Ypsilon (03/2021) Gemeinsam
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SCHWERPUNKT<br />
Welche Welt wollen wir nachkommenden Generationen hinterlassen? Wie können<br />
Herausforderungen wie der Klimawandel, Schuldenberge und ein funktionierendes<br />
Pensionssystem bewältigt werden? Auch wenn sich Generationenbeziehungen<br />
wandeln und die Generationen – abgesehen von der Familie – eher nebeneinander<br />
als miteinander leben: Eine lebenswerte Zukunft gibt es nur, wenn Jung und Alt<br />
an einem Strang ziehen.<br />
Sandra Lobnig<br />
Tilman Voss wusste bereits vor Pensionsantritt, dass er seinen<br />
Ruhestand alles andere als ruhig verbringen wollte. Nur Rad<br />
fahren und Bücher lesen? Die Aussicht darauf war dem Niederösterreicher<br />
zu wenig. „Ich will etwas tun“, dachte er sich. Dann:<br />
„Ich muss etwas tun.“ Fürs Klima nämlich. Umweltschutz war<br />
dem ehemaligen Pharmaforscher immer schon ein Anliegen.<br />
Dass mittlerweile weltweit abertausende junge Menschen auf die<br />
Straße gehen und Maßnahmen zum Klimaschutz fordern, beeindruckte<br />
ihn. Auf diesen Zug wollte der Mittsechziger aufspringen.<br />
„Voriges Jahr habe ich deshalb die ‚Grandparents for future‘ gegründet“,<br />
erzählt Voss, dessen eigene Enkelkinder noch zu klein<br />
sind, um für mehr Klimaschutzmaßnahmen zu demonstrieren.<br />
Wie ihre jungen Mitstreiter von „Fridays for Future“ machen auch<br />
die „Grandparents“ auf die Klimakrise aufmerksam und wollen<br />
die Politik zum Handeln bewegen. Voss bezweifelt nicht, dass es<br />
bei einer globalen Herausforderung wie dem Klimawandel den<br />
Einsatz aller – der Alten und der Jungen – braucht. So würden das<br />
auch die Jugendlichen sehen. „Die Jungen finden es cool, dass wir<br />
dabei sind. Je mehr wir sind, desto besser.“ Schuldzuweisungen<br />
von Seiten der Jugendlichen, dass die ältere Generation mit ihrem<br />
Lebensstil für die globale Erderwärmung mitverantwortlich sei<br />
und schon früher etwas gegen die Umweltausbeutung hätte tun<br />
können, gebe es dabei nicht, sagt Voss. Zeit und Energie wende<br />
man für andere Diskussionen auf: „Im Moment beschäftigt uns<br />
die Frage, wie wir vermitteln können, dass Klimaschutz nicht in<br />
erster Linie Verzicht bedeutet.“<br />
Kaum Überschneidungen zwischen den Generationen<br />
Jung und Alt, die, wie hier im Kampf gegen den Klimawandel, an<br />
einem Strang ziehen: Ein schönes Bild. Aber ein seltenes. Die<br />
Beziehungen zwischen den Generationen sind nämlich in der<br />
Regel gar nicht so innig, sagt der Soziologe und Gerontologe Franz<br />
Kolland. Oder anders formuliert: Es gibt sie kaum. „Über die<br />
Familie hinaus gibt es wenige Gelegenheiten des intergenerationellen<br />
Austausches. Die Generationen leben nebeneinander,<br />
haben aber auch keine großen Konflikte.“ Die Jüngeren tummeln<br />
sich auf digitalen Plattformen wie TikTok, die etwas Älteren<br />
kämpfen mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und wer<br />
schon aus der Erwerbstätigkeit ausgeschieden ist, genießt die<br />
Fotos: iStock/Geber86; Privat<br />
Im Moment beschäftigt uns die Frage,<br />
wie wir vermitteln können, dass Klimaschutz<br />
nicht in erster Linie Verzicht bedeutet.<br />
Tilman Voss | Grandparents for future<br />
<strong>Ypsilon</strong> <strong>03</strong>/<strong>2021</strong> 5