FranzFreunde Jahresbericht 2019
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Zugewandt und zuverlässig
Ehrenamtler hilft nach dem Franziskanischen Prinzip
Endlich ein ZUHAUSE!
NRW-Landesinitiative gegen Wohnungslosigkeit
Mit der Einstellung des Immobilienkaufmanns Sebastian Ax
betraten die franzfreunde Neuland. Er spricht die Sprache
der Vermieter und soll auf diesem Weg Wohnraumanbieter
für das Projekt gewinnen. Private Vermieter sind dabei eine
wichtige Zielgruppe, da ca. 70 Prozent der Mietobjekte in Düs-
Als die franzfreunde im Mai 2019 von der NRW- seldorf in privater Hand sind. Mithilfe seiner Fachkompetenz
Landesinitiative „Endlich ein ZUHAUSE!“ gegen soll es gelingen, die Interessen unserer Klientel zu vertreten,
Wohnungslosigkeit erfuhren, war schnell klar, das Pauschal-Etikett „wohnungslos“ gegen die individuelle Lebensgeschichte
eines Menschen auszutauschen und die sozi-
dass sie sich mit einer neuen Projektidee engagieren
wollten. Zusammen mit dem Amt für Migration
und Integration der Landeshauptstadt Düsseldorf und Interessentenpool kann der für den Vermieter optimale Neuale
Verantwortung von Vermietern anzusprechen. Aus einem
den anderen Trägern der Wohnungslosenhilfe wurde ein Rahmenkonzept
erarbeitet. Dieses sieht die Wohnraumakquise,
mieter gefunden werden.
-vermittlung und Unterstützung für wohnungslose Menschen Durch das integrierte Angebot der flankierenden Sozialarbeit
in Düsseldorf (multi)professionell aus einer Hand vor. Auf diese
Weise sollen die Chancen der Klientel auf dem angespannhältnis
zwischen Vermieter und Mieter unterstützt werden. Die
als Sicherheitsnetz soll das Vertrauen in ein stabiles Mietverten
Wohnungsmarkt verbessert werden, denn angesichts des für das Projekt zuständige Sozialarbeiterin lässt weder Mieter
Mangels an bezahlbarem Wohnraum und der Vielzahl an einkommensschwachen
Nachfragern sind Wohnungslose bei der lein und stellt bei Bedarf Kontakte zu weiterführender Hilfe her.
noch Vermieter bei etwaigen Problemen im Mietverhältnis al-
Suche nach einer Mietwohnung nahezu chancenlos.
Im ersten Schritt des Projekts geht es darum, es in der
Anfang November 2019 ging das Kooperationsprojekt an den Öffentlichkeit – vor allem bei Vermietern – bekannt zu machen.
Start. Drei Stellen wurden zu diesem Zweck neu geschaffen Dazu sollen die kommunalen Vertretungen der Wohnungsunternehmen
mit in die Verantwortung genommen werden,
und mit zwei Immobilienkaufleuten für die Wohnungsakquise
(franzfreunde, Diakonie) und einer Sozialarbeiterin für die Organisation
der sozialen Betreuung in der Wohnung (Caritas-
Land NRW geschlossen haben. Zudem werden Kontakte
die eine entsprechende Kooperationsvereinbarung mit dem
verband) besetzt. Vier weitere Stellen bei der Stadt Düsseldorf zu Haus & Grund geknüpft. Bis März 2020 konnten bereits
sind zusätzlich in dem Projekt eingebunden.
ca. 20 Wohnungen gefunden und an Betroffene vermittelt
Abbau von Vorurteilen
werden. Die bisherige Befristung der Landesförderung bis
Ende 2020 wird nicht ausreichen, um flächendeckend Erfolge
vorweisen zu können. Die franzfreunde glauben dennoch
an den Erfolg des Projekts, das in ähnlicher Weise in anderen
Städten gut funktioniert, und hoffen auf eine Verlängerung
der Förderung sowie auf einen dynamischen, weitergehenden
Prozess nach den ersten Anfangserfolgen.
Frank Dietrich ist 65 Jahre alt, verheiratet,
kinderlos, ehemaliger Buchhändler,
seit zwei Jahren im Ruhestand. Und er
ist ehrenamtlicher Mitarbeiter bei den
franzfreunden, der von den Bewohner
und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
gleichermaßen geschätzt wird.
Herr Dietrich, seit wann arbeiten Sie
als ehrenamtlicher Mitarbeiter in der
Wohnungslosenhilfe der franzfreunde
und wie kam es dazu?
Das mache ich jetzt schon seit zwei Jahren,
denn ich möchte nicht den klassischen
Ruhestand pflegen. Dabei war mir
von vornherein klar, dass ich nicht mehr
der kaufmännischen Orientierung meines
Berufslebens folgen, sondern mich
einer sozialen Tätigkeit widmen wollte.
Daher befasste ich mich schon sehr früh
mit der Situation der Obdachlosen, indem
ich z. B. Pressemitteilungen und
News im Internet verfolgte. So kam es
dann letztendlich dazu, dass ich Kontakt
zu den franzfreunden aufgenommen
habe und nun in der Wohnungslosenhilfe
als ehrenamtlicher Mitarbeiter tätig bin.
Welche Aufgaben gehören beispielsweise
zu Ihrer Arbeit? Wie ist es, mit
wohnungslosen Menschen zusammenzuarbeiten?
Meine Aufgaben teilen sich hauptsächlich
in zwei Bereiche: Zum einen ist dies die
Tagesstrukturierung und die Gruppenarbeit
für Freizeitaktivitäten. Wir entwickeln
Tätigkeitspläne für stationäre Wohnungslose
im Franz von Assisi-Haus. So haben
wir z. B. eine Gruppe für den Bau und die
Bepflanzung von Hochbeeten, eine Backgruppe,
in der jede Woche Kuchen gebacken
wird, und eine Mau-Mau-Gruppe,
die sich regelmäßig zum Kartenspielen
trifft, zusammengestellt. Auf der anderen
Seite führe ich seit ca. einem halben
Jahr Individualmaßnahmen durch. Dabei
helfe ich vornehmlich jüngeren ehemaligen
Obdachlosen, die nun bei den franzfreunden
wohnen, bei der Bewerbung
für Jobs oder bei der Suche nach einer
eigenen Wohnung.
Beides geschieht immer in enger
Zusammenarbeit mit den Sozialarbeitern
und dem Team für Tagesstrukturierung.
Der zeitliche Aufwand bewegt sich
zwischen mindestens drei Stunden und
maximal zehn Stunden pro Woche. Ich
habe aber die Freiheit, mir die Wochen
selber einzuteilen.
Was ist Ihr Antrieb, sich ohne finanziellen
Lohn in der Wohnungslosenhilfe
zu engagieren?
Der Antrieb ist für mich die Zusammenfassung
des Franziskanischen Prinzips:
Helfen ohne Bedingung. Ich finde, gerade
das sollte in unserer Gesellschaft
gefördert werden, und deshalb beteilige
ich mich daran. Damit fühle ich mich
sehr wohl, zumal ich sehr viele positive
Rückmeldungen und Achtung für das,
was ich tue, von den Bewohnerinnen
und Bewohnern bekomme.
Was würden Sie anderen mit
auf den Weg geben, die sich
ebenfalls ehrenamtlich bei
den franzfreunden engagieren
möchten?
Grundsätzlich ist erst einmal
jeder herzlich willkommen,
sich ehrenamtlich
einzubringen.
Aber eines darf man
nicht vergessen: Auch
dazu ist ein gehöriges
Maß an professioneller
Einstellung nötig. Was
man macht, muss man
regelmäßig, zuverlässig, mit ganzem
Herzen und mit vollem Verstand tun.
Denn die hilfsbedürftigen Menschen
dort kennen so etwas nicht. Sie hatten
bislang ein Leben von Tag zu Tag, voller
Unsicherheit. Bei den franzfreunden ist
das erstmals anders, dort bekommen
die Tage eine Struktur mit regelmäßigen
Aktivitäten. Darüber hinaus muss man
zugewandt, aufmerksam und zurückhaltend
im Anspruch sein, darf keine negativen
Gefühle aufbauen oder gar gleichgültig
werden.
Herr Dietrich, wir danken Ihnen vielmals
für das Interview!
„DER ANTRIEB IST FÜR
MICH DIE ZUSAMMEN-
FASSUNG DES FRANZIS-
KANISCHEN PRINZIPS:
“
HELFEN OHNE BEDIN-
GUNG.
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