Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Entweder kann eine Scheibe Holz mit der<br />
Säge abgeschnitten werden, oder man muss<br />
mit Hilfe eines Hohlbohrers einen Kern<br />
mit einem Durchmesser von fünf Millimetern<br />
herausbohren. Mit einer Rasierklinge<br />
glättet man die Oberfläche der Bohrprobe,<br />
damit die einzelnen Jahrringe sich gut voneinander<br />
unterscheiden lassen. Als nächstes<br />
wird die Jahrringbreite mit der Stereolupe<br />
gemessen. Die Daten werden zum Auswerten<br />
in einen Computer eingegeben.<br />
Die gemessenen Werte für die Dicke eines<br />
Jahrrings werden in der sogenannten Jahrringkurve<br />
aufgezeichnet. Da das Wachstum<br />
eines Baumes aus unterschiedlichen Gründen<br />
nicht überall gleich gross ist, werden<br />
mehrere Proben vom gleichen Holz ausgemessen<br />
und als Durchschnitt in der Mittelkurve<br />
dargestellt.<br />
Von der Jahrringkurve zur Jahrringchronologie<br />
Bereits Leonardo da Vinci erkannte, dass<br />
eine Beziehung zwischen der Breite von<br />
Jahrringen und der Witterung eines Jahres<br />
besteht. Den Durchbruch der Methode<br />
brachte allerdings erst die Verbreitung des<br />
Computers. Mit seinem Einsatz konnten<br />
die grossen Datenmengen in nützlicher Zeit<br />
ausgewertet und dargestellt werden. Seither<br />
wurden weltweit unzählige Proben ausgewertet<br />
und ihre Jahrringkurven gezeichnet.<br />
So wurde es möglich, für verschiedene<br />
Hölzer durchgehende Referenzkurven zu<br />
zeichnen. Dabei reiht man ausgehend von<br />
eben geschlagenen Bäumen die Jahrringkurven<br />
mit solchen, die vor einiger Zeit gefällt<br />
wurden, aneinander, sofern sie sich an<br />
den Nahtstellen für mehrere Jahre überlappen.<br />
Auf diese Weise konnte man zum Beispiel<br />
für Eichen lückenlose Referenzkurven<br />
für die letzten 10'000 Jahre bestimmen.<br />
Wenn die Jahrringkurve einer Holzprobe<br />
annähernd gleich wie ein Bereich der ent-<br />
11<br />
sprechenden Standardkurve verläuft, so ist<br />
das Holz datiert. Ist zudem der letzte Jahrring<br />
unter der Rinde - die Waldkante - vorhanden,<br />
ist auch das Fälldatum bestimmt.<br />
Da in der Vergangenheit meistens das frisch<br />
geschlagene Holz gleich verbaut wurde, ist<br />
auch das Baujahr bekannt.<br />
Die Zwiebeltürme vom Schloss Waldegg<br />
Dank der Dendrochronologie konnten im<br />
Kanton Solothurn bereits viele aufs Jahr<br />
genaue Altersbestimmungen durchgeführt<br />
werden. Oft wurde mit Jahrringproben von<br />
Bindern, Ständern oder Sparren das Baujahr<br />
von Dachstöcken ermittelt. Mit der<br />
Jahrringmethode kann zum Beispiel auch<br />
das Baujahr von antiken Möbeln oder Holzstatuen<br />
herausgefunden werden. Ein interessantes<br />
Beispiel hat mit der Baugeschichte<br />
des Schlosses Waldegg in Feldbrunnen zu<br />
tun. Auf den meisten Bildern ist das Schloss<br />
mit den typischen hohen Walmdächern der<br />
drei Mittel- und der zwei Galerietürme<br />
dargestellt. Auf einigen Bildern sind die<br />
beiden Galerietürme dagegen mit Zwiebelkuppeln<br />
zu sehen. Die Fachleute vertraten<br />
zwei Meinungen: Die einen bezeichneten<br />
diese Zwiebelkuppeln als Fantasiebilder<br />
der Maler, und andere nahmen an, dass sie<br />
zwar geplant waren, aber nicht gebaut werden<br />
konnten. Der Denkmalpfleger Markus<br />
Hochstrasser konnte in Zusammenarbeit<br />
mit dem Dendrochronologen Heinz Egger<br />
mit der Analyse der Mauerschwellen auf<br />
den Mauerkanten der Türmchen beweisen,<br />
dass die Zwiebeldächer wirklich gebaut<br />
und nach einigen Jahren durch die heutigen<br />
Dachbauten ersetzt worden waren.<br />
Heinz Rudolf von Rohr<br />
(Quelle: Der Baumstamm als Kalenderblatt,<br />
Solothurner Kalender 2012)<br />
<strong>INFO</strong> <strong>BWSo</strong> 4/11