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NORDSPITZE_01_24

Die Nordspitze ist die Zeitschrift der DJV-Landesverbände Bremen, Niedersachsen und Nord. Das Medienmagazin bietet vierteljährlich Nachrichten, Berichte, Reportagen und Interviews rund um Journalistinnen und Journalisten in Norddeutschland.

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<strong>NORDSPITZE</strong><br />

INTERVIEW<br />

Im Interview mit der <strong>NORDSPITZE</strong><br />

spricht der 30-jährige Fernsehjournalist<br />

mit Wurzeln in der Ukraine, Russland<br />

und Niedersachsen über seine<br />

Arbeit in dem von Russland angegriffenen<br />

Staat, seinen Respekt gegenüber den<br />

Menschen und sein Hobby, das Fechten.<br />

Sie haben in einem früheren Interview<br />

über sich gesagt: „Ich bin ein sehr<br />

vorsichtiger Mensch.“ Wenn das stimmt,<br />

haben Sie gerade den völlig falschen<br />

Job, oder?<br />

Ich habe den richtigen Job. Wobei ich mir<br />

natürlich wünschen würde, aus einer Ukraine<br />

zu berichten, die nicht jeden Tag durch<br />

russische Raketen und Drohnen angegriffen<br />

wird. Aus einer Ukraine, die an sich selbst<br />

und an ihrem Weg als demokratischer und<br />

europäischer Staat arbeiten kann. Die Realität<br />

ist aber eine andere. Russland greift seit<br />

bald zwei Jahren das Existenzrecht dieses<br />

Staates jeden Tag an, besetzt ein Fünftel<br />

des ukrainischen Staatsgebietes, foltert<br />

und tötet Menschen und verbreitet Lügen<br />

über seine Propagandakanäle. Durch meine<br />

persönliche Biografie kenne ich mich mit<br />

beiden Ländern und ihren Gesellschaften<br />

aus. Ich empfinde ein Gefühl der Verantwortung<br />

zu berichten, was hier geschieht.<br />

Vassili Golod ist Ukraine-Korrespondent und seit September 2023<br />

crossmedialer Leiter des neuen ARD-Studios in Kyiv*<br />

„Im Krieg ist<br />

Empathie wichtiger<br />

als Konkurrenzgeist“<br />

Foto: WDR / Nils vom Lande<br />

Kurz vor unserem Telefonat sind Sie aus<br />

der Nordost-Ukraine zurück nach Kyiv<br />

gekommen, von einem Dreh in einer<br />

Kleinstadt wenige Kilometer von der<br />

russischen Grenze entfernt. Haben Sie<br />

eigentlich Angst, wenn Sie in umkämpftem<br />

Gebiet arbeiten?<br />

Angst habe ich nicht, nur wahnsinnig großen<br />

Respekt. Vor allem für die Menschen, die dort<br />

leben. Während ich für einige Stunden dorthin<br />

fahre, meiner Arbeit nachgehe und wieder<br />

wegfahre, ist es für sie weiterhin ihr Zuhause,<br />

das sie nicht aufgeben, von wo sie sich nicht<br />

vertreiben lassen wollen. Bei Luftalarm, wenn<br />

die Sirene ertönt und gleich etwas einschlagen<br />

könnte, ist das dort schon ein anderes<br />

Gefühl als in Kyiv. In der Hauptstadt gibt es<br />

moderne Flugabwehrsysteme, die sehr viel<br />

abwehren können. In den Orten an der Grenze<br />

ist das nicht möglich, weil es einfach zu<br />

nah ist. Ja, es ist ein Risiko. Aber es ist wichtig,<br />

da hinzufahren und die Geschichten dieser<br />

Menschen zu erzählen. Wir fahren auch nicht<br />

einfach irgendwo hin, wir prüfen vorher, wie<br />

die Situation ist, und wir haben Sicherheitsberater<br />

dabei. Und wie jeder Korrespondent, der<br />

für die ARD aus einem Kriegs- oder Krisengebiet<br />

berichtet, habe ich vorher in Deutschland<br />

ein Sicherheitstraining gemacht.<br />

Das ARD-Studio in Kyiv, das Sie leiten,<br />

gibt es erst seit Mitte Oktober 2023. Bis<br />

dahin – mehr als 1½ Jahre nach Beginn des<br />

Angriffskriegs – gehörte die Ukraine noch<br />

zum Berichtsgebiet des Studios Moskau.<br />

Warum hat das so lange gedauert?<br />

Ich finde, das ging wahnsinnig schnell!<br />

Wir sind das erste große Medienunternehmen,<br />

das es mitten im Krieg geschafft hat,<br />

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