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Artur Rosenstern | Planet Germania. Über die Chance, fremd zu sein

»Hascht du viele PS, bischt du was, hascht du wenig PS, bischt du nix!« Kurz nach seiner Ankunft in Deutschland bekommt Andrej aus Kasachstan diesen Satz zu hören. Von nun an setzt er alles daran, etwas zu werden: ein Auto muss her und Deutsch will er lernen, damit er bald ein echter Wessi ist. In Hannover, wo angeblich das beste Deutsch gesprochen wird, soll er einen Sprachkurs machen. Überra­schend trifft er dort seinen früheren Schulfreund und Nachbarn Murat. Murat hat auch Ziele, auch er will etwas werden: zunächst Millionär und später Präsident von Kasachstan. – Doch bis aus den beiden etwas wird, müssen sie lernen, sich in der fremden Heimat zurechtzufinden. Mehr als einmal kommen sie sich wie Außerirdische vor, die den unbekannten Planeten Germania erkunden müssen: nicht nur die Sprache bietet Stolpersteine, auch Sitten und Gebräuche der Deutschen halten so manche Merkwürdigkeit für die beiden Freunde bereit. – Artur Rosenstern kam selbst 1990 aus Kasachstan nach Deutsch­land, dem Land seiner schwäbischen Vor­fah­ren. Auch wenn diese Erzählung nicht autobiographisch ist, schließt er Ähnlichkeiten mit eigenen Erlebnissen nicht aus. Und lässt uns so mit seinem Buch an Erfahrungen von Menschen teilhaben, die als Fremde nach Deutschland kommen.

»Hascht du viele PS, bischt du was,
hascht du wenig PS, bischt du nix!«

Kurz nach seiner Ankunft in Deutschland bekommt Andrej aus Kasachstan diesen Satz zu hören. Von nun an setzt er alles daran, etwas zu werden: ein Auto muss her und Deutsch will er lernen, damit er bald ein echter Wessi ist. In Hannover, wo angeblich das beste Deutsch gesprochen wird, soll er einen Sprachkurs machen. Überra­schend trifft er dort seinen früheren Schulfreund und Nachbarn Murat. Murat hat auch Ziele, auch er will etwas werden: zunächst Millionär und später Präsident von Kasachstan. –
Doch bis aus den beiden etwas wird, müssen sie lernen, sich in der fremden Heimat zurechtzufinden. Mehr als einmal kommen sie sich wie Außerirdische vor, die den unbekannten Planeten Germania erkunden müssen: nicht nur die Sprache bietet Stolpersteine, auch Sitten und Gebräuche der Deutschen halten so manche Merkwürdigkeit für die beiden Freunde bereit. –

Artur Rosenstern kam selbst 1990 aus Kasachstan nach Deutsch­land, dem Land seiner schwäbischen Vor­fah­ren. Auch wenn diese Erzählung nicht autobiographisch ist, schließt er Ähnlichkeiten mit eigenen Erlebnissen nicht aus. Und lässt uns so mit seinem Buch an Erfahrungen von Menschen teilhaben, die als Fremde nach Deutschland kommen.

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Ankunft im<br />

gelobten Land<br />

Das ist es also«, sagte Andrej leise <strong>zu</strong> sich selbst. Seit<br />

Monaten hatte er sehnsüchtig auf <strong>die</strong>sen Moment<br />

gewartet, Wochen und Tage gezählt. Und nun, im<br />

Jahr 1990, war <strong>die</strong>ser Augenblick endlich da. Er hatte den<br />

3. Oktober gewählt, in der Hoffnung, ihn würde jemand am<br />

Flughafen abholen. Dieser Tag war <strong>zu</strong>m ersten Mal in der<br />

deutschen Geschichte arbeitsfrei, wurde als »Tag der Einheit«<br />

gefeiert. Andrej stand am Flughafen Frankfurt/Main, mit nur<br />

zwanzig Mark in der Tasche, von zahlreichen glänzenden<br />

Lichtern und wundersamen Geräuschen umgeben, wie er sie<br />

niemals in <strong>sein</strong>em Leben gesehen und vernommen hatte.<br />

Zwanzig Mark! Lediglich <strong>die</strong>sen kleinen Betrag hatte er in<br />

<strong>sein</strong>em Heimatland in <strong>die</strong> deutsche Währung umtauschen<br />

dürfen. Den Rest gab es in Dollars und als Scheck. Da <strong>die</strong>s<br />

<strong>sein</strong> erster Scheck im Leben war, präsentierte er ihn alsbald<br />

mit Stolz einem alten Freund in Moskau, bei dem er auf dem<br />

Weg in den Westen kurz vor Anker ging. Der Freund staunte<br />

sehr. Dann aber, während des Flugs, hatte Andrej sich sorgen<br />

müssen, ob sich <strong>die</strong>ses Stück Papier zügig in <strong>die</strong> deutsche<br />

Mark eintauschen lassen würde. Er war sich immer noch nicht<br />

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