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Artikel Theo Weiland

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Der deutsche Kickbox-Meister im

Mittelgewicht (WKU) hat bisher

keinen einzigen Kampf verloren –

der erste K.O. kam vom Haftrichter.

Foto: Barea Salloum

«Da werden

Existenzen zerstört.»

Freundin Lisa

gestellt», sagt sie resigniert. «Für mich sind diese

Haftgründe nicht gegeben. Da werden Existenzen

zerstört, wenn er noch länger drinbleibt.» Tatsächlich

beschleicht einen im Gespräch mit der jungen

Frau das Gefühl, dass dies kein normaler Fall ist.

Sozial engagierter Fighter

Das glaubt auch Mathias «Matze» Weber, Weilands

Arbeitgeber und Headcoach beim La Familia

Fightclub. Der deutschlandweit renommierte Verein

und Ausrichter von Kampfsport-Events hat 800

Mitglieder. Jetzt, nach der Corona-Pause, muss der

frisch gebackene Vater doppelt so viele Trainings geben,

weil ihm der Mitarbeiter fehlt. Der lehrt normalerweise

Kickboxen, auch für Kinder, bei denen Theo

besonders beliebt ist. Wenn Weber über den Fall

spricht, merkt man ihm immer noch die Fassungslosigkeit

an. Vor neun Jahren entdeckte er Weiland,

damals ein Saalfelder Nachwuchskämpfer. Seither

hat er ihn auf jeden einzelnen Schlagabtausch vorbereitet,

hat inner- und außerhalb des Rings zahllose

Stunden an seiner Seite verbracht. «Theo ist ein

sehr sozialer Mensch», sagt Weber. Der muskulöse

Mittvierziger mit den tätowierten Armen zeigt einen

Brief des Gefangenen an einen Nachwuchskämpfer,

aufmunternde Worte, Trainingstipps, Smileys. Aus

den Zeilen sprüht unerschütterlicher Optimismus.

Das ist der Theo, den er kennt: Auf der Matte ein

Entertainer, privat ein ruhiger, zurückhaltender Charakter,

der seine Wochenenden gerne in der Einsamkeit

der Thüringer Heimat verbringt. Einer, der kein

Promi sein will und doch seine Bekanntheit nutzt,

um etwas zu bewegen. Zum Beispiel, als er seine

Siegerhandschuhe für schwerkranke Kinder versteigerte.

Und dann sei da Pawez, der Mann hinter dem

Tresen, wo sich die Boxen mit Proteinpulver türmen:

Weilands Azubi kam als Flüchtling aus Afghanistan,

bekam eine neue Chance. «Was mich traurig macht,

ist, dass das nirgendwo auftaucht. Die vielen guten

Dinge, die man tut, werden so hingenommen,

bei einem einzigen Fehler aber wirst Du verurteilt.»

Außerdem habe Weiland «ja nun keine arme Oma

die Treppe runtergeschubst oder in Berlin im Görlitzer

Park Drogen verkauft. So wie ich das lese, hat er

sich mit Gleichgesinnten getroffen und einen sportlichen

Wettkampf auf der Wiese gemacht.» Im Prinzip

sei das doch nichts anderes als der Kampf im Ring

– egal, was man davon halten mag.

Sportler im Visier

Es ist nicht das erste Mal, dass La Familia ins

Visier der Medien geraten ist. «Kampfsport, Rocker,

Hooligans, Nazis – das passt so herrlich zusammen.»

Mathias Weber kann darüber nur noch die Augen verdrehen.

Seit Langem gibt es eine Rufmord-Kampagne

aus der linken Szene, weil er sich weigert, vermeintlich

rechte Mitglieder grundlos aus dem Verein

zu werfen. Journalisten wiederum schreiben dann

von den virtuellen Steckbriefen der Linksextremen

ab. Dass ein Trainer wie Weber auch eine Art Sozialarbeiter

ist, wird dabei gerne ausgeblendet. «Auch

wenn jemand einen Fehler gemacht hat, schlagen

wir ihm nicht gleich die Tür vor der Nase zu, sondern

wägen ab und versuchen, einen besseren Weg ein-

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