Natureiskanal GESCHICHTE Olang RODEL WM 1971DIEADRENALIN-SCHLEIFEVON OLANGRodeln im Angesicht von 7Gder Erdbeschleunigung18
HUBERTUS VIEWDie Geschichte des Natureiskanals in Olang sowiedes gesamten Rodelsports in Südtirol ist einebesondere Saga. Die Zielkurve der Bahn fordertedamals die Besten der Besten mit dem Siebenfachender Erdbeschleunigung. In der erfolgreichenWeltmeisterschaftsmannschaft Italiens fanden sichausschließlich Südtiroler wieder. Verständlich, wardoch das Rodeln in Südtirol Volkssport.Bereits bei den zweiten Weltmeisterschaften,in Davos 1957, starteteder Olanger Johann Graber undsicherte sich im Herren-Einsitzereinen respektablen vierten Platzunter 82 Teilnehmern. Graber erinnertsich noch gut an eine gewisseLotte Scheimpflug, die früher fürÖsterreich startete und nach 1945für Italien antrat. Sie war wohlals erfahrenste Athletin auch alsBetreuerin und Trainerin vom Verbandbestimmt. Ihre Anweisungenfür das Befahren einer Steilkurve:„Vor der Kurve aufrichten undnach vorne beugen!“ „Ich erkanntegleich, dass diese Technik wenigeffektiv ist. Meinen Ansatz, aufdem Rücken liegen zu bleiben unddabei den Schwerpunkt so tief wiemöglich zu halten, um dabei denLuft wiederstand zu verringern, hieltJohann Graber und Paolo Ambrosi,die ersten Olanger Weltmeister. Belebtdurch ihre Erfolge avancierte Olangzum Rodelmekka.ich für besser. Im Rennen trauteich mich dann allerdings dochnicht, meine Technik außer in einpaar wenigen Kurven, die nicht guteinsehbar waren, anzuwenden.Wer möchte schon Ärger mit derTrainerin bekommen?“ JohannGraber ist überzeugt, wäre erdamals mit seiner Fahrtechnikgefahren, wäre eine Medaille inReichweite gewesen.Doch schon wenige Jahre später,bei den Weltmeisterschaften 1962in Krynica/Polen, war die Zeit mitseinem Rodelpartner Paolo Ambrosigekommen, sie sicherten sich dieGoldmedaille im Doppelsitzer.Seitdem waren Athleten aus Südtirol,speziell aus Olang, nahezubei jeder Gelegenheit bei internationalenRennen vertreten. Belebtdurch die Erfolge der OlangerSportler – selbst der BürgermeisterJosef Jud war ein begeisterterRodler, der an diversen Rennenauf regionaler Ebene teilnahm –begann man in Olang, einenNatureiskanal zu planen.Im Jahr 1966 wurde mit dem Bauder Bahn begonnen. Auch wennes damals noch keine ausgefeiltenProgramme zur Berechnung vonStreckenprofilen gab, war derBahnverlauf sowohl durchdachtals auch anspruchsvoll. BesondereHerausforderungen wurden imersten Drittel der Strecke eingebaut,wo die Athleten noch im Vollbesitzihrer Kräfte waren, gefolgt von einem„Beruhigungsteil“, bevor es in denSchlussteil, in die bereits in derSteigung liegende Zielkurve ging.Erstmals haben Athletenden Kopf mit Hilfe einesGurtes mit dem Körperverbunden um denenormen Fliehkräftenentgegenzuwirken.Die Athleten waren hier mehr alsgefordert, denn sie waren demSiebenfachen der Erdbeschleunigungausgesetzt.Zum Vergleich: Die berühmte EauRouge Kurve der Formel-1-Rennstreckevon Spa-Francorchampsin Belgien trifft die Rennfahrerlediglich auf das Fünffache derErdbeschleunigung. Erstmalsverbanden in Olang Athleten denKopf mit Hilfe eines Gurtes mitdem Körper, um so den enormenFliehkräften entgegenzuwirken.19