Dance for You Magazine 55 (July/August 2013)
The international dance magazine is dedicated to the dance world. Dance for You is published six times per year in German and English Language. It is our intention to make current dance events transparent and to inform objectively about facts and newest developments. With a unique mixture of topics and a modern, clear appearance, technically competent and understably presented, Dance for You Magazine is read by theatres, dance companies, dancers, choreographers, performers, show business, dance schools, associated clubs, dancewear manufacturers, retailers, dance competitons, dance festivals, agencies, show organziers and more.
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Die Geschichte vom Soldaten, Ballett im Revier © Costin Radu Orpheus, Ballett im Revier © Costin Radu
Zwischen gestern
und heute
Das „Ballett im Revier“ tanzt zwei
Strawinsky-Stücke: „Die Geschichte vom
Soldaten“ und „Orpheus“
„Von Chur nach Walenstadt heimwärts wandert
ein Soldat“: Ein Schauspieler steht im
Rampenlicht des Gelsenkirchener Musiktheaters
im Revier (MIR) wie einst ein Vorleser
auf der Wanderbühne und erzählt „Die
Geschichte vom Soldaten“. 1918 wurde das
Von Isabell Steinböck
Musiktheater von Igor Strawinsky (Libretto:
Charles-Ferdinand Ramuz) in Lausanne
uraufgeführt, jetzt wagten sich die renommierten
Tänzer, Jiří und Otto Bubeníček,
an die Inszenierung dieses märchenhaften
Stücks.
Der Stoff wirkt erstaunlich aktuell: Auf dem
Weg nach Hause begegnet ein armer Soldat
dem Teufel. Dieser bietet dem jungen Mann
einen gefährlichen Tausch an. Seine geliebte
Geige soll er gegen ein Buch hergeben, das
die Börsenkurse der Zukunft vorhersagt.
Reichtum und gesellschaftliches Ansehen
locken den Unwissenden, dass er dabei sein
Lebensglück, schließlich gar seine Seele verliert,
hat er wohl nicht geahnt...
So sehr sich das Thema auch anbietet, Jiří
Bubeníček verzichtet auf eine Aktualisierung
und lässt seinen Soldaten mit Hosenträgern
und Gamaschen wie im 20. Jahrhundert auftreten
(Kostüme: Elsa Pavanel). Entsprechend
konventionell wirkt seine Choreografie in
diesem mitunter langatmigen Stück. Ein Plus
sind die versierten Tänzer: Mit Mimik und
Gestik stellt Junior Demitre den Soldaten als
liebenswerten jungen Mann dar, erst fröhlich
und unbedarft, mit hohen Beinen vorwärts
drängend, später verhärmt, dann neue Hoffnung
fassend, bis er schließlich in die Hölle
stürzt. Joseph Brunn als wandlungsfähiger
Teufel ist wunderbar hinterlistig und böse,
wenn er dem armen Soldaten auflauert und
mit großen Sprüngen auf den Leib rückt,
die Geige stets wie eine Geliebte im Arm.
Nicht zu vergessen Schauspieler Sebastian
Schwab, dem das Kunststück gelingt, den
Tänzern seine Stimme zu leihen, zu erzählen
und auch selbst als Figur mit den Solisten zu
interagieren.
Das zweite Strawinsky-Stück des Abends,
„Orpheus“, ist eine spannungsreiche Choreografie
um Liebe und Verlust. Cathy Marston,
Leiterin des Bern Ballett, inszeniert den
Mythos um Sänger Orpheus, der in die Unterwelt
hinabsteigt, um seine Frau Eurydike
von den Toten zurückzufordern als zeitloses,
berührendes Stück. Im Zentrum steht die
Trauer des Sängers, der sich sehnsuchtsvoll
an den Körper seiner Frau klammert, anstatt
ihre Seele zu erkennen. Ballettchefin Bridget
Breiner stellt die suchende Seele ausdrucksvoll
dar, wenn sie den Geliebten umfasst, ihm
am Hals hängt wie ein hilfloses Kind oder ihn
mit langen Beinen umschmeichelt. Gegen
die Körperlichkeit der Toten (Kusha Alexi) hat
sie zunächst keine Chance.
Ines Aldas Bühne aus metallenen Gitterstäben
passt zur emotionalen Kälte die diese
Stück ausstrahlt, ebenso wie die Soldaten,
die Orpheus (lebensnah: Sergio Torrado) den
Weg zur Toten versperren, so dass er sich
endlich ihrer armen Seele zuwendet. Doch
da ist es bereits zu spät. Am Ende rotiert der
Geist zwischen den Gitterstäben, auf ewig
gefangen.
www.danceforyou-magazine.com