Der Bote vom Berg - Sommer 2019
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GEMEINDE<br />
LEBEN<br />
Bücher aus der Gemeindebücherei Hain-Gründau???<br />
Ja, bitte!<br />
Jan Böttcher: Das Kaff<br />
Sie, liebe Leserinnen und Leser des „<strong>Bote</strong>n“, leben in mehr<br />
oder weniger ländlich geprägten Gemeinden. Wer von<br />
Ihnen würde seinen Wohnort als „Kaff“ bezeichnen? Sicher<br />
nur diejenigen, die dem Wohnort einen negativen<br />
Beigeschmack verleihen möchten. So beurteilt auch der<br />
Architekt Michael Schürtz seinen Heimatort, den er „Shitty<br />
Littleton“ nennt, negativ. In jungen Jahren ist er<br />
nach dem Rausschmiss aus dem Gymnasium<br />
und nach einer Lehre zum Tischler genervt dem<br />
kleinbürgerlichen „Kaff“ entflohen, um sich im<br />
großstädtischen Berlin zunächst in einfachstem<br />
Leben einzunisten, dann fortzubilden und<br />
später dort als Architekt zu arbeiten. Die Verbindung<br />
zu seiner Familie und seiner Kinderund<br />
Jugendzeit hat er weitgehend gekappt,<br />
bis er einen Auftrag als Bauleiter von Luxuswohnungen<br />
in seinem Heimatort annimmt<br />
und als hipper Großstädter in sein „Kaff“<br />
zurückkehrt. Er wohnt im Haus seines<br />
ehemaligen Schulfreundes Greg, der auf<br />
Reisen ist und ihm sein Haus zur Verfügung<br />
stellt, ein Haus der Bauart der 50er Jahre: ein krasser Gegensatz<br />
zu seinem Leben in Berlin.<br />
Während seiner Arbeit holt ihn die Vergangenheit ein: Er<br />
trifft Bruder und Schwester, die er gemieden hat, stellt<br />
sich am Grab seiner inzwischen verstorbenen Mutter, die<br />
er immer „Sigrid“ nennt, der gedanklichen Aufarbeitung<br />
seines Verhältnisses zu ihr. Bekannte, die wie er älter geworden<br />
sind, trifft er, taucht in die gesellschaftlichen<br />
Strukturen seines Ortes ein, wird Fußballtrainer im örtlichen<br />
Verein, verliebt sich. Immerzu treibt ihn seine Arbeit<br />
an dem Wohnkomplex, mit Investor und zukünftigen Wohnungseigentümern<br />
muss er sich auseinandersetzen.<br />
Auch nach seiner Rückkehr nach „Shitty Littleton“ haftet<br />
Michael Schürtz noch Aufmüpfiges, das typisch für seine<br />
Jugendzeit war, dem dörflichen Leben gegenüber an. Mit<br />
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