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Mobbing in Schulklassen - beim Gymnasium Ganderkesee

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Was ist typisch für Opfer, was für Bullys?<br />

Opfer s<strong>in</strong>d dick, unsportlich und tragen e<strong>in</strong>e Brille, Bullys s<strong>in</strong>d eigentlich feige und dumm. Diese<br />

Eigenschaften fallen e<strong>in</strong>em spontan e<strong>in</strong>. Wissenschaftlich s<strong>in</strong>d solche Stereotype allerd<strong>in</strong>gs nicht haltbar. So<br />

konnte zum Beispiel Lowenste<strong>in</strong> (1995) Bullys e<strong>in</strong> gutes Selbstvertrauen und Sutton, Smith und Swettenham<br />

(1999) e<strong>in</strong> gutes Verständnis der sozialen Situation <strong>in</strong> der Klasse besche<strong>in</strong>igen, das die Bullys bei Ihren<br />

Intrigen e<strong>in</strong>setzen.<br />

Unsere Daten zeigen, dass die Rolle des Opfers JEDER und JEDEM zugeschoben werden kann. Opfern wird<br />

IMMER e<strong>in</strong>e »Abweichung« vom Normalen angedichtet (»die ist immer so komisch angezogen« oder »der<br />

st<strong>in</strong>kt« oder Ähnliches). Nur so ist das <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> auch vor sich selbst zu vertreten (Stichwort:<br />

Dissonanzreduktion). Tatsächlich ist ja aber gerade das Normale nur e<strong>in</strong> Durchschnittswert, das heißt, jede<br />

und jeder weicht von diesem Normalen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Punkten ab. Es gibt viele übergewichtige K<strong>in</strong>der mit<br />

Sommersprossen und seltsamer Brille, die nie <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong>-opfer waren. Diese Erklärung dafür, warum jemand<br />

gemobbt wird, funktioniert also nur im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, Bullys s<strong>in</strong>d sehr e<strong>in</strong>fallsreich, wenn sie Gründe für ihr<br />

<strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> angeben sollen. Aber vielmehr ist das Gegenteil wahr: <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong>-opfer s<strong>in</strong>d NIE schuld daran, dass<br />

sie gemobbt werden! Wie sonderbar auch immer jemand aussehen oder sich verhalten mag, es ist <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em<br />

Fall e<strong>in</strong> legitimer Grund für <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong>! E<strong>in</strong> solcher existiert nämlich nicht. Die zu lernende Lektion für die<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler lautet: Man muss nicht jeden mögen, das heißt aber nicht, dass man jemand, den<br />

man nicht mag, mobben darf!<br />

Der veränderte Forschungsblick<br />

Während <strong>in</strong> den ersten Jahren der Forschung zu <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> besonders die Dyade zwischen e<strong>in</strong>em Täter und<br />

e<strong>in</strong>em Opfer im Mittelpunkt der Forschung stand, hat sich mittlerweile der Fokus des Interesses auf die<br />

gesamte Klasse erweitert. Christ<strong>in</strong>a Salmivalli und Kollegen (1996) konnten <strong>in</strong> <strong>Schulklassen</strong> sechs typische<br />

Rollen feststellen, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong>fall von den Klassenmitgliedern e<strong>in</strong>genommen werden: Neben den<br />

Opfern und Bullys fanden sie K<strong>in</strong>der, die die Bullys unterstützen, <strong>in</strong>dem sie aktiv <strong>beim</strong> Mobben mitmachen<br />

(Assistenten) und K<strong>in</strong>der, die den Täter bei se<strong>in</strong>en Aktivitäten verbal anstacheln (Verstärker). Auf der anderen<br />

Seite gibt es K<strong>in</strong>der, die das Opfer unterstützen (Verteidiger) und solche, die sich konsequent heraus halten<br />

und nichts tun (Außenstehende).<br />

Diese Resultate geben e<strong>in</strong>en deutlichen H<strong>in</strong>weis darauf, dass bei Maßnahmen gegen <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> immer die<br />

ganze Klasse beteiligt se<strong>in</strong> sollte, weil Aktionen gegen E<strong>in</strong>zelne immer zu kurz greifen. Andererseits zeigen<br />

sie, dass (anfangs) nicht e<strong>in</strong>mal die Hälfte der Klasse aktiv mobbt oder die Täter unterstützt (vgl. Schäfer &<br />

Korn, 2004). Der Teil der Klasse, der bereit ist, gegen <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> e<strong>in</strong>zuschreiten, muss gestärkt werden. Der<br />

Klasse kann zudem gezeigt werden, dass sie sich durch die Täter manipulieren und für ihre Zwecke<br />

missbrauchen lässt.<br />

Umgang mit <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong>:<br />

1. Das Opfer schützen!<br />

Das Opfer ist nie selber Schuld am <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong>. Wie genau der Schutz zu erreichen ist, hängt von dem<br />

jeweiligen Fall ab. Zum Schutz mag es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fall primär s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong>, wenn die Lehrenden den<br />

Banknachbarn tauschen, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em andern mag es s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong>, gezielt Gruppenarbeit e<strong>in</strong>zurichten, <strong>in</strong> der das<br />

Opfer mit »neutralen« oder ihm sogar freundlich gesonnenen K<strong>in</strong>dern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Gruppe gesetzt wird, möglicher<br />

Weise ist es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Fällen geschickt, das Opfer für e<strong>in</strong>e Weile e<strong>in</strong>ige Zeit vor dem Rest der Klasse nach<br />

Hause gehen zu lassen oder Ähnliches. K<strong>in</strong>der mit sozialen Schwierigkeiten sollten nicht alle<strong>in</strong>e sitzen.<br />

Suchen Sie eher nach e<strong>in</strong>em »Schutzengel« (Patenschaft?), den Sie neben das Opfer setzen können.<br />

2. <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> ist e<strong>in</strong> Problem, das im Verantwortungsbereich der Schule liegt.<br />

Deshalb kann es auch nur <strong>in</strong> der Schule effektiv gelöst werden. E<strong>in</strong> Patentrezept für die Lösung gibt es<br />

allerd<strong>in</strong>gs nicht. Jeder Fall muss von den Lehrenden <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>zigartigkeit betrachtet und gelöst werden.<br />

Die Lösung jedoch, das Opfer aus der Klasse zu nehmen, kann nur <strong>in</strong> extremen Ausnahmefällen empfohlen<br />

werden. Die gelernte Lektion wäre für alle Beteiligten die falsche. Das Opfer lernt: Weggehen ist die e<strong>in</strong>zige<br />

Möglichkeit, Aggression zu begegnen. Der Bully lernt: <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> ist e<strong>in</strong> Weg, jemand loszuwerden und sucht<br />

sich schon se<strong>in</strong> nächstes Opfer. Die Gruppe lernt: <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> wird von der Schule akzeptiert. Sie wird<br />

außerdem um die Möglichkeit gebracht, soziale Fertigkeiten im Umgang mit <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> zu lernen.<br />

3. <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> nicht mit e<strong>in</strong>em Konflikt verwechseln!

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