GURU Magazin November 2023

FREIZEIT UND KULTUR
Interview mit Dr. Leon Windscheid
„Ich liebe, wenn die Halle lacht“
An seinen Auftritt im TiG in Mönchengladbach erinnert sich Dr.
Leon Windscheid noch gut: „Es gibt Abende, die bleiben einem
einfach im Kopf. In Mönchengladbach war damals direkt richtig
gute Stimmung.“ Nun kommt der Psychologe mit seinem aktuellen
Programm Gute Gefühle“ in die Red Box am SparkassenPark – und
erwartet mindestens eine ebenso großartige Atmosphäre.
GURU: Ist es denn nicht besser, sich gut zu fühlen?
Windscheid: Nicht unbedingt. Wir leben in toxisch positiven Zeiten.
Es gibt enormen Druck, glücklich sein zu müssen. Bitte nicht falsch
verstehen: Niemand wünscht sich, sich schlecht zu fühlen. Das
wollen wir nicht. Aber wenn ich so etwas fühle, dann sollte man
diese Gefühle annehmen und damit umgehen. Durch ein negatives
Gefühl wie Angst kann ich ganz viel über mich
lernen. Darum geht es auch in meiner Show.
GURU: Sind Gefühle denn erlernbar?
Windscheid: Absolut! Viele denken, dass wir mit
fertigen Gefühlen auf die Welt kommen, dass sie
quasi naturgegeben sind. Dabei zeigt die
Wissenschaft, dass das Fühlen gestaltbar ist. Das
Umfeld, die Eltern, die Gesellschaft - sie alle tragen
dazu bei, Muster auszuprägen. Auch ich selbst kann
über Emotionsregulation bestimmen, wie ich fühle.
Man kann also Gefühle lernen!
GURU: Bei all dem wissenschaftlichem Inhalt:
Amüsiert sich das Publikum da überhaupt noch?
Anders gefragt: Nimmt man etwas für die eigene
Psychohygiene mit nach Hause?
Windscheid: Meine Show ist keine Vorlesung an der
Uni. Es wird wirklich viel gelacht! Es gibt Live-
Experimente, Videoeinspielungen und mehr, das ist
richtig lustig. Ich liebe besonders die Momente,
wenn die ganze Halle lacht oder wenn alle ruhig
werden, weil gerade etwas im Kopf Klick gemacht
hat. Aber ich mache keine Comedy. Sondern
Psychologie mit Entertainment. Und da nimmt jeder
etwas für sich selbst mit.
GURU: Gibt es einen Unterscheid zwischen starken
und schwachen Emotionen?
Windscheid: Gefühle können ja wirklich
überwältigend sein. Dann hilft ein Koordinatensystem,
dass wir in der Psychologie haben. Auf einer Achse
steht: Fühlt sich das gut oder schlecht an? Und auf
der anderen Achse ist die Erregung abgebildet. Also:
Wie sehr fährt mich dieses Gefühl hoch oder hält
mich das im Gegenteil ganz entspannt? Damit kann
man Gefühle gut einordnen.
GURU: Haben Sie ein Lieblingsgefühl?
Windscheid: Als Psychologe sollten mich alle
Gefühle gleich stark interessieren. Aber wenn ich
etwas herauspicken dürfte, wäre das die Neugier. Ich
ertappe mich oft, zu bestimmten Themen bereits
fertige Meinungen zu haben und dann weniger offen
zu sein. Und genau das will ich: offen sein und Dinge
verstehen. Verstehen ist aber nicht dasselbe wie
Verständnis haben.
Foto: We Mynd GmbH.
GURU: Gute Gefühle zu haben bedeutet nicht dasselbe, wie sich
gut fühlen, richtig?
Dr. Leon Windscheid: Ja. Gute Gefühle zu haben bedeutet, die
ganze Bandbreite an Gefühlen als etwas Gutes zu betrachten. Auch
Angst, Scham, Ekel oder Eifersucht sind wichtig und daher gut. Die
sollte man nicht unterdrücken, weil sie eine Funktion für den
Menschen erfüllen.
Dr. Leon Windscheid: „Gute Gefühle“
Freitag, 1.12., 20 Uhr, Red Box am
SparkassenPark MG
Tickets an allen bekannten VVK.
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