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Sonderdruck: Bernd A. Laska Der Stachel Stirner - LSR

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sondern <strong>Stirner</strong>. Um diese aberwitzige These<br />

zu stützen, trieb schon Helms einen<br />

maßlosen Aufwand. Stulpe überbot Helms<br />

mit einem „Werk, dessen tatsächlicher Zeitbedarf<br />

alle Erwartungen übertroffen hat.“<br />

(Vorwort) Dennoch: was mit Helms’ Zweipfünder<br />

nicht zu schaffen war, gelang auch<br />

mit Stulpes Dreipfünder nicht. Es drängt<br />

sich natürlich die Frage nach der Motivation<br />

auf, die diese großen intellektuellen<br />

Anstrengungen so dauerhaft befeuerte. Die<br />

Autoren geben darüber keine Auskunft.<br />

Aber angesichts bestimmter, vielfach belegbarer<br />

Kontinuitäten in der <strong>Stirner</strong>-Rezeption<br />

liegt die Vermutung nahe, dass<br />

auch hier <strong>Stirner</strong> als quälender <strong>Stachel</strong> den<br />

drangvollen Antrieb abgab. Professor Arnhelm<br />

Neusüss, Stulpes akademischer Mentor,<br />

preist dessen Werk mit einem Wort:<br />

Grandios! Grandios ist es, zweifellos, aber<br />

vielleicht in einem anderen als dem gemeinten<br />

Sinn: grandios in seinem konsequenten<br />

Ausblenden der zentralen <strong>Stirner</strong>schen<br />

Figur, des Eigners, als der bisher angestrengteste<br />

Versuch, den <strong>Stachel</strong> <strong>Stirner</strong><br />

zu ziehen.<br />

Zum Autor:<br />

<strong>Bernd</strong> A. <strong>Laska</strong> lebt als Autor, Herausgeber,<br />

Übersetzer und Verleger in Nürnberg.<br />

Er befasst sich in dem von ihm begründeten<br />

„<strong>LSR</strong>-Projekt“ <br />

mit den von ihm so genannten drei Unpersonen<br />

der Aufklärung: La Mettrie, <strong>Stirner</strong>,<br />

Reich. Im <strong>LSR</strong>-Verlag erschien u.a. „Ein<br />

dauerhafter Dissident“, eine Wirkungsgeschichte<br />

von <strong>Stirner</strong>s „Einzigem“.<br />

(Näheres: http://de.wikipedia.org/wiki/<br />

<strong>Bernd</strong>_A._<strong>Laska</strong>)<br />

Anhang<br />

Zu <strong>Stirner</strong>s zentraler Figur des „Eigners“, die bei<br />

Stulpe nicht vorkommt, hier ein Ausschnitt aus dem<br />

Kapitel „<strong>Der</strong> Eigner“ meines Buches „‘Katechon’<br />

und ‘Anarch’. Carl Schmitts und Ernst Jüngers Reaktionen<br />

auf Max <strong>Stirner</strong>“ (Nürnberg 1997, 2.Aufl.<br />

2008, S. 40-49; im Internet: http://www.lsr-projekt.<br />

de/mseigner.html)<br />

<strong>Stirner</strong>s Begriff des Heiligen [der bei Stulpe ebenfalls<br />

keine Rolle spielt] ist der Schlüssel zum Verständnis<br />

seiner Gestalt des Eigners. „Alles, wovor<br />

Ihr einen Respekt oder eine Ehrfurcht hegt, verdient<br />

den Namen eines Heiligen.“ Während die natürliche<br />

Furcht den Impuls auslöse, sich aus der Macht<br />

des Gefürchteten zu befreien, „ist’s in der Ehrfurcht<br />

ganz anders. Hier wird nicht bloss gefürchtet, sondern<br />

auch geehrt: das Gefürchtete ist zu einer innerlichen<br />

Macht geworden, der Ich mich nicht mehr<br />

entziehen kann ... Ich bin vollständig in seiner Gewalt<br />

... Ich und das Gefürchtete sind Eins.“ Das<br />

Heilige im Sinne <strong>Stirner</strong>s repräsentiert also die dem<br />

Kind ursprünglich fremde, introjizierte, verinnerlichte<br />

normative Struktur der jeweiligen (zufälligen) Gesellschaft<br />

und ist das wesentliche Resultat aller bisherigen<br />

Erziehung. Es ist „mit einem Worte jede –<br />

Gewissenssache; es ist „unnahbar, unberührbar,<br />

ausserhalb seiner [des von ihm Besessenen] Gewalt,<br />

d.h. über ihm“; es ist, mit einem prägnanten, moderneren,<br />

seit Freud (»Das Ich und das Es« 1923)<br />

geläufigen Ausdruck, das Über-Ich.<br />

<strong>Der</strong> Eigner als Idealtypus ist also vor allem Eigner<br />

seiner selbst, seiner Gedanken ebenso wie seiner<br />

Triebe, aber auch Eigner der „Welt“ (der Natur, der<br />

Menschen, der Dinge, des Staats etc.), und zwar<br />

insofern, als er ihr nicht „ehrfürchtig“ gegenübersteht.<br />

<strong>Der</strong> Eigner („sein Ich“) lebt, denkt und handelt nicht<br />

unter der irrationalen Leitung, unter dem unbewussten<br />

Zwang eines fremderzeugten Über-Ichs; seine<br />

Autonomie ist echt und nicht, wie in den sonstigen –<br />

aufklärerischen wie gegenaufklärerischen – Philosophien,<br />

eine „Als-ob“-Fiktion, eine so oder so bloß<br />

verinnerlichte Heteronomie; er ist der wirkliche –<br />

nicht nur leerformelhaft beschworene – Mündige,<br />

der denjenigen „eigenen“ Verstand hat, zu dessen<br />

konsequentem Gebrauch er nicht erst aufgefordert<br />

zu werden braucht.<br />

Aufklärung und Kritik 4/2010 279

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