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Marc Degens: Ausgedruckter Blog

EIGEN 2 2021 mdegens.de Inhalt: Der Unschuldige-Augen-Test Hugo Ball (Halloween 2020) Aladin El-Mafaalani hat recht Zwischenbilanz – der elendigen Büchersammelei, namentlich der Bibliothek Suhrkamp Subito Making of Fuckin Sushi Aus dem Handbuch für Immobilienmakler und Immobilienberater – Beispiele für die Behandlung vermeintlicher Nachteile in Immobilienanzeigen Halt die Schnauze und sei glücklich Anders Bonnesen: Watch your language I FEEL FINE I FEEL FINE - BONUS

EIGEN 2
2021
mdegens.de

Inhalt:
Der Unschuldige-Augen-Test
Hugo Ball (Halloween 2020)
Aladin El-Mafaalani hat recht
Zwischenbilanz – der elendigen Büchersammelei, namentlich der Bibliothek Suhrkamp
Subito
Making of Fuckin Sushi
Aus dem Handbuch für Immobilienmakler und Immobilienberater – Beispiele für die Behandlung vermeintlicher Nachteile in Immobilienanzeigen
Halt die Schnauze und sei glücklich
Anders Bonnesen: Watch your language
I FEEL FINE
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Ausgedruckter Blog


EIGEN 2

2021




Der Unschuldige-Augen-Test

16. August, New York

Um halb zwölf treffe ich Nina und Markus vor dem Metropolitan Museum

of Art. Rundgang mit klugen Erläuterungen von Nina, die promovierte

Kunsthistorikerin ist. Zum Schluss der Höhepunkt. Ich stehe vor einem

meiner Lieblingsbilder, das eine Kuh zeigt, vor der Kunstexperten und

Wissenschaftler das Gemälde Der junge Stier von Paulus Potter enthüllen.

Um halb drei trennen ich mich von Nina und Markus und spaziere durch

den Central Park zum Dakota Building, in dem Polanskis

Horrorfilmklassiker Rosemary’s Baby spielt und vor dem John Lennon

erschossen wurde. Abends nach Brooklyn zur Lesung in der Mellow Pages

Library, einem Leseraum für alternative Literatur plus Leihbibliothek in

einem alten Fabrikgebäude. Die Wände des Raums sind mit hohen

Regalen zugestellt, davor stehen mit Decken behangene Sofas und

Sessel. Vor der Fensterfront hängen Lampions und ein Weihnachtsstiefel,


an dem Tresen lehnt eine Akustikgitarre, daneben gibt es einen kleinen

Tisch mit einer Thermoskanne und großen Kaffeetassen. I LOVE DAD.

Sehr stimmungsvolle und kurzweilige Lesungen von John Thomas

Menesini, Karen Lillis, Jason Price Everett und Moon Temple, die mit

wilden Haaren und in schwarzen Schuhen, schwarzen Strümpfen und im

schwarzen Kleid ihre Erzählung vom Smartphone abliest. Hinterher

schöner Abendspaziergang durch Brooklyn. Zum ersten Mal bin ich in

New York und habe Manhattan verlassen.

17. August, New York/Toronto

Ausschlafen, Frühstück bei Demarco und Kofferkauf. Danach packen und

auschecken. Mit der U-Bahn zum Union Square und Bummel durch die

tollen Buch- und Comicläden. Auf dem Broadway werde ich Zeuge eines

bizarren Streits. Eine Frau in Jogginghosen flippt an einer

Straßenkreuzung total aus, wirft Mülleimer auf die Straße und beschimpft

Passanten, während ihr Begleiter seelenruhig neben dem Mülleimer sitzen


bleibt. Drei Polizei- und ein Krankenwagen halten mitten auf der Straße.

Ratlos stehen mehrere Polizisten um die Frau herum und versuchen sie zu

beruhigen, aber niemand hebt die Mülleimer auf der Fahrbahn auf, um die

sich die Autos mühsam vorbeischlängeln. Lange beobachte ich die Szene,

dann betrete ich ein Geschäft. Als ich nach einer Dreiviertelstunde wieder

auf die Straße trete, sind die Polizisten und Sanitäter verschwunden, die

Frau steht aber immer noch mit ihrem Bekannten an der Kreuzung, wirft

weiter Mülleimer um, hält Busse an und lässt die Hose runter. Mit der U-

Bahn zurück zum Hotel. Ich hole meinen Koffer ab und fahre mit dem Bus

zum Newark Flughafen. Am Abend Rückflug nach Toronto. Bei der

Einreise am Billy Bishop Airport erhalte ich meine Arbeitserlaubnis für

Kanada mit einer einzigen Einschränkung: Ich darf nicht im Sex-Business

tätig werden und mein Geld nicht in Massage-Salons, im Escort-Service

oder als Stripper verdienen.

18. Februar, Toronto/New York


Offizieller Erscheinungstag meines Romans Fuckin Sushi, der in Bonn

beginnt und in New York endet. Mit dem Bus, der U-Bahn und der

Straßenbahn zum Flughafen Billy Bishop. Um siebzehn Uhr fliege ich nach

New York und kommen mit einstündiger Verspätung in Newark an. Mit

dem Expressbus zum Grand Central Bahnhof und direkt daneben ins

Grand Hyatt in ein schönes, großes Zimmer im vierunddreißigsten Stock.

19. Februar, New York

Um elf Uhr treffe ich Kevin Vennemann im Grey Dog’s Coffee. Es ist ein

anregendes, leider viel zu kurzes Treffen. Anschließend Bummel über den

Broadway und Stöbern im Strand Book Store und im Forbidden Planet.

Abends zur Eröffnungsveranstaltung des New Literature from Europe-

Festivals. Die Feier ist klein und exklusiv. Auch Christian Kracht und Eric

Jarosinski alias NeinQuarterly sind anwesend – leider ergibt sich keine

Gelegenheit, mit ihnen zu reden.


30. September, Toronto/Washington

Schöne Nachricht von Joseph Given, der mir schreibt, dass der von ihm

übersetzte Auszug aus Fuckin Sushi für die zehnte Ausgabe von No man’s

land ausgewählt wurde. Fußball, dabei Wohnung aufräumen und packen.

Mit dem Taxi fahre ich zur UP-Express-Station und von dort mit dem Zug

zum Flughafen. Das Einchecken geht überraschend schnell, so dass ich

schon zwei Stunden vor Abflug am Gate bin. Vorratskauf bei Tim Hortons

und danach gemütliches Abhängen in der Flughafenlounge. Nach

neunundsechzigminütigem Flug lande ich in Washington am Ronald

Reagan Airport. Mit der Metro ins Apartmenthotel.

1. Oktober, Washington

Bis kurz nach sechs Uhr geschlafen. Gemütlicher Vormittag. Skype mit

Frank und danach mit Torsten. Frühstück und Einkauf in der

unterirdischen Mall nebenan. Danach Schreibtisch, Tagebuch und

SUKULTUR-Arbeiten. Lesen und Schlaf, anschließend baden. In der Mall


hole ich mir ein Mittagessen und esse es im Apartment. Hinterher schaue

ich Fußball-Champions-League, Athen gegen Dortmund, und schreibe

eine Mail an Tao Lin. Um 17 Uhr 30 gehe ich in das benachbarte Marriott

Hotel zum DAAD-Empfang anlässlich der Konferenz der German Studies

Association. Dort unterhalte ich mich lange mit Kathrin Röggla. Wir reden

über Armenien und die Akademie der Künste, deren Vizepräsidentin sie

ist.

2. Oktober, Washington

Am Abend treffe ich Bianca an der Court House Metrostation in Arlington.

Es ist ein wunderschöner Abend mit tollem libanesischen Essen und vielen

Erinnerungen an die Jahre, die wir gemeinsam in Eriwan verbracht haben.

Danach mit der Metro zurück ins Hotel, vorbei an den Obdachlosen, die

auf den irre lauten Schächten der U-Bahnen liegen und versuchen zu

schlafen.

3. Oktober, Washington


Bei Nieselregen Besichtigung der National Mall, des Washington

Monuments und des Weißen Hauses. Die Wege sind weit, die Sichtachsen

verbaut, die Gebäude viel zu pompös und seltsam zusammengewürfelt.

Kurz ins National Museum of American History. Dann wieder raus ins

Schmuddelwetter.

21. Dezember, New York

Um kurz nach elf verlasse ich die Wohnung und fahren mit der Subway zur

Fähre nach Staten Island. Schöne im Subway-Ticket enthaltene

Schiffsfahrt auf der Fähre nah an der Freiheitsstatue vorbei und nach

knapp einer halben Stunde Ankunft auf der Insel. Nach Manhattan,

Brooklyn, Queens ist Staten Island der vierte von fünf Stadtbezirken New

Yorks, den ich besuche – jetzt fehlt nur noch die Bronx. Halbstündiger

Spaziergang durch St. George zum Tompkinsville Park, Besuch eines

Comicshops und der Public Library. Die Gegend macht einen ziemlich

verwahrlosten Eindruck. Im Second-Hand-Shop antwortet eine Kundin auf


die Frage der Verkäuferin, ob sie jemanden liebe, triumphierend mit der

Erklärung, dass sie keine Männer mehr ficke, ihr Mann aber sehr wohl

noch andere Frauen ficke. Ich laufe weiter, besuche einen

Gebrauchtbuchladen mit einem Café und komme an einem Ladenlokal

vorbei, in dem gerade ein Musikvideo mit drei Rappern gedreht wird. Auf

den heruntergelassenen Rollläden steht in Großbuchstaben: THIS BLOCK

HAS BEEN OVERRUN WITH CRIMINALS VIOLENCE AND ADDICTS. WE

ARE SLOWLY BEING CHOKED AND WE CAN’T BREATHE. Auf der anderen

Straßenseite hält ein Mann ein schreiendes Mädchen fest, so lange, bis

die Polizei kommt. Auf Wikipedia lese ich: »Seit 1948 liegt auf Staten

Island die Fresh-Kills-Mülldeponie, die der Stadt New York für mehr als ein

halbes Jahrhundert als zentrale Müllkippe diente. Die Deponie gehörte zu

den größten künstlichen Erhebungen der Welt und war für ihre starken

Ausgasungen von Methangas berüchtigt. Im März 2001 wurde sie nach

zunehmenden Protesten geschlossen; 2003 begann die Renaturierung.

Der Schutt des durch Terroranschläge zerstörten World Trade Centers

wurde ab 2001/2002 hier gelagert.«


Freitag, 23. Dezember, New York

Mittags fahre ich in die Bronx zum Yankees Stadion, spaziere von dort

zum Joyce Kilmer Park und betrachte das erstaunlich unattraktive

Denkmal für Heinrich Heine. Es sollte ursprünglich 1897 in Düsseldorf

enthüllt werden, wurde aufgrund antisemitischer und nationalistischer

Anfeindungen aber in die Bronx geschafft und dort schließlich 1899

eingeweiht. Die Gegend um den Park wirkt extrem rau und hart. Mit der

Subway fahre ich nach Harlem und wandere die 125. Straße entlang, die

von zahlreichen Ständen und fliegenden Händlern bevölkert ist. Zwei

Männer sprechen mich an und fragen, ob ich von ihnen gegen eine

Spende Jazz-CDs kaufen wolle. Als ich dankend ablehne und weggehe,

ruft ein dritter Mann mir hinterher, dass alle Weißen Rassisten sind.

24. Dezember, New York/Toronto

Um neun Uhr verlassen ich die Wohnung und bin bereits um kurz vor elf

am Flughafen. Am Schalter erhalten ich die schöne Nachricht, dass ich


sogar den Flug eine Stunde früher nehmen könne. Beim Einchecken gibt

es allerdings ein Problem mit meiner Electronic Travel Authorization, kurz

eTA. Da das eTA an den Pass gebunden ist, mir vor kurzem in Toronto

allerdings ein neuer Reisepass ausgestellt wurde, habe ich im Moment

kein gültiges Dokument zur visumsfreien Einreise nach Kanada vorliegen.

Online stelle ich um elf Uhr einen Antrag. Normalerweise vergehen von

der Antragstellung bis zur Genehmigung nur wenige Minuten – im

Extremfall kann die Entscheidung über den Antrag allerdings auch bis zu

zweiundsiebzig Stunden dauern. Um kurz nach dreizehn Uhr habe ich

immer noch keine Antwort und verpasse den ersten Flug. Ich sitze im

Food Court, warte und suche im Internet nach Alternativen. Da ein eTA nur

benötigt wird, wenn man auf dem Luftweg nach Kanada einreist, schaue

ich nach Zugverbindungen und vergleiche Mietwagen- und

Hotelzimmerpreise in Newark und New York, die zur Weihnachtszeit

horrend sind. Nervös kontrolliere ich alle zwei Minuten meine E-Mails. Um

siebzehn Uhr dreißig habe ich immer noch keine Nachricht erhalten. Ich

bim ziemlich niedergeschlagen, denn in fünfzig Minuten geht der letzte

Flug nach Toronto. Mein Plan ist es, nach New York zurückzukehren, ein

Hotelzimmer zu nehmen und am nächsten Morgen um sieben Uhr früh mit

dem Zug nach Toronto zu reisen – die Fahrt dauert knapp dreizehn

Stunden. Bevor ich buche, gehe ich noch einmal zum Porter-Schalter. Die

Mitarbeiter sind enorm hilfsbereit, sie telefonieren ein weiteres Mal mit

ihren Vorgesetzten und den kanadischen Behörden – und schaffen es

tatsächlich, dass mir um kurz nach sechs eine neue eTA ausgestellt wird.

Glücklich und erleichtert renne ich einem Mitarbeiter hinterher, der mich

durch die Kontrollen lotst, so dass ich doch noch das an diesem Tag letzte

Flugzeug nach Toronto erreiche. Danach geht alles ganz schnell und um

zwanzig Uhr dreißig bin ich zurück in unserer Wohnung in der Keele

Street. Rasch packe ich ein paar Sachen aus, trinke dabei Bier und esse

eine Tiefkühlpizza. Selten habe ich mit mehr Genuss ein Weihnachtsmahl

gegessen.



Der Text ist ein Spin-Off

des Buches »Toronto. Aufzeichnungen aus Kanada«

und wurde erstmals

im August 2020 auf 54books veröffentlicht.


Das optimale Lektorat

10. Oktober 2020

»Das eine Buch, das man zum Gastland Kanada wirklich braucht.« (Richard

Kämmerlings, Literarische Welt)


Hugo Ball (Halloween 2020)

1. November 2020

»Hugo Ball ist durch seinen frühen Ausstieg aus dem Cabaret Voltaire,

der Hinwendung zur Mystik katholischer Provenienz und seinen

Krebstod mit einundvierzig Jahren zur Legende geworden. Die

Radikalität seiner Weltverneinung, die Klarheit über sein Scheitern als

avantgardistischer Künstler spricht aus dem Titel seines im Todesjahr

1927 veröffentlichten und, die Tage Dadas betreffend, immer wieder

zitierten Tagebuchs: ›Flucht aus der Zeit‹. Durch den Bruch mit der


zürcher Avantgardeszene, deren Mitglieder allesamt keine 5-Sterne-

Exilanten waren, und seinen Rückzug mit Emmy Hennings an den

damals schon seit Jahren von Esoterikern frequentierten Lago

Maggiore im Jahr 1917 ist er im Exil noch einmal exiliert, hat er mit

seiner Vergangenheit zwiefach gebrochen. Ball kam vom Theater, aus

der Umgebung Max Reinhardts, und der Endzwanziger (Benn-

Jahrgang 1886) war auf dem besten Weg, als Regisseur und/oder

Dramaturg Karriere zu machen; der Ausbruch des Ersten Weltkriegs

und der damit verbundene Weggang aus Deutschland vereitelten das.

Sein Interesse an Stanislavskij, an außereuropäischen Theaterformen

ist bekannt, und auf Balls Anregung dürfte die Beschäftigung der

dadaistischen Gesamtkunstwerker mit Masken(bau und -einsatz)

zurückgehen; der Simultaneitätsgedanke, realisiert in den live acts der

Matineen und Soireen, deutet gerade auf Ball hin. Nicht weniger

publikumswirksam wie die Aufführung von Simultangedichten, dieser

Überlagerung verschiedener Tonspuren – heute teils von

Internetautoren weiterbetrieben, die auch das Erbe der visuellen

Poesie zu verwalten scheinen: elektronische Technopägnien einer

neuen Emblematik, naives Barock einer Spätzeit–, war die Entwicklung

und Performance von Balls Lautgedichten: sein konsequentester

Beitrag zum modernen Gedicht und zugleich sein Abschied von der

Moderne, nicht von der Philologie.«

Thomas Kling, Itinerar, Suhrkamp 1997, S. 31f.


Aladin El-Mafaalani hat recht

8. November 2020

1. Als ich aus der von mir mitgegründeten Band geflogen war, schrieb ich

meinen ersten Roman – aus Rache. Von November 1994 bis Januar 1996,

jede Woche mindestens fünf Seiten. Bei meinem Semesterferienjob in der

Poststelle vervielfältige ich das Manuskript dreißigmal und verschickte es

an alle mir bekannten Verlage: Suhrkamp, Rowohlt, Hanser, Kiepenheuer &

Witsch … Ein Freund empfahl mir auch noch einen mir unbekannten Verlag

in Schwaben, Alkyon, dem ich den Roman ebenfalls schickte. Die erste

Antwort, die ich auf meine unverlangte Manuskripteinsendung erhielt, war

eine Veröffentlichungszusage. Danach folgten neunundzwanzig Absagen.

Im Herbst 1997 erschien mein Roman dann unter dem Titel »Vanity Love«

mit einem Klappentext von Dietmar Dath im Alkyon Verlag. Die einzige

Rezension, die mein Roman bekam, war ein Verriss in dem Science-

Fiction-Fanzine des späteren Perry-Rhodan-Chefredakteurs. Ich war 26

Jahre alt und kein Debütant mehr.

2. In einer von meinem Lektor gestrichenen, autofiktionalen Romanszene

erzählte ich über meine Schreibanfänge, ausgelöst durch meine

Nichtversetzung in die zehnte Klasse: »In den Sommerferien keimte in mir

der Wunsch auf, Schriftsteller zu werden. Durch mein Schulversagen

hatte mein Selbstwertgefühl einen erheblichen Knacks bekommen; nun

fühlte ich mich nicht mehr nur hässlich, sondern dazu auch noch dumm.

Da ich endlich – nach mehreren Jahren – Freunde in meiner alten

Jahrgangsstufe gefunden hatte und darüber hinaus von den meisten

Mitschülern durch meine unauffällige Anbiederei akzeptiert wurde, stürzte

mich die unumkehrbare, grausam empfundene Umpflanzung in erste

Depressionen. Meine ausgeprägten Minderwertigkeitsgefühle versuchte

ich schließlich durch äußerliche und auch innerlich permanent wachsende

Extravaganzen zu vertuschen, und zu Beginn der Sommerferien nahm ich

mir vor, Kenntnisse in der ernsthaften Literatur zu erwerben. Zum einen

suchte ich in der Literatur Flucht, zum anderen Feinsinn. Meiner Person

sollte das Lesen Erhabenheit einhauchen. Wenn schon ein Versager, dann


wenigstens ein bewundernswerter Versager. Den Urlaub mit meinen Eltern

am Balaton nutzte ich zur eifrigen Lektüre. In einem Antiquariat in

Budapest erstand ich, neben den Reisebeschreibungen des Marco Polo,

zwei Bände aus Friedrich von Schillers Gesammelten Werken. Einen Band

mit seinen sämtlichen Gedichten, der andere mit seinen ersten drei

Prosadramen: zwei bibliophile Bücher von 1898 in Sütterlinschrift für

jeweils sechs Mark. Nach zwei Tagen hatte ich Schillers Gedichte im

Schnelldurchlauf gelesen, nach weiteren drei Tagen die Theaterstücke, die

mich besonders begeisterten. Nun fühlte ich mich als Literaturkenner und

sah mich befähigt, mein erstes Drama in Angriff zu nehmen. Der Stoff war

schnell gefunden. Wie Schiller in vielen seiner Dramen, etwa bei

Wallenstein oder Wilhelm Tell, griff auch ich auf historische

Begebenheiten zurück. Die Handlung meines ersten dramatischen

Fragmentes bezog sich auf ein kleines Kapitel aus den

Reisebeschreibungen Marco Polos. Diese Lektüre bildete meine einzige

Recherche, eifrig begann ich mit der Verdichtung des Stückes um Macht,

Verrat und Blut.

Um der Macht willen werden die engsten Freunde zu ärgsten Feinden. Da

schützt auch keine Blutsverwandtschaft.

Arghun

Erst nach elf Seiten verließ mich die Lust. Mit dem Ergebnis war ich

hochzufrieden; ich erhob die mitten im Text abgebrochene Literatur zur

neuen Kunstform. Nach den meine Schulnöte verdrängt habenden

Sommerferien ging ich im veränderten Outfit – mit Ohrring und bezopft –

schweren Herzens in meine neue Klasse. Ebenso schnell wie ich die

fremde Umgebung und einige meiner Schulkameraden zu schätzen lernte,

musste ich die Schule auch schon wieder verlassen, da es abzusehen war,

dass meine Leistungen immer noch nicht für eine Versetzung ausgereicht

hätten. So kehrte ich dem Gymnasium den Rücken und setzte meine

Schullaufbahn auf einer Realschule fort.«

3. Inzwischen bin ich neunundvierzig Jahre alt, habe vier Romane und

diverse andere Bücher veröffentlicht, wurde mit Stipendien und


Literaturpreisen bedacht, habe als erster meiner Familie einen

Universitätsabschluss und bin als erster männlicher Degens nicht

vorbestraft. Eine Literaturagentin nannte mich kürzlich einen

»renommierten Autor« und ich bin wohl das, was man einen erfolgreichen

Bildungsaufsteiger nennt. Aladin El-Mafaalani schreibt in seinem Buch

»Mythos Bildung«: »Erfolgreiche Aufstiegsbiographien haben ihren

Startpunkt – entgegen mancher Vermutung – gerade nicht in dem

klassischen Aufstiegsmotiv, reich und berühmt werden zu wollen. Weder

gab es einen vorgefassten Plan, noch wollten diejenigen überhaupt

besonderen Erfolg. […] Erfolgreiche Bildungsaufsteigerinnen und -

aufsteiger haben vielmehr an irgendeinem Punkt in ihrer Biografie das

eigene Denken und Handeln problematisiert. Aus dieser Perspektive

entwickelten sie ein Bedürfnis nach einer zunächst noch unspezifischen

Veränderung und anschließend den Drang, an sich selbst zu arbeiten, sich

selbst zu verändern.« (S. 148f.) Damit unterscheidet er sie von

denjenigen, die die klassischen Aufstiegsmotive vor Augen haben, die

insbesondere von der Sport- und Unterhaltungsindustrie stimuliert

werden. »Reich und berühmt zu werden, das ist der Traum von fast allen

Kindern und Jugendlichen aus unteren Schichten, gerade weil ihnen in

besonderer Weise Geld und Anerkennung fehlen. Wer reich und berühmt

werden möchte, der ist zum einen mit sich selbst – so wie man derzeit ist

– zufrieden, sieht lediglich in äußeren Rahmenbedingungen ein Problem

(insbesondere das fehlende Geld) und wird zum anderen auch durch

relativ attraktive Aufstiegsfantasien von langwierigen und mühsamen

Bildungslaufbahnen abgelenkt. Bestimmte Vorbilder, insbesondere

Sportler und Musiker, suggerieren, dass man reich und berühmt werden

kann, auch wenn man so bleibt, wie man ist. Der Aufstiegstraum

benachteiligter Kinder lässt sich mit der Formel ›vom Gettokid zum

Gangsta-Rapper oder Fußball-profi‹ fassen. Lukas Podolski, Mesut Özil,

Bushido oder Haftbefehl sind Vorbilder, weil sie reich und berühmt sind,

gleichzeitig aber ihre Sprache und ihr Auftreten – ihren Habitus –

beibehalten haben. Sie suggerieren, dass man es schaffen kann, ohne

sich zu verändern. Nicht zuletzt haben sich unter anderem durch

Castingshows und digitale Netzwerke ganze Industrien rund um diesen


Traum vom Aufstieg ohne Bildung gebildet.« (S. 148f.) Im Gegensatz dazu

geht es den Bildungsaufsteigerinnen und -aufsteigern »in der Regel nicht

um Geld oder Macht, ja nicht einmal um einen sozialen Aufstieg, sondern

um eine individuelle Veränderung. Sie haben den Drang, sich

weiterzuentwickeln, wollen mehr Autonomie oder interessieren sich für ein

spezifisches Thema. Ausgangspunkt ist oft eine generelle

Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben, mit sich selbst – und nicht selten

auch Kritik am Herkunftsmilieu. Die persönliche Weiterentwicklung, die

Ausweitung von Denk- und Handlungsspielräumen, das Streben nach

Wissen, ästhetischen Erlebnissen oder moralischen Ansprüchen bilden in

den Aufstiegsbiografien zentrale Ankerpunkte. Über diese Anker

verwandeln sich Welt- und Selbstbilder in weitreicher Form – das ist also

Bildung im engsten Sinne, eine Veränderung der Persönlichkeit.« (S. 149)

4. Aladin El-Mafaalani hat recht.


Zwischenbilanz – der elendigen

Büchersammelei, namentlich der

Bibliothek Suhrkamp

27. Dezember 2020










Link: Anares

Edition Anares, Hans-Ulrich Müller-Schwefe, Jochen Knoblauch,

Suhrkamp Culture


Privat: Subito

22. Januar 2021

»Mitte der Achtziger gab es nur wenige Bars und Kneipen für Künstler

und Szenegänger im Schanzenviertel. Das Subito unweit des

Schulterblatts war damals ein Treffpunkt. […] Bernd Begemann und

Bela B. gingen in der Souterrain-Kneipe ein und aus. Wie alle ließ auch

Unverricht dort anschreiben. Als ein Bekannter von ihm die Kneipe

übernahm, half er beim Renovieren. In einer Schublade fanden sie

unbezahlte Deckel. Bei rund 50.000 Mark, so schien es, hatte der alte

Wirt aufgehört, die Schulden der Gäste aufzuschreiben. Heute steht

der Laden leer, überall kleben Plakate und Sticker, die Eingangstür ist

voller Graffiti. Nichts erinnert mehr an die Kneipe.«

(Sebastian Grunke über Max Unverricht, Freitag 30/2018)


»Das ›Subito‹ war nicht nur irgendeine Kneipe, auf deren Spuren sich

nun vielleicht immerhin Doktoranden der Literaturwissenschaft setzen

werden. Inmitten der saturierten späten Bundesrepublik war es ein Ort

existentieller Kämpfe, die wirklich wahre Wirklichkeit im falschen

Leben, eine Künstlerrepublik, ein Greenwich Village der Post-Punk-

Gitarrenmusik. ›Und jetzt, los ihr Ärsche, ab ins Subito‹, lautete der

letzte Satz des Textes, auf den Rainald Goetz 1983 in Klagenfurt das

Blut tropfen ließ, als er sich beim Bachmannwettlesen mit einer

Rasierklinge die Stirn aufschlitzte. Eine Szene, die längst in die

Literaturgeschichte eingegangen ist. […] Ein Drittel der ›Subito‹-

Stammgäste von damals hat sich inzwischen garantiert totgetrunken

oder irgendwie den Absprung geschafft. Ein weiteres Drittel wurde

erst mal Musik- und dann Magazin-Journalist. Und das restliche Drittel

trat den langen künstlerischen Marsch durch die Institutionen an. Blixa

Bargeld von den Einstürzenden Nachbauten macht inzwischen so

etwas wie Hochkultur-Avantgarde. Diedrich Diederichsen ist

Kunstprofessor. Nick Cave hat es irgendwie geschafft, älter zu werden.

Und Rainald Goetz – 1954 geboren, Immermitschreiber, Doppel-

Doktor in Geschichte und Medizin, passionierter Fahrradfahrer, Autor

von inzwischen etwa einem Dutzend Bücher –, Rainald Goetz hat jetzt

den Büchnerpreis, immer noch Deutschlands renommierteste


Literaturauszeichnung.«

(Dirk Knipphals, taz 8.7.2015)

»– Thema Rock’n’Roll und so: Am meisten gings damals ab im SUBITO

an der Stresemann-, Ecke Juliusstraße. Alter, dat war Rock’n’Roll! Nick

Cave is da hingegangen, Blixa Bargeld und die ganzen Hamburger

Abwärts-Typen. Die Musik war eher so punkig, Neubauten und so

weiter. Kein DJ, alles von Tape oder CD. Clubkultur, sach ich mal, so

mit DJ in fast jedem Laden, das kam erst später. Zum Schluss

jedenfalls, als der Laden fertig war, hat der Besitzer Kasper alle

unbezahlten Deckel an die Kneipenwand genagelt. 50 Mark. 100 Mark.

Einer, von Nick Cave, glaube ich, hundert-drei-und-dreißig Mark, Alter.

Dabei kostete dat Bier damals nur einsfuffzich! […] Irgendwann stand

das Ding leer, einzwei Jahre. Und dann, was kam da rein? Ich weiß et

jarnich genau… Kinderklamotten, oder so.«

(St. Pauli normal, Charly König, Rock’n’Roll, Tekkno und Dark Rooms)


»›Ihr hattet die Power, den Willen, den Mut, heute Abend

rauszugehen. Ihr habt mehr Power als die meisten, die diesen Weg

nicht gewagt haben. Dieser Applaus ist euer Applaus!‹ Rocko

Schamoni sitzt zwischen Bierflaschen und einem Sektkübel auf der

Bühne im Festsaal Kreuzberg und flirtet sein Publikum extrem platt an.

Man nimmt es ihm nicht übel, denn so ein Verhalten ist den Lesern

seines Romans ›Sternstunden der Bedeutungslosigkeit‹ bekannt. […]

Wenn Schamonis Protagonist Michael Sonntag an die Hamburger

Frauen ran will, dann packt er noch viel dreistere Plattitüden aus.

Donnerstagnacht zieht es die ›Überflüssigen‹ Hamburgs in Schamonis

Roman Richtung Kiez. Die Nächte enden nach einigen Linien Speed

frühmorgens im alkoholischen Exzess. Die, die heute durch die

vermeintliche Katastrophennacht zum Festsaal gewatet sind, wirken

da vergleichsweise brav. […] Als die Eckkneipe an der Hamburger

Stresemannstraße noch Subito hieß, waren die meisten hier für

Abstürze noch zu jung. Im Buch wird der Laden Nasenbär genannt,

heute heißt er tatsächlich so, und bietet – Ironie der Zeit – Artikel für

Mutterglück und Kinderträume an. Fakt oder Fiktion, Wechsel der

Generationen, allüberall.«

(Christine Käppeler, taz 23.6.2007)





Making of Fuckin Sushi

Freitag, 29. Juni 2012, Bonn

Mittags Sushi essen, im Kopf konzipiere ich einen neuen lustigen

Gegenwartsroman, Knie 2.

Samstag, 30. Juni 2012, Bonn

Mittags zur Eisdiele nach Friesdorf, unterwegs viele Ideen für das neue

Romanprojekt mit dem Titel Anders.


Montag, 2. Juli 2012, Bonn

Morgens Anfang an Anders. Komme gut voran. Nachmittags zweite

Schreibrunde am zweiten Kapitel.

Mittwoch, 4. Juli 2012, Bonn

Morgens Arbeit an Anders. Am späten Nachmittag zum Dylan-Konzert.

Um 22 Uhr 45 wieder daheim mit vielen Eindrücken.


Freitag, 6. Juli 2012, Bonn

Morgens Arbeit am Abrentnern-Kapitel. Neuer Romantitel: Das längste

Lied der Welt. Zweifel: Ist das nicht viel zu banal? Und habe ich das nicht

alles schon einmal in meinen früheren Büchern geschrieben? Die Leute,

die Szenen und Einfälle?


Freitag, 13. Juli 2012, Bonn

Morgens Arbeit am Lied, Kapitel 3 und 4, vorläufig fertig. 11 Seiten in

einer Arbeitswoche, sehr gut.

Sonntag, 15. Juli 2012, Bonn/Dorsten

Um 14 Uhr nach Dorsten in den Schreibknast.


Montag, 13. August 2012, Bonn

Morgens Arbeit am Lied, viele Notizen. Je mehr Zeit man auf einen Text

verwendet, um so besser wird er. Deshalb bin ich Schriftsteller geworden,

um ein Maximum an Zeit auf meine Texte verwenden zu können.

Montag, 17. September 2012, Bonn

Morgens Korrekturen am Lied, Kapitel 15, fast dreieinhalb Stunden,

trotzdem noch nicht fertig. Zum Schreiben braucht man vor allen Dingen

eins – Geduld.


Montag, 19. November 2012, New York/Amsterdam

Kurzer Flug, wahrscheinlich unter sechseinhalb Stunden. Ich habe die

ganze Zeit geschlafen, ausgestreckt auf drei freien Sitzen, und dabei

ganz viele Heureka-Momente gehabt: Was ich mit der Popmoderne-

Kolumne mache, mit welcher Szene ich Fuckin‘ Sushi enden lasse,

welchen Roman ich überhaupt schreiben werde. Entschluss: Ich

konzentriere mich jetzt voll und ganz auf Fuckin‘ Sushi und werde alles

daransetzen, ein New York-Stipendium zu ergattern.


Montag, 26. November 2012, Bonn

Hammertag. Morgens Arbeit an Sushi, Kapitel 1 und 2, danach Telefonat

mit der Kunststiftung NRW und Arbeit an der Stipendien-Bewerbung, die

Freitag unbedingt in Düsseldorf sein muss.

Freitag, 21. Dezember 2012, Bonn

Angeblicher Weltuntergang laut Prophezeiung der Mayas. Im Rohentwurf

habe ich bislang 100 Manuskriptseiten, außerdem Skizzen für die drei

Bonus-Kapitel (u.a. eine Playlist und ein unveröffentlichtes Interview mit

allen vier Sushis) und den halben Epilog (der in New York spielt und

erklärt, wer Sasha ist).


Dienstag, 22. Januar 2013, Bonn

Ziemlich trüber Tag, vormittags recht uninspiriert an Sushi 6 gearbeitet.

Starke Zweifel, ob Sushi wirklich das richtige Romanprojekt ist.


Mittwoch, 6. Februar 2013, Bonn

Morgens Arbeit an Sushi 8, eine Seite korrigiert, dann kommt per Post die

Nachricht, dass ich für Das längste Lied der Welt das Arbeitsstipendium

der Kunststiftung NRW erhalten habe. Vor Freude kann ich nicht mehr

weiterarbeiten.


Samstag, 16. Februar 2013, Bonn

Neuer Romantitel: Zombieschleuder.

Sonntag, 17. Februar 2013, Bonn

Nachmittags mit dem Fahrrad nach Friesdorf und eine Zombieschleuder-

Location (Fledermaus-Station) angeschaut und fotografiert,

anschließend in die Eisdiele am Klufterplatz.


Mittwoch, 20. Februar 2013, Bonn

Morgens weiter an Sushi. Ich habe insbesondere den stotternden Anfang

geglättet, Motive verstärkt, Überleitungen verbessert, auch die

Zwischenüberschriften rausgenommen – dadurch schnurrt es viel

besser. Ich muss auch auf alle Schreibreflexionen verzichten (die dienen

nur der Selbstvergewisserung). Außerdem habe ich Zombie 9 gelöscht,

die Freakgeschichte baue ich später ein.

Dienstag, 26. Februar 2013, Bonn

Morgens weiter an Zombie. Mich verunsichert die Titelfrage.

Zombieschleuder oder doch Fuckin‘ Sushi?


Dienstag, 12. März 2013, Bonn

Morgens Arbeit an Zombie, gut vorangekommen. Ich schreibe keine

realistischen Geschichten über Angestellte oder Krankheiten, sondern

moderne Märchen über Außenseiter, Künstler und Spinner. Warum? Weil

es Spaß macht.


Mittwoch, 13. März 2013, Bonn

Morgens weiter an Zombie 10, korrigiert und beendet, dazu Notizen für 11

durchgeschaut und Teile neu zusammengeschoben. An diesem Tag wird

meine Romanfigur Niels achtzehn Jahre alt. Der Schnee türmt sich vor

der Tür. Einen so kalten Winter gab es angeblich zuletzt vor zwanzig

Jahren.

Donnerstag, 11. April 2013, Berlin

Entschluss, den Roman doch wieder Fuckin‘ Sushi zu nennen.


Freitag, 21. Juni 2013, Bonn

Morgens sehr gut an Sushi gearbeitet, nicht nur an Sushi 14, auch

konzeptionell. Neue Titelidee: Telekong.

Dienstag, 25. Juni 2013, Dorsten

Gedanke beim Schreiben: Besser kann ich nicht.


Samstag, 29. Juni 2013, Dorsten/Brühl/Bonn

Um 11 Uhr 14 mit dem Zug nach Oberhausen – inmitten besoffener

Jugendlicher, die zum »Ruhr in Love«-Rave-Festival fahren. Die meisten

sind eigentlich ganz nett und ich werde zum Mittrinken eingeladen: 43er

mit Milch. Ganz lecker. Als ich aussteige, bin ich leider taub.


Dienstag, 2. Juli 2013, Bonn

Morgens weiter an Sushi 15, gut gearbeitet. Vor genau einem Jahr habe

ich mit der Schreibarbeit an Sushi angefangen, quasi von Null an, ein Jahr

später bin ich im Manuskript auf Seite 98, das komplette

Handlungsgerüst steht und ich habe zahlreiche weitere Seiten mit

Entwürfen.

Sonntag, 7. Juli 2013, Bonn

Nach Rhöndorf gefahren. Schnuckelige Stadt, auf dem Marktplatz

Festzelt, Musikkapelle, Pommes- und Bierbude. Besichtigung eines

urigen Gasthauses und Führung durch Konrad Adenauers Wohnhaus. Ein

Superausflug. Anschließend mit dem Fahrrad zurück nach Bonn – über

die Eisdiele am Klufterplatz.


Montag, 30. September 2013, Berlin

Sushi-Quartalsabschluss und Planung des nächsten Schreibpensums:

Das Manuskript nach dem dritten Quartal umfasst 137 Seiten, drei

weniger als geplant.

Mittwoch, 23. Oktober 2013, Bonn

Morgens weiter an Sushi 22 und 23. Momentan habe ich einige Zweifel

an dem Projekt, generelle (wen interessiert das?), aber auch konkrete

(Zeitplan). Sofortmaßnahme: Ich werde mein Comic-Projekt auf Mitte

nächsten Jahres verschieben.


Freitag, 8. November 2013, Bonn

Morgens weiter an Sushi 24, gut gearbeitet. Die Romanstellen, in denen

sich die Handlung überschlägt, sind die, die im Gedächtnis des Lesers

haften bleiben und die sich fast von allein schreiben. Für das

Funktionieren eines Romans viel wichtiger sind aber wahrscheinlich die

»Überbrückungsszene«, in denen nicht die Handlung im Vordergrund

steht, sondern die Atmosphäre: Pinkeln, rauchen, Parkplatzsuche,

warten.


Freitag, 6. Dezember 2013, Bonn

Morgens weiter an Sushi 27, gut gearbeitet und das Kapitel vorläufig

beendet. Gedanke beim Schreiben: Man muss eine riesige Maschine

aufbauen, die so groß wie eine Fabrikhalle ist und dafür hat man nur

einen Schraubenzieher mit einer winzigen Spitze zur Verfügung.

Mittwoch, 8. Januar 2014, Bonn

Arbeit an Sushi 30. Den Punkt erreicht, wo sich Literatur und Leben

überlappen. Vor anderthalb Jahren, im Juli 2012, begann ich den Roman

zu schreiben, der anderthalb Jahre zuvor, im Januar 2010 einsetzte. Jetzt

nach anderthalb Jahren Schreibarbeit habe ich in dem Roman genau

diesen Zeitpunkt (Juli 2012) erreicht. Anderthalb Jahre Schreibarbeit für

anderthalb Jahre Leben.


Freitag, 10. Januar 2014, Bonn

Morgens weiter an Sushi 30. Wenn ich tief in der Romanarbeit stecke,

führe ich eine Art Parallelleben und es macht mir Spaß, schöne und

lustige Dinge zu schreiben, weil ich dann auch schöne und lustige Dinge

erlebe.

Donnerstag, 20. März 2014, Bonn/Berlin

Um 6 Uhr aufgestanden, um kurz nach 8 mit dem Zug nach Berlin.

Unterwegs Musikhören und Schreibtischarbeiten, dann noch eine halbe

Stunde an Sushi gearbeitet, eine Seite gekürzt und den neuen Titel (Bonn


to be wild) eingetragen.

Donnerstag, 3. April 2014, Bonn

Morgens und nachmittags weiter an Sushi 35 und 36. Gut gearbeitet und

dabei die Idee für einen Clou gehabt. Plotmäßig ein echter Durchbruch.

Freitag, 4. April 2014, Bonn

Morgens gut und flott an Sushi 36 geschrieben. Die Handlung spitzt sich

immer weiter zu und die Fäden vom Anfang verbinden sich zu einem

engmaschigen Netz, das sich jetzt fast von allein schreibt.


Donnerstag, 24. April 2014, Dorsten

Morgens an Sushi 37 geschrieben – ich bin jetzt genau an der Stelle, an

der das erste Kapitel quasi als Prolog/Vorschau einsetzt und werde

parallel das 37., 38. und das 1. Kapitel schreiben.

Mittwoch, 30. April 2014, Bonn

Morgens weiter an Sushi 1 und das Anfangskapitel grundsätzlich

überarbeitet. Hinterher in einem Zug Sushi 38 grob niedergeschrieben,

anschließend Schmerzen in der Brust und im linken Arm.

Monatsschreibabrechnung: 228 Romanseiten wollte ich Ende des Monats

haben, 227 sind es geworden. Ein gutes Ergebnis.


Dienstag, 6. Mai 2014, Bonn/Toronto

Um 10 Uhr 24 mit der Straßenbahn nach Siegburg, von dort mit dem ICE

zum Frankfurter Flughafen und um 14 Uhr nach Toronto. Die Flugzeit

beträgt knapp siebeneinhalb Stunden. Um 17 Uhr Ortszeit Ankunft in

Kanada. Im Flugzeug fast die ganze Zeit an Sushi gearbeitet. Korrekturen

der ersten Kapitel, aber auch Arbeit an Sushi 38.


Freitag, 16. Mai 2014, Bonn

Um Viertel vor 7 aufgestanden und weiter an Sushi 39. Flott 3 Seiten

geschrieben. Nachmittags weiter an Sushi 39. Bis 19 Uhr gut

geschrieben, insgesamt heute fast fünfeinhalb Seiten. Auf das

Entjungferungs-Kapitel hatte ich mich schon lange gefreut.

Dienstag, 20. Mai 2014, Bonn

Morgens weiter an Sushi und die ersten Kapitel überarbeitet. Viel

nachgedacht über den Fortgang von Sushi und ein paar gute Ideen

gehabt, wie ich das Ende gestalte. Inzwischen habe ich auch den

Glauben daran, Sushi in der geplanten Schreibzeit abschließen zu können

– trotz Umzug nach Kanada.


Mittwoch, 2. Juli 2014, Bonn

Arbeit an Sushi 41, gut vorangekommen. Am Freitag, den 29. Juni 2012,

hatte ich die erste Idee zu Sushi. Der Arbeitstitel lautete damals Anders.

Drei Tage später, am Montag, den 2. Juli 2012, begann ich mit dem

Schreiben. Heute, genau 2 Jahre später, arbeite ich am 42. Kapitel und

habe 243 Manuskriptseiten fertig.

Dienstag, 5. August 2014, Toronto

Um halb sieben aufgestanden, um 8 Uhr an den Schreibtisch und nach

12 Tagen wieder an Sushi gearbeitet und die ersten Seiten von Sushi 42

korrigiert. Unkonzentriert gearbeitet, die Dunkelheit in der Basement-

Übergangswohnung macht mich ziemlich müde. Spaziergang mit

Computer nebenan in den Park, der gerade gemäht wurde, Flucht auf

einen Spielplatz und dort gearbeitet.


Mittwoch, 6. August 2014, Toronto

Um 8 Uhr weiter an Sushi 42. Gut gearbeitet, auch weil ich den

Schreibtisch ans Fenster gerückt habe.

Mittwoch, 13. August 2014, New York

David schickt mir seinen Blurb für Fuckin Sushi: Ich hätte gern in dieser

Band gespielt. Kurz, knackig und wagneresk. Der Blurb gefällt mir sehr

gut. Abends im Hotelzimmer zwei Stunden lang weiter an Sushi 42.


Freitag, 15. August 2014, New York

Arbeit an Sushi42 – eine Seite korrigiert und Notizen für den Fortgang

des Kapitels und der Interview-Bonus-Szene zusammengestellt.

Mittwoch, 10. September 2014, Toronto

Weiter an Sushi 43. Erst gar nicht reingekommen, alles schlecht

gefunden und Satz für Satz gestrichen. Abbruch und Entschluss, mich

ins Bett zu legen und Comics zu lesen. Dabei arbeite ich aber doch weiter

an Sushi 43 und schreibe schließlich in einem Rutsch bis 13 Uhr eine

vorläufige Version des gesamten Kapitels.


Donnerstag, 11. September 2014, Toronto

Nach dem Frühstück weiter an Sushi 43, die Autostreitszene überarbeitet

und Notizen sortiert. Insgesamt sehr zufrieden, weil ich sehe, dass ich

zum Schluss komme und erkenne, dass das bisher Geschriebene gar

nicht so schlecht ist.


Freitag, 12. September 2014, Toronto

Um 7 Uhr aufgestanden, gut an Sushi 43 weitergeschrieben und danach

ausgiebig an der Tumblr-Seite gearbeitet. Idee für eine »artsy«

Buchvorstellung ohne Lesung mit Internetseiten-Präsentation auf

Bildschirmen und mit Lautsprechern, bei denen die Videos gleichzeitig

mit Zappen zwischen den einzelnen Fotos und Videos laufen und

übereinandergelegt einen lärmenden Klangteppich bilden. Vielleicht was

für die Art Metropole und/oder New York?


Freitag, 19. September 2014, Toronto

Fuckin Sushi wird immer länger. Die Geschichte hat eine Eigendynamik

entwickelt und muss auserzählt werden. Ich kann nicht einfach irgendwo

Schluss machen. Als Historiker kann man auch nicht ein Buch über den

Zweiten Weltkrieg schreiben und 1943 aufhören.

Mittwoch, 24. September 2014, Toronto

Mein Verlag vermeldet auf Facebook, dass Fuckin Sushi im Frühjahr 2015

erscheinen wird. Arbeit an Sushi, eine Seite korrigiert, danach die letzten

vier oder fünf Kapitel skizziert.


Sonntag, 26. Oktober 2014, Toronto

Die letzten Korrekturen am Sushi-Manuskript gemacht und das

Manuskript (Kapitel 1-49 plus Bonus) an meinen Lektor und danach an

meine Probeleser geschickt. Abends ins Shoxs und die Abgabe gefeiert.

Burger, flippern, Bier. Hinterher schlecht.

Sonntag, 30. November 2014, Toronto

Bis 13 Uhr Sushi korrigiert und die Entjungferungsszene und das

Schluss-Kapitel überarbeitet. Lesen, Mittagsschlaf, Kaffee und die letzten

Korrekturen eingegeben, Anmerkungen für den Satz und den Korrektor

gemacht und dann um 18.59 die E-Mail mit dem Manuskript an meinen

Lektor geschickt. Am 2. Juli 2012 habe ich Fuckin Sushi gestartet, am 30.

November 2014 habe ich die Arbeit nach 2 Jahren und 5 Monaten

beendet. Das Manuskript umfasst 353 Seiten. 881 Tage habe ich

insgesamt geschrieben. Das macht einen Durchschnitt von 0,40

Manuskriptseiten pro Tag.



leere Seite



MÄNNER!

4. März 2021

»Marc Degens versammelt Vollmundig-Metapoetisches zu einem

Mansplaining-Dramolett«, heißt es im Newsletter über meinen Text, der

im neuen Merkur auf 14 Seiten abgedruckt ist. Die neue Ausgabe

(Nummer 862, März 2021) ist auf jeden Fall sehr zu empfehlen, nicht nur

für…



Aus dem Handbuch für

Immobilienmakler und

Immobilienberater – Beispiele

für die Behandlung

vermeintlicher Nachteile in

Immobilienanzeigen


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verzichten Sie lieber auf den Keller


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Ganz ruhig und ganz oben!/Ganz oben lässt es sich gut

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Die Tradition stand Pate

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Wohnung aus der Zeit/Glanzzeit des Nierentischs

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Sich Wohlfühlen in der Nostalgie

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Zurück in die 60er Jahre

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Wohnklassiker aus den 60er Jahren

Ich bin zwar schon etwas angestaubt ...


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Wohnung ist in der Stadt gelegen, aber

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Wo die Stadt bebt/pulsiert

Nicht ruhig, aber in der City

Nicht verschlafen - eben City

Im Zentrum der Stadt, dort wo das Leben

pulsiert

Mitten in der City - mitten im Leben

Nicht ganz ruhig, aber zentral und günstig

Am Puls der Zeit

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Wenn Ihnen zentrale Lage wichtiger als

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Wohnung ist von außen unscheinbar, innen aber gut

Außen schlicht ...

Ein Haus das innen mehr hält als die Fassade verspricht/als

es von außen verspricht

Das äußere Erscheinungsbild mag täuschen; innen ist die

Wohnung top!

Ein Traum hinter einer unscheinbaren Fassade

Außen pfui, innen hui!

Außen unscheinbar, innen exklusiv

Diese Wohnung ist von außen unscheinbar...

Lassen Sie sich nicht durch diese renovierungsbedürftige

Fassade abschrecken – dieses Haus bietet (Ihnen) viel!

Von außen schreckt das Häuschen (noch) ab, von innen

begeistert es

Modern wohnen hinter einer altmodischen/unscheinbaren

Fassade

Sie sollten mal hinter diese unscheinbare Fassade blicken!

Außen ein »Rohdiamant«, innen ein Traum


Die Fassade eher Understatement und innen Luxus pur

Understatement hinter einer unscheinbaren Fassade

Glanz hinter einer Understatement-Fassade

Wenn Sie nicht die exakte Hausnummer hätten, würden Sie

wahrscheinlich an unserer Gartentüre vorbeigehen, und Sie

würden an einem ansprechenden Haus mit hellen

freundlichen Zimmern, einer bezaubernden Küche mit

komfortabler Essecke und einem großen Wohnzimmer mit

offenem Kamin vorbeifahren


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Objektbesichtigung lohnt sich!


Ziegel #17

4. April 2021

Morgen ist der offizielle Erscheinungstermin des neuen ZIEGEL. Die

siebzehnte Ausgabe des Hamburger Jahrbuchs für Literatur,

herausgegeben von Antje Flemming und Jürgen Abel, illustriert von

Sascha Hommer und erschienen im Mairisch Verlag, ist randvoll gefüllt mit

Erzählungen, Gedichten, Kurzdramen und Comics von u.a. Nefeli

Kavouras, Karen Köhler, Roberta Schneider, Claudia Schumacher, Johanna

Sebauer, Leonhard Hieronymi, Anselm Neft, Alexander Posch u.v.a.m.

Die Anthologie enthält auch einen Auszug meines neuen, noch in Arbeit

befindlichen Romans, dessen Arbeit ich exakt heute vor fünf Jahren in

Toronto begonnen habe.



Die Arbeit ist immer noch nicht abgeschlossen und das Manuskript

inzwischen dicker als der Ziegel.



Halt die Schnauze und sei glücklich

12. August 2021

für Leo

Ich habe selten

so gut beschriebene Texte gelesen,

hat Andreas Reiffer in S.U.B.H. #10

über meinen ersten Gedichtband

Farben und Formen

geschrieben.

Das war 1993 oder 1994.

Na gut, schrieb Andreas Reiffer weiter,

an Brautigan kommen sie nicht ran,

aber eine gewisse Verwandtschaft

fällt doch auf.

Ich hatte noch keine Zeile

von Richard Brautigan gelesen,

trotzdem freute ich mich über das Lob,

auch wenn es mich irritierte

und ich auf Brautigan

und seine Texte


insgeheim

ein Stück weit

eifersüchtig war.

Kurz danach hörte ich auf,

Gedichte zu schreiben.

Ich glaubte an Entwicklungsstufen

beim Schreiben.

Man fängt an mit Gedichten,

um ein Gefühl für die Sprache

zu entwickeln.

Man macht weiter mit Theaterstücken

und lernt das Schreiben

von Dialogen.

Zum Schluss kommt die Prosa,

die alles vereint.

Zwei oder drei Jahre später

kaufte ich mir

ein Büchlein von Richard Brautigan.

Wir lernen uns kennen,

Stories.

Es kostete zwei Mark


und war in der Jubiläumsreihe

50 Jahre Rowohlt Rotations Romane

erschienen.

Leute,

die Brautigan gelesen haben,

haben so ein seltsames Lächeln auf dem Gesicht,

stand ein Zitat

aus dem Rolling Stone

auf dem Umschlag.

Doch die Geschichten

in dem Büchlein

hatten mich nicht beeindruckt

und mir kein Lächeln

ins Gesicht

gezaubert.

Im November 2019

like ich

zwei Fotos von Marius Goldhorn

auf Instagram.

Das erste Bild zeigt ihn

und Leonhard Hieronymi,


die auf zwei Stühlen

auf einem Holzbalkon sitzen.

In der Mitte ein Tisch

mit einem Buch,

dahinter das Tal,

die Bäume,

die Klippen,

die grünen Hügel mit die einzelnen Häusern,

die Küste,

der Ozean

und das warme goldene Licht.

Das zweite Foto zeigt die Tischplatte,

einen türkisfarbenen Metallmond

mit Kratern

und abgeplatztem Lack,

jetzt ohne Buch,

dafür mit einem Loch in der Mitte

für den Sonnenschirm,

und einer Schuhspitze

am unteren Bildrand.

Die Unterschrift des Posts lautet


Richard Brautigans Balkon.

Am nächsten Tag schreibe ich

Leonhard Hieronymi

aus dem IC 2310

nach Hamburg

und erwähne im P.S. auch

Richard Brautigans Balkon.

Lieber Marc,

antwortet mir Leonhard Hieronymi

Stunden später

aus Kalifornien,

wir lieben Richard Brautigan sehr,

er braucht angemessene

und neue Übersetzungen

ins Deutsche,

vielleicht wagen wir uns alle mal

im Kollektiv ran!

Ich schreibe zurück,

dass ich Richard Brautigan auch mag,

allerdings viel zu wenig von ihm kenne,

aber das Erinnerungsbuch


You Can’t Catch Death

seiner Tochter Ianthe Brautigan

empfehlen kann,

das ich auf der

Road-to-Twin-Peaks-Tour

gelesen hatte.

Memories

drift to the ground

like snow.

Vierzehn Tage später

kaufe ich

für zwei Euro

bei text+töne

das rororo-Taschenbuch

Die Pille

gegen das Grubenunglück

von Springhill

& 104 andere Gedichte

von Richard Brautigan

ausgewählt und übertragen

von Günter Ohnemus


mit einem typisch schrill-naiven

achtziger Jahre Cover

von Hendrik Dorgathen.

Das

gegen

auf der Titelseite

ist mit * markiert.

Ich zitiere:

* (Das

gegen

im Titel dieses Buches

ist eine unkorrekte Übersetzung des

versus

in der Originalfassung,

die dem Übersetzer

merkwürdigerweise

erst sehr spät

aufgefallen ist.

Zu spät,

denn er mag den Titel inzwischen so gern,

dass er sich außerstande sieht,


ihn noch zu ändern –

ganz im Sinne

von Richard Brautigans Gedicht

DER AMELIA EARHART PFANNKUCHEN

Ich kann einfach kein Gedicht finden

für diesen Titel.

Ich habe jahrelang nach einem gesucht,

und jetzt geb‘ ich auf.)

Begeistert lese ich in dem Buch

und stelle nach fünfundzwanzig

oder sechsundzwanzig Jahren fest,

dass ich ein Beatnik bin.

S.U.B.H. ist übrigens die Abkürzung für

shut up – be happy!

Frei übersetzt:

Halt die Schnauze und sei glücklich.


ANDERS BONNESEN: WATCH YOUR

LANGUAGE

25. September 2021









We’ll meet again, 2019

One man’s trash is another man’s trash, 2021




I FEEL FINE

#kanadischeaufzeichnungen

27. Oktober 2021













I FEEL FINE ~ BONUS

#amerikanischeaufzeichnungen

1. November 2021



Amerikanische Aufzeichnungen Edit


22.2.22

8. November 2021




Berenberg Verlag, Selfie ohne Selbst Edit


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