GIG Juni 2019
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34 KUNST THEATER<br />
Ums nackte Überleben<br />
„Das Floß der Medusa“<br />
am Theater Münster<br />
1816 läuft die französische Fregatte Medusa vor<br />
der Küste Afrikas auf eine Sandbank und kentert.<br />
Da die Rettungsboote nicht reichen, wird schnell<br />
ein Floß zusammengezimmert, auf dem 150 Menschen<br />
Platz finden. Als man das Floß nach zwei<br />
Wochen entdeckt, sind es nur noch 15. Der Rest<br />
ist Opfer eines grausamen Überlebenskampfes geworden.<br />
Der österreichische Autor Franzobel beschreibt<br />
das Ereignis in seinem Roman „Das Floß der Medusa“,<br />
der Stefan Otteni als Vorlage für seine<br />
Inszenierung diente. Die Bühne im Kleinen Haus<br />
ist eine kunstvoll verschachtelte Ebene aus Kommoden,<br />
Betten und anderen Möbelstücken, auf<br />
der die Schauspieler publikumsnah agieren. Hier<br />
PREMIEREN IM JUNI<br />
Starke Bilder<br />
mit Kraft und<br />
Dynamik:<br />
“Das Floß<br />
der<br />
Medusa“<br />
Foto: Theater Münster / Oliver Berg<br />
wird diskutiert und gekämpft. Menschen werden<br />
über Bord geworfen, damit das Floß nicht<br />
sinkt und alle in die Tiefe reißt. Die Werte<br />
der Zivilisation verlieren an Bedeutung angesichts<br />
einer Situation, in der jeder um das<br />
nackte Überleben kämpft.<br />
Optisch hat der 150-minütige Abend einiges<br />
zu bieten. Bühne, Kostüme, Licht, Soundtrack,<br />
eindrucksvoll inszenierte Kampfszene bis hin<br />
zur völligen Entblößung der Schauspieler - all<br />
das hat Kraft und Dynamik. Auch die Rückblenden,<br />
die Standesdünkel und Unfähigkeit<br />
des Kapitäns als Ursache der Katastrophe andeuten,<br />
sind geschickt in das Bühnengeschehen<br />
eingebunden. Ebenso die Bezüge zur Gegenwart,<br />
wenn am Ende Funksprüche zur Rettung<br />
von Flüchtlingen im Mittelmeer eingespielt<br />
werden.<br />
Trotzdem will das Ganze nicht so recht zünden.<br />
Das mag an der großen Zahl der Personen liegen,<br />
die von dem immerhin neunköpfigen Ensemble<br />
durch häufige Kostümwechsel verkörpert werden.<br />
Mit dem Schiffsarzt kristallisiert sich zwar eine Art<br />
Hauptfigur heraus, aber insgesamt erreichen die<br />
Rollen trotz guter Schauspieler wenig Kontur.<br />
Darunter leiden dann auch Dramaturgie und Spannung,<br />
sodass es am Ende hauptsächlich die Bilder<br />
sind, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen.<br />
Franz Kolbeck<br />
>> Weitere Vorstellungen am 08.06. um 19 Uhr sowie<br />
15. u. 27.06. jew. um 19.30 Uhr am Theater Münster<br />
(Kleines Haus); www.theater-muenster.com<br />
Tanzwoche Osnabrück<br />
Zum Ende der aktuellen Spielzeit wartet am<br />
Theater Osnabrück ein ganz besonderes Highlight<br />
auf alle Tanzfans: Vom 16. bis 22. <strong>Juni</strong><br />
gibt es jeden Tag eine andere Tanzproduktion<br />
zu erleben. Den Auftakt der Tanzwoche bildet<br />
das Amateurprojekt „Endlich Tanz!“. Im Laufe<br />
der Woche sind dann u.a. die Kompanie Beijing<br />
Dance / LDTX aus Peking und das Landesjugendballett<br />
Berlin zu Gast. Das große Finale<br />
der Tanzwoche bildet die 7. Ausgabe der<br />
Tanzgala mit Darbietungen von TänzerInnen internationaler<br />
Ensembles.<br />
>> 16.-22.06. OS - Theater am Domhof,<br />
emma theater, jew. 19.30 Uhr<br />
>> www.theater-osnabrueck.de<br />
Programm:<br />
emma theater<br />
16.06. Endlich Tanz!, 19 Uhr<br />
19.06. Tanz der Generationen<br />
21.06. Open Windows VII (auch 08/09.,<br />
11. u. 14.06.)<br />
Theater am Domhof<br />
17.06. The Contemporaries<br />
18.06. Bauhaus / Bolero (auch 03.07.)<br />
20.06. Selfless Selfie<br />
22.06. Tanzgala 18/19<br />
Beijing Dance / LDTX: „Selfless Selfie“<br />
Foto: Yin Peng<br />
Auswahl aus<br />
„24 Stunden Münster“<br />
Für den ehrgeizigen Theatermarathon<br />
„24 Stunden Münster“ entstanden<br />
im letzten Jahr zahlreiche Stücke,<br />
die zu schade dafür sind, in der<br />
Schublade zu versauern. Eine kleine Auswahl<br />
steht im <strong>Juni</strong> auf dem Spielplan<br />
des Kleinen Bühnenbodens. Den<br />
Anfang macht das Lebensstück „An allen<br />
anderen Tagen nicht“, außerdem<br />
gibt es „Der Ordner / GesternIchHeute“<br />
und „Felix. Dann bin ich glücklich“<br />
zu sehen.<br />
>> MS - Der Kleine Bühnenboden,<br />
jew. 20 Uhr;<br />
www.derkleinebuehnenboden.de<br />
Programm:<br />
14.06. An allen anderen Tagen nicht<br />
16.06. Der Ordner / GesternIchHeute<br />
23.06. Felix. Dann bin ich glücklich<br />
(auch 30.06.)<br />
kehren zu dürfen. Die Bitte wird ihm<br />
gewährt. Doch auf der Erde blüht die<br />
Korruption. Als Guercoeur die Zustände<br />
ändern möchte, wird er abermals<br />
getötet. Diesmal aber von den eigenen<br />
Leuten.<br />
>> Premiere am 15.06. um 19.30 Uhr<br />
am Theater am Domhof OS; weitere<br />
Vorstellungen am 19., 23. u. 26.06.<br />
sowie 02. u. 05.07. jew. um 19.30 Uhr;<br />
www.theater-osnabrueck.de<br />
Frischluft<br />
Die Kompanie Tanzprojekte Heidi<br />
Sievert lädt zu zwei Vorstellungen<br />
ihrer aktuellen Produktion „Frischluft“.<br />
Darin erkundet das Ensemble<br />
Begriffspaare wie „Lebendigkeit erfahren“<br />
oder „Verbundenheit erle-<br />
17,0mm<br />
Guercoeur<br />
Als der Titelheld der Oper von Albéric<br />
Magnard bei einer mittelalterlichen<br />
Schlacht umkommt, bittet er im<br />
Himmel darum, zum Schutz seiner Untertanen<br />
wieder auf die Erde zurückben“<br />
auf tänzerische Weise. Es<br />
kommt zu einem leichtfüßigen Zusammentreffen<br />
von Spiel und Tanz,<br />
ein bewegtes Erkunden und Erweitern<br />
des eigenen Spielraums. Die<br />
Choreografie stammt von Lena van<br />
Bebber.<br />
>> Premiere am 16.06. um 18 Uhr am<br />
Theater Münster (Kleines Haus);<br />
weitere Vorstellung am 14.07. um<br />
18 Uhr; www.tanzspektrum.de<br />
Cloudy Shadows<br />
Das jährliche „Urbane Intermezzo“<br />
im Rahmen des Projekts „Frauen-<br />
ZeitAlter“ des Amts für Gleichstellung<br />
der Stadt Münster lädt am<br />
Dienstag, 25. <strong>Juni</strong>, zu einem eintritts-<br />
und anmeldefreien Theaterhappen<br />
auf<br />
dem Platz des<br />
Westfälischen<br />
Friedens.<br />
„ C l o u d y<br />
Shadows“<br />
nennt sich das<br />
Stück, das tänzerisch<br />
und<br />
schauspielerisch<br />
Grauzo-<br />
„Frischluft“ der Kompanie<br />
Tanzprojekte Heidi Sievert<br />
nen, Übergänge und Zwischenräume<br />
unseres Lebens erkundet.<br />
>> Premiere am 25.06. um 18 Uhr<br />
auf dem Platz des Westfälischen<br />
Friedens MS; weitere Vorstellung<br />
am 26.06. um 18 Uhr;<br />
www.stadt-muenster.de/<br />
gleichstellung<br />
Der Garten<br />
Mädchen als Marionette („Puppet<br />
On A String“)? Konnte man in den<br />
1960er Jahren beim Grand Prix<br />
ungeteert und -gefedert singen.<br />
Heute kommt einem die Galle<br />
hoch. Begriffe wie Selbstbestimmung<br />
und Fremdgesteuertsein<br />
stellt das Cactus-Ensemble in seiner<br />
neuen Produktion „Der Garten“<br />
in den Vordergrund. Kompromisslos<br />
lädt es auf einen experimentellen<br />
Ritt durchs weite<br />
Feld der falschen Verhältnisse.<br />
>> 27.06. - 04.07. MS - Pumpenhaus,<br />
jew. um 20 Uhr (am 30.06. mit<br />
Gebärdensprachendolmetscher);<br />
www.pumpenhaus.de<br />
Texte: Benedikt Niederschmid