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PROFESSIONAL SAFETY<br />
PRODUKTION<br />
Einfach<br />
machen<br />
Nobel maskiert: Die Maskenproduktion<br />
bei Lamborghini.<br />
Bild: Lamborghini<br />
D<br />
ie Idee entstand aus der eigenen Not. Und<br />
sie erreichte binnen weniger Wochen die<br />
Reife für Massenproduktion. „Wir haben zu<br />
Beginn dieser Krise interne Maßnahmen gesetzt“,<br />
erzählt Carl Fruth. „Wir haben Spender für Desinfektionsmittel<br />
aufgestellt und Abstandsregeln erarbeitet.<br />
Und dann haben wir festgestellt, dass uns selbst<br />
die Mund-Nasen-Masken ausgingen.“<br />
Carl Fruth ist Gründer der oberpfälzischen FIT AG,<br />
das Unternehmen ist auf additive Fertigung spezialisiert<br />
und stellt hoch spezialisierte Bauteile für unterschiedliche<br />
Branchen her. Die Lösung des Problems<br />
lag also direkt vor seinen Augen: Fruth ersann einen<br />
Filterträger, bestehend aus zwei Körbchen aus Polyethylen,<br />
zwischen die jedes Material eingespannt<br />
werden kann, das zum Filter taugt – Papiertaschentücher,<br />
Baumwollstoffe, professionelle Vliese. Ein<br />
dritter Weg gewissermaßen zwischen der Mangelware<br />
Einweg-Maske und der meist viel zu selten gereinigten<br />
Stoffmaske. Und einer von unzähligen Wegen,<br />
die derzeit beschritten werden.<br />
Während die Corona-Pandemie ihre medizinische,<br />
ökonomische und soziale Schneise der Verwüstung<br />
zieht, generiert sie gleichzeitig erstaunliche Ideen,<br />
dem Mangel an medizinischen und Arbeitsschutz-<br />
Mitteln zu begegnen. Weltweit arbeiten Konzerne,<br />
KMU, Forschungseinrichtungen und Privatpersonen<br />
an neuen Konzepten und Produkten. Dabei werden<br />
Konkurrenten zu Partnern, Forscher zu Entwicklern,<br />
Einzelkämpfer zu Team Playern – und Aktiengesellschaften<br />
zu Philanthropen.<br />
Nehmen, was man kriegen kann<br />
„Wir gingen von der Überlegung aus, Materialien<br />
einzusetzen, die allgemein verfügbar sind. Nur so<br />
kann man den Menschen wirklich helfen“, sagt<br />
Christian Ramsauer, Professor an der TU Graz. Die<br />
Steirer entwarfen den Prototypen eines Gesichts-<br />
Schutzschilds. Der Träger wurde mittels FDM-3D-<br />
Drucks aus PLA-Kunststoff hergestellt. Gedruckt<br />
wurde in der Drucker-Farm des FabLab und des Makerspace,<br />
zweier Einrichtungen, in denen den Studierenden<br />
der TU Kreativbereiche und Produktionsmaschinen<br />
zur Verfügung stehen. Über das Rektorat<br />
erging zudem ein Aufruf an alle Mitarbeiter des<br />
Instituts, ihre privaten 3D-Drucker zur Verfügung zu<br />
stellen, und auch die HochschülerInnenschaft trug<br />
zum Netzwerk bei. „Der Schild selbst besteht aus<br />
handelsüblicher Overheadfolie, in die wir mit einem<br />
ganz normalen Vierfachlocher die geeigneten Löcher<br />
stanzen“, erzählt Christian Ramsauer, „und zur<br />
Befestigung verwenden wir ein längenverstellbares<br />
Gummiband. Die fertigen Schutzschilde sind wiederverwendbar<br />
und können einfach gereinigt und<br />
desinfiziert werden.“<br />
Auf den rund 540 Druckern sind bis dato um die<br />
5.000 Schilde gefertigt und an die Steiermärki-<br />
Tüftler in tempore belli:<br />
FIT-Chef Carl Fruth mit<br />
selbst entworfener Schutzausrüstung.<br />
Bild: FIT AG/Lisa Kirk<br />
Verschlussclips für Masken von Ölz, Gesichtsschilde von Bugatti: Die Corona-Krise<br />
führt weltweit zu neuen Konzepten, neuen Produkten und neuen Kooperationen. Wie<br />
ganze Industriezweige ihre Produktion auf Arbeitsschutz-Mittel und Medizintechnik<br />
umgestellt haben. <br />
Von Bernhard Fragner und Hanna Hochedlinger<br />
Bild: TU Graz/Helmut Lunghammer<br />
Gesichtsschilde, made in<br />
Styria (v. li.): Philipp Metnitz<br />
(MedUni Graz), Hans Peter<br />
Schnöll (TU Graz) und<br />
Christian Ramsauer (TU<br />
Graz).<br />
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