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viaanima Das Magazin

Die andere Seite vom Sterben, dem Tod, der Trauer und dem Leben damit

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für immer im Herzen<br />

Lichtpunkte<br />

immer weitere teils schmerzhafte Untersuchungen,<br />

die zu nichts mehr führten. Wir wollten Isabella nicht<br />

mehr jeden Abend alleine in ihrem kleinen Bettchen<br />

zurücklassen, um nach Hause zu fahren. Ein Ort,<br />

welcher sich ohne sie nicht länger wie ein Zuhause<br />

anfühlte.<br />

„unser Elterninstinkt liess uns<br />

keine Sekunde im Stich“<br />

Also wagten wir den Schritt. Und unser Elterninstinkt<br />

ließ uns keine Sekunde im Stich - wir hatten die richtige<br />

Entscheidung getroffen. Isabella ging es von Tag zu Tag<br />

besser zu Hause. Hier herrschte auch immer das Credo<br />

“Isabella darf alles” (solange sie einfach nur weiterhin<br />

atmete und bei uns war) und wir gestalteten ihr den Tag<br />

so bunt und fröhlich wie nur irgendwie möglich.<br />

Bunt waren die Tage immer - es gab leider aber auch<br />

immer wieder sehr schwarze Tage.<br />

Tage, an denen ihre Sauerstoffsättigung trotz<br />

Sauerstoffzugabe nicht ausreichend war.<br />

realisieren, dass wir einen weiteren gemeinsamen Tag<br />

geschenkt bekommen würden.<br />

Momente voller Stolz: Der Tag, an dem Isabella ihr<br />

kleines Fäustchen das erste Mal zum Mund brachte.<br />

Für die meisten Eltern selbstverständlich – für uns ein<br />

Grund uns jubelnd und mit Tränen in den Augen in die<br />

Arme zu fallen.<br />

Und Momente voller Zusammenhalt: Wir als Eltern<br />

waren uns noch nie so einig, wie in allen Fragen und<br />

Entscheidungen rund um unsere Tochter. Zwischen uns<br />

drei passte kein Blatt mehr.<br />

Und ich erinnere mich an den Tag, als Isabella dann<br />

schließlich in meinen Armen starb. An die Wärme, die<br />

allmählich immer mehr aus ihr wich. An ihre letzten,<br />

sehr flachen Atemzüge. Und ich erinnere mich an die<br />

Dankbarkeit, die ich damals spürte und die noch heute<br />

präsent ist: Isabella durfte in ihrem Zuhause, umgeben<br />

von ihren Eltern und nichts weiter außer Liebe und<br />

Geborgenheit, friedlich gehen.<br />

Ich spüre tiefe Dankbarkeit dafür, dass dieses<br />

einzigartige Mädchen mein und unser Leben so sehr<br />

“ zwischen uns<br />

drei passte kein<br />

Blatt mehr“<br />

46 47<br />

“unser<br />

Elterninstinkt<br />

liess uns keine<br />

Sekunde in<br />

Stich“<br />

Tage, an denen sie immer und immer wieder ihre<br />

Milch erbrach, sich stark verschluckte und wir<br />

bangend neben ihr knieten, bis sie endlich wieder zu<br />

atmen begann. Ihre Lippen dabei blau angelaufen, der<br />

Monitor ohrenbetäubend Alarm schlagend, weil ihre<br />

Herzfrequenz immer weiter sank.<br />

Und Tage, an denen wir mehrfach in die Kinderklinik<br />

fahren mussten, weil ihre Magensonde mit beinahe<br />

jedem erbrochenen Milchschwall hinausbefördert<br />

wurde.<br />

Auch diese Tage und diese Momente gab es zuhauf. Tage<br />

voll Sorgen und der Angst, wann wir Isabella letztlich<br />

verlieren würden.<br />

„zwischen uns drei passte kein<br />

Blatt mehr“<br />

Aber das sind nicht die Momente, auf die ich heute<br />

vorrangig zurückblicke.<br />

Ich sehe die Momente voll von Liebe: Morgens<br />

aufwachend als allererstes das unverkennbare Geräusch<br />

ihres Atems wahrzunehmen und erleichtert zu<br />

bereichert hat. <strong>Das</strong>s wir ein ganzes kleines Leben<br />

miteinander hatten. Und dass die Liebe uns immer<br />

bleiben wird.<br />

“Danke Isabella, dass du mir so ein<br />

grosses Geschenk gemacht hast”<br />

Im Mai müssen wir dem fünften Todestag von Isabella<br />

ins Gesicht sehen.<br />

Und ich halte es für keinen Zufall, dass ich Teil genau<br />

dieser Ausgabe sein darf, die nur wenige Tage nach<br />

diesem schwierigen und schmerzhaften Ereignis<br />

erscheint.<br />

Ich darf einen kleinen Teil meiner Geschichte erzählen<br />

und meine Worte werden, zusammen mit den<br />

Zeilen vieler anderer außergewöhnlicher Menschen,<br />

erscheinen.<br />

Und neben all dem Schmerz, der Dunkelheit und dem<br />

Vermissen, der ihr Todestag heute noch mit sich bringt,<br />

denke ich auch:<br />

“Danke Isabella, dass du mir so ein großes Geschenk<br />

gemacht hast.”<br />

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