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Global Art Festival 2022/2022: DOKUMENTATION UND EVALUATION

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Der Blick wird dabei meist auf die sogenannten „drei P‘s“ gerichtet: Personal, Programm und Publikum von

Kunst- und Kultureinrichtungen. Die Annahme, die dahintersteht, lautet kurz zusammengefasst: Mehr Diversität

(und Diversitätskompetenz) im Personal führt zu einem vielfältigeren Programm, in dem unterschiedliche

Perspektiven repräsentiert sind. Dadurch fühlt sich wiederum ein diverseres Publikum angesprochen. 11

Es geht also nicht nur um die Vermittlung bestehender Programme an ein anderes Publikum, sondern um

das Hinterfragen und Weiterentwickeln von Inhalten, Partnerschaften, Strukturen und Kommunikationsweisen.

Dies findet unter Einbeziehung bislang unterrepräsentierter Perspektiven sowie vor dem Hintergrund

(u. a.) folgender Fragestellungen statt:

- Inwiefern bilden Kultureinrichtungen die diverse (Stadt-)Gesellschaft ab?

- Wer ist innerhalb des Kulturbetriebs mit Barrieren und Ausschlüssen konfrontiert?

- Wie können Kultureinrichtungen zu diskriminierungsfreien und teilhabeorientierten Kunst-, Begegnungsund

Diskurs-Räumen werden?

Ganz ähnliche Fragen formuliert Nora Sternfeld, die allerdings nicht mit dem Begriff der Diversitätsorientierung

operiert, sondern ein „radikaldemokratisches Museum“ entwirft:

„Denn als öffentliche Institution gehört das Museum allen – was mehr meint, als dass es bloß allein offenstehen

sollte. Ich würde sagen, dass das Museum die Möglichkeit verspricht, sich zu fragen, wer ,alle‘ sind und wer davon

ausgeschlossen bleibt, dass es erlaubt, sich damit auseinanderzusetzen, was geschehen ist, darüber zu verhandeln,

was dies für die Gegenwart bedeutet und wie sich davon ausgehend eine Zukunft imaginieren lässt, die mehr ist

als bloß die Verlängerung der Gegenwart.“ 12

Die beschriebenen Fragen und Entwicklungen sind auch vor dem Hintergrund zunehmender rechter und

rechtsradikaler Tendenzen in der Gesellschaft zu sehen – festzumachen beispielsweise am Erstarken der

AfD und den rassistischen Anschlägen in Halle (Okt. 2019) und Hanau (März 2020). Viele Kulturakteur*innen

haben darauf mit einer Unterzeichnung der „Erklärung der Vielen“ 13 und einer programmatischen Positionierung

reagiert. Es geht aber nicht nur um die Abgrenzung gegen Rechts, sondern um eine diskriminierungskritische

Auseinandersetzung mit der eigenen Organisation, die immer vehementer eingefordert wird. Mit

Blick auf den Kulturbetrieb werden dabei insbesondere auch Fragen der Repräsentation und Partizipation

verhandelt. Auch die Frage nach dem Umgang mit Gütern und Denkmustern aus der Kolonialzeit stellt sich

massiv, insbesondere im Museumsbereich.

Für die Förderung von Kunst- und Kulturarbeit in der postmigrantischen Gesellschaft ist aber nicht nur eine

Transformation der großen, öffentlich geförderten Kulturinstitutionen wichtig, sondern auch die Unterstützung

und Förderung von Künstler*innen und Kollektiven der freien Szene, insbesondere von Vertreter*innen

11

z. B. Sharifi & Micossé-Aikins, 2019.

12

Sternfeld, 2018: 21.

13

Die Vielen, o. J.

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