Das B<strong>und</strong>essozialgericht kam bei seiner Entscheidung zu<br />
dem Schluss, dass anstelle einer Beauftragung durch die gesetzliche<br />
Krankenkasse unmittelbar zwischen dem Krankenhaus <strong>und</strong><br />
dem GSD ein Dienstvertrag nach § 611 BGB zustande gekommen<br />
ist. Dabei war mangels Vorliegen einer individuellen Honorarvereinbarung<br />
für die Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB eine<br />
vorhandene „Taxe“ anzuwenden. Das B<strong>und</strong>essozialgericht sah das<br />
JVEG als eine solche „Taxe“ an <strong>und</strong> leitete dessen Anwendung<br />
über die entsprechende Berücksichtigung der sozialrechtlichen<br />
Verweisungsvorschriften her.<br />
2. Die Vergütungsvereinbarung nach § 14 JVEG<br />
a) In der Praxis gewinnt neben der vorstehend skizzierten Rechtslage<br />
bei Erteilung eines einzelnen <strong>Dolmetscher</strong>- <strong>und</strong> Übersetzungsauftrages<br />
hinaus der Abschluss von Vergütungsvereinbarungen<br />
mit <strong>Dolmetscher</strong>n <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong>n im Sinne des § 14 JVEG,<br />
die häufiger herangezogen werden, zunehmend an Bedeutung.<br />
Entscheidend ist dabei, dass im Rahmen eines solchen Vertrages<br />
die nach dem JVEG vorgesehene Vergütung nicht überschritten<br />
werden darf – sprich in der Praxis regelmäßig Vereinbarungen<br />
getroffen werden, die eine geringere Vergütung festlegen.<br />
<strong>NJW</strong>-Anzeigenschwerpunkt<br />
<strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong><br />
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Dies ist nicht nur in der Justiz bei der unmittelbaren Anwendung<br />
des JVEG, sondern auch im Verwaltungsverfahren unter entsprechender<br />
Anwendung der Vergütungsregelungen des JVEG zu<br />
beobachten. Im bereits erwähnten R<strong>und</strong>erlass zur „Vergütung<br />
von <strong>Dolmetscher</strong>n <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong>n im Bereich der Polizei“ in<br />
Nordrhein-Westfalen heißt es unter Ziffer 5. Satz 2 ausdrücklich:<br />
„§ 14 JVEG eröffnet insbesondere die Möglichkeit,<br />
mit einem einzelnen <strong>Dolmetscher</strong> oder <strong>Übersetzer</strong>,<br />
der häufiger herangezogen wird, zur Vereinfachung der<br />
Abrechnung eine Vereinbarung über die zu gewährende<br />
Vergütung zu treffen, deren Höhe die im JVEG gesetzlich<br />
zugelassene Obergrenze allerdings nicht überschreiten<br />
darf. Im Sinne einer sparsamen <strong>und</strong> wirtschaftlichen<br />
Haushaltsführung sollen daher gr<strong>und</strong>sätzlich Ausschreibungen<br />
dafür genutzt werden, solche Vereinbarungen<br />
zu realisieren.“ 5<br />
An dieser Stelle ist jedoch Folgendes zu berücksichtigen. Selbst<br />
wenn man den Aspekt der Abrechnungsvereinfachung gegenüber<br />
dem Fiskalinteresse des Staates weitgehend zurücktreten lässt<br />
– wie dies die Rechtsprechung tut 6 – so muss doch bei der Bemessung<br />
der <strong>Dolmetscher</strong>vergütung im Rahmen von Honorarverträgen<br />
eine differenziertere Betrachtungsweise zu Gr<strong>und</strong>e gelegt<br />
werden. Die Vereinbarung von Honoraren im Sinne einer sparsamen<br />
<strong>und</strong> wirtschaftlichen Haushaltsführung setzt nämlich voraus,<br />
dass das Kriterium der Qualifikation des <strong>Dolmetscher</strong>s in<br />
sachgemäßer Weise gewürdigt wird. Es kann daher nicht allein<br />
auf den niedrigsten St<strong>und</strong>ensatz abgestellt werden.<br />
b) Darf im Rahmen solcher Vergütungsvereinbarungen also auf<br />
der einen Seite die Vergütung nach dem JVEG nicht überschritten<br />
werden <strong>und</strong> soll andererseits durch solche Vereinbarungen<br />
eine sparsame <strong>und</strong> wirtschaftliche Haushaltsführung der öffentlichen<br />
Kassen gewährleistet werden, so ist zu fragen, nach welchen<br />
Maßstäben die Vergütung im konkreten Falle zu ermitteln ist.<br />
Oder anders gewendet: Wie weit darf die gesetzliche Vergütung<br />
der <strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong> nach den Vorschriften der<br />
§§ 8 ff. JVEG im Rahmen des § 14 JVEG unterschritten werden?<br />
Die Argumentation des Bayerischen Landessozialgerichts 7 zu dieser<br />
Frage mag Licht ins Dunkel bringen.<br />
5<br />
RdErl. des Ministeriums für Inneres <strong>und</strong> Kommunales - 402 - 57.01.63 -<br />
v. 25.2.2013, a. a. O.<br />
6<br />
Bayerisches LSG, Beschluss vom 07.04.2016 - L 15 RF 31/15, juris. In der Kommentarliteratur<br />
ist die Auffassung hierzu uneinheitlich. Einerseits wird die Ansicht vertreten,<br />
dass Vereinbarungen gem. § 14 JVEG ausschließlich zur Abrechnungsvereinfachung<br />
abgeschlossen werden dürfen, ein schutzwürdiges Kostensenkungsinteresse<br />
des Staates wird verneint, so Binz, JVEG, 4. Aufl., 2014, § 14 JVEG, Rn. 5; so wohl<br />
auch Meyer, Höver, Bach, Oberlack, Jahnke, JVEG, 27. Auflage, 20<strong>18</strong> § 14 JVEG,<br />
Rn. 2; andererseits wird der genannten Entscheidung des Bayerischen LSG gefolgt,<br />
so Schneider, JVEG, 3. Aufl., 20<strong>18</strong>, § 14 JVEG, Rn. 8 <strong>und</strong> 15.<br />
7<br />
Bayerisches LSG, a. a. O., m. w. N.<br />
Anzeigenschwerpunkt <strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong>
Anzeigenschwerpunkt <strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong>F<br />
Das Gericht setzt sich in seiner Entscheidung ausführlich mit den<br />
Gesetzesmaterialien zum Zeugen- <strong>und</strong> Sachverständigenentschädigungsgesetz<br />
(ZSEG) aus dem Jahre 1956 <strong>und</strong> den Gesetzesbegründungen<br />
zu § 14 JVEG aus dem Jahre 2004 auseinander.<br />
Es attestiert in diesem Zusammenhang dem Gesetzgeber ausdrücklich<br />
eine gewisse „Scheinheiligkeit“ 8 , wenn dort von einer<br />
Vereinfachung der Abrechnung die Rede ist, die mit einer Vergütungsvereinbarung<br />
nach § 14 JVEG erreicht werden soll, <strong>und</strong><br />
fiskalische Gesichtspunkte lediglich von untergeordneter Bedeutung<br />
sind. Das Gericht stellt demgegenüber fest, es sei offenk<strong>und</strong>ig,<br />
dass eine Vereinbarung zur Höhe des St<strong>und</strong>ensatzes nicht<br />
einer Abrechnungsvereinfachung, sondern – überwiegend, wenn<br />
nicht ausschließlich – einer Kosteneinsparung auf Seiten der<br />
Staatskasse dient. Angesicht dessen kommt der Senat zu dem<br />
Schluss:<br />
„Die Höhe der in einer Vereinbarung gemäß § 14 JVEG<br />
geregelten Vergütung ist daher gr<strong>und</strong>sätzlich der Überprüfung<br />
(…) entzogen, sofern nicht Gründe offenk<strong>und</strong>ig<br />
auf der Hand liegen, dass die vereinbarte Vergütung<br />
so niedrig ist, dass sich die Höhe nur durch einen Missbrauch<br />
der Marktposition des Staats beim Abschluss der<br />
Vereinbarung erklären lässt, weil mit der vereinbarten<br />
Vergütung kein vernünftiges wirtschaftliches Tätigwerden<br />
am Markt mehr möglich ist.“ 9<br />
c) Ist schon die vorstehende Entscheidung zu einer Vergütungsvereinbarung<br />
im Sinne des § 14 JVEG in der Praxis bei der<br />
Geltendmachung einer <strong>Dolmetscher</strong>vergütung im gerichtlichen<br />
Verfahren sowie bei Vertragsverhandlungen mit der Justiz sowie<br />
den Verwaltungsbehörden nur schwer in einer für die betroffenen<br />
<strong>Dolmetscher</strong> angemessenen Weise umzusetzen, so kann sich für<br />
Verhandlungen über Vergütungsvereinbarungen mit den Sozialleistungsträgern<br />
eine weitere Schwierigkeit ergeben.<br />
ALLE Sprachen<br />
ALLE Fachgebiete<br />
Beeidigte ÜBERSETZUNGEN <strong>und</strong> beeidigte DOLMETSCHER<br />
Wie bereits erwähnt, erfolgt im Sozialverwaltungsverfahren die<br />
entsprechende Anwendung der Vergütungsregelungen des JVEG<br />
über die Vorschrift des § 19 Abs. 2 S. 4 SGB X. Die Vorschrift<br />
des § 19 Abs. 2 S. 4 SGB X weist jedoch im Verhältnis zu den<br />
übrigen Verweisungsvorschriften im öffentlichen Recht einen entscheidenden<br />
Unterschied auf. Sie enthält im 2. Halbsatz nämlich<br />
8<br />
Bayerisches LSG, a. a. O., Rn. 41.<br />
9<br />
Bayerisches LSG, a. a. O., Rn. 43.<br />
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Anzeigenschwerpunkt <strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong>
Anzeigenschwerpunkt <strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong>F<br />
eine Ergänzung, wonach mit den <strong>Dolmetscher</strong>n <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong>n<br />
eine andere Vergütung vereinbart werden kann. Es fehlt dabei<br />
jeder Hinweis auf die Regelung auf den § 14 JVEG. In den<br />
Gesetzesmaterialien zu § 19 SGB X lässt sich ein solcher Hinweis<br />
nicht finden. 10<br />
Bedeutet dies, dass die Vergütungsvereinbarung im Sinne des<br />
§ 19 Abs. 2 S. 4 2. Halbsatz gänzlich von der Vergütungsvereinbarung<br />
im Sinne des § 14 JVEG unterschieden werden muss?<br />
Die Autoren sind der Auffassung, dass es sich hierbei nur um ein<br />
Redaktionsversehen des Gesetzgebers handeln kann. Dafür, dass<br />
es sich bei der Vergütungsvereinbarung im Sinne des 2. Halbsatzes<br />
um eine Vereinbarung nach § 14 JVEG handelt, spricht, dass<br />
im 1. Halbsatz ausdrücklich auf die Regelungen des JVEG Bezug<br />
genommen wird. Auch wird in den Gesetzesmaterialien nicht ersichtlich,<br />
warum im Sozialverwaltungsverfahren andere Umstände<br />
bestimmend sein sollen als im übrigen Verwaltungsrecht. Dort<br />
wird die Möglichkeit des Abschlusses einer Vergütungsvereinbarung<br />
im Sinne des § 14 JVEG ohne Weiteres über die generelle<br />
10<br />
Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 8/2034, S, 6 f.<br />
Verweisung auf die Regelungen des JVEG hergeleitet – so zum<br />
Beispiel im § 23 Abs. 2 S. 4 VwVfG.<br />
Hinweis zu den Autoren:<br />
Dr. Michael Hennig<br />
ist seit 1997 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen;<br />
er praktiziert in eigener Kanzlei<br />
in Köln. Als Fachanwalt für Sozialrecht<br />
vertritt Dr. Hennig Menschen in Verfahren<br />
mit Sozialleistungsträgern in den Bereichen der Krankenversicherung,<br />
des Schwerbehinderten- sowie Sozial hilferechts.<br />
Er arbeitet darüber hinaus als B<strong>und</strong>esreferent für Soziales im<br />
BDÜ e.V.<br />
Hermann J. Bauch<br />
ist seit 1995 mit den Tätigkeitsschwerpunkten Forderungsmanagement,<br />
Vertragsrecht, Mietrecht <strong>und</strong> Vereins- <strong>und</strong><br />
Verbandsrecht Rechtsanwalt in Köln <strong>und</strong> seit 2015 Justiziar<br />
des BDÜ e.V.<br />
Wege zur Juristischen <strong>Übersetzer</strong>-Ausbildung<br />
Nicht selten kommt es vor, dass Originaldokumente in<br />
einer Fremdsprache verfasst wurden, für den Gebrauch<br />
in Deutschland jedoch eine Übersetzung ins Deutsche<br />
notwendig ist. Die ZPO sieht in solchen Fällen Folgendes vor:<br />
„Das Gericht kann anordnen, dass von in fremder Sprache abgefassten<br />
Urk<strong>und</strong>en eine Übersetzung beigebracht wird, die ein <strong>Übersetzer</strong><br />
angefertigt hat, der für Sprachübertragungen der betreffenden Art in<br />
einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften ermächtigt oder<br />
öffentlich bestellt wurde oder einem solchen <strong>Übersetzer</strong> jeweils gleichgestellt<br />
ist.“ 1<br />
Die Ermächtigung ist sicherlich ein guter Ausgangspunkt, da gewisse<br />
Kriterien erfüllt sein müssen, um diese zu erhalten, aber was<br />
muss ein <strong>Übersetzer</strong> können <strong>und</strong> wie sieht es mit der Ausbildung<br />
aus?<br />
Gerade im juristischen Bereich reicht es nicht aus, lediglich die<br />
beiden Sprachen zu beherrschen, zwischen denen man übersetzt,<br />
es gehört außerdem ein umfassendes Gr<strong>und</strong>verständnis der Materie<br />
dazu – vor allem, wenn es nicht lediglich um die Übersetzung<br />
von relativ einfachen Urk<strong>und</strong>en geht, sondern um inhaltlich<br />
komplexe Texte.<br />
1<br />
ZPO § 142 /3)<br />
Verschiedene <strong>Übersetzer</strong>studiengänge bieten Recht als einen<br />
Schwerpunkt in der Ausbildung an, ebenso gibt es z. B. bei Prüfungen<br />
wie dem britischen Diploma in Translation die Möglichkeit,<br />
Recht als Schwerpunkt zu wählen. Eine solche Spezialisierung<br />
ist sicherlich ein guter Ausgangspunkt. Oft werden hier aber<br />
nur sehr allgemeine Gr<strong>und</strong>lagen vermittelt. Einen Ansatz einer<br />
spezialisierteren Ausbildung machte 2008 die City University in<br />
London, die zwischen 2008 <strong>und</strong> 2013 einen spezialisierten MA<br />
in Legal Translation anbot, in dem sich die Studenten zwar auch<br />
wie in einem klassischen Übersetzungsstudium mit Themen wie<br />
Übersetzungstheorie <strong>und</strong> allgemeinen Übersetzungstechniken<br />
beschäftigten, bei dem das Hauptaugenmerk jedoch auf die<br />
Vermittlung der beiden Rechtssysteme gelegt wurde, mit denen<br />
die Studenten jeweils arbeiten würden. So wurden z. B. in der<br />
Sprachkombination Deutsch – Englisch die Gr<strong>und</strong>lagen des deutschen<br />
<strong>und</strong> englischen Rechtssystems, sowie verschiedene Fachgebiete<br />
wie Vertragsrecht, Gesellschaftsrecht, Immobilienrecht,<br />
Finanzrecht etc. detailliert behandelt. Mittlerweile bietet das<br />
Institute of Advanced Legal Studies der University of London<br />
einen ähnlichen Kurs an, als LL.M. in Legal Translation.<br />
Mit einer solchen Ausbildung haben <strong>Übersetzer</strong> nicht nur die<br />
Möglichkeit, die jeweiligen Rechtssysteme kennenzulernen, son-<br />
Anzeigenschwerpunkt <strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong>
Anzeigenschwerpunkt <strong>Dolmetscher</strong> <strong>und</strong> <strong>Übersetzer</strong>F<br />
dern auch die Unterschiede zu erkennen <strong>und</strong> sich mit der Problematik<br />
zu beschäftigen, die auftritt, wenn das Rechtssystem der<br />
Zielsprache ein bestimmtes Rechtskonzept des Ausgangssprachraumes<br />
nicht kennt. Eine Problematik, die jedem Anwalt, der sich<br />
mit internationalen Rechtsgeschäften beschäftigt, vertraut ist, aber<br />
dennoch eine, die regelmäßig auftaucht.<br />
Allerdings durchläuft nicht jeder <strong>Übersetzer</strong> ein <strong>Übersetzer</strong>studium.<br />
Zwar setzt die Ermächtigung in den meisten B<strong>und</strong>esländern<br />
ein <strong>Übersetzer</strong>studium oder eine staatliche Prüfung voraus,<br />
aber der Beruf an sich ist kein geschützter Beruf. Es gibt viele<br />
Quereinsteiger, die zuvor einen anderen Berufsweg anvisiert oder<br />
auch eingeschlagen hatten, die sich dann zum <strong>Übersetzer</strong> entwickeln.<br />
Gerade im Bereich der juristischen Fachübersetzer gibt es<br />
mehrere Kollegen, die zuvor eine juristische Ausbildung durchlaufen<br />
haben <strong>und</strong> ihre Fachkompetenz so untermauern können.<br />
Ungeachtet des Ausbildungsweges ist es jedoch gerade bei komplexeren<br />
Verträgen teilweise notwendig, dass ein Vertrag sprachlich<br />
dahingehend an das Zielsystem angepasst wird, dass die Konzepte<br />
zumindest verstanden werden. Dafür ist es jedoch unerlässlich,<br />
dass der jeweilige <strong>Übersetzer</strong> die soliden Gr<strong>und</strong>kenntnisse<br />
in beiden Rechtssystemen hat, um zu erkennen, wo es Probleme<br />
gibt, die ein Wörterbuch im Zweifel kaschiert. Wenn z. B. ein englischer<br />
„Trust“ einer deutschen „Treuhand“ bzw. einem „Treuhandvermögen“<br />
gleichgesetzt wird, dann kann das praktisch eine<br />
Entsprechung sein, dennoch handelt es sich um unterschiedliche<br />
Rechtskonstrukte <strong>und</strong> dieser Unterschied kann im Zweifel von<br />
Relevanz sein.<br />
Wer juristische Texte unbedarft liest, meint manchmal, sie zu<br />
verstehen. Wer sich auskennt, erkennt viel schneller, bei welchen<br />
Punkten evtl. noch Klärungsbedarf besteht bzw. ob etwas auch<br />
anders ausgelegt werden könnte – schließlich ist Deutsch eine<br />
Sprache, in der man jemanden umfahren sollte, wenn man ihn<br />
nicht umfahren will.<br />
Ein guter Rechtsübersetzer weiß nicht alles, ist aber eher in der<br />
Lage, Probleme zu identifizieren <strong>und</strong> dementsprechend die<br />
richtige Antwort zu recherchieren, anstatt einfach vermeintlich<br />
Verstandenes zu übersetzen.<br />
Im Endeffekt ist beim juristischen <strong>Übersetzer</strong> wie auch beim<br />
Anwalt die richtige Ausbildung erst der Anfang. Auch bei einem<br />
gut gelegten F<strong>und</strong>ament ist kontinuierliche Weiterbildung <strong>und</strong><br />
Befassung mit der Materie <strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>enen Veränderungen<br />
unerlässlich. Man lernt eben nie aus.<br />
Hinweis zum Autor:<br />
Richard Delaney<br />
war mehrere Jahre in England als freiberuflicher<br />
Jurist tätig <strong>und</strong> ist in u. a. in<br />
London bei englischen Gerichten aufgetreten.<br />
Seit 2003 ist er auch als juristischer<br />
Fachübersetzer tätig <strong>und</strong> beschäftigt sich intensiv mit<br />
dem Thema juristisches Übersetzen. Er hält Vorträge <strong>und</strong><br />
Seminare zu dem Thema, u. a. für den BDÜ <strong>und</strong> betreibt ein<br />
juristisches Übersetzungsbüro in Berlin.<br />
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