Dein Ruhrgebiet Magazin #30 - September 2020
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INTERVIEW
Worin hast Du Dich im Gegenzug eingeschränkt
gefühlt? Ich bin eigentlich der
Letzte der hergeht und klagt. Wir sind die letzten
zehn Jahre gut getourt, haben einen schönen
Garten und können uns erlauben, auch
mal zuhause zu bleiben. Allerdings habe ich
viel Familie, Freunde und Bekannte, auch in Jamaika,
bei denen es ein ganz anderer Schnack
n
e
n
Vielfalt
im Varieté-
Thea-
ist – wenn‘s auf einmal ums blanke Überleben
geht. Auch in der Veranstaltungsbranche verlieren
gerade Leute ihren Job, die Jahrzehnte
lang alles richtig gemacht haben; die ganzen
Mitarbeiter, Stagehands und
so weiter inklusive. Dass
in meinem Umfeld so viele
Leute zeitgleich nicht wissen,
wie es weitergeht... das gab‘s
noch nie.
Immerhin spielst Du
selbst bis in den späten
September hinein mehrere
Konzerte vor Publikum,
unter anderem drei
ausverkaufte Gigs beim
Strandkorb Open Air in Mönchengladbach.
Wir haben bisher ja vier von diesen Autokino-Konzerten
gespielt. Ich stand denen erst
ein bisschen skeptisch gegenüber, fand dann
aber, dass ein Tropfen auf dem heißen Stein
besser als gar nichts ist. Das war so skurril, dass
es irgendwo schon wieder gut war - das ist aber
auch nichts, woran ich mich gewöhnen will.
Diese Strandkorb-Dinger sind eine bessere
Variante, weil Emotionen dann nicht mehr
durch Scheibenwischer, Lichthupe und Autotür-Zuschlagen
vermittelt werden müssen; die
Leute sind auf jeden Fall näher dran. Grundsätzlich
ist es immer schön, mit der Band live
zu spielen, aber auf die Bühne gehen und einen
Abriss erwarten is‘ momentan halt nicht.
Die Konzerte zur „Blaue Stunde“-Tour im
nächsten Frühling sind aktuell aber als
„normale“ Events geplant? Das ist so. Die
Hoffnung stirbt zuletzt, ne?
Das dazugehörige Album kommt im
Herbst und ist das erste, das Du vorrangig
auf Deutsch aufgenommen hast.
Wie kommt‘s nach all der
Zeit? Den Gedanken habe
ich schon lange mit mir
ter
rumgetragen, doch auf den
Breitengraden, auf denen
ich meine meisten Konzerte
spiele und vielleicht
auch die meisten Platten
verkaufe, wollte ich gerne
verstanden werden. Mir ist
klar, dass ich mit deutschen
Texten niemals durch Afrika
hätte touren können. Es ist
daneben aber Tatsache, dass viele der Leute
hierzulande die Texte nicht vollständig verstehen
und alles eher über Vibes funktioniert.
Sie checken natürlich, wofür die Songs und
der Artist stehen, aber viele Details bleiben
verborgen, wenn man nicht so in diesem
Jamaika-Ding drin ist.
Das hat mich immer ein bisschen gewurmt.
Mittlerweile ist deutschsprachige Musik, oft
zurecht, außerdem ganz vorne dabei, was in
meiner Anfangszeit überhaupt nicht der Fall
war. Das galt damals ja als wack. Mir ist auch
wichtig zu kommunizieren, dass ich jetzt
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