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Gerhard Huber, Ernst Gusenbauer
einst und
chronologisch4
heute
Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung
Kompetenzorientierung in
einst und heute, chronologisch
Liebe Schülerin! Lieber Schüler!
Kompetenz – das heißt: können! Denn gerade in Geschichte und Politischer Bildung
geht es nicht nur ums Wissen. Was man dort können soll, sagt der Lehrplan¹. Er teilt
in „Könnensbereiche“ der Geschichte und der Politik. Die Abkürzungen HF, HM, HS
usw. findest du im Buch bei jeder Aufgabe: Sie zeigen, um welchen Könnensbereich
es dort jeweils geht.
Was man in Geschichte können soll
Die richtigen Fragen stellen können
Historische Fragekompetenz – HF
• Welche Fragen an die Vergangenheit können wir
stellen? Welche sollten wir stellen?
• Welche Fragen stellen andere (z. B. Geschichtsbücher,
Ausstellungen, Filmdokus)?
Mit Quellen und Geschichtserzählungen
arbeiten können
Historische Methodenkompetenz – HM
• Quellentexten, -bildern, -karten usw. wichtige Informationen
entnehmen können
• Geschichtserzählungen kritisch betrachten können
(z. B. Geschichtsbücher, Ausstellungen, Spielfilme)
• Für beides braucht man das passende Handwerkszeug.
Dieser Band vermittelt den Umgang mit Texten,
Bildern, Karten und Karikaturen (S. 8–16).
Fachbegriffe aus Geschichte verstehen
Historische Sachkompetenz – HS
Das heißt nicht: Begriffserklärungen auswendig lernen,
sondern
• aus allem bisher Gelernten eine Vorstellung z. B. von
„Wirtschaft“ entwickeln – mit allem, was dazugehört
• oder z. B. beschreiben können, was eine „Polis“ war,
wie sie funktioniert hat usw.
Mit Geschichte die Gegenwart
und Zukunft besser verstehen
Historische Orientierungskompetenz – HO
• Geschichte nutzen können,
– um besser zu verstehen, was heute geschieht
– um zu erkennen, was auf uns zukommt
• aber Vorsicht: Man kann aus Geschichte sehr unterschiedliche
Schlüsse ziehen – daher immer mehrere
Sichtweisen vergleichen!
Was man in Politik können soll
Politisch selbstständig urteilen können
Politische Urteilskompetenz – PU
• z. B. über politische Entscheidungen,
Probleme, Streitfälle
• gut begründet durch Sachwissen und durch
das, worauf man persönlich Wert legt
• dieses Urteil auch ausdrücken können
Bereit und fähig sein, politisch zu
diskutieren und Lösungen zu finden
Politische Handlungskompetenz – PH
• die eigene Meinung ausdrücken können
• verstehen, was andere sagen und darauf
eingehen können
• bei der gemeinsamen Suche nach Lösungen mithelfen
• Das übt man am besten praktisch (z. B. in der
Schulgemeinschaft oder durch Rollenspiele).
Mit politischen Quellen umgehen und
selbst an Politik teilnehmen können
Politische Methodenkompetenz – PM
• politischen Daten, Bildern, Texten usw.
Informationen entnehmen können
• z. B. an einer Online-Diskussion über
Politik teilnehmen können
• oder an einer Wahl teilnehmen können
(als Wähler/in oder zu Wählende/r)
Fachbegriffe der Politik verstehen
Politische Sachkompetenz – PS
Das heißt nicht: Begriffserklärungen auswendig lernen,
sondern
• aus allem bisher Gelernten eine Vorstellung z. B. von
„Macht“ entwickeln – mit allem, was dazugehört
• aber Vorsicht:
– Dazu gibt es immer verschiedene Meinungen – daher
stets mehrere Sichtweisen vergleichen!
– Eine Meinung muss so begründet sein, dass jemand
anderer sie zumindest nachvollziehen
(nicht unbedingt teilen) kann.
1 Lehrplan für Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung (2008);
in der Hauptschule: http://www.bmukk.gv.at/medienpool/879/gsk_pb_hs.pdf;
in der AHS-Unterstufe: http://www.bmukk.gv.at/medienpool/786/ahs11.pdf
2 Wegweiser durchs Buch
Inhaltsverzeichnis
Praxis Geschichte .............................................................................................................................. 5
Geschichte – mündlich ............................................................................................................................... 6
Karten lesen ...................................................................................................................................................... 8
FM Historische Plakate interpretieren .......................................................................................... 10
PB Wozu wählen wir? ........................................................................................................................... 12
Wer darf wählen? – Wer darf gewählt werden?............................................................. 13
Reif genug für die Wahl?............................................................................................................. 13
Medien in der modernen Gesellschaft ............................................................................... 14
Themen des 20. und 21. Jahrhunderts ............................................................................... 16
Zwischenkriegszeit .......................................................................................................................... 17
Wirtschaftsprobleme nach dem Ersten Weltkrieg ..................................................................... 18
Die Technisierung verändert die Arbeitswelt ............................................................................... 20
Die USA werden zur führenden Weltmacht .................................................................................. 21
Die Weltwirtschaftskrise .......................................................................................................................... 22
Diktaturen der Zwischenkriegszeit ..................................................................................................... 24
WE Veränderungen in der Arbeitswelt ........................................................................................ 32
SuW Zusammenfassung ......................................................................................................................... 33
Zur Wiederholung .......................................................................................................................... 34
Kompetenz beweisen ................................................................................................................... 36
Check dein Wissen und Verstehen ....................................................................................... 36
FM Fertigkeiten
Methodenkompetenz
PB Politische Bildung
WE Wissen erweitern
SuW Sichern und Wissen
Österreich 1918 bis 1938: Die Erste Republik ................................................... 37
Not, wohin man schaut ............................................................................................................................ 38
Die junge Republik ...................................................................................................................................... 39
Die neuen Grenzen Österreichs ........................................................................................................... 40
Die politischen Parteien der Ersten Republik ................................................................................ 41
Die Gegensätze zwischen den Parteien werden größer ........................................................ 42
Österreich wird ein autoritärer Staat ................................................................................................. 43
Das Ende der Ersten Republik ............................................................................................................... 44
PB Die österreichische Verfassung ............................................................................................... 46
WE Arbeiten mit mündlichen und schriftlichen Quellen .................................................. 47
SuW Zusammenfassung ......................................................................................................................... 48
Zur Wiederholung .......................................................................................................................... 49
Alltagsleben in der Diktatur des Nationalsozialismus ........................... 51
Die Bürger und Bürgerinnen werden zu einer „Volksgemeinschaft“ erzogen ............... 52
Denunzianten und Mitläufer ................................................................................................................. 55
Nationalsozialistische Rassenideologie ............................................................................................. 56
Widerstand gegen das NS-Regime .................................................................................................... 61
Wirtschafts- und Sozialpolitik im Nationalsozialismus ............................................................ 63
PB Politische Plakate untersuchen ................................................................................................ 64
Wahlplakate untersuchen ........................................................................................................... 65
WE Die bildende Kunst des 20. Jahrhunderts ......................................................................... 66
SuW Zusammenfassung ......................................................................................................................... 68
Zur Wiederholung .......................................................................................................................... 69
Check dein Wissen und Verstehen ...................................................................................... 70
Inhaltsverzeichnis 3
Der Zweite Weltkrieg und die Folgen ..... 71
Der Weg in den Krieg ........................................................... 72
Krieg als Vernichtungskrieg ............................................... 73
Alltag im Krieg .......................................................................... 76
Flucht und Vertreibung ........................................................ 79
Für künftigen Frieden: die UNO ..................................... 82
PB Österreichs staatliche Ordnung ......................... 84
WE Menschenrechte – Theorie und
Wirklichkeit ................................................................... 86
Flüchtlinge heute ....................................................... 88
SuW Zusammenfassung .................................................... 89
Zur Wiederholung ..................................................... 90
Das Zeitalter des Kalten Krieges ................ 91
Die Welt wird „geteilt“ ........................................................ 92
Deutschland in der geteilten Welt ................................. 96
Der Zerfall des Ostblocks ................................................... 98
Nationalitätenkonflikte und Kriege nach
dem Zusammenbruch des Ostblocks .......................... 100
Die USA als einzig verbliebene Weltmacht ................ 102
WE Karikaturen zum Kalten Krieg .............................. 103
China – eine neue Weltmacht entsteht ......... 104
SuW Zusammenfassung .................................................... 106
Zur Wiederholung ...................................................... 107
Check dein Wissen und Verstehen .................. 108
Entkolonialisierung und Dritte Welt ........ 109
Kolonien erlangen die Unabhängigkeit ....................... 110
Probleme der Dritten Welt .................................................. 111
Der friedliche Unabhängigkeitskampf Indiens ......... 114
Der Konflikt zwischen Israel und Palästina ................ 115
WE Öl als Waffe – Krieg um Öl .................................... 118
Kinder im Krieg ............................................................ 119
Das Internet verändert die Welt ......................... 120
SuW Zusammenfassung .................................................... 122
Zur Wiederholung ...................................................... 123
Der Israel-Palästinenser-Konflikt ......................... 123
Entkolonialisierung ..................................................... 124
Europa auf dem Weg zur Einheit ............... 125
Die Idee vom geeinten Europa ......................................... 126
Vom Wirtschaftsbündnis zur
Europäischen Union ................................................................ 127
Die Organisation der EU ...................................................... 128
WE Wo liegt Europa? ......................................................... 131
PB Ich gestalte mit ............................................................ 132
SuW Zusammenfassung ..................................................... 133
Zur Wiederholung ...................................................... 133
Zur Geschichte der EU ............................................. 134
Check dein Wissen und Verstehen ................... 134
Österreich seit 1945 ................................................... 135
Österreich von 1945 bis 1955 ........................................... 136
Österreichs Stellung in der Welt nach 1955 ............. 144
PB Wahl des Nationalrates/
des Bundespräsidenten .......................................... 148
Wer tritt zu Wahlen an?
Wer darf kandidieren? ............................................. 149
Österreichs Innenpolitik von 1955 bis heute ............ 150
WE Konsumgesellschaft –
Überflussgesellschaft –
Wegwerfgesellschaft ................................................. 157
Neue soziale Bewegungen
des 20. Jahrhunderts ................................................ 158
PB Rund um Landtags- und
Gemeinderatswahlen .............................................. 160
SuW Zusammenfassung ..................................................... 162
Zur Wiederholung ..................................................... 164
Österreich 1945–1955 ............................................. 164
Österreichs Außenpolitik ....................................... 165
Österreichs Innenpolitik seit 1955 .................... 165
Check dein Wissen und Verstehen .................. 166
Sachregister ................................................................................. 167
Personenregister ....................................................................... 167
Wichtige Orte und Gebiete ............................................... 168
PB Politische Bildung
WE Wissen erweitern
SuW Sichern und Wissen
4 Inhaltsverzeichnis
Praxis Geschichte
Wer die Enge seiner Heimat begreifen will,
der reise. Wer die Enge seiner Zeit ermessen
will, studiere Geschichte.
Kurt Tucholsky, 1890–1935, dt. Schriftsteller
5
Zeitzeugin Agnes Primocic
2001 im Alter von 96 Jahren.
Die einfache Schneiderin
ging 1945, kurz vor Ende
des Zweiten Weltkriegs,
allein ins KZ-Außenlager
Hallein (Salzburg) und verlangte
vom Kommandanten,
17 unschuldige Häftlinge
freizulassen, denen die Erschießung
drohte. Sie riskierte
dabei ihr Leben, konnte
aber die Häftlinge retten.
Filmtipp:
Agnes Primocic – Nicht
stillhalten, wenn Unrecht
geschieht. Dokumentation.
Regie: Uwe Bolius.
Ö 2002 (45 Min)
Geschichte – mündlich
Wie ihr bereits wisst, können wir die Vergangenheit
durch verschiedene Quellen
und Methoden erforschen. Für die jüngere
Geschichte ist u. a. die Methode der
Oral History hilfreich. Bei der mündlichen
Geschichte geht es oft um die
„kleinen Leute“, ihr Alltagsleben und
wie sie in bestimmten Situationen gedacht
und gehandelt haben.
In der Oral History sollen Zeitzeuginnen
und -zeugen frei erzählen
können, was ihnen wichtig
erscheint, und nicht durch
Kommentare beeinflusst werden.
Im Idealfall lässt man ein Aufnahmegerät
mitlaufen.
Auf diese Weise erhalten wir Quellen,
die wir sonst nicht hätten,
denn nicht viele Menschen hinterlassen
ihre Lebenserinnerungen
in schriftlicher Form.
Freilich gilt für mündliche Quellen
dasselbe wie für schriftliche:
Man sollte möglichst gut über
das historische und soziale Umfeld
Bescheid wissen, um die
grundlegenden Fragen zu klären:
ob eine Quelle vertrauenswürdig
und ob sie aussagekräftig ist.
Eine Zeitzeugin berichtet
Eine der Zeitzeuginnen, die ihre Erinnerungen
erzählt haben, ist Agnes Primocic
(1905–2007). Ihre Erzählungen wurden
gegen Ende ihres Lebens als Film und als
Buch festgehalten. Sie wurde als Agnes
Reinthaler 1905 in Hallein (Salzburg) als
Tochter eines Brauereiarbeiters und einer
Näherin geboren. Sie war also zu Beginn
des Ersten Weltkriegs fast 10, zu Beginn
des Zweiten Weltkriegs 34 Jahre alt. Sie
erlebte zwei Weltkriege, die schwierige
Zwischenkriegszeit, die Zeit des Wiederaufbaus
nach dem Zweiten Weltkrieg,
das Wirtschaftswunder, den EU-Beitritt
Österreichs und die Einführung einer gemeinsamen
europäischen Währung. Das
ist ungefähr jene Zeitspanne, von der ihr
heuer lernen werdet.
Über ihre Kindheit erzählte Agnes Primocic:
Q P
Gruppenarbeit:
Schrecklich arm waren die Leute.
Und die, die eine Arbeit und Kinder
hatten, haben die Kinder ausgestiftet,
das heißt, für billiges Geld zu
einem Bauern gegeben, damit sie daheim
eben in die Arbeit gehen konnten
und die Kinder aus dem Weg waren.
Und ich bin zu einem Bauern
nach St. Jakob am Thurn ausgestiftet
worden.
(Zehetner (Hg.): Nicht stillhalten, wenn
Unrecht geschieht. Die Lebenserinnerungen
von Agnes Primocic. Salzburg 2004, S. 8)
1 Warum nahmen wohl die Bauern
„für billiges Geld“ Kinder auf?
Was wird die kleine Agnes auf dem Bauernhof
erwartet haben? Streicht im Kasten
jene Wörter durch, die eurer Vermutung
nach nicht auf Agnes zutreffen. HF/HM
• Harte Arbeit
• Spielen, Basteln
• Ziege/Schafe hüten
• glückliche Zeit
• melken
• Schläge
• Schulunterricht
• Schlafen im Stall
• ein eigenes Bett
2
G Vergleicht eure Vermutungen, bevor
ihr weiterlest, was Agnes Primocic erzählt.
HF
Q P
… bei einem Bauern, wo es Schafe
gegeben hat, einen Stall mit
Rindern und Wald und Wiesen. Da ist
man einfach selig gewesen. Und der
Bauer hat selbst Kinder gehabt, mit
denen haben wir gespielt. Im Wald
haben wir einen Stall gebaut und aus
Tannenzapfen haben wir Kühe gemacht
und so weiter. Das war einfach
wunderbar.
(Primocic, S. 8)
6
Praxis Geschichte
Manche von euch werden vielleicht überrascht
sein, dass Agnes auf dem Bauernhof
glücklich war und nicht hart arbeiten
musste. Das zeigt zwei „Probleme“ der
Oral History:
1. Es handelt sich immer um eine ganz
persönliche Geschichte. Man kann zwar
meist annehmen, dass es anderen aus
diesem sozialen Umfeld zu dieser Zeit
ähnlich ging; aber ebenso gab es Menschen,
die in einer ähnlichen Situation
etwas völlig anderes erlebten.
2. Man sollte sich bei der Analyse von
mündlichen Quellen immer erkundigen,
von welcher Zeitspanne genau die Rede
ist. Haben die Erzähler/innen nach all
den Jahren etwas verwechselt? Was meinen
sie mit „Kindheit“, „Jugend“ usw.?
Im vorliegenden Fall wusstet ihr bei eurer
Entscheidung nicht, dass Agnes als Kleinkind
zu dem Bauern kam. Mit vier Jahren
kam sie bereits wieder zurück zu ihren
Eltern. Sie wäre also zu harter Arbeit gar
nicht fähig gewesen. Der Aufenthalt auf
dem Bauernhof war sozusagen ein Ersatz
für den Kindergarten. Dass sie dort gut
behandelt wurde, war – wie wir aus anderen
mündlichen Quellen wissen – nicht
selbstverständlich.
v. l.: Agnes Primocic, Schwester Margarethe,
Mutter Franziska. Aufnahme um 1917
Ähnliches ist bei der folgenden Textpassage
aus den Erinnerungen von Agnes
Primocic zu beachten, wenn sie über ihren
Vater schreibt: Sicher waren nicht alle
Väter so wie der hier beschriebene, aber
dass früher viele Kinder strenger als heute,
manchmal sogar brutal erzogen wurden,
wird hier klar gemacht.
Q P
Da […] ist es so gewesen, dass die
Kinder, wenn er (Anm.: der Vater)
heimgekommen ist, sich angestellt haben:
Das eine hat ihm die Stiefel ausziehen
müssen, das andere hat den
Stiefelknecht herhalten müssen, das
andere hat ihm die Socken ausgezogen,
das andere hat ihm die Patschen
anziehen müssen, und er hat sich
dann in seinen Sessel gesetzt und hat
um seinen Tschik gelangt. […] Seine
Erziehungsmethode war damals die:
Wenn man etwas angestellt hatte, hat
man immer Schläge gekriegt. Und der
Vater hat immer mit dem Hosenriemen
zugeschlagen. […] Und da hat er
mich […] so geschlagen, dass meine
Mutter gesagt hat: „Hör auf, du bringst
sie ja um!“
(Primocic, S. 8)
Ihr werdet in diesem Buch immer wieder
Erinnerungen von Agnes Primocic lesen.
Vergleicht ihre Aussagen mit den Texten
und den anderen Quellen.
Das Interview
Eine Variante der Oral History ist das
Interviewen von Zeitzeuginnen und
-zeugen. Auch sie sollen alles aus ihrer
persönlichen Sicht erzählen, aber ihr
könnt das Gespräch mit euren Fragen
lenken. Nehmt die Interviews auf und
verschriftlicht sie dann (zumindest stichwortartig).
Dann geht’s ans Vergleichen
und Interpretieren.
Mögliche Themen:
• Der autofreie Tag während der Ölkrise
Anfang der 1970er-Jahre
• 1989 – der Fall der Berliner Mauer
• Als das erste TV-Gerät ins Dorf kam
• Schule heute – Schule früher (vgl. einst
und heute 2, chronologisch) usw.
Johann Reinthaler,
Agnes‘ Vater
Praxis Geschichte
7
Fertigkeiten
Um die Vergangenheit erforschen und
verstehen zu können, benötigt ihr bestimmte
Fertigkeiten (Kompetenzen).
Besonders wichtig ist die Fertigkeit des
Kartenlesens, die hier wiederholt und vertieft
wird. Auch den Umgang mit schriftlichen
Quellen solltet ihr euch in Erinnerung
rufen. Wichtig für die Epochen in
diesem Band ist außerdem die Fähigkeit,
politische Plakate zu interpretieren.
3
G
Gruppenarbeit:
Ihr wisst bereits aus
dem Vorjahr, dass Fachleute
zwischen historischen
Karten und Geschichtskarten
unterscheiden.
Bei letzteren unterscheidet
man zusätzlich
zwischen analytischen
(oder statischen) Karten
und Entwicklungskarten
(dynamischen Karten).
Versucht gemeinsam,
diese Begriffe zu erklären.
HS
Karten lesen
4 Um welche Art von
Karte (vgl. oben)
handelt es sich hier? HS
5 Ihr werdet im nächsten
Kapitel mehr
über die Geschichte Österreichs
nach dem Ersten
Weltkrieg erfahren.
Wiederholt mithilfe dieser
Karte, welche Probleme es
in ÖsterreichUngarn gab.
Wiederholt auch, wie es
zum Ersten Weltkrieg
kam.
HS/HM
Die Völker Österreich-Ungarns
Checkliste für die Arbeit mit Geschichtskarten
1. Schritt: Den Inhalt der Karte erschließen
• Welches Thema/welchen Inhalt hat die Karte? (Titel)
• Welche Bedeutung haben die Zeichen und Farben? (Legende)
• Was wird dargestellt? – Grenzen, Bewegungen, Veränderungen,
Herrschaftsräume, Siedlungsgebiete usw.
2. Schritt: Historische Fragen beantworten
• Welche Erkenntnisse kann man aus der Karte gewinnen?
• Welche Verbindungen und Beziehungen lassen sich erkennen?
3. Schritt: Die Perspektive einer Karte erkennen
• Was zeigt die Karte nicht?
• Welche neuen Fragen ergeben sich, die mithilfe anderer
Informationsquellen beantwortet werden müssen?
• Eventuell: Welche Unterschiede zeigen sich zu anderen Karten
zum selben Thema? Warum?
8 Praxis Geschichte
Methodenkompetenz
Konkrete Fragen zur Karte oben
(Checkliste, 2. Schritt)
a) Welche Volksgruppen lebten in der
k.u.k. Monarchie?
b) Lebten die einzelnen Volksgruppen in
klar begrenzten Gebieten oder gab es
Gegenden, in denen mehrere Volksgruppen
zusammenlebten?
c) Welche Staaten grenzten an Österreich-Ungarn?
d) In welchen heutigen Ländern liegen
die Zugänge zum Meer?
e) Welche Volksgruppen hätten sich gegenüber
den Ungarn benachteiligt
fühlen können?
Konkrete Fragen zur Karte
(Checkliste, 3. Schritt)
(Zur Beantwortung dieser Fragen bzw. zur
Wiederholung des Vorjahresstoffes werdet
ihr vielleicht euer Heft oder das Buch
aus der dritten Klasse benötigen.)
a) Welche der Nachbarländer waren mit
Österreich-Ungarn verbündet, welche
waren politische Gegner?
b) Wurde eine Volksgruppe (außer den
deutschsprachigen Österreichern) politisch
bevorzugt?
c) Warum war Bosnien-Herzegowina im
Besitz beider Reichshälften?
Österreichische
Regierung
Franz Joseph
Personalunion
1867
Realunion
Außenministerium
Kriegsministerium
Finanzministerium
Ungarische
Regierung
Das Bündnissystem unter Wilhelm II.
GB
Entente
cordiale
1904
Tripleentente
1907
F
Neutralitätsvertrag
1902
DR
I
ÖU
Das Bündnissystem Europas am Vorabend des
Ersten Weltkriegs.
R
Srb
Freundschaftsvertrag
Balkanabkommen
1909
Eine Monarchie – zwei Reichshälften:
Der Ausgleich 1867
zwischen Österreich und Ungarn
brachte Ungarn große Vorrechte
gegenüber den anderen Nationen
des Vielvölkerstaates.
Am 28. Juni 1914 fiel der
österreichische Thronfolger
dem Attentat eines serbischen
Nationalisten zum Opfer.
Österreich-Ungarn vor dem Ersten Weltkrieg
Die Monarchie wurde von Wien aus regiert und alle Volksgruppen
hatten dieselben Rechte und Pflichten.
Ungarn war durch das Recht auf Selbstverwaltung gegenüber
anderen Volksgruppen bevorzugt.
In ÖsterreichUngarn lebten Angehörige von über 15 Nationalitäten.
In manchen Gebieten gab es eine starke Durchmischung
unterschiedlicher Volksgruppen.
Italiener, Tschechen, Rumänen, Kroaten, Serben und viele andere
strebten nach Unabhängigkeit bzw. Gründung eines eigenen Staates.
Der Kaiser wollte nur Ungarn und Österreicher in der Regierung.
ÖsterreichUngarn war von Feinden umgeben.
Deutschland war der wichtigste Verbündete.
Mit Russland gab es Konflikte, weil das Land einen Zugang zur
Adria wollte und Serbien unterstützte.
Als ein serbischer Nationalist den Thronfolger tötete, kam es zum
Ersten Weltkrieg.
Trifft zu Aus Karte
6 Welche der folgenden
Aussagen treffen
zu? Welche Informationen
kannst du der Karte
entnehmen? Kreuze an.
HM/HS
Praxis Geschichte
9
Fertigkeiten
Historische Plakate interpretieren
7
G
Versucht in Gruppen
– ohne weitere
Informationen – folgende
Fragen zu den zwei Plakaten
zu beantworten:
• Für welche Partei wird
geworben?
• Aus welcher Zeit stammt
das Plakat (ungefähr)?
• Was wird versprochen
bzw. wovor wird
gewarnt? HM/PU/PM
NSDAP:
Nationalsozialistische
Deutsche Arbeiterpartei
unter Adolf Hitler
Ihr werdet in diesem Buch immer wieder
auf Abbildungen von Wahlplakaten stoßen.
Wahlplakate dienen Parteien im
Wettstreit gegeneinander. Manchmal
verschwimmt dabei die Grenze zur Propaganda,
mit der die politischen Gegnerinnen
und Gegner herabgewürdigt
werden. Bei der Analyse von historischen
Plakaten müssen wir immer die jeweiligen
Zeitumstände berücksichtigen und
herausfinden, was damals damit gemeint
war und wer angesprochen werden sollte.
Die Nutzung von Plakaten für Propagandazwecke
und politische Werbung begann
im Ersten Weltkrieg und erreichte
im Nationalsozialismus einen Höhepunkt.
Bis heute sind Plakate aus dem politischen
Wettkampf nicht wegzudenken,
wenngleich sich der Stil der Plakate natürlich
sehr geändert hat.
Kennzeichnend für Plakate sind das große
Format, die auffällige Schrift, meist
die Farbgebung und die bildliche, oft
symbolhafte Darstellung. Oft werden
Symbole für bestimmte Parteien oder
Menschengruppen verwendet. Die Menschen
damals wussten, was die einzelnen
Symbole, Zeichen und Farben bedeuten;
für uns ist das nicht immer leicht.
Zusatzwissen gefragt
Wichtig bei der Analyse von Plakaten ist
ein gewisses Vorwissen. In diesem Lehrbuch
findet ihr die nötigen Fakten immer
als Bildunterschrift zum Plakat oder auf
der jeweiligen Buchseite, z. B.: Das Zeichen
der Nationalsozialisten war das Hakenkreuz;
die Farbe der Kommunisten ist
Rot; das Erscheinungsjahr des Plakates
war … u. v. m. Die Plakate oben sind 1932
und 1942 entstanden. 1932 wurde die
NSDAP zur zweitstärksten Partei, 1933
übernahm sie bis 1945 die alleinige Herrschaft
in Deutschland.
Folgend findet ihr eine genauere Plakatanalyse.
Lest sie durch und beantwortet
dann, soweit wie möglich, dieselben Fragen
zu einem der übrigen Plakate.
10
Praxis Geschichte
Methodenkompetenz
Plakatanalyse
Was ist der Blickfang? Was fällt sofort auf?
Eine riesige, übermächtige rote Figur, die Personen bedroht,
die um einen Tisch sitzen.
Welche Emotionen zeigt das Bild?
Aggression, Drohung, Kraft, Stärke der KPD
Für wen, für welche Partei wird geworben?
Für die KPD, die Kommunistische Partei Deutschlands
Wann entstand das Plakat? 1932
Welche Personen, Symbole oder Gegenstände sind dargestellt?
Die rote Figur verkörpt die kommunistische Partei; die Figur
ist als Arbeiter (Mütze, offene Jacke) dargestellt; sie bedroht die
Mächtigen, z. B. rechte Politiker (auch Hitler ist zu erkennen).
Unter den Figuren am Tisch sind drei mit Stahlhelm, Militärmütze
und Pickelhaube – sie vertreten das Militär; die Personen
mit Zylinder stellen die Vertreter der kapitalistischen
Wirtschaft dar.
Welche Haltung nehmen die dargestellten Personen ein?
Wie sind die Größenverhältnisse der Darstellung?
Überragende KPD gegenüber den kleinen Personen am Tisch,
die das herrschende System darstellen, das es zu beseitigen
gilt.
Welche Farben dominieren?
Werden Farben symbolhaft eingesetzt?
Rot steht für die KPD, Schwarz für das gegnerische System.
(Wie) wird Schrift eingesetzt?
Parteiname „KPD – Liste 3“ überdimensional groß; dazu der
Spruch, der die bildliche Aussage unterstreicht: „Schluss mit
diesem System“.
1932; Plakat zur Wahl, bei der Hitlers Partei
gewann
8 Interpretiert nun eines der Plakate
auf den Seiten 10 und 11 nach
derselben Methode genauer. PM/HM
Interpretation
Welche politische/gesellschaftliche Einstellung zeigt das Plakat?
Das Plakat wirbt für die Kommunistische Partei Deutschlands;
die KPD richtet sich gegen die Herrschenden, sie will die Gesellschaft
verändern.
Was ist die Botschaft bzw. die Aussage?
Das bisherige Regierungssystem muss beseitigt werden, weil
die Vertreter aus Politik, Militär und Wirtschaft herrschen
und sich niemand um das „gewöhnliche Volk“ kümmert. Eine
starke KPD wird das System ändern und gerechter machen.
Welche Gefühle (Ängste, Hoffnungen, Bedrohungen etc.)
werden angesprochen?
Einige wenige teilen sich die Macht; eine starke KPD wird aber
bald für Gerechtigkeit sorgen.
Plakat zur Reichstagswahl 1930
Praxis Geschichte 11
Politische Bildung
In Österreich darf man bereits ab 16 Jahren wählen. Bald wirst also auch
du mit deiner Stimme mitentscheiden, in welche politische Richtung unser
Land geht. Daher werdet ihr heuer viel über das österreichische Staatssystem,
die Verwaltung und das Wahlrecht lernen. Selbstverständlich lernt
ihr auch ganz konkret den Ablauf einer Wahl kennen.
Wozu wählen wir?
Österreich ist eine demokratische Republik.
Alle wahlberechtigten österreichischen
Staatsbürgerinnen und -bürger haben
das Recht, ihre politischen Vertreterinnen
und Vertreter frei und gleichberechtigt
zu wählen. Sie nützen ihr Wahlrecht
jedoch unterschiedlich: Manche
wählen „weiß“ (d. h. sie geben einen leeren
Stimmzettel ab; die Stimme ist ungültig)
oder gehen gar nicht zur Wahl; andere
wiederum würden nie auf ihr Wahlrecht
verzichten.
9 Markiere im Kasten unten jene drei
Aussagen, die deine Einstellung zu
Wahlen am besten ausdrücken.¹ PU
10 Notiere zu den drei markierten Aussagen
einige Stichwörter. Schreibe auf,
warum sie auf dich zutreffen. PH
11G
Gruppenarbeit:
Was in der Politik
entschieden wird, wirkt
sich auf verschiedene
Lebensbereiche aus.
Welche der folgenden
Themen betreffen euch
als Jugendliche direkt
oder besonders?
Jugendschutzgesetz,
Pensionsreform, Strafgesetze,
Verkehrsregeln,
Bildungsreform.
Findet möglichst viele
Berührungspunkte mit
eurem Alltag. Sammelt
Informationen und
veranschaulicht sie auf
einem Plakat. PH
Ich kenne mich in der Politik nicht aus, also würde ich nicht zur Wahl gehen.
Nur wenn sich möglichst viele Bürgerinnen und Bürger an den Wahlen
beteiligen, wird sich etwas verbessern.
Auf meine Stimme kommt es nicht an.
Der Politik ist die Jugend egal – warum soll ich dann wählen?
Mit meiner Stimme kann ich die Politik beeinflussen.
Ich habe das Recht zu wählen – dieses Recht möchte ich auch nutzen.
Wählen hat keinen Sinn. Die Politiker und Politikerinnen halten ihre
Versprechen sowieso nicht.
Wenn ich nicht wähle, geht eine Wahl vielleicht anders aus, als ich es will.
Es ändert sich ohnehin nichts – ob ich wähle oder nicht.
Ich werde dasselbe wählen wie mein Vater/meine Mutter – sie haben sicher
einen Grund für ihre Wahlentscheidung.
¹ Nach einem Unterrichtsvorschlag aus: Informationen zur Politischen Bildung, 21,
hrsg. v. Forum Politische Bildung. Wien/Innsbruck/Bozen: Studien Verlag, 2004.
12 Praxis Geschichte
Wer darf wählen? – Wer darf gewählt werden?
Um den Nationalrat wählen zu dürfen, musst du zwei Bedingungen erfüllen:
• Du musst österreichischer Staatsbürger/österreichische Staatsbürgerin sein.
• Du musst das Wahlalter erreicht haben: 16 Jahre für das aktive Wahlrecht,
18 Jahre für das passive Wahlrecht.
Aktiv:
Passiv:
12 Was bedeuten
die Begriffe
„aktives Wahlrecht“ und
„passives Wahlrecht“?
PS
Reif genug für die Wahl?
Vor der Herabsetzung des Wahlalters auf
16 Jahre wurde lange diskutiert, ob Jugendliche
in diesem Alter ausreichend
reif sind, um zu wählen.
Aber ab wann ist man reif? Hängt Reife
tatsächlich mit dem Alter zusammen?
Was hat noch Einfluss darauf, ob jemand
reif ist oder nicht?
13 Gruppenarbeit:
G
14
Hier arbeitet ihr zuerst in der Gruppe;
danach geht es um dich
G
persönlich.
• Sammelt Beispiele aus eurem Alltag, die
zeigen, dass sich politische Entscheidungen
direkt auf euer Leben auswirken.
• Sammelt die wichtigsten Merkmale einer
Person, die reif zum Wählen ist.
• Schreibt die Merkmale auf ein Plakat.
• Besprecht anschließend in der Klasse
eure Plakate und einigt euch durch
Abstimmung auf die „ideale“ Wählerin
oder den „idealen“ Wähler.
• Gestaltet dazu nochmals ein Plakat.
• Überlege nun, ob alle Merkmale auf dich
zutreffen.
• Was kannst du (noch) nicht erfüllen?
• Was musst du tun, um dich eurem Ideal
zu nähern?
PU/PH
Gruppenarbeit:
Gedankenspiel: Stellt euch vor, ihr
gründet einen Staat und wollt nun ein
neues Wahlsystem einführen.
Geht dabei nicht vom tatsächlichen Wahlrecht
aus, sondern entscheidet völlig frei!
Überlegt:
• Wer darf an der Wahl teilnehmen?
• Welche Bedingungen müssen die Wahlberechtigten
für die Ausübung des aktiven
Wahlrechts erfüllen?
• Welche Bedingungen müssen die Wahlberechtigten
für die Ausübung des passiven
Wahlrechts erfüllen?
• Kann es sinnvoll sein, jemanden von der
Wahl auszuschließen?
Einige Stichwörter, die euch bei diesem
Gedankenspiel helfen können: Steuern
zahlen, vorbestraft sein, Bildung, sozial,
arbeitslos, Alter, Sprache, Geburtsort,
Behinderung …
PU/PH
Praxis Geschichte 13
Politische Bildung
Medien in der modernen Gesellschaft
15 Sammelt an der
Tafel alle Zeitungen,
die ihr kennt. Versucht,
sie in Qualitäts und
Boulevardzeitungen einzuteilen.
Begründet eure
Entscheidungen.
PS/PU/PH
16 Lies die ersten beiden
Quellentexte.
Welche Zielgruppe
möchte die jeweilige
Zeitung erreichen?
Welche inhaltlichen
Schwerpunkte hat sie?
Welche Beschreibung
passt für eine Qualitätszeitung,
welche für eine
Boulevardzeitung?
PM/PU
Qualitätszeitungen
behandeln anspruchsvolle
Themen. Sie recherchieren
(= nachforschen,
überprüfen) genau und
verwenden eine klare,
sachliche Sprache.
Boulevardzeitungen
konzentrieren sich eher
auf sensationelle Themen.
Sie verwenden
häufig eine reißerische
Sprache.
„Medien“ ist der Oberbegriff für Fernsehen,
Radio, Presse (Zeitungen und Zeitschriften)
sowie Internet. Mithilfe der
Medien informieren wir uns über Politik,
Wirtschaft, Sport und Kultur. Wir benützen
Medien auch, um mit anderen Menschen
in Kontakt zu treten, zu kommunizieren.
Medien können unsere Meinung
stark beeinflussen. Darum spielen sie eine
wichtige Rolle in der modernen Gesellschaft.
Viele Menschen nützen vor allem Fernsehen
und Internet als Informationsquellen.
Daneben sind auch Tageszeitungen
einflussreich. Man unterscheidet Qualitätszeitungen
und Boulevardzeitungen.
Oft geben sich Zeitungen selbst eine bestimmte
inhaltliche Richtung vor.
Q
Die Blattlinie wird durch die Vielfalt
der Meinungen ihres Herausgebers
und der Redakteure bestimmt.
Die Zeitung hat unter anderem zum
Ziel, für die Rechte der kleinen Leute
einzutreten und deren Sprachrohr in
der Öffentlichkeit zu sein, aber den
Lesern auch besonders aufmerksamkeitswirksame
Ereignisse nahe zu bringen.
(ZIS, Zeitungen im Selbstporträt, Wien 1997)
Q
Die Zeitung ist unabhängig von
politischen Parteien und wendet
sich an alle Leser, die hohe Ansprüche
an eine gründliche und umfassende
Berichterstattung stellen, sowie eine
fundierte und sachgerechte Darstellung
wünschen.
(ZIS, Zeitungen im Selbstporträt, Wien 1997)
17 Warum ist es wichtig, dass Zeitungen
genau recherchieren und sachlich berichten?
Sammelt zu zweit Gründe. Tauscht
euch dann in der Klasse aus. PH/PU
Prozess um den Attentäter
von Utöya Anders Breivik.
Ein Ereignis – zwei Berichte
Q
Tag 6 im Prozess um den Killer
von Oslo Anders Breivik. Am
Montag durfte sich der Massenmörder
ein letztes Mal vor Gericht in Szene
setzen … Seine wirre Aussage: Er würde
das Massaker von Utöya wieder verüben,
auch mit dem Wissen, dass viele
Jugendliche starben. Völlig verrückt
und irre: Breivik gab an, er wollte nach
dem Attentat mit einem Flugzeug aus
Norwegen fliehen. Die Maschine wollte
er stehlen und selber fliegen. Wie
das geht, habe er sich auf YouTube
angeschaut […]
Q
(heute, 24. 4. 2012)
Anders Breivik hatte neben dem
Osloer Regierungsviertel auch
noch andere Terrorziele in der engeren
Wahl. Als Ziele habe er sowohl das
Hauptquartier der Arbeiterpartei, das
Regierungsgebäude und das Osloer
Rathaus überlegt, aber später wieder
verworfen. Das Ferienlager der sozialdemokratischen
Jugend auf Utöya sei
das nächstbeste Ziel gewesen. 69 Menschen
kamen auf der Insel ums Leben,
zuvor hatte Breivik eine Bombe im
Osloer Regierungsviertel gezündet.
Insgesamt starben 77 Menschen.
18
(Der Standard, 20. 4. 2012)
Vergleiche die beiden Zeitungstexte
miteinander.
Welcher Text ist in reißerischer Sprache
geschrieben? Notiere dir einige passende
Schlüsselwörter dazu.
Welcher Text gibt dir mehr genaue Informationen?
Stelle WFragen und notiere die
Antworten, die du in den Texten findest.
Welcher Bericht stammt deiner Meinung
nach aus einer Qualitätszeitung, welcher
aus einer Boulevardzeitung? PM/PU
14 Praxis Geschichte
19G
Gruppenarbeit:
Analysiert in der
Gruppe (vier Personen)
die Karikatur.
Beschreibt zuerst die
Situation: Was ist das
Außergewöhnliche an
den Schlagzeilen?
Überlegt dann gemeinsam:
Worauf weist die
Karikatur hin, was kritisiert
sie?
Besprecht eure Ergebnisse
in der Klasse.
PM/PU
Im Vergleich zu anderen Demokratien
gibt es in Österreich wenige Tageszeitungen.
Sie werden außerdem von wenigen
Verlagen herausgegeben. Dies gefährdet
nach Meinung mancher Expertinnen und
Experten die Vielfalt der Meinungen.
Die meistgelesene Tageszeitung Österreichs
ist die Kronen Zeitung. Sie erreichte
2006 etwa drei Millionen Leserinnen
und Leser (45 % der Bevölkerung). Viel
weniger Menschen lesen täglich Qualitäts-
und Regionalzeitungen. Unter den
Wochenzeitungen führt das Boulevardblatt
Die ganze Woche mit ca. einer Million
Leserinnen und Leser.
Tageszeitungen in Österreich
1956 2007
36 18
Der Standard 5,0
Reichweite von Tageszeitungen
(Auswahl) in % der Bevölkerung
über 14 Jahren, 2011
Die Presse 3,7
Heute (gratis) 13,1
Kronen Zeitung 38,2
Kurier 8,1
Österreich (gratis) 10,3
Oberösterreichische Nachrichten 5,0
Salzburger Nachrichten 3,4
Tiroler Tageszeitung 3,9
Vorarlberger Nachrichten 2,4
TOP Vorarlberg 2,6
alle Tageszeitungen 73
http://www.media-analyse.at/studienPublicPresseTageszeitung
Total.do?year=2011&title=Tageszeitungen&subtitle=Total, 30. 5. 2012
20
Analysiere die
Tabelle.
Ordne die Zeitungen zuerst
in Boulevard, Qualitäts
und Regionalzeitungen.
Ergänze dann
die jeweilige Reichweite.
Fasse schriftlich zusammen:
Wie hoch ist die
gemeinsame Reichweite
von Gratiszeitungen?
Was kannst du über die
Reichweite von Boulevardzeitungen
sagen?
Was ist beim Vergleich
von Qualitäts und
Regionalzeitungen
auffällig?
Diskutiert gemeinsam:
Warum sind Boulevardzeitungen
beliebter als
Qualitätszeitungen?
Warum werden Gratiszeitungen
verteilt?
PM/PU/PH
Reichweite:
Anteil (in %) der Personen
über 14 Jahren,
die ein bestimmtes
Medium (Zeitung,
Radio …) nutzen.
Praxis Geschichte
15
Politische Bildung
Themen des 20. und 21. Jahrhunderts
Es gibt zeitgeschichtliche Themen, deren
Wurzeln weit zurückreichen, z. B. das
Bestreben, die Menschenrechte durchzusetzen.
Andere Themen hat erst die
jüngere Vergangenheit aufgeworfen –
etwa die Probleme und Chancen der
EU-Osterweiterung (vgl. Seiten 127, 129)
oder die globalisierte Wirtschaft. Über
die wichtigsten Themen sollte man Bescheid
wissen – nicht zuletzt, um persönlich
Stellung beziehen zu können.
Sicher kommt es auch im Laufe dieses
Schuljahres zu Ereignissen, die „in die
Geschichte eingehen“ werden. Das
können Erfindungen oder Entdeckungen
sein, aber auch Kriege oder Katastrophen.
Verfolgt diese Ereignisse in den Medien
und sprecht in der Klasse darüber.
21 Lest regelmäßig Tageszeitungen und
schaut euch Dokumentationen an,
z. B. über Entwicklungsländer (Kap. 6),
die EU (Kap. 7), über Flüchtlinge, Umweltschutz,
Innenpolitik (Kap. 8) usw.
PH/PM
Zeitungen sind wichtige Quellen der
Zeitgeschichte.
22
Innenpolitische Beobachterin/
innenpolitischer Beobachter
Sammelt während des Schuljahres
Quellen zu wichtigen innenpolitischen
Ereignissen (Zeitungsausschnitte,
TV/RadioInterviews etc.) und veranstaltet
regelmäßig „Redaktionssitzungen“:
Was sind die wichtigen Ereignisse?
Welche Folgen haben sie für Österreichs
Bürgerinnen und Bürger?
So könnt ihr selbst eine Zeitung oder
einen „Jahresbericht“ gestalten.
PH/PM/PU
23
Auslandskorrespondentin/
Auslandskorrespondent
Du berichtest während des Jahres immer
wieder über ein Land oder Gebiet. Mögliche
Themen: Russland, Deutschland, ein
anderes Nachbarland Österreichs, EU,
USA, Südostasien, Afrika, Naher Osten,
Südamerika, China, UNO. PM/PH
16 Praxis Geschichte
Zwischenkriegszeit
Politik ist nur der Spielraum,
den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt, *1927, dt. Kabarettist
17
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918 1919
Friedensverträge
1920 1921
1924
Einführung
des
Schillings
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
Wirtschaftsprobleme nach dem Ersten Weltkrieg
Der Erste Weltkrieg (1914–1918) hatte
die Welt völlig verändert. Weite Landstriche
waren verwüstet, Städte zerstört,
Millionen Menschen aus ihrer Heimat
vertrieben worden.
1 Liste die Nachfolgestaaten
auf und
schreibe in eine Tabelle,
welche Gebiete an neue
Staaten fielen. Vergleiche
dazu auch die Karte
„Vielvölkerstaat“ aus
dem ersten Kapitel. HS
2
G
Gruppenarbeit:
Auch heute sind
Kinder immer wieder
Opfer kriegerischer
Auseinandersetzungen.
Nennt aktuelle Beispiele.
PS
Hunger, Not und Schulden
Die Situation nach dem Ersten Weltkrieg
war für alle am Krieg beteiligten Länder
äußerst schwierig. Die europäischen Siegermächte
hatten um große Summen
Kriegsgüter aus den USA importiert und
waren nun stark verschuldet. Die UdSSR
stand nach einem mehrjährigen Bürgerkrieg
vor dem wirtschaftlichen Ruin, große
Teile der Bevölkerung waren völlig
verarmt.
Den Nachfolgestaaten der k. u. k. Monarchie
machten die Nationalitätenkonflikte
zu schaffen: In diesen Ländern lebten
Minderheiten, die sich mit den neuen
Grenzen nicht zufriedengeben wollten.
Kostenlose Suppenverteilung für die Ärmsten
der Armen
Q
Zahlreiche Kinder, auch im zartesten
Alter, erhalten nie einen
Tropfen Milch, kommen ohne warmes
Frühstück zur Schule. Als Schulfrühstück
erhalten sie trockenes Brot oder
als Aufstrich gequetschte Kartoffeln.
Die Kinder gehen vielfach ohne Hemd
und warme Kleidungsstücke zur Schule
oder werden aus Mangel an Leibund
Unterwäsche ganz vom Schulbesuch
abgehalten. Die Not erstickt allmählich
jedes Gefühl für Ordnung,
Sauberkeit und Sitte und lässt nur noch
an den Kampf gegen den Hunger denken.
(Eine Lehrerin nach dem Ersten Weltkrieg,
zit. nach GiQu 6, München 1979, S. 174)
Reparationszahlungen:
Zahlungen, zu denen die
Verlierer des Krieges verurteilt
wurden, um Kriegsschäden
in den Siegerländern
auszugleichen.
Am schwierigsten war die Lage für
Deutschland und Österreich. In beiden
Ländern dankte der jeweilige Kaiser unmittelbar
nach Kriegsende ab. Die jungen
Demokratien waren den großen
innenpolitischen Schwierigkeiten noch
nicht gewachsen. Von Deutschland forderten
die Siegermächte Reparationszahlungen
und machten damit einen
Wirtschaftsaufschwung nahezu unmöglich.
Österreich und Ungarn hafteten für
alle Kriegsschulden der Donaumonarchie,
weshalb auch hier die Mittel für
den Wiederaufbau fehlten.
Ein Brot kostet tausende Kronen
Von 1914 bis 1923 verlor das Geld immer
stärker an Wert. Der Staat hatte hohe
Ausgaben: Er musste zurückzahlen, was
er sich im Krieg von seinen Bürgerinnen
und Bürgern ausgeborgt hatte (Kriegsanleihen),
er hatte Kriegsschulden und er
musste für heimgekehrte Soldaten sowie
für Hinterbliebene sorgen.
18
Zwischenkriegszeit
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
1933 1934
Bürgerkrieg
in Österreich
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland)
1938
Besetzung
Österreichs
1939
Zweiter Weltkrieg
1940 1945
Gründung
der UNO
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
1950
Die Regierung entschied daher, mehr
Geld zu drucken. Zu diesen neu gedruckten
Banknoten gab es aber keine ausreichenden
Gegenwerte, denn Güter waren
nach dem Krieg knapp. Den Betrieben
fehlten die Rohstoffe, um etwas zu produzieren.
Viele mussten schließen. Es gab
also immer mehr Geld, aber nichts zu
kaufen. Was jedoch knapp ist, wird bekanntlich
noch teurer: Für dieselbe Geldsumme
bekam man immer weniger Waren
(Inflation). Ein kg Brot kostete statt
80 bald 2800 Kronen. Schnell verlor das
Geld weiter an Wert.
Besonders drastisch war die Inflation in
den Jahren 1921 und 1922: Die Preise
für Grundnahrungsmittel stiegen sogar
stündlich („galoppierende Inflation“).
Wer Kriegsanleihen gekauft oder Geld
gespart hatte, verlor praktisch alles.
1 kg Brot
1 kg Schweinefleisch
1 Herrenanzug
Monatslohn
1914
(vor Krieg)
0,23 kr
2,10 kr
700 kr
65 kr
Dezember
1921
80 kr
1100 kr
50 000 kr
15 000 kr
Die galoppierende Inflation in Österreich; kr = Kronen
Juni
1922
2 835 kr
40 000 kr
800 000 kr
125 000 kr
September
1922
7 800 kr
150 000 kr
1,7 Mio. kr
280 000 kr
Q P
Nicht einen Kreuzer habe ich
mehr gekriegt von dem Geld
(Anm.: vom Gesparten). Nach dem
Kriegszusammenbruch hat man ja
nichts mehr dafür bekommen, weil ja
damals in Österreich ein Laib Brot mit
Unsummen bezahlt wurde.
(Primocic, S. 20)
Es gab aber auch Gewinner: Wer sich
Geld für Investitionen (z. B. Maschinen,
Gebäude) geliehen hatte, konnte diese
Schulden mit dem nahezu wertlosen
Geld leicht abzahlen. Das waren vor allem
Immobilienbesitzer, Landwirte und
Industrielle.
Ein FünfhundertausendKronenSchein aus der Inflationszeit (1922).
3 Frage deine Eltern,
wie viel Geld sie vor
15 Jahren verdient haben
und was damals z. B. ein
TVGerät oder auch
Grundnahrungsmittel
gekostet haben. Vergleicht
mit heute. Was ist relativ
teurer geworden, was billiger?
PH
Der Schilling wird eingeführt
Mit Währungsreformen versuchte die
Regierung, die Inflation zu stoppen. 1924
wurde in Österreich der Schilling als neue
Währung eingeführt (10 000 Kronen =
1 Schilling). Mithilfe von Auslandskrediten
und striktem Sparen gelang es, den
Wert des Geldes allmählich zu stabilisieren.
Die Wirtschaft erholte sich.
Ein Transport von Lohngeld 1923 – völlig
unbewacht (oben). Dagegen fand der Butterverkauf
unter Polizeiaufsicht statt (unten).
Inflation:
Sinken des Geldwertes
durch Erhöhen der Geldmenge
ohne ausreichenden
Gegenwert in Waren
Zwischenkriegszeit
19
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918 1919
Friedensverträge
1920 1921
1924
Einführung
des
Schillings
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
Die Technisierung verändert die Arbeitswelt
Szenenbild aus dem Film
„Modern Times“ von und
mit Charlie Chaplin (1936)
Elektrischer Strom und Fließband
Anfang des 20. Jahrhunderts änderte
sich in der Arbeitswelt vieles – vor allem
durch die Elektrizität. Aus den USA wurde
das Fließband übernommen. Dort
hatte es Henry Ford 1914 in seiner Autofabrik
eingeführt. Mitte der 1920erJahre
rollten dann auch in Österreich die ersten
SteyrAutos vom Montageband.
Die Fließbandarbeit erzwang von den
Beschäftigten ein bestimmtes Arbeitstempo.
Ungelernte Kräfte hatten – maschinengleich
– eintönige Handgriffe
hunderte Male am Tag auszuführen.
Die „Goldenen 20er-Jahre“
Die neuen Produktionsmethoden erlaubten
es, in kurzer Zeit größere Stückzahlen
herzustellen. Dadurch wurde das einzelne
Produkt billiger. So konnten sich viele
Menschen Dinge kaufen, die zuvor nur
den Reichen vorbehalten waren.
Ausgehend von den USA setzte in den
meisten europäischen Ländern ein Wirtschaftsaufschwung
ein – man spricht
von den „Goldenen 20erJahren“. In Österreich
konnte sich dennoch nur eine
kleine Minderheit z. B. ein Auto leisten.
Ein elektrischer Kühlschrank der Zwischenkriegszeit
4
G
Gruppenarbeit:
Interpretiert die Filmszene
oben. Welches Anliegen
könnte der Regisseur
gehabt haben, wenn
er solche Bilder zeigt?
HM
5
G
Gruppenarbeit:
Für welche Gesellschaftsschichten
dürfte
der Begriff „Goldene Jahre“
zutreffen, für welche
weniger oder gar nicht?
Welche Dinge gelten
heute als Luxus? Nennt
Statussymbole unserer Zeit.
HO/PU
Autos rollen vom Montageband der SteyrWerke. Elektrischer Strom und Fließband beschleunigten
viele Arbeiten und erhöhten die Produktion.
20
Zwischenkriegszeit
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
1933 1934
Bürgerkrieg
in Österreich
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland)
1938
Besetzung
Österreichs
1939
Zweiter Weltkrieg
1940 1945
Gründung
der UNO
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
1950
Die USA werden zur führenden Weltmacht
Der Erste Weltkrieg
macht die USA reich
Während in Europa und
in der Sowjetunion nach
dem Krieg bittere Not
herrschte, setzten die USA
ihren Aufstieg zur führenden
Weltmacht fort.
Neue Technik, riesige Erdölvorkommen
und der Zustrom
arbeitswilliger Einwanderer
und Einwanderinnen
stärkten die Wirtschaft.
Es gab genug Arbeit
und die breite Masse
der Menschen verdiente
gut.
Dazu kamen riesige Kriegsgewinne,
vor allem aus
der Rüstungsindustrie.
Während des Ersten Weltkrieges
hatten die USA
ungeheure Mengen an
Rüstungsgütern, v. a. Munition,
auf Kredit an Großbritannien
und Frankreich geliefert. Nach
dem Sieg zahlten diese die Schulden zurück
– mit den Reparationen der Verlierer,
v. a. Deutschlands. Gewaltige Geldmengen
flossen so in die Vereinigten Staaten,
deren Banken damit Kredite vergaben,
um die Wirtschaft anzukurbeln – an Wirtschaftstreibende,
aber auch an Private,
deren Wohlstand dann oft auf Kreditschulden
begründet war.
Mit Geld aus den USA konnten aber auch
die westlichen Länder Europas ihre Wirtschaft
allmählich wieder in Schwung
bringen. Selbst für die Verlierer des Ersten
Weltkrieges – Deutschland und Österreich
– besserte sich schließlich die Lage.
Zum einen bekamen beide Länder die
Inflation in den Griff, zum anderen erhielt
Deutschland aus den USA mehr Kredite
als die Reparationszahlungen ausmachten.
Damit machte sich Europa aber
auch völlig abhängig von den USA.
Das „Wirtschaftswunder Amerika“:
Große Unternehmen nützten den technischen
Fortschritt und errichteten Großbauten, die
ihre Macht und ihren Einfluss ausdrückten.
Schulden
Alliierte
USA
Reparationszahlungen
Reparationszahlungen
Kredite
Deutschland,
Österreich
Die wirtschaftliche Abhängigkeit Europas von
den USA
6 Überlegt, welche
Probleme sich für
die europäischen Länder
durch diese Abhängigkeit
von den USA ergeben
haben könnten. HF
Zwischenkriegszeit
21
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918 1919
Friedensverträge
1920 1921
1924
Einführung
des
Schillings
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
Die Weltwirtschaftskrise
Hunger. Zeichnung von
George Grosz, 1924
7 Erkläre anhand der
Zeichnung, wie sich
die Wirtschaftskrise
auswirkte. HM/HS
8 Wie unterbrach
Roosevelt diesen
Teufelskreis? Warum gelang
das in Europa nicht?
HS
Aktien:
Anteilscheine an einem
Wirtschaftsunternehmen
Börse:
Ort, an dem Wertpapiere
gehandelt werden
Der Börsenkrach 1929
In den 1920erJahren versuchten in den
USA viele Menschen, durch den Kauf von
Aktien reich zu werden. Mit Aktien kauft
man sich Anteile an einem Betrieb; ihr
Wert richtet sich nach dem Wert des Unternehmens.
Der Wert von Aktien steigt
aber auch, wenn die Nachfrage danach
groß ist. Weil in den 1920erJahren so viele
Menschen Aktien kauften, wurden viele
Unternehmen höher bewertet, als es
der wirtschaftlichen Realität entsprach:
Ein Unternehmen war z. B. 50 Millionen
wert, seine Aktien aber wurden zu einem
weit höheren Gesamtwert gehandelt.
Die Börsenkurse, also die Aktienpreise,
stiegen, und damit auch die Gewinne
der Unternehmer. Die Einkommen der
Arbeiterinnen und Arbeiter aber stiegen
nicht im selben Ausmaß; daher konnten
sie nicht so viel kaufen, wie Industrie und
Landwirtschaft inzwischen produzierten.
Die Unternehmen mussten ihre Produktion
allmählich drosseln und immer mehr
Beschäftigte entlassen. Da es keine Arbeitslosenversicherung
gab, lebten Ende
der 1920erJahre Millionen Menschen in
bitterer Armut.
Manche Spekulanten ahnten, dass die
Aktien bald an Wert verlieren würden
und begannen, ihre Aktien zu verkaufen.
Am 24. Oktober 1929 ließen Panikverkäufe
unzähliger Aktienbesitzer den Wert
ins Bodenlose stürzen. Die Börse von
New York brach zusammen, denn die
plötzlich geforderten Summen konnten
nicht mehr ausbezahlt werden. Die Banken
waren zahlungsunfähig.
Nun forderten die USA ihre Kredite und
Anleihen zurück, bis auch die Banken in
Europa zahlungsunfähig waren. Unternehmen
mussten schließen, Beschäftigte
massenhaft entlassen werden. 1932 war
in Österreich mehr als ein Drittel aller Erwerbsfähigen
arbeitslos.
Die Kaufkraft der
Bevölkerung sinkt;
die Menschen können
weniger kaufen.
Unternehmen produzieren
mehr als sie verkaufen
können und drosseln
die Produktion.
ab 1929
Arbeitssuchende
arbeiten für
niedrigere Löhne.
Ursachen der Weltwirtschaftskrise ab 1929
Der Staat hilft der Wirtschaft
Angestellte müssen
entlassen werden.
Die USA führte der Demokrat Franklin
D. Roosevelt (Präsident 1933–1945) aus
der Krise: Er vergab staatliche Aufträge
zum Bau von Straßen und Kraftwerken,
förderte Landwirtschaft und Industrie. Es
folgten ein Aufschwung und neue Arbeitsplätze.
Die USRegierung führte Arbeitslosen
und Altersvorsorge ein. Damit
griff der Staat stärker in die Wirtschaft
ein, ohne jedoch alle Einzelheiten
vorzuschreiben. Dieses Bündel aus Wirtschafts
und Sozialreformen bezeichnet
man als „New Deal“ (etwa: „Neue Abmachung“).
Der New Deal war ein großer
Wendepunkt in der Geschichte der USA.
22
Zwischenkriegszeit
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
1933 1934
Bürgerkrieg
in Österreich
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland)
1938
Besetzung
Österreichs
1939
Zweiter Weltkrieg
1940 1945
Gründung
der UNO
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
1950
Alltag in der Wirtschaftskrise
Q
Nach einer Statistik des Arbeitsamtes
kann ein Berliner Unterstützungsempfänger
45 Pfund Brot
für 6 Mark kaufen; 9 Pfund Margarine
für 3 Mark; 15 Liter Milch für 4 Mark
50; 20 Pfund Kohl für 2 Mark; 10 Heringe,
Salz und Zucker für 1 Mark –
und damit wären seine 18 Mark 50
aufgebraucht. Das bedeutet täglich ein
halbes Brot, fünfzig Gramm Margarine
und dreimal im Monat einen Hering
pro Kopf. Auf die Frage zum Wocheneinkauf
einer Mutter von fünf
Kindern antwortet sie: „Zum größten
Teil Brot. An dem Tag, an dem wir das
Geld kriegen, kaufen wir uns Wurst.
Dafür hungern wir aber die letzten
beiden Tage von der Woche – vor allem
mein Mann.“
(Aus: Knickerbocker: Deutschland so oder
so?, 1932, S. 14 ff.) [1 Pfund = 1/2 Kilo]
Die Folgen der Wirtschaftskrise
Während sich in den USA die Wirtschaft
erholte, hatten die europäischen Länder,
vor allem die jungen Demokratien
Deutschland und Österreich, immer größere
wirtschaftliche Probleme. Politische
Parteien suchten nach Lösungsmöglichkeiten.
Aber immer mehr Menschen
machten die Demokratie für die soziale
und wirtschaftliche Notlage verantwortlich.
Immer mehr Bügerinnen und Bürger
erhofften sich von Kommunismus
oder Faschismus eine Verbesserung der
Situation und wandten sich diesen diktatorischen
Systemen zu.
9
G
Gruppenarbeit:
Schreibt auf, was
und wie viel ihr pro Tag
ungefähr esst. Vergleicht
dann mit der in Quelle 1
angegebenen Nahrungsmenge.
HM
Noch schlimmer als den Arbeitslosen
ging es den sogenannten „Ausgesteuerten“:
Wer länger als sechs Monate arbeitslos
war, wurde „ausgesteuert“; damit
wurden alle Unterstützungen gestrichen.
Der oder die Arbeitslose stand
buchstäblich vor dem Nichts. Die Folgen
waren katastrophal: Menschen starben
vor Hunger.
Q
Gestern abends ist in der Schüttaustraße
die 37jährige Paula Prokop
infolge vollständiger Entkräftung
und Unterernährung auf offener Straße
bewusstlos zusammengestürzt. Die
Frau, Mutter von vier minderjährigen
Kindern, lebt mit ihrem arbeitslosen
Gatten, der keinerlei Unterstützung
mehr bezieht, in der Pöchlarnstraße 7
in den kümmerlichsten Verhältnissen
und leidet bitterste Not.
(Jahoda u. a.: Die Arbeitslosen
von Marienthal, S. 39)
Notbehausung: Eine richtige Unterkunft war
für viele unerschwinglich.
Zwischenkriegszeit
23
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918 1919
Friedensverträge
1920 1921
1924
Einführung
des
Schillings
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
10 Zu den Quellen:
Welche Folgen des
Friedensvertrages werden
in diesen Aussagen befürchtet?
Vergleiche dazu auch
das Plakat aus Deutschland
aus dem Jahr 1932.
HM
Plakat der NSDAP, 1932
Diktaturen der Zwischenkriegszeit
In der wirtschaftlichen und sozialen
Not nach dem Ersten Weltkrieg erhofften
sich viele Menschen in Europa Rettung
durch einen „starken Mann“. So entstanden
in Russland, Italien, Spanien und
Deutschland Diktaturen.
Sie alle forderten die totale Unterordnung
der Einzelnen und missachteten die
Menschenrechte. Die Macht lag in der
Hand eines einzigen Herrschers. In Russland
sollten Wahlen vortäuschen, dass das
Volk mitbestimmen könne – zu wählen
gab es aber nur eine einzige Partei, alle
anderen waren verboten. Die Diktatoren
stützten ihre Macht auf das Militär und
auf ein ausgeprägtes Spitzelwesen (Geheim
und Staatspolizei); dazu kam eine
riesige Propagandamaschinerie.
Nach dem Krieg: Miteinander
oder gegeneinander?
Die „Friedensdiktate“
Den Verlierermächten des Ersten
Weltkrieges – Deutschland, Österreich
und ihren Verbündeten –
wurden 1919 Friedensverträge vorgelegt,
die sie ohne Einspruchsoder
Verhandlungsmöglichkeit unterschreiben
mussten; andernfalls
drohten die Siegermächte mit der
Besetzung der Länder.
Die Friedensverträge von St. Germain
(für Österreich) und Versailles
(für Deutschland) bescherten
den beiden Kriegsverlierern kaum
überwindbare wirtschaftliche und
politische Schwierigkeiten.
Für Deutschland hieß das:
• Gebiete an die Siegermächte abtreten
(ein Fünftel seiner Fläche mit 7 Mio.
Einwohnerinnen und Einwohnern).
• Die allgemeine Wehrpflicht abschaffen;
das Berufsheer darf maximal 100 000
Mann umfassen; keine Panzer, UBoote,
Schlachtschiffe und Kriegsflugzeuge.
• Reparationszahlungen in der Höhe von
2,6 Milliarden Goldmark.
Q
Sie mögen Deutschland seiner
Kolonien berauben, seine Rüstung
zu einer bloßen Polizeimacht
und seine Flotte zu einer Macht fünften
Grades herabsetzen. Es ist schließlich
alles gleich, wenn es sich im Frieden
von 1919 ungerecht behandelt
fühlt, wird es Mittel finden, um an
seinen Siegern Rache zu nehmen …
Ungerechtigkeit und Anmaßung, ausgespielt
in der Stunde des Triumphes,
werden nie vergessen und vergeben.
(engl. Premierminister Lloyd George; GiQu 6,
bsv, München 1979, S. 119)
Q
Die Friedensbedingungen scheinen
unsagbar hart und demütigend,
während viele von ihnen mir
unerfüllbar erscheinen; Hass und Erbitterung,
wenn nicht Verzweiflung
müssen die Folge derartiger Bestimmungen
sein. Wir haben einen Friedensvertrag,
aber er wird keinen dauernden
Frieden bringen, weil er auf
Eigennutz gegründet ist.
(amerik. Außenminister Lansing, GiQu 6, S. 128)
Der Völkerbund
Auf Betreiben des amerikanischen Präsidenten
Thomas Woodrow Wilson wurde
nach dem Ersten Weltkrieg der Völkerbund
gegründet. Er sollte die Abrüstung
in die Wege leiten, den Flüchtlingen
helfen und künftig für Frieden sorgen.
Diesem Bund traten aber nicht alle Großmächte
bei: Die USA wollten nicht beitreten,
weil sie fürchteten, in zukünftige
Konflikte hineingezogen zu werden.
Deutschland und Österreich waren als
Verlierer des Krieges ursprünglich ausgeschlossen,
ebenso die Sowjetunion. Österreich
durfte 1920 dem Völkerbund beitreten,
spielte aber keine wichtige Rolle.
Die mächtigen Länder, die im Bund vertreten
waren und sich für den internationalen
Frieden einsetzen sollten, betrieben
entgegen ihrer Aufgabe Politik im
eigenen Interesse.
Trotzdem glaubte man 1925, die Gegensätze
zwischen den alten Erzfeinden Frank
24
Zwischenkriegszeit
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
1933 1934
Bürgerkrieg
in Österreich
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland)
1938
Besetzung
Österreichs
1939
Zweiter Weltkrieg
1940 1945
Gründung
der UNO
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
1950
reich und Deutschland überwinden zu
können: Beide Länder unterschrieben die
Verträge von Locarno. Darin versicherte
Deutschland, die Westgrenze anzuerkennen,
und wurde im Gegenzug in den Völkerbund
aufgenommen. Alle Unterzeichner
der Verträge von Locarno verurteilten
den Krieg als falsches Mittel, umProbleme
zu lösen. Sie versprachen, zukünftige
Konflikte vor dem Internationalen Gerichtshof
in Den Haag auszutragen.
Damit schien das Ziel des Völkerbundes
erreicht. InWahrheit aber behielten sich
einige Unterzeichner das Recht vor, „in
Notwehr“ zu den Waffen zu greifen.
Schonbaldwurden die nationalen Gegensätzeund
Ängste wieder deutlich sichtbar.
Der Kommunismus in Russland
Nachdem Lenin 1917 die Macht inRussland
übernommen hatte (Oktoberrevolution),
musste erdiese in einem mehrjährigen
Bürgerkrieg absichern. ImJuli
1918 wurde aus dem ehemaligen russischen
Zarenreich die Union der Sozialistischen
Sowjetrepubliken (UdSSR). Die
Kämpfe zwischen verschiedenen kommunistischen
Gruppen und Anhängern
des Zaren gingen aber weiter. Erst 1922
setzten sich die Bolschewiki endgültig
durch. Lenin ging sofort daran, das Land
nach marxistischen Ideen umzugestalten
Kohle
in Mio. t
29,1 35,5
86
72
165,9
87
189
Getreideproduktion
in Mio. t
706,7
Stahl
in Mio. t
4,2 4,3 18,3
Viehbestand
in Mio. t
61 58 55
147,9
115
und eine „klassenlose Gesellschaft“ aufzubauen:
Alle Betriebe wurden verstaatlicht.
Außerdem nahm der Staat alles
Land und Vieh inBesitz. Die Bauern und
Bäuerinnen waren verpflichtet, alle
Agrarprodukte, die sie nicht selbst benötigten,
abzuliefern. Die weitere Verteilung
übernahm der Staat.
Nach dem Tod Lenins 1924 gelangte
Josef Stalin an die Macht. Er setzte die
Ideen des Kommunismus mit Gewalt um
und errichtete eine Schreckensherrschaft.
Planwirtschaft
Ab 1928 legte Stalin exakt fest, was und
wie viel inden nächsten fünf Jahren zu
produzieren sei (Fünfjahresplan). Die
Bauern und Bäuerinnen mussten sich zu
Kolchosen zusammenschließen.
Sowohl in der Landwirtschaft als auch in
der Industrie schrieb der Plan genau vor,
wie viele Menschen an welchem Ort welche
Arbeit zuverrichten hatten. Und tatsächlich
gelang es, die Produktion derart
zu steigern, dass die Sowjetunion 1940
im Weltvergleich der Wirtschaftsleistung
an zweiter Stelle hinter den USA lag.
Dies gelang, weil neue, staatliche Schulendas
Bildungsniveau hoben, aber auch,
weil Menschen zur Arbeit gezwungen
wurden.
Elektrische
Energie
in Mrd. kWh
1,9 5,0
Schweine
in Mio. t
Erdöl
in Mio. t
Entwicklung von landwirtschaftlicher und industrieller Produktion in der UdSSR 1913–1980
1913–1940
48,3
21 25 20
1284,0
73
9,2 11,6 30,1
1913
1928
1940
1980
603,0
Wladimir Iljitsch Uljanow,
genannt Lenin (1870–1924)
11 Beachtet die unterschiedliche
Entwicklung
von Industrie und
Landwirtschaft (Grafik
links). Welche Gründe
könnte es dafür geben;
welche Folgen musste
das haben? HM/HS
Bolschewismus:
(v. russ. bolsche =mehr);
Anhänger und Anhängerinnen
Lenins nannten
sich Bolschewiki (Mehrheit)
und bildeten den
radikaleren Teil der sozialistischen
Partei (seit 1920:
Kommunistische Partei).
Kolchose:
Landwirtschaftlicher
Großbetrieb in der UdSSR;
zwangsweiser Zusammenschluss
von bäuerlichen
Einzelbetrieben
Zwischenkriegszeit 25
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918 1919
Friedensverträge
1920 1921
1924
Einführung
des
Schillings
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
Stalinismus:
der unter Josef Stalin
betriebene Staatsterror
und Personenkult
Erfolgreicher Kampf gegen den Analphabetismus:
In Kursen lernten Millionen Männer und
Frauen das Lesen und Schreiben (Foto 1928).
Zwangsarbeit im Stalinismus
Stalin setzte seine Ideen mit äußerster
Gewalt durch (Stalinismus). Menschen,
die sich gegen die Enteignung wehrten,
wurden nach Sibirien an unwirtliche Orte
zwangsumgesiedelt. Sogenannte „Konterrevolutionäre“,
also tatsächliche oder auch
nur vermeintliche Gegner und Gegnerinnen
Stalins, mussten in Bergwerken, Industrieanlagen
oder Straflagern Zwangsarbeit
leisten.
Während der Regierungszeit Stalins (1924–
1953) wurden Millionen Menschen inhaftiert
und ermordet. Verhaftungen
konnten völlig willkürlich, ohne Anklage,
geschehen. Die Willkür des Terrors war eine
Methode, die Menschen in ständiger
Angst zu halten und damit gefügig zu machen.
In Schauprozessen wurden die Verhafteten,
oft aufgrund gefälschter Beweise,
als Verräter des Staates verurteilt und in
Straflager eingewiesen. Nicht einmal Kinder
(über 12 Jahre) wurden geschont. Der
Tod durch Zwangsarbeit war eingeplant,
Massensterben kalkuliert. Gab es nicht genügend
Arbeiterinnen und Arbeiter, folgte
einfach eine neue Verhaftungswelle.
Erst nach Stalins Tod wurden die Zwangsarbeitslager
aufgelöst.
Katastrophale Landwirtschaft
Dass es in der UdSSR keinen Privatbesitz
gab, wirkte sich auf die Wirtschaft äußerst
negativ aus: Dem/der Einzelnen
war es bald egal, wie hoch der Ertrag
ausfiel und wie die Maschinen zu pflegen
waren. Ein selbstständiger Bauer hätte
beispielsweise vor einem drohenden Gewitter
abends noch rasch das Heu eingebracht;
da Boden und Ernte aber nicht
ihm gehörten, beendete er seine Arbeit
– wie im Plan vorgeschrieben – pünktlich
um 17.00 Uhr. Dazu kam eine aufwändige
Bürokratie: Arbeiterinnen und Arbeiter
in Betrieben verbrachten bald mehr
Zeit mit dem Ausfüllen von Formularen
als mit der eigentlichen Arbeit. Jede noch
so kleine Entscheidung wurde zentral
von oben gefällt. Das führte zu groben
Fehlentscheidungen.
Die Auswirkungen waren katastrophal:
Millionen Menschen starben an Hunger,
der Lebensstandard sank auf ein Minimum.
Millionen Menschen starben an Hunger.
Propaganda und Personenkult
Der Staat beherrschte sämtliche Medien.
Die Zeitung „Prawda“ („Die Wahrheit“)
schrieb die öffentliche Meinung vor. Dasselbe
galt für Radio und Fernsehen: Die
Sowjetunion wurde als aufstrebendes Pa
26
Zwischenkriegszeit
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
1933 1934
Bürgerkrieg
in Österreich
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland)
1938
Besetzung
Österreichs
1939
Zweiter Weltkrieg
1940 1945
Gründung
der UNO
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
1950
radies der Arbeiterinnen und Arbeiter gepriesen,
während der kapitalistische Westen
als Ausbeuter, Kriegshetzer und moralisch
heruntergekommen verurteilt
wurde.
Stalin betrieb mittels der Medien auch
einen ausgeprägten Personenkult, wie
er für Diktatoren typisch ist. Mit Vorliebe
ließ er sich mit Kindern abbilden und als
deren bester Freund feiern. Sämtliche Erfolge
– die teils ausschließlich in der Propaganda
existierten – wurden seiner
Person zugeschrieben. Stalin wurde als
Ideal des fürsorglichen Staatsmannes dargestellt.
Wer dieses Bild anzweifelte, fiel
Stalins Verfolgung zum Opfer, wurde verbannt
oder ermordet.
Geplanter Alltag im Sowjetstaat
Neben dem systematischen Terror versuchten
die Machthaber auch, ihre Ideen
mittels Erziehung umzusetzen. Männer
und Frauen, die mehr arbeiteten als sie
mussten, wurden als Volkshelden und
heldinnen gefeiert. Kundgebungen,
Theateraufführungen und Sportveranstaltungen
dienten nur einem Zweck: die
Menschen im Sinne der Machthaber zu
manipulieren (beeinflussen). Auch Kinder
und Jugendliche wurden in Horten, Kindergärten,
ganztägigen Schulen, Sportund
Kulturvereinen ganz im Sinne der
Machthaber erzogen.
Q
Die Revolution setzt sich das Ziel,
alle Menschen zu Brüdern zu machen.
Für alle Sowjetbürger, für alle
Männer, Frauen und Kinder, wird sie
Verbesserungen erreichen. Und sie
wird große Häuser errichten mit Küchen,
Speiseräumen, Wäschereien, Kinderhorten
und Clubs, die nach dem
letzten Stand der Wissenschaft eingerichtet
sind und sämtlichen Bewohnern
der Kommune zur Verfügung stehen,
die in behaglichen, sauberen
Zimmern mit fließendem Wasser und
elektrischem Strom untergebracht sind.
(der sowjet. Volkskommissar Lunatscharskij
nach der Revolution 1917; zit. n. Sinjawskij,
Der Traum vom neuen Menschen, S. 236)
Wirklichkeit: Dieses Bild ist Teil einer Chronik,
die von Jefrosinija Kersnowskaja in einem
Zwangsarbeitslager gezeichnet und geschrieben
wurde. Sie schrieb darunter: „Ich konnte
es kaum mitansehen, wie dieses zerbrechliche
Mädchen […] die schwere Schubkarre mit der
Betonmischung über den Laufsteg schob. Die
Temperatur betrug 30 bis 35° Minus […]“
Propaganda: Stalin, der „kinderliebende,
fürsorgliche“ Führer
12 Zur Quelle: Vergleiche
die kommunistischen
Visionen mit der
Wirklichkeit. Kann solch
ein Vorschlag überhaupt
umgesetzt werden? Wer
bestimmt, was die Menschen
glücklich macht?
HM/PU
Propaganda:
von lat. propagare = weiter
ausbreiten; werbende
Tätigkeit für eine Idee
oder Person; um das Ziel
zu erreichen, sind alle
Mittel erlaubt: anfangs
halbe Wahrheit, Betrug
und Lüge, im fortgeschrittenen
Stadium dann auch
unverhüllte Gewalt
Zwischenkriegszeit
27
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918 1919
Friedensverträge
1920 1921
1924
Einführung
des
Schillings
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
Benito Mussolini
13 Man hört auch
heute manchmal:
„Ein starker Mann gehört
wieder her!“ Was ist
damit gemeint? PU
Der Faschismus in Italien
und Spanien
Der Faschismus ist eine Ideologie (Weltanschauung),
die sich vor allem auf die
Prinzipien von Recht und Ordnung und
auf den Zusammenhalt des Volkes stützt.
Zur Verwirklichung dieser Prinzipien wird
Gewalt als legitimes Mittel anerkannt. Der
Staat kontrolliert alle Bereiche des privaten
und öffentlichen Lebens; gegnerische
Parteien werden ausgeschaltet. Im Streben
nach Erweiterung der Macht werden
Terror, Unterdrückung und Krieg betrieben.
Zudem waren die Faschisten überzeugt,
dass das eigene Volk ein besonderes
sei, dazu „bestimmt“, andere Völker
zu unterwerfen. Alle sozialen Gruppen
des Landes – Bauern, Arbeiter, Unternehmer,
Angestellte, Beamte – hatten sich
der „Volksgemeinschaft“ unterzuordnen.
Was diese Volksgemeinschaft zu tun hatte,
entschied ein „starker Mann“, der sogenannte
„Führer“.
Mussolini, der Diktator Italiens
Nach dem Ersten Weltkrieg litt Italien unter
Armut und Arbeitslosigkeit. Diese Situation
wollte Benito Mussolini mit seiner
faschistischen Partei nutzen. Er setzte
sich 1922 über alle Gesetze einer Demokratie
hinweg. An der Spitze seiner Anhänger
(„Schwarzhemden“), die nach
Rom marschiert waren, drohte er, die
Die militärische Ausbildung von Kindern und
Jugendlichen ist kennzeichnend für Diktatur
und Faschismus.
Macht mit Gewalt an sich zu reißen. Derart
erpresst, beauftragte ihn der König
mit der Regierungsbildung. Mussolini errichtete
mit Terror und Gewalt sein faschistisches
Regime:
• Ausschaltung des Parlaments, Verbot aller
Parteien außer der faschistischen
• Aufhebung der demokratischen Grundrechte
• Benachteiligung von Minderheiten, Verherrlichung
des italienischen Volkes
• Völlige Unterordnung des/der Einzelnen
unter die Volksgemeinschaft
• Aufrüstung, Ausbau des Heeres
• Unterdrückung und Verhaftung von
Regimegegnern und gegnerinnen
• Übernahme der Erziehung durch den
Staat: Buben wurden zu Soldaten erzogen
und erhielten bereits mit 15 Jahren
Kleingewehre.
• Wirtschaftsimpulse durch Großprojekte
(Trockenlegung von Sumpfgebieten,
Bau von Autobahnen, Stadien und
Kraftwerken) und Ausbau der Rüstungsindustrie
Auch wenn die wirtschaftlichen Investitionen
in erster Linie auf militärische Stärkung
zielten, brachten sie den Faschisten
doch weitreichende Sympathien ein;
denn die Arbeitslosigkeit sank rasch,
wenn auch nur kurzfristig. Als sie nach
der Weltwirtschaftskrise 1929 wieder anstieg,
versuchte Mussolini davon abzulenken
und das nationale Selbstbewusstsein
mithilfe eines Krieges aufzurichten: 1935
überfiel Italien – mit finanzieller Unterstützung
von Deutschland – den afrikanischen
Staat Abessinien (heute: Äthiopien)
und machte ihn zur italienischen Kolonie.
Der Bürgerkrieg in Spanien
Spanien war im Ersten Weltkrieg neutral
geblieben. Trotzdem litt auch dieser Staat
unter wirtschaftlichen und sozialen Problemen.
Spanien war ein Land der extremen
Gegensätze: Während es auf der
einen Seite reiche Großgrundbesitzer
und Fabrikanten gab, lebten Bauern und
Bäuerinnen, Arbeiter und Arbeiterinnen
in erdrückender Armut. Diese sozialen
Spannungen führten zu Aufständen,
Streiks und Gewalt.
28 Zwischenkriegszeit
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
1933 1934
Bürgerkrieg
in Österreich
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland)
1938
Besetzung
Österreichs
1939
Zweiter Weltkrieg
1940 1945
Gründung
der UNO
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
1950
1936 versuchten mehrere Generäle mit
ihren Truppen unter Führung des Generals
Franco, eine faschistische Diktatur zu
errichten. Sie wurden von faschistischen
Ländern unterstützt. Francos Gegner, die
Volksfront, die sich aus Sozialisten, Anarchisten
und Kommunisten zusammensetzte,
wurde von der UdSSR und von
Frankreich unterstützt. Freiwillige aus
aller Welt kämpften in diesem Krieg.
Schließlich konnte sich Franco durchsetzen
und die Macht übernehmen. Erst
nach seinem Tod 1975 kehrte Spanien
wieder zur Demokratie zurück.
Faschismus in Europa
Auch in anderen europäischen Ländern
kämpften faschistische Gruppen gegen
das parlamentarische System.
Die British Union ofFascists in Großbritannien
konnte jedoch keinen politischen
Einfluss gewinnen. In Frankreich bildeten
die faschistische Action Française und
der Bund der Feuerkreuzler mit insgesamt
210000 Mitgliedern eine Massenbewegung,
gelangten aber nicht andie
Macht. Dies gelang neben Spanien und
Italien nur noch in Deutschland –mit verheerenden
Folgen für die gesamte Welt.
Q
Kampflied der Action Française:
Der Jude hat alles genommen
Alle Dinge geraubt in Paris
Und ersagt zuFrankreich:
„Nur mir gehörst du Paris!
Alle Welt auf die Knie!“
Refrain: Nein, nein, Frankreich
erwacht, zornvoll den Blick,
Nein, nein, genug anVerrat.
(aus: Nolte: Der Faschismus, S.134)
Deutschlands Weg indie Diktatur
Auch in Deutschland bewirkten die Krisen
der Nachkriegszeit und die Massenarbeitslosigkeit,
dass radikale kommunistischeund
faschistischeParteien immer
mehr Zulauf erhielten. Dazu kam, dass
sich viele Deutsche durch den Friedensvertrag
von Versailles gedemütigt fühlten
und sich nach einem starken, mächtigen
Deutschland sehnten.
Faschistisches spanisches Plakat, 1938
Die zahlreichen Parteien waren zerstritten
und unfähig, die politische und wirtschaftliche
Lage zuverbessern. Dementsprechend
schwand das Vertrauen in die
Demokratie; viele Unzufriedene wandten
sich den antidemokratischen Parteien zu.
Adolf Hitler wird Parteiführer
1919 trat der aus Braunau am Inn (OÖ)
stammende und nach Deutschland ausgewanderte
Adolf Hitler der unbedeutenden
Deutschen Arbeiter-Partei bei.
Innerhalb dieser Partei machte er schnell
Karriere, wandelte sie indie Nationalsozialistische
Deutsche Arbeiterpartei
(NSDAP) umund versuchte 1923 erstmals,
von Bayern aus die Macht ansich
zu reißen. Seinen Marsch zur Feldherrenhalle
mit 3000 Bewaffneten konnte die
Polizei mit Waffengewalt zerschlagen, 16
Menschen kamen dabei ums Leben. Hitler
wurde zufünf Jahren Haft verurteilt
(die Mindeststrafe).Aberschonnachneun
Monaten wurde er wieder freigelassen,
denn die Weimarer Republik war gegenüber
Nationalsozialisten vergleichsweise
nachsichtig. Ein Putschversuch der
Kommunisten1918unter KarlLiebknecht
und Rosa Luxemburg hingegen wurde
blutig niedergeschlagen.
Begriffe auf dem Plakat:
bolchevismo (Bolschewismus):
Kommunismus
wie inder Sowjetunion
masones (Freimaurer):
Geheimgesellschaft, die
die Werte der Aufklärung
vertritt (Feindbild der Faschisten)
injusticia social: (soziale
Ungerechtigkeit)
FAI (Iberische Anarchistische
Föderation):
Organisation der spanischen
Anarchistinnen
und Anarchisten (Gegner
der Faschisten)
separatismo (Separatismus):
Streben spanischer
Regionen (z.B.Katalonien)
nach Unabhängigkeit
politicastros (Politikaster):
abwertendes Wort
für Menschen, die sich
mit Politik beschäftigen,
ohne etwas davon zu
verstehen
14 Was waren die
Feindbilder der
Faschisten? Beachtet das
Plakat und das Gedicht.
Was wird den Juden im
„Kampflied“ unterstellt?
PH
Weimarer Republik:
Bezeichnung für
Deutschland 1919 bis
1933 (als Hitler die Macht
übernahm); benannt
nach Weimar als Ort der
Verfassungsannahme
(Weimarer Verfassung)
Zwischenkriegszeit 29
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918 1919
Friedensverträge
1920 1921
1924
Einführung
des
Schillings
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
15G
Gruppenarbeit:
Untersucht die
Bildsprache der Plakate:
Wer wird angesprochen?
Was wollen die Plakate
erreichen? Welche Klischees
werden gezeigt?
Beschreibt die Gestaltungsmittel
(Symbole, Schrift,
Farbe). Vergleicht die
Plakate mit heutigen
Wahlplakaten. HM/PM
Nationalsozialistische Wahlplakate (1932, 1928, 1932)
Hitler verstand es, die
Massen durch Gestik und
stimmlichen Ausdruck zu
begeistern.
16 Fasst die Gründe
zusammen, warum
Hitler und seine Partei vielen
Menschen als Ausweg
aus der Krise erschienen.
Welche Wünsche und
Hoffnungen sprechen die
NSDAPForderungen an?
HS
Hitler war nach seiner Haft bekannter als
je zuvor. Nun ging er daran, die Ideen
umzusetzen, die er in seinem Buch „Mein
Kampf“ während der Haft niedergeschrieben
hatte.
Hitler begeistert die Massen
Hauptforderungen der NSDAP
• Kündigung des Versailler Vertrages,
Aufrüstung und Ausbau der Reichswehr
• Gegen die parlamentarische Demokratie,
für einen Staat mit Adolf
Hitler an der Spitze
• Arbeit und Brot für alle
• Schutz der Handwerker und Kaufleute
• Kampf gegen das Judentum, den
Marxismus und den Bolschewismus
• Beseitigung der Gewerkschaften
(aus: Parteiprogramm der NSDAP vom 24. 2. 1920)
Die NSDAP gewann innerhalb weniger
Jahre massiv an Stimmen. Gründe waren
die wachsende Unzufriedenheit, das
schwindende Vertrauen in die Demokratie
und nicht zuletzt der Ausbruch der
Weltwirtschaftkrise 1929. Die Nationalsozialisten
nutzten die Sehnsucht nach
einem „starken Mann“ für ihre Zwecke.
Ihr Führer Adolf Hitler verstand es meisterhaft,
die Volksmassen für seine Forderungen
zu begeistern. Er schulte Ausdruck
und Gestik und setzte für seine
Propaganda die modernste Technik des
Rundfunks und des Verkehrs ein. Auf seiner
dritten Deutschlandreise 1932 absolvierte
er in 14 Tagen über 50 Massenveranstaltungen.
Gezielt bezichtigte er in
seinen Reden die anderen Parteien, die
Wirtschaftskrise verursacht zu haben:
Q
Deutsche Volksgenossen!
Das deutsche Volk geht seiner
entscheidenden Schicksalsstunde entgegen.
Es ist unser Ziel und eine Lebensaufgabe,
die ich mir gestellt habe,
diese 30 Parteien bürgerlicher und
proletarisch marxistischer Programme
zu beseitigen (stürmischer Beifall). Ich
nehme also an, dass ihr mit tausend
Programmen die Wirtschaft ruiniert
habt, und ich sage für uns, dass wir
mit einem Programm die Wirtschaft
wieder aufrichten werden, und dieses
Programm lautet: Rettet die Kraft eines
Volkes, und dieses Volk wird auch
die Kraft finden, sich wirtschaftlich
wieder zu retten […] Wenn jemand
Deutschland wieder zum wirtschaftlichen
Blühen zurückführen will, dann
ist die Voraussetzung wieder die Blüte
eines Deutschen Reiches der Kraft und
der Macht und der Stärke.
(Hitler 1932, zit. n. Schmid: Die nationalsozialistische
Machtergreifung, S. 9 f.)
30 Zwischenkriegszeit
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
1933 1934
Bürgerkrieg
in Österreich
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland)
1938
Besetzung
Österreichs
1939
Zweiter Weltkrieg
1940 1945
Gründung
der UNO
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
1950
Stimmen in %
SPD
31,2
2,4
Mai
1928
NSDAP
24,8
18,5
Sept.
1930
37,8
21,9
Juli
1932
Aufstieg der NSDAP; die zuvor stimmenstärkste
Partei, die SPD, verlor wie alle anderen – mit
Ausnahme der KPD.
Hitler übernimmt die Macht in
Deutschland
1932 war die „Hitlerpartei“ von einer kleinen
rechtsextremen Splittergruppe zur
Massenbewegung und zur stärksten Partei
im Reichstag geworden. Als deren Führer
wurde Hitler im Jänner 1933 Reichskanzler.
Noch bildeten die Nationalsozialisten
nur einen Teil der Regierung.
Hitler schaltete jedoch innerhalb weniger
Monate alle Einrichtungen des demokratischen
Staates aus.
Notverordnung erlaubt Verfolgungen
Als am 27. Februar 1933 das Reichstagsgebäude
in Flammen aufging, wurden –
ohne dass Beweise vorlagen – die Kommunisten
beschuldigt. Es folgte eine große
Verhaftungswelle. Die rechtliche
Grundlage dafür bildete die „Verordnung
zum Schutz von Volk und Staat“. Sie erlaubte
Hausdurchsuchungen, das Abhören
von Gesprächen und setzte wichtige
Menschen- und Bürgerrechte wie Presse
und Meinungsfreiheit außer Kraft.
Das Ermächtigungsgesetz –
erster Schritt zur Diktatur
44,5
18,5
März
Hitlers nächstes Ziel war, bei den Wahlen
vom 5. März 1933 die absolute Mehrheit
(über 50 % der Stimmen) zu gewinnen.
Nachdem dies trotz Terror und Einschüchterung
nicht gelungen war, wollte sich
Hitler die alleinige Macht per Gesetz verschaffen:
Mit Druck und Drohungen setzte
er im Reichstag (dem Parlament) das
„Gesetz zur Behebung der Not von Volk
und Reich“ durch. Es erlaubte der Reichsregierung,
ohne Reichstag zu handeln
und alle Vollmachten dem „Führer und
Reichskanzler“ (Hitler) zu übertragen:
Q
Art. 1: Reichsgesetze können außer
in dem in der Reichsverfassung
vorgesehenen Verfahren auch
durch die Reichsregierung beschlossen
werden.
Art. 2: Die von der Reichsregierung
beschlossenen Reichsgesetze können
von der Reichsverfassung abweichen.
(In: Reichsgesetzblatt, Jg. 1933,
Nr. 17, Teil I, S. 83)
Dieses Gesetz war der erste entscheidende
Schritt in Richtung Diktatur. Ganz undemokratisch
ging die Macht im Staat nun
nicht mehr vom Volk und seinen gewählten
Vertreterinnen und Vertretern aus.
Hitler verbot alle anderen Parteien und
machte Deutschland zum Einparteienstaat.
Auch die Gewerkschaften wurden
verboten. Das ganze Land wurde „gleichgeschaltet“,
das heißt: Die Kontrolle über
sämtliche Bereiche des öffentlichen und
privaten Lebens lag nun in einer Hand –
jener der NSDAP.
Neuer Volksgerichtshof: hitlertreu
Im April 1934 bildete Hitler ein Sondergericht
zur Aburteilung von Hoch und
Landesverrat. Das bis dahin zuständige
Reichsgericht ließ er ausschalten; der
neue Volksgerichtshof war Hitler direkt
unterstellt. Die Richter urteilten politische
Gegner und Gegnerinnen ganz in seinem
Sinne ab. Damit war Hitler oberster Richter.
Als solcher beseitigte er auch Gegner
aus den eigenen Reihen: Er ließ Parteimitglieder
verhaften und unter dem Vorwand,
sie hätten einen Putsch geplant,
hinrichten.
Als Reichspräsident Hindenburg im August
1934 starb, übernahm Hitler dessen
Amt. Damit wurde er zusätzlich Oberbefehlshaber
der Reichswehr und damit
zum absoluten Alleinherrscher.
NSDAPFlugblatt zur Reichstagswahl
1933. Mit einer
Verhaftungswelle nach dem
Reichstagsbrand leitete
Hitler seinen Aufstieg zum
Diktator ein.
20. 1. 1933
Hitler wird
Reichskanzler.
Exekutive
27. 2. 1933
„Notverordnung“
23. 3. 1933
„Ermächtigungsgesetz“:
Hitler
übernimmt die
Gesetzgebung.
Legislative
April 1934
Bildung des
Volksgerichtshofes.
Hitler
macht sich zum
obersten Gerichtsherrn.
Judikative
August 1934
Hitler wird
Reichspräsident.
1933 Jahre Hitler ist Diktator.
Zwischenkriegszeit
31
Wissen erweitern
Veränderungen in der Arbeitswelt
Der „Tag der Arbeit“ (1. Mai) ist nicht nur ein zusätzlicher Feiertag, er diente
der Arbeiterschaft auch immer wieder dazu, bei Aufmärschen ihre Forderungen
zu artikulieren, etwa jene nach einem arbeitsfreien Samstag (1960erJahre)
oder nach Kürzung der Wochenarbeitszeit.
17 Was bedeutete
Arbeitslosigkeit in
der Zwischenkriegszeit?
Warum gab es nach dem
Zweiten Weltkrieg keine
Arbeitslosen? HO/HS
Jeder musste sich für einen
„autofreien“ Tag entscheiden.
Globalisierung:
weltweite Verflechtung
von Wirtschaft, Kultur,
Kommunikation und
Umweltproblemen. Besonders
das Zusammenwachsen
internationaler
Finanzmärkte zwingt die
Wirtschaftstreibenden
dazu, immer höhere
Gewinne zu machen
und deshalb in Ländern
zu produzieren, wo die
Arbeitskräfte am billigsten
sind.
Weniger Arbeit, mehr Freizeit
Die wöchentliche Arbeitszeit wurde seit
dem Zweiten Weltkrieg in mehreren
Etappen von 45 Stunden auf 40 (teilweise
38,5) Stunden reduziert; der Mindesturlaub
wurde immer wieder verlängert.
Im Schnitt arbeitet man heute in Österreich
acht Stunden pro Tag und 203 Tage
im Jahr (Stand: 2011); nach dem Ersten
Weltkrieg waren es noch 300 Arbeitstage.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es
dank des rasanten Wirtschaftswachstums
immer Vollbeschäftigung (fast keine Arbeitslosigkeit)
– bis 1973 eine Wirtschaftskrise
auch die reichen Länder erreichte.
Damals erhöhten die Ölstaaten am Persischen
Golf den Ölpreis, was eine Energiekrise
auslöste. Wer in Österreich ein Auto
besaß, musste es einen Tag in der Woche
stehen lassen, um Energie zu sparen.
Auch die Semesterferien (ursprünglich:
„Energieferien“) dienten diesem Zweck:
Alle Schulen wurden im kalten Februar
eine Woche lang geschlossen, um Strom
und Heizmaterial, vor allem Öl, zu sparen.
Die Industrie musste ihre Produktion drosseln,
viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
wurden entlassen.
Auch die zunehmende Rationalisierung
durch Roboter und Computereinsatz
führte zu Entlassungen – etwa der Setzer
und Setzerinnen in den Druckereien Ende
der 70erJahre, weil ihre Arbeit durch
den computergesteuerten Satz überflüssig
geworden war.
Sowohl in der Landwirtschaft als auch in
der Industrie gingen durch Maschinen
viele Arbeitsplätze verloren, allerdings
entstanden auch neue, höher qualifizierte
– vor allem in der Dienstleistungsbranche,
also in Handel, Verkehr, Bankwesen,
Verwaltung und Bildungswesen, aber
auch bei Gendarmerie, Polizei und Heer.
So entwickelte sich der Mittelstand zur
größten Bevölkerungsgruppe: Personen,
die zwar nicht reich sind, aber finanziell
relativ sorgenfrei leben können. Soziale Errungenschaften
(vgl. Seiten 140, 150) verbesserten
die Lebensqualität jedes/jeder
Einzelnen. Durch die kürzeren Arbeitszeiten
entstand die Freizeitgesellschaft
und in der Folge die Freizeitindustrie.
Globalisierung schafft Probleme
Anfang der 90er-Jahre stieg in den westeuropäischen
Ländern die Arbeitslosigkeit
erneut an, denn die Auswirkungen
der Globalisierung belasteten nun vermehrt
die Staatshaushalte: Dank der billigen
und schnellen Transportmöglichkeiten
können große Konzerne ihre Produktionsstätten
über die ganze Welt verteilen.
Auch österreichische Firmen
verlegten Produktionsbetriebe in die billigeren
Länder des Ostens, lediglich
hochspezialisierte Arbeiten und das Management
verblieben in Österreich. Für
schlechter qualifizierte Personen bedeutete
dies oft Arbeitslosigkeit oder Einkommensverluste.
Arbeitslose waren auf
staatliche Unterstützung angewiesen,
was die Ausgaben des Staates erhöhte.
WK
32
Zwischenkriegszeit
Sichern und Wissen
Kommunismus: Stalin (Russland)
bis 1954
Faschismus: Mussolini (Italien)
bis 1944
Austrofaschismus
WK 1
Not und Aufschwung nach dem Krieg
Weltwirtschaftskrise
Nationalsozialismus: Hitler (D)
bis 1945
1918
1919
Friedensverträge
1920 1921
1924
Einführung
des
Schillings
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
1930
1933 1934
Bürgerkrieg
in Österreich
1938
Besetzung
Österreichs
Zusammenfassung
Probleme der Nachkriegszeit
Die Länder Europas hatten nach dem
Ersten Weltkrieg enorme soziale und
wirtschaftliche Probleme zu lösen. Dazu
kam, dass viele europäische Länder
Kriegsschulden an die USA zurückzahlen
mussten (vgl. S. 18). Besonders
schwierig war die Lage in Österreich
und Deutschland. Die Menschen litten
vor allem unter hoher Arbeitslosigkeit
und Inflation (Geldentwertung). Währungsreformen
Anfang der 1920er
Jahre konnten zwar die Inflation stoppen
und die wirtschaftliche Lage in
Deutschland und Österreich bessern,
aber die Sparmaßnahmen und Reformen
belasteten auch viele Menschen.
Diktatorische Systeme
Die Kennzeichen sind: Ausschaltung aller
demokratischen Einrichtungen sowie
die Herrschaft einer einzigen Partei
bzw. eines einzigen Führers; Verfolgung
von Minderheiten und Regimegegnern
und gegnerinnen, Glorifizierung
des eigenen Volkes. Der Staat
fordert die völlige Unterordnung des/
der Einzelnen; er kontrolliert sämtliche
Bereiche des öffentlichen und wirtschaftlichen
Lebens. Wirtschaftsimpulse
gehen oft von der Kriegsindustrie
aus. Systeme dieser Art waren der
Kommunismus und der Faschismus
bzw. Nationalsozialismus.
Krise der Demokratie
Die soziale und wirtschaftliche Not
nach dem Ersten Weltkrieg ließ vor allem
in Österreich und Deutschland
das Vertrauen in die Demokratie als
Regierungsform schwinden. Dazu kam
die Weltwirtschaftskrise 1929. Diese
Situation erleichterte es radikalen Parteien,
immer mehr Anhängerinnen
und Anhänger zu finden und ihre diktatorischen
Ziele umzusetzen.
Der Nationalsozialismus in
Deutschland
Auch in Deutschland verstärkte die
Wirtschaftskrise den Zulauf zu radikalen
Parteien. So konnte Hitlers NSDAP
zur stimmenstärksten Partei aufsteigen.
Nachdem Hitler 1933 Reichskanzler
geworden war, setzte er sich über
alle demokratischen Einrichtungen hinweg,
entmachtete seine Gegner und
das Parlament, errichtete einen eigenen
Gerichtshof und wurde so binnen eines
Jahres zum absoluten Alleinherrscher.
Sein Auftreten gegen die „Schande von
Versailles“ und der Wirtschaftsaufschwung
durch die Kriegsvorbereitungen
begeisterten die Massen. Nur wenige
erkannten die Gefahr. 1939 begann
Hitler den Zweiten Weltkrieg.
Zwischenkriegszeit
33
Sichern und Wissen
Zur Wiederholung
1 Ordne die Abbildungen
und Sätze
(1–9) folgenden Überschriften
zu. HS
Die „Goldenen 20er“
1
Tourismuswerbung, 1920erJahre
Unternehmen produzieren
mehr als sie verkaufen
können und drosseln
die Produktion.
2
Wirtschaftskrise
Die Kaufkraft der
Bevölkerung sinkt;
die Menschen können
weniger kaufen.
ab 1929
Angestellte müssen
entlassen werden.
2 Folgende Begriffe
solltest du erklären
können:
HS
Zwischenkriegszeit
Inflation
Kommunismus
Faschismus
Nationalsozialismus
Arbeitssuchende
arbeiten für
niedrigere Löhne.
3) Menschen, die durch Spekulationen
und Kreditgeschäfte reich wurden
4) Wirtschaftsaufschwung, von dem relativ
wenige profitieren
5) Die breite Masse steigt in den Aktienkauf
ein; durch die große Nachfrage
steigen die Aktienkurse, sodass
viele Aktiengesellschaften bald extrem
überbewertet sind.
6) Anleger/innen verkaufen die Aktien,
die Kurse fallen.
7) Banken sind zahlungsunfähig.
8) Börsenkrach 1929
9) USA fordern Kapital aus Europa.
34 Zwischenkriegszeit
3 Erkläre mithilfe der
beiden Bilder links
die Inflation der Nachkriegszeit.
HS
USA
Gründe und Folgen
des Börsenkrachs 1929:
4 Ergänze die Grafik
links, die zeigen
soll, wie abhängig Europa
von den USA war. HS
Alliierte
Deutschland,
Österreich
5 Zähle (mithilfe des
Textes Seite 22/23)
Gründe und Folgen des
Börsenkrachs 1929 auf.
HS
Kommunismus Faschismus Nationalsozialismus
6 Ordne folgende
Begriffe den diktatorischen
Systemen zu
(manche passen zu zweien
oder zu allen dreien):
• Fünfjahresplan
• Kolchosen
• Personenkult
• Planwirtschaft
• Schauprozesse
• Schwarzhemden
• Spitzelwesen
• Übernahme der
Erziehung
• Verbot der gegnerischen
Parteien
• Verfolgung von
Regimegegnern und
gegnerinnen
• Volksgemeinschaft
• Wirtschaftsimpulse
durch Kriegsindustrie
• Zwangsarbeit HS
Zwischenkriegszeit 35
Sichern und Wissen
7 Wen zeigen die
Bilder? Welchen
Ländern und Systemen
sind sie zuzuordnen?
HS
20. 1. 19
27. 2. 1933
Hitler wird
5. 3. 1933
Hitler übernimmt
die Gesetzgebung.
Bildung des
Hitler macht sich
zum obersten
Richter.
Hitler wird
Judikative
Hitler ist
Diktator.
8 Ergänze die Grafik
mit folgenden
Begriffen: Exekutive,
Legislative, Reichskanzler,
Wahlen, Reichspräsident,
Volksgerichtshof, Notverordnung,
Ermächtigungsgesetz.
Setze auch die
fehlenden Jahreszahlen
ein.
HS
Kompetenz beweisen
9
G
Gruppenarbeit: Diktaturen heute
Welche Kennzeichen einer Diktatur
fallen euch ein? Sammelt Begriffe.
Vergleicht dann eure Ergebnisse mit einem
diktatorischen System der Gegenwart
(Kuba, Nordkorea, afrikanische Staaten …).
Verwendet das Internet.
PS/PH
10 Propaganda/Werbung: Sammelt
Belege dafür, dass Politik bzw. Regierung
die Medien für ihre Zwecke nutzen.
In welchen Medien tun sie das? Welche
Möglichkeiten gibt es? Wofür wird bezahlt?
Vergleicht eure Ergebnisse mit der Propaganda
diktatorischer Systeme. PS/PH
Check dein Wissen und Verstehen
Ich kann erklären, wie durch die Inflation der Nachkriegszeit manche
Menschen in Österreich reich und die meisten sehr arm wurden.
Ich verstehe, warum neue technische und wissenschaftliche Entwicklungen
das Leben aller Bürgerinnen und Bürger beeinflussen.
Ich kann den Zusammenhang von Reparationszahlungen
und der wirtschaftlichen Macht der USA erklären.
Ich kann die Kennzeichen diktatorischer Systeme nennen und erkennen.
Ich kann das Wesen einer Diktatur an einem konkreten Beispiel
veranschaulichen (Kommunismus, Faschismus).
36 Zwischenkriegszeit
Österreich 1918 bis 1938:
Die Erste Republik
Eine Republik ohne Republikaner!
geflügeltes Wort, ursprünglich auf die Weimarer Republik
gemünzt, aber auch für das Österreich jener Zeit passend
37
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918 1919
Friedensverträge
1920 1921
1924
Einführung
des
Schillings
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
Not, wohin man schaut
Holzsammlerinnen
im Wienerwald
Bettelnder Kriegsinvalider
1 Liste mithilfe der
Grafik die Probleme
Österreichs nach dem
Ersten Weltkrieg auf.
Welche Auswirkungen
hatten diese Probleme
auf das Leben des/der
Einzelnen? HM/HF
2
G
Gruppenarbeit:
Wiederholt die im
Kapitel 1 besprochene
wirtschaftliche Situation
in Europa.
HS
Große Probleme für ein kleines Land
Das Ausland hilft Österreich
Die Lage in Österreich war nach dem Ersten
Weltkrieg katastrophal. Es gab kaum
Nahrungsmittel und Heizmaterial. Man
kochte Marmelade aus Rüben, backte
Brot aus Maismehl, das mit Sägemehl gestreckt
war. Als Kaffeeersatz dienten gemahlene
Eicheln.
Um zumindest die ärgste Not zu lindern,
starteten die USA und andere Länder
Hilfsaktionen und schickten Lebensmittel
und Kleidung. In den Schulen wurden
Brot und Suppe verteilt. Familien in Ungarn,
der Schweiz, in Holland, Jugoslawien,
Dänemark und Schweden luden
österreichische Kinder ein, um sie vor dem
Hungertod zu retten.
Ein Großteil der Bevölkerung war aber
unterernährt. Völlig geschwächt fielen
unzählige Menschen in den frühen
1920erJahren einer Grippeepidemie
zum Opfer.
Viele Betriebe mussten wegen Rohstoffmangels
schließen und ihre Güter fehlten
auf dem Markt. Die wenigen vorhandenen
Waren wurden immer teurer – bis hin
zur galoppierenden Inflation (s. S. 18/19).
Die Preise für Grundnahrungsmittel stiegen
sogar stündlich. Bald bekam man
auch um Millionenbeträge nichts mehr
zu kaufen.
Erst die Währungsreform (Einführung
des Schillings) und ein rigoroses Sparprogramm
ab 1922 konnten die wirtschaftliche
Situation etwas bessern – bis
auch in Österreich die Weltwirtschaftskrise
erneut große Not brachte.
38
Österreich 1918 bis 1938: Die Erste Republik
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
1933 1934
Bürgerkrieg
in Österreich
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland)
1938
Besetzung
Österreichs
1939
Zweiter Weltkrieg
1940 1945
Gründung
der UNO
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
1950
Die junge Republik
Gegen Kriegsende, im Oktober 1918, begann
sich die österreichischungarische
Monarchie aufzulösen: Nicht deutschsprachige
Teile gründeten eigene Staaten,
etwa die Tschechoslowakei und das
spätere Jugoslawien.
Der verbleibende deutschsprachige Teil
erhielt eine provisorische Nationalversammlung,
die am 12. November 1918
die demokratische Republik Deutschösterreich
ausrief. Das Gesetz sah vor,
dass sie ein Teil der neuen deutschen Republik
werden sollte, denn die Parteien
Österreichs zweifelten an der Lebensfähigkeit
des kleinen Staates. Die Siegermächte
verboten jedoch 1919 den Anschluss
und strichen das Wort „Deutsch“
aus dem Namen.
Im Februar 1919 fand die erste Wahl
statt. Dabei war die junge Republik vorbildhaft
für die alten Republiken Europas:
Frauen waren erstmals wahlberechtigt.
Soziale Errungenschaften
Nach der Wahl bildeten Sozialdemokraten
und Christlichsoziale eine gemeinsame
Regierung, eine Koalition. An der
Spitze stand als Staatskanzler der Sozialdemokrat
Karl Renner. Trotz der schwierigen
Nachkriegssituation konnte die
Koalitionsregierung einige wichtige Probleme
lösen und die junge Demokratie
vorerst festigen.
So wurden bis 1920 mehrere wichtige
Sozialgesetze beschlossen, die das Leben
der Österreicherinnen und Österreicher
wesentlich erleichterten:
• 8-Stunden-Arbeitstag
• Eine Woche bezahlter Urlaub pro Jahr
• Einheitliche Mindestlöhne
• Kinderarbeitsverbot, Frauen-Nachtarbeitsverbot
• Arbeitslosenversicherung
• Wahl von Betriebsräten, die in bescheidenem
Ausmaß an der Betriebsführung
mitwirken durften
Diese gemeinsamen Reformen konnten
aber das Misstrauen zwischen sozialdemokratischer
und christlichsozialer Partei
nicht beseitigen. Erstere fürchteten Geheimabkommen
der Christlichsozialen
mit Ungarn zwecks Wiedereinführung
der Habsburgermonarchie, letztere beschuldigten
die Sozialdemokraten, nach
sowjetischem Muster das Privateigentum
abschaffen zu wollen. 1920 zerbrach die
große Koalition. Es folgten (bis 1933) mehrere
Koalitionsregierungen aus Christlichsozialen
und deutschnationalen Parteien
(vgl. S. 42).
Der Sparkurs des christlichsozialen Kanzlers
Ignaz Seipel, ein Kredit des Völkerbundes
und die Währungsreform konnten
die Hyperinflation stoppen. Für die
Menschen bedeutete die Reform einerseits
den Beginn eines wirtschaftlichen
Aufschwunges in Landwirtschaft, Industrie
und Tourismus. Viele verloren durch
den ungünstigen Wechselkurs allerdings
einen Großteil ihres Vermögens.
Am 12. November 1918
wird in Wien die Republik
Deutschösterreich ausgerufen.
Karl Renner, erster Kanzler
der Republik Österreich
Der Tourismus trug wesentlich
zur Erholung der österreichischen
Wirtschaft bei –
bis die Weltwirtschaftskrise
1929 für das Ausbleiben
der Gäste sorgte.
Koalition:
Bündnis zwischen
politischen Parteien
zur Bildung einer
gemeinsamen Regierung
Österreich 1918 bis 1938: Die Erste Republik
39
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918 1919
Friedensverträge
1920 1921
1924
Einführung
des
Schillings
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
Die neuen Grenzen Österreichs
Plakat zur Volksabstimmung
in Kärnten
Friedensvertrag von St. Germain
Die Hoffnung vieler Österreicherinnen
und Österreicher, nach dem Krieg zumindest
die deutschsprachigen Gebiete
der alten Monarchie in einem gemeinsamen
Österreich beisammenhalten zu
können, wurde mit dem Friedensvertrag
von St. Germain 1919 enttäuscht.
Im Norden wurden die mehrheitlich
von Sudetendeutschen
bewohnten Gebiete von Österreich
abgetrennt und dem neuen
Staat Tschechoslowakei eingegliedert.
Südtirol geht verloren
„Österreich – das ist, was übrig bleibt.“
(Clemenceau, französischer Außenminister)
Im Süden verlor Österreich
deutschsprachige Gebiete an
Italien und das neue Jugoslawien,
das die Untersteiermark
besetzte. Das Kanaltal ging an
Italien. Außerdem war Italien
1915 Südtirol versprochen worden,
als das Land auf Seiten der
Entente in den Krieg gegen die
Mittelmächte eintrat. Und tatsächlich
kam nun dieses überwiegend
von Deutschsprachigen besiedelte Gebiet
zu Italien. Für die deutschsprachigen
Südtiroler und tirolerinnen folgte eine
Zeit der Unterdrückung, vor allem während
des Faschismus: An Schulen, in Ämtern,
in Zeitungen, auf Ortstafeln usw.
durfte nur noch Italienisch verwendet
werden. Sogar deutsche Familiennamen
wurden italianisiert. Lehrkräfte wurden
nach Süditalien zwangsversetzt, italienische
Arbeitskräfte aus dem Süden angesiedelt.
Im Südosten der ehemaligen Monarchie
hatten sich die kroatischen und slowenischen
Landesteile sowie BosnienHerzegowina
mit Serbien und Montenegro
vereinigt (ab 1929: Jugoslawien). Gemeinsam
forderten sie Südkärnten, wo
viele Sloweninnen und Slowenen lebten.
Jugoslawische Truppen besetzten Teile
Kärntens, wurden aber wieder zurückgedrängt.
Am 10. Oktober 1920 kam es zu
einer Volksabstimmung im umstrittenen
Gebiet. Da sich 59 % der Bevölkerung,
darunter auch viele Sloweninnen und
Slowenen, für Österreich aussprachen,
blieb Südkärnten bei Österreich.
Das heutige Burgenland hatte zur Zeit
der Monarchie zum Königreich Ungarn
gehört – obwohl die Bevölkerung mehrheitlich
Deutsch sprach. Dieses Gebiet
sollte nun auf Wunsch der Siegermächte
Österreich zugesprochen werden. Lediglich
über das Gebiet um die Stadt Ödenburg
(heute: Sopron) war eine Volksabstimmung
vorgesehen. Es kam zu bewaffneten
Kämpfen zwischen Ungarn und
Österreichern, sodass die Abstimmung
schließlich international überwacht wurde.
Dennoch erhob Österreich den Vorwurf,
die Abstimmung sei zugunsten Ungarns
manipuliert worden. Das eindeutige
Ergebnis – 15 000 Stimmen für Ungarn,
nur 8 000 für Österreich – wurde
jedenfalls anerkannt: Ödenburg blieb bei
Ungarn. Hauptstadt des jüngsten Bundeslandes
Österreichs wurde Eisenstadt.
Mit der Eingliederung des Burgenlandes
1921 war die Grenzbildung abgeschlossen
– bis heute hat sich an diesen Grenzen
nichts mehr geändert.
40
Österreich 1918 bis 1938: Die Erste Republik
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
1933 1934
Bürgerkrieg
in Österreich
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland)
1938
Besetzung
Österreichs
1939
Zweiter Weltkrieg
1940 1945
Gründung
der UNO
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
1950
Die politischen Parteien der Ersten Republik
Die Parteien gingen nicht zimperlich miteinander um. Auf Wahlplakaten (v. l. n. r.: 1920, 1919,
1923) wurde den politischen Gegnern alles Schlechte unterstellt. Der kompromisslose Ton zeigt:
Gegensätze zu überwinden und zusammenzuarbeiten – dazu war man nicht bereit.
Politische Parteien bieten den Wählerinnen
und Wählern in ihren Programmen
Lösungen für aktuelle Probleme an. Das
moderne österreichische Parteiwesen entwickelte
sich in der zweiten Hälfte des
19. Jh. Zu Beginn des 20. Jh. bildeten die
Sozialdemokratische Arbeiterpartei, die
Christlichsozialen und die Nationalliberalen
die drei großen politischen Lager.
Die Kommunistische Partei blieb in
Österreich immer sehr klein.
Die Sozialdemokratische Partei
Die Sozialdemokratische Partei wandte
sich vor allem an die Arbeiterinnen und
Arbeiter; aber auch viele Journalisten,
Schriftsteller und Wissenschaftler (auch
Frauen) fühlten sich vom Sozialismus angezogen.
Die führenden Persönlichkeiten waren
Karl Renner und Otto Bauer. Renner trat
für eine Zusammenarbeit mit anderen
Parteien ein, sofern sich daraus Vorteile
für die Arbeiterschaft ergaben, Bauer
lehnte das ab. Als sich Bauer in der Partei
durchsetzte, verschärften sich die Spannungen
mit der Christlichsozialen Partei.
Die Christlichsoziale Partei
Die eng mit der katholischen Kirche verbundenen
Christlichsozialen wollten alle
Bevölkerungsgruppen gleichermaßen ansprechen.
Die unterschiedlichen Interessen
sollten auf Basis der christlichen Gesinnung
ausgeglichen werden. Eine bestimmende
Persönlichkeit war der Geistliche
Ignaz Seipel. Er wollte schrittweise
Sozialreformen durchführen, lehnte aber
den Einfluss oder gar die Mitarbeit der
Sozialdemokratischen Partei ab. Auch
das trug zum gegenseitigen Misstrauen
bei.
Das nationalliberale Lager
Aus verschiedenen nationalen Verbänden
ging die Großdeutsche Volkspartei
hervor. Sie trat – trotz Verbotes durch
die Siegermächte – für den Anschluss an
Deutschland ein. In den 30erJahren
wandten sich viele ihrer Anhänger und
Anhängerinnen – v. a. Beamte und Gewerbetreibende
– dem Nationalsozialismus
zu. Der Landbund vertrat die Grundsätze
der Großdeutschen, er wirkte im
ländlichen Bereich.
„Bist du ein Deutscher?“
„Dann kannst du nicht für
rot oder schwarz stimmen.
Wähle großdeutsch!“
3 Welche Bevölkerungsgruppen
fühlten sich
wohl am ehesten zu den
Sozialdemokraten hingezogen?
Wen repräsentieren
die Christlichsozialen
am besten, wen die Großdeutschen?
Vergleiche die Plakate
dieser Seite mit heutigen.
Welche Unterschiede in
Sprache und Darstellung
fallen auf? HF/PM
Partei:
Vereinigung mit dem Ziel,
Einfluss auf das politische
Geschehen in einem Staat
zu nehmen
Österreich 1918 bis 1938: Die Erste Republik
41
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918 1919
Friedensverträge
1920 1921
1924
Einführung
des
Schillings
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
Die Gegensätze zwischen den Parteien werden größer
Sozialdemokratische Arbeiter und Arbeiterinnen demonstrieren vor dem Justizpalast
gegen den Freispruch der Täter von Schattendorf.
Als sich im Jänner 1927 im burgenländischen
Ort Schattendorf Mitglieder des
Frontkämpferverbandes von Schutzbündlern
bedroht fühlten, griffen sie zu
den Waffen und schossen: Dabei gab es
mehrere Verletzte und zwei Tote auf Seiten
des Schutzbundes. Im Juli 1927 wurden
die Täter freigesprochen. Daraufhin
formierten sich Sozialdemokratinnen und
Sozialdemokraten zu einer Demonstration
vor dem Wiener Justizpalast und
steckten das Gebäude in Brand. Die Polizei
setzte Waffen gegen die Demonstranten
ein. Am Ende waren 89 Tote und
zahlreiche Verletzte zu beklagen.
Die Gegensätze zwischen den Parteien,
also zwischen dem bürgerlichen und dem
sozialdemokratischen Lager, schienen nun
endgültig unüberwindbar. Vor allem die
Heimwehren richteten sich nicht mehr
nur gegen politische Gegner, sondern immer
mehr gegen die Demokratie im Allgemeinen.
Im Mai 1930 wurde auf einer
Kundgebung in Korneuburg der Demokratie
offen der Kampf angesagt:
4 Zur Quelle: Welche
Passagen des Eides
widersprechen einem
demokratischen Verständnis?
HM/PU
Opposition:
Parlamentsparteien, die
nicht der Regierung angehören
und daher oft auch
gegen diese abstimmen,
also in Gegnerschaft
(Opposition) zur Regierung
stehen
Heimwehren:
bewaffnete Verbände,
die sich als Hüter der Ordnung
sahen (neben einer
„zu schwachen Polizei“);
später politische Bewegung,
die für einen autoritären
Staat eintrat
Frontkämpfer:
bürgerlicher Verband
ehemaliger Soldaten
des Ersten Weltkrieges
Nachdem im Sommer 1920 die große
Koalition zerbrochen war, regierten die
Christlichsozialen gemeinsam mit den
Großdeutschen und dem Landbund
(= Bürgerblock). Die Sozialdemokraten
bildeten die Opposition. Sie forderten
vor allem höhere Steuern von den Reichen
zum Vorteil der Arbeiterschaft. Die
Christlichsozialen hingegen wollten einen
Ständestaat errichten: An die Stelle eines
gewählten Parlaments sollten Vertreter
der Berufsstände treten.
Als der Ton zwischen den beiden großen
Parteien immer radikaler wurde, suchten
sie sich durch Schutzverbände abzusichern.
1923 gründeten die Sozialdemokraten
den Republikanischen Schutzbund,
die Christlichsozialen stützten sich
auf die Heimwehren in den Bundesländern.
Die beiden Parteien verfügten nun
über eigene bewaffnete Verbände.
Die Situation eskaliert
Q
Wir wollen Österreich von Grund
auf erneuern. Wir wollen den
Volksstaat der Heimwehren. Wir verwerfen
den westlichdemokratischen
Parlamentarismus und den Parteienstaat.
Wir wollen an seiner Stelle die
Selbstverwaltung und eine starke
Staatsführung, die aus den führenden
Personen der großen Stände und aus
den fähigsten und bewährtesten Männern
unserer Volksvertretung gebildet
wird.
Jeder Kamerad sei bereit, Gut und Blut
einzusetzen; er kenne die drei Gewalten:
den Gottesglauben, seinen eigenen
harten Willen, das Wort seiner
Führer!
Partei
Christlichsoziale
Sozialdemokraten
Großdeutsche
Landbund
Heimatblock
(Heimwehren)
(Korneuburger Eid, nach Berchtold:
Österr. Parteiprogramme)
Wahljahr
1919 1920 1923 1927 1930
69 82 82 73 66
72 66 68 71 72
26 26 10 12 10
– – 5 9 9
– – – – 8
Mandatsverteilung der österreichischen Parteien
im Parlament in den Jahren 1919–1930
42
Österreich 1918 bis 1938: Die Erste Republik
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
1933 1934
Bürgerkrieg
in Österreich
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland)
1938
Besetzung
Österreichs
1939
Zweiter Weltkrieg
1940 1945
Gründung
der UNO
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
1950
Österreich wird ein autoritärer Staat
1932 wurde der Christlichsoziale Engelbert
Dollfuß Bundeskanzler. Ihn unterstützten
auch die Heimwehren, die seit
1930 unter dem Namen „Heimatblock“
als Partei kandidierten.
Im März 1933 nutzte Dollfuß eine „Panne“
im Parlament für die endgültige Abkehr
von der Demokratie: Nach einer
Abstimmung war ein Streit um das Ergebnis
ausgebrochen, in dessen Verlauf die
drei Nationalratspräsidenten ihr Amt zurücklegten.
Damit konnte aber das Parlament
keine Beschlüsse mehr fassen. Es
wurde aufgelöst und ein neuerliches Zusammentreten
mit Polizeieinsatz verhindert.
Die Regierung Dollfuß konnte nun
ohne parlamentarische Kontrolle regieren.
Bereits Ende März wurde der Republikanische
Schutzbund verboten; Landtags
und Gemeinderatswahlen wurden
abgeschafft.
Außerdem erließ die Regierung Verordnungen
zur Einschränkung der Presseund
Versammlungsfreiheit. Es folgten
ein Streikverbot und die Aufhebung der
richterlichen Unabhängigkeit. Schließlich
gründete Dollfuß die Vaterländische
Front, eine Organisation, die alle zusammenfassen
sollte, die an der Abschaffung
der Demokratie interessiert waren.
Das Jahr 1934
Anfang 1934 machte sich die Regierung
daran, die Opposition vollends auszuschalten.
Eine Waffensuche im sozialdemokratischen
Parteiheim in Linz am 12.
Februar löste den Widerstand der Schutzbündler
aus. Dies bot der Regierung Anlass
zum bewaffneten Eingreifen.
Die Kämpfe weiteten sich bis nach Wien
und über alle größeren Industrieorte Österreichs
aus. Nach vier Tagen aber war
der Widerstand gebrochen: Schutzbundführer
wurden hingerichtet, die Sozialdemokratische
Partei verboten, die Parteiführung
inhaftiert. Insgesamt forderte
der Bürgerkrieg mehr als 300 Tote und
hunderte Verletzte.
Q
Wie verlautbart haben der aufgelöste
Republikanische Schutzbund
bzw. Angehörige der Sozialdemokratischen
Partei eine gewaltsame
Aktion vorbereitet. Im Zuge der durchgeführten
Untersuchung nahm die
Polizeidirektion Linz heute Morgen
im sozialdemokratischen Parteiheim
eine Hausdurchsuchung vor. Mitglieder
des ehemaligen Republikanischen
Schutzbundes setzten der Polizei bewaffneten
Widerstand entgegen. Unter
Heranziehung von Heeresabteilungen
wurde das Gebäude im Kampf
genommen, wobei ein Bundeswachmann
getötet, mehrere Beamte verletzt
wurden. Auch an anderen Stellen
in Linz gingen Schutzbundangehörige
mit bewaffneter Gewalt vor […]
(Neues Wiener Tagblatt vom 12. 2. 1934)
Austrofaschismus:
Der Ständestaat
Am 1. Mai 1934 erließ die Regierung Dollfuß
eine neue Verfassung. Sämtliche Parteien
wurden verboten. An die Stelle der
politischen Abgeordneten traten Vertreter
der Berufsgruppen (Stände). Die einzige
erlaubte politische Organisation blieb die
Vaterländische Front, der zahlreiche Österreicherinnen
und Österreicher – oft aus
Angst um ihren Arbeitsplatz – beitraten.
Politische Gegner und Gegnerinnen wurden
verfolgt und unterdrückt. Man spricht
deshalb für die Zeit zwischen 1934 und
1938 auch vom Austrofaschismus.
Am 25. Juli 1934 drangen Nationalsozialisten
bei einen Putschversuch ins Bundeskanzleramt
vor. Der Sturz der Regierung
misslang, Kanzler Dollfuß aber
wurde dabei getötet. An seine Stelle trat
der bisherige Unterrichtsminister Kurt
Schuschnigg, der am autoritären System
festhielt.
Engelbert Dollfuß
5 Zur Quelle: Auf welcher
Seite steht der
Verfasser des Berichtes?
Wem wird die Schuld
gegeben?
HM
6 Welche Ziele verfolgte
Dollfuß mit seinen
Maßnahmen? Inwiefern
widersprechen sie der
Verfassung? Warum kann
man ab 1933 nicht mehr
von einer Demokratie
sprechen?
PU
Vaterländische Front:
von Dollfuß gegründete
politische Organisation,
die alle regierungstreuen
Kräfte zusammenfassen
sollte; gegnerische Parteien
wurden 1934 verboten
Austrofaschismus:
politische Bewegung nach
dem Vorbild des italienischen
Faschismus, getragen
von den Heimwehren
Ständestaat:
Bezeichnung für Österreichs
Staatsform vom
1. 5. 1934 bis zum Einmarsch
der deutschen
Truppen 1938: Es gab
keine politischen Parteien,
nur Vertreter der verschiedenen
Stände in der
Vaterländischen Front.
Österreich 1918 bis 1938: Die Erste Republik
43
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918 1919
Friedensverträge
1920 1921
1924
Einführung
des
Schillings
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
Das Ende der Ersten Republik
1934 betrug die Arbeitslosigkeit 38,5 %,
zudem waren die Reallöhne seit der
Weltwirtschaftskrise 1929 um 44 % gesunken.
Mehr als die Hälfte der Arbeitslosen
erhielt keine Unterstützung, die
Zahl der Konkurse hatte sich vervierfacht.
In dieser schwierigen Situation verstärkte
Hitler ab 1936 den Druck auf
Österreich, um den verbotenen Nationalsozialisten
auch hier zu mehr Macht zu
verhelfen. Im Februar 1938 zwang Hitler
Schuschnigg unter Androhung des Einmarsches,
Nationalsozialisten in die österreichische
Regierung aufzunehmen.
Volksbefragung für Österreich
Schuschnigg startete einen letzten Versuch,
einen Anschluss an Deutschland zu
verhindern: Eine Volksbefragung am 13.
März sollte beweisen, dass die Mehrheit
der Österreicherinnen und Österreicher
für die Selbstständigkeit des Landes war.
Dieses Anliegen wurde – trotz aller Gegensätze
– auch von der Sozialdemokratischen
Partei unterstützt.
Plakate für die Volksbefragung waren bereits vorbereitet und verteilt worden.
7 Wie begründen die
Sozialdemokraten
(im Quellentext rechts)
die Unterstützung für
Schuschnigg?
Wodurch werden trotzdem
unüberwindbare
Gegensätze klar? HM/HS
Reallohn:
Lohn unter Berücksichtigung
der Kaufkraft des
Geldes (im Gegensatz
zum Nominallohn)
Konkurs:
Ein Schuldner (privat,
Firma) kann seine
Schulden nicht mehr
zurückzahlen.
Q
Arbeiter, Genossen!
Die Volksabstimmung Schuschniggs
stellt euch vor die Entscheidung,
entweder mit JA zu stimmen oder dem
HitlerFaschismus zur Macht zu verhelfen.
Ein Sieg des HitlerFaschismus
bedeutet nicht nur blutige Unterdrückung
und grenzenlose Ausbeutung
der österreichischen Arbeiter, sondern
eine Bedrohung der ganzen Welt. Die
österreichischen Arbeiter können daher
die Frage Schuschniggs nicht mit
NEIN beantworten. Der kommende
Sonntag ist nicht der Tag, an dem wir
mit dem österreichischen Faschismus
abrechnen und dem autoritären Regime
die Verbrechen vorhalten, die es
seit dem Februar 1934 an den Arbeitern
begangen hat, indem wir gegen
Schuschnigg stimmen. Am kommenden
Sonntag stimmen wir gegen den
HitlerFaschismus. An diesem Tag
muss die gesamte Arbeiterklasse mit
JA stimmen.
(zit. n. Danimann: War Österreichs
Untergang unvermeidlich?, S. 50 ff.)
Einmarsch deutscher Truppen
Als Hitler von der geplanten Volksbefragung
erfuhr, ließ er Vorkehrungen für einen
Einmarsch deutscher Truppen treffen
und setzte Bundeskanzler Kurt Schuschnigg
damit derart unter Druck, dass dieser
am 11. März 1938 zurücktrat.
Q
Österreicher und
Österreicherinnen!
Der heutige Tag hat uns vor eine
schwere und entscheidende Situation
gestellt. Die deutsche Regierung hat
dem Herrn Bundespräsidenten ein befristetes
Ultimatum gestellt, nach welchem
der Herr Bundespräsident einen
ihm vorgeschlagenen Kandidaten zum
Bundeskanzler zu ernennen und die
Regierung nach den Vorschlägen der
deutschen Reichsregierung zu erstellen
hätte, widrigenfalls der Einmarsch
deutscher Truppen für diese Stunde in
Aussicht genommen wurde. Der Herr
Bundespräsident beauftragte mich,
dem österreichischen Volke mitzuteilen,
dass wir der Gewalt weichen.
[…]
Gott schütze Österreich!
(aus der Rücktrittsrede Kurt Schuschniggs am
Abend des 11. 3. 1938; zit. n. Danimann)
44
Österreich 1918 bis 1938: Die Erste Republik
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
1933 1934
Bürgerkrieg
in Österreich
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland)
1938
Besetzung
Österreichs
1939
Zweiter Weltkrieg
1940 1945
Gründung
der UNO
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
1950
Triumphierend zieht Hitler
in das mit Hakenkreuzfahnen
beflaggte Wien ein.
Nach Schuschniggs Rücktritt ging es
Schlag auf Schlag. Unter dem Vorwand,
in Österreich seien Unruhen ausgebrochen
und Deutschland sei von der neuen
österreichischen Regierung zu Hilfe gerufen
worden, setzte Hitler seine Truppen
am 12. März 1938 in Marsch. Noch am
selben Tag überschritten deutsche Truppen
die Grenzen Österreichs. Männer
der Gestapo leiteten von Wien aus eine
große Welle von Verhaftungen politischer
Gegner und Gegnerinnen ein.
Österreich wird dem Deutschen
Reich eingegliedert
Die deutschen Truppen und Hitler selbst
wurden von weiten Teilen der Bevölkerung
begeistert empfangen. Viele sahen
darin die Chance auf ein besseres Leben.
Unter dem Jubel von über 200 000 Menschen
erklärte der Diktator am 15. März
1938 am Wiener Heldenplatz das Ende
der Republik Österreich und deren Anschluss
an das Deutsche Reich.
Mit einer Volksabstimmung sollte dieser
Anschluss legalisiert werden. Personen,
von denen eine Ablehnung zu erwarten
war, wurde – sofern sie nicht inhaftiert
waren – das Wahlrecht entzogen. Propaganda,
Gewalt und Drohungen führten
zu einem überwältigenden Ergebnis für
den Anschluss: 99,75 % stimmten mit Ja.
Q P
[…] das Volk soll zeigen, dass wir
Österreicher bleiben wollen […]
und die Leute sollen das bezeugen.
[…] wirklich eine wunderbare, schöne
Kundgebung für Österreich. Und acht
Tage darauf waren die Nazis herinnen
in Österreich […]. In acht Tagen so ein
Gesinnungswechsel […]?
(Primocic, S. 40 f.)
Damit hatte Österreich endgültig aufgehört
zu existieren und war als „Ostmark“ ein
Teil des Deutschen Reiches geworden.
Stimmabgabe in der Wahlzelle
am 10. April 1938.
8 Wie manipuliert
die Anleitung die
Abstimmung (siehe Foto)?
Achte auf die Gestaltung
des Plakats! HM
Gestapo:
Abkürzung für „Geheime
Staatspolizei“; politische
Polizei des nationalsozialistischen
Regimes
Österreich 1918 bis 1938: Die Erste Republik
45
Politische Bildung
Die österreichische Verfassung
5. Der Nationalrat beschließt die Gesetze
(gesetzgebende Gewalt/Legislative),
die Regierung sorgt für ihre Umsetzung
(vollziehende Gewalt/Exekutive).
Die Gerichtsbarkeit ist unabhängig
(richterliche Gewalt/Judikative).
Die österreichische
Bundesregierung, 2009
9 Welche Parteien
sind momentan in
der Regierung vertreten?
Wer ist derzeit Bundeskanzler/in,
Finanzminister/in,
Unterrichtsminister/in?
PS
10 In der Grafik rechts
siehst du den Wappenadler
der Ersten Republik.
Wie unterscheidet
er sich vom heutigen?
Wisst ihr, warum? HS
Universitätsprofessor Hans Kelsen wurde
nach dem Krieg beauftragt, eine Verfassung
auszuarbeiten. Diese wurde am
1. Oktober 1920 von der Nationalversammlung
beschlossen und ist – mit wenigen
Änderungen – bis heute gültig. Sie
beruht auf dem Grundsatz der Gewaltenteilung
in Exekutive, Legislative und
Judikative.
1. Österreich besteht aus neun selbstständigen
Bundesländern mit eigenen Landtagen
und Landesregierungen.
2. Der Bundesrat kann Gesetzesbeschlüsse
des Nationalrates zwar nicht aufheben,
aber beeinspruchen und aufschieben.
3. Die staatliche Gewalt ist an Gesetze
gebunden. Sämtliche Gesetze müssen
mit der Verfassung im Einklang stehen.
4. Die Abgeordneten zum Nationalrat werden
von den Bürgerinnen und Bürgern
in freier und geheimer Wahl bestimmt.
Die Regierung
Je mehr Stimmen eine Partei erhält, desto
mehr Abgeordnete kann sie in den
Nationalrat entsenden. Meist beauftragt
der Bundespräsident die stimmenstärkste
Partei mit der Regierungsbildung. Um effizient
arbeiten zu können, brauchen die
Parteien der Regierung gemeinsam eine
Mehrheit im Nationalrat.
12G
Gruppenarbeit:
Beantwortet mithilfe der Grafiken
und Texte folgende Fragen:
• Was bedeutet Gewaltentrennung?
• Wer ist die gesetzgebende Macht?
• Was bedeutet der Begriff „Bundesstaat“?
• Wer wählt den Bundespräsidenten/die
Bundespräsidentin (für sechs Jahre)?
Die Verfassung von 1920 macht die Republik Österreich zu einem:
demokratischen
Staat
T
S
Bundesstaat
K
V
St
W
B
NÖ
OÖ
Rechtsstaat
PS
11 Ordne die Textpassagen
1–5 den
passenden Kästen in
den beiden Grafiken zu.
PS
kontrolliert
Bundespräsident/in
ernennt
Bundesregierung
Verfassungsgerichtshof
überwacht
die Einhaltung
der Verfassung
Verfassung:
die gesetzliche Grundordnung
eines Staates;
man unterscheidet zwischen
einer Bundes und
einer Landesverfassung
Nationalrat
beschließt
Bundesgesetze
wählen
wählen
Veto
Bundesrat
vertritt
Interessen der
Bundesländer
Die österreichische Bundesverfassung
entsenden
Staatsbürger/innen
Landtage
beschließen
Landesgesetze
wählen
Volksanwaltschaft
wenden
sich an
46
Österreich 1918 bis 1938: Die Erste Republik
Wissen erweitern
Arbeiten mit mündlichen und schriftlichen Quellen
So sah Agnes Primocic die Zwischenkriegszeit:
Q P
[…] und dann habe ich das halbe
Und dann ist es losgegangen mit
dem Kampf zwischen dem Schutzbund
und der Regierungspartei. Die
Regierungspartei hat das Militär auf
die Arbeiter gehetzt und hat angefangen,
mit Kanonen auf Arbeiterhäuser
zu schießen.
Die Jahre von 1934 bis ’38 nennt man
jetzt Austrofaschismus. Und ein Faschismus
ist es wirklich gewesen […]
Also das erste KZ in Österreich haben
die ChristlichSozialen gebaut. Der
Schutzbund, den die SP hatte, um die
Arbeiter gegen Angriffe von oben zu
schützen, ist ja auch verboten
worden.
Agnes Primocic in Rotkreuzuniform um 1940
13 Analysiere die persönliche
Meinung:
Zu welcher Partei hat
Agnes Primocic wohl
gehört? Woran ist dies
erkennbar? Vergleiche
dazu die Quelle auf
Seite 43: Wie wird dort
über den Schutzbund
berichtet? Kann man
feststellen, was die
Wahrheit ist? HM/PM
14 Wen meint Agnes
Primocic mit „sie“?
Warum wurden Leute
eingesperrt? Was wurde
befürchtet? HM
… zur dritten Inhaftierung:
Q P
Und dann sind sie gekommen, mit
Jahr abgesessen, mit Kriminellen,
in der Zelle 91 im Salzburger Landesgericht.
[…] Das vierte Mal habe
ich überhaupt nichts gemacht. […]
Aber zur damaligen Zeit war es sogar
so, dass sie zum Beispiel vor dem
1. Mai oder vorm 12. November, also
vor den zwei Arbeiterfeiertagen, die
Leute, von denen sie erwartet haben,
dass sie irgendwie etwas dagegen unternehmen,
schon vorher eingesperrt
haben. Vorher!
Zum Einmarsch der deutschen Truppen:
Q P
Hilfe der geheimen Nazis, die
schon in Österreich waren. Es sind ja
schon welche da gewesen, die vorgebaut
haben, die Bahn gesprengt und so weiter.
Solche Sachen haben sie gemacht
und Broschüren hereingebracht. Und sie
hatten Erfolg, weil es uns so schlecht
gegangen ist unter der schwarzen Regierung,
wir so viele Arbeitslose gehabt haben
und die Nazis immer gesagt haben:
„Wenn wir bei euch sind, dann
gibt’s Arbeit in Hülle und Fülle.“
Protokoll zur dritten Inhaftierung
Österreich 1918 bis 1938: Die Erste Republik 47
Sichern und Wissen
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918 1919
Friedensverträge
1920 1921 1924
Einführung
des
Schillings
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
Zusammenfassung
Nachkriegsnot
Nach dem Zerfall des Vielvölkerstaates ÖsterreichUngarn schien
das verbleibende kleine Österreich vielen nicht überlebensfähig,
sodass unmittelbar nach Kriegsende die Republik Deutschösterreich
ausgerufen wurde – mit der Absicht eines Anschlusses
an Deutschland. Dies wurde jedoch von den Siegermächten im
Friedensvertrag von St. Germain untersagt.
Die junge Republik litt wirtschaftlich vor allem unter dem Wegfall
der Industrie und der Rohstoffe in den Nachfolgestaaten. Ebenso
tragisch war der Wegfall der ungarischen Agrarproduktion, welche
die katastrophale Lage hätte entschärfen können. Ein soziales
Problem bildeten die zahlreichen Kriegsinvaliden und entlassenen
Soldaten, die nur schwer wieder in die Gesellschaft integriert werden
konnten.
Die Parteien
Die ersten Nachkriegsjahre brachten einige wichtige politische
Entscheidungen (Sozialreformen, Verfassung), in der Folge aber
verschärften sich die Gegensätze zwischen den Parteien derart,
dass eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich war.
Die Gegensätze zwischen den Parteien wurden immer größer,
weil sich überall die radikalen Kräfte durchsetzten, die ihre Politik
ohne Kompromisse durchziehen wollten. Damit war ein gemeinsames
Handeln unmöglich geworden. Das gegenseitige Misstrauen
veranlasste die Parteien, sich sogar auf bewaffnete Verbände
zu stützen. Die Sozialisten gründeten den Republikanischen
Schutzbund. Die Christlichsozialen stützten sich auf die Heimwehren
in den Bundesländern. Der Frontkämpferverband unterstützte
ebenfalls die bürgerlichen Parteien.
Eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen Frontkämpferverband
und Sozialdemokraten führte schließlich zur Katastrophe.
Nach dem Freispruch der Täter demonstrierten Sozialisten in
Wien und steckten den Justizpalast in Brand. Die Polizei erhielt
Schießbefehl, der Weg in den Bürgerkrieg schien unaufhaltsam.
Bürgerkrieg und Austrofaschismus
1933 nutzte der christlichsoziale Bundeskanzler
Dollfuß eine Abstimmungspanne
im Parlament, um in Hinkunft
ohne parlamentarische Kontrolle regieren
zu können. Er errichtete eine
Diktatur, den Ständestaat. Außer der
Vaterländischen Front wurden alle politischen
Gruppen verboten. 1934 brach
zwischen der Regierung und der verbotenen
Sozialdemokratischen Partei bzw.
dem Schutzbund der Bürgerkrieg aus.
Am 25. Juli 1934 misslang ein Putschversuch
der ebenfalls verbotenen Nationalsozialisten,
allerdings kam Kanzler
Dollfuß dabei ums Leben. Es folgte
Kurt Schuschnigg nach, der die Politik
seines Vorgängers fortführte.
Der Anschluss
Hitler zwang Schuschnigg zum Rücktritt
und ließ am 12. März 1938 deutsche
Truppen in Österreich einmarschieren.
Das Land wurde dem Deutschen
Reich einverleibt.
48 Österreich 1918 bis 1938: Die Erste Republik
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
1933 1934
Bürgerkrieg
in Österreich
Kommunismus: Stalin (Russland) bis 1954
Austrofaschismus
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland)
1938
Besetzung
Österreichs
Zweiter Weltkrieg
1939 1940
1945
Gründung
der UNO
1949
Gründung
der NATO
1950
Zur Wiederholung
1 Nenne die wichtigsten
Probleme
Österreichs unmittelbar
nach dem Krieg. Trage
die Stichwörter in die
Karte bzw. in die Leerzeilen
darunter ein. HS
2 Erkläre den Ausspruch
des französischen
Außenministers
Clemenceau:
„Österreich – das ist,
was übrig bleibt.“ HS
Entdecker/Eroberer Erfinder Nationalliberales Lager
Stellte bereits 1918 ein
Parteiprogramm vor. Innerhalb
der Partei setzten
sich manche für eine Zusammenarbeit
über die
Parteigrenzen hinweg ein.
Andere lehnten dies ab;
sie setzten sich durch.
Führende Persönlichkeit:
HauptWähler/innenGruppen
Ihr Programm basiert auf
einer christlichen Werteordnung.
Führende Persönlichkeiten
wollten soziale
Reformen durchführen,
allerdings ohne Zusammenarbeit
mit anderen
Parteien.
Führende Persönlichkeit:
HauptWähler/innenGruppen
Verschiedene nationale
Verbände gründeten die
Großdeutsche Volkspartei,
die für einen Anschluss
an Deutschland war. Sie
wandte sich in den 30er
Jahren dem Nationalsozialismus
zu.
Führende Persönlichkeit:
HauptWähler/innenGruppen
3 Die Parteien
Österreichs:
die drei Lager
Schreibe die Namen der
zwei großen Parteien in
die passende Überschriftenzeile.
Ergänze die Texte mit
den Namen „Otto Bauer“
und „Ignaz Seipel“ und
ordne die Bevölkerungsgruppen
jenen Parteien
zu, von denen du glaubst,
dass die sich am meisten
angesprochen fühlten
(Arbeiter/innen, Bauern/
Bäuerinnen, Journalist/
innen, Wissenschaftler/
innen, Bürger/innen,
Lehrer/innen, Beamtinnen/Beamte,
Gewerbetreibende).
HS/PS
Österreich 1918 bis 1938: Die Erste Republik 49
Sichern und Wissen
4 Ordne den Abbildungen folgende Stichworte zu:
Justizpalastbrand 1927 – Dollfuß, der Gründer der
Vaterländischen Front – Hakenkreuzfahnen in Wien –
Schattendorf 1927 – Bürgerkrieg 1934 – Mord an
Dollfuß 1934
HS
50 Österreich 1918 bis 1938: Die Erste Republik
Alltagsleben in der Diktatur
des Nationalsozialismus
Das Gesetz ändert sich,
das Gewissen nicht.
Sophie Scholl
51
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918
1920 1921 1924
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
Die Bürger und Bürgerinnen werden zu
einer „Volksgemeinschaft“ erzogen
Die totale Erfassung der Bevölkerung (Die Grafik zeigt einen Teil der NS-Organisationen.)
Das Plakat zeigt „interessiertes“
Volk vor dem sogenannten
Volksempfänger,
mit dem die NS-Propaganda
in jeden Haushalt gelangen
sollte.
1 Warum waren den
Nationalsozialisten
die gleichgeschalteten
„Vereine“ so wichtig?
Was bezweckten sie bei
der Jugend damit? PU
Ziel der Nationalsozialisten war es, eine
„Volksgemeinschaft“ in ihrem Sinne zu
schaffen. Die Parole lautete: „Du bist
nichts, dein Volk ist alles!“ Wer nicht in
der Partei war, sollte durch ein Netz von
Berufsverbänden und Freizeitorganisationen
erfasst werden. Jeder Verband hatte
seine Abzeichen, viele Organisationen
waren uniformiert. Wer nicht auffallen
oder berufliche Hindernisse riskieren
wollte, musste einer dieser Organisationen
angehören. Diese Politik schränkte
die Freiheit der Einzelnen radikal ein.
Es war die Aufgabe von Joseph Goebbels
als „Reichsminister für Propaganda und
Volksaufklärung“, das Denken der Menschen
im Sinne der Partei zu beeinflussen.
Presse und Rundfunk brachten nur
vom Minister genehmigte oder formulierte
Meldungen. Über billige Radiogeräte
(„Volksempfänger“) sollten diese
Meldungen jede Bürgerin und jeden Bürger
erreichen. Die Kinovorstellungen begannen
mit Wochenschauen voller Propaganda;
die anschließenden Filme
waren ganz im Sinne des Regimes.
Goebbels bzw. die Partei kontrollierten
auch alle Bereiche der Kultur. Leitbild für
die ideale Kunst war der kraftstrotzende
und kriegerische Mensch, der deutsche
Macht demonstrieren sollte. Kunstwerke,
die nicht den Vorstellungen der Regierung
entsprachen, wurden als „entartet“
(den angeblichen Idealen der Deutschen
widersprechend) bezeichnet.
Jüdinnen und Juden, die wichtige Beiträge
zu Wissenschaft, Kunst und Kultur
geleistet hatten, wurden aus dem öffentlichen
und kulturellen Leben ausgeschlossen.
Q P
Und so hat er (Anm.: Hitler) den
Leuten eingeimpft, dass sie Menschen
erster Güte sind und die anderen
Menschen nicht lebenswert. Die
anderen gehören so weit weg […], dass
Deutschland […] die Weltherrschaft
antreten kann.
(Primocic, S. 44)
52
Alltagsleben in der Diktatur des Nationalsozialismus
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
Die „Staatsjugend“
Buben kamen mit 10 Jahren zum „Jungvolk“,
mit 14 zur „Hitlerjugend“. Ab 1936
war die Mitgliedschaft Pflicht. Zeltlager,
Aufmärsche, Sport und Geländespiele,
Gesang und Lagerfeuer, aber auch eine
vormilitärische Ausbildung (Marschieren,
Exerzieren, Waffengebrauch) begeisterten
viele Jugendliche.
Mädchen wurden bei den „Jungmädeln“
und im „Bund deutscher Mädel“ auf ihre
spätere Rolle als Hausfrauen und Mütter
vorbereitet. Mädchen wie Burschen mussten
mit 18 Jahren zum Arbeitsdienst. Er
war militärisch organisiert und sollte die
deutsche Jugend aller Schichten zum
Dienst an der Gemeinschaft zusammenführen.
Q
1933
Machtergreifung
Hitlers
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
1934 1935
1938 1939 1940
Nürnberger
Besetzung Angriff
Rassegesetze
Österreichs auf Polen
Wir waren HitlerJungen, Kindersoldaten,
längst ehe wir mit zehn
Jahren das Braunhemd tragen durften
(beim Jungvolk). Schon vorher waren
wir dauernd „im Einsatz“. Wir sammelten
Altpapier und Altmetalle,
suchten Heilkräuter, schwangen fürs
Winterhilfswerk die Sammelbüchse,
waren aufs Dienen vorbereitet, ehe
wir als Pimpfe zwei bis dreimal die
Woche und oft auch noch am Sonntag
zum Dienst „befohlen“ wurden.
Mit 13 hatte ich es geschafft. Ich war
„Jungzugführer“ in einem Dörflein,
wo es nur zwölf Pimpfe gab. Beim
Sport und beim Geländespiel vertrugen
wir uns prächtig, und wenn ich
zum Dienstschluss mein „dreifaches
SiegHeil auf unseren geliebten Führer
Adolf Hitler“ ausrief, strahlten die Augen
meiner Kameraden.
(Glaser/Silenius: Jugend im Dritten Reich,
S. 89.)
Q
Zweiter Weltkrieg
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland, Österreich)
1942
Wannseekonferenz
1943
Stalingrad
Adolf Hitler über die Jugend:
Und wenn Verbockte dastehen
und sagen: „Aber uns bekommt ihr Nationalsozialisten
nie“, dann sage ich:
„Das ist uns gleichgültig, aber eure Kinder
bekommen wir. Sie erziehen wir
uns von vornherein zu einem anderen
Ideal“.
(Glaser/Silenius: Jugend im Dritten Reich, S. 98)
Eine gewalttätige, herrische, unerschrockene,
grausame Jugend will ich.
Schmerzen muss sie ertragen. Es darf
nichts Schwaches und Zärtliches an
ihr sein. Stark und schön will ich meine
Jugend. Ich werde sie in allen Leibesübungen
ausbilden lassen. Ich will
eine athletische Jugend. Das ist das
Erste und Wichtigste. Ich will keine
intellektuelle Erziehung. Mit Wissen
verderb ich mir die Jugend.
(Rauschning: Gespräche mit Hitler, S. 237)
1945
Atombomben
gegen Japan,
Gründung
der UNO
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
2 Was gefiel den
Jugendlichen?
Wie wurden die Kinder
„angeworben“ (Quelle 1)?
HM
3 Was wollte Hitler
mit der Erziehung
erreichen? Was meinte
er mit dem letzten Satz
(Quelle 2)?
HM
4 Beschreibe den Weg
eines heranwachsenden
Menschen in der NS
Diktatur (Grafik S. 52). HS
Führergruß im Klassenzimmer: Das Foto vermittelt den Eindruck von Begeisterung
für den Nationalsozialismus. Was die Menschen wirklich dachten, wissen wir nicht.
In Uniform marschieren:
So wurden Kinder zu
Mitgliedern der NS-Volksgemeinschaft
erzogen.
1950
Pimpf:
ab 1933: Mitglied des
Deutschen Jungvolks
(Buben von 10–14 Jahren)
Alltagsleben in der Diktatur des Nationalsozialismus
53
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918
1920 1921 1924
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
5
G
Gruppenarbeit:
Betrachtet die Plakate
und lest die Textquelle:
Mit welchen Methoden
sollte die Volksgemeinschaft
verwirklicht werden?
Wie reagierten wohl
die Menschen? HF/PU
Das „Ehrenkreuz der Deutschen
Mutter“ (Mutterkreuz)
wurde von der NSDAP gestiftet.
Der Orden wurde ab
vier Kindern vergeben.
Ideologie der Volksgemeinschaft
Q
Wir waren auch begeistert von
den KdFReisen. Kraft durch
Freude, das war so ein Teil der Arbeitsfront.
Da gab es billige Reisen. Wir
beide sind in den Harz gefahren. Einer
bei uns im Betrieb war sogar in Norwegen.
Wer konnte das schon vorher?
Der Arbeiter konnte eine Reise machen!
Das war, was die Leute alle begeisterte.
(zit. n. Brodersen, 1933: Wie die Deutschen
Hitler zur Macht verhalfen, S. 90)
Die Frau als Erhalterin des
deutschen Volkes
„Nicht im Beruf kannst du glücklich sein,
der Platz der Frau ist das Heim!“ Nach
diesem Motto sollten die deutschen
Frauen leben. Ihre Rolle war die einer
Mutter und Hausfrau. Eine Berufsausbildung
schien nicht nötig. Mutter zu werden
galt in der Propaganda als „die
höchste und beneidenswerteste Auszeichnung
der Frau“. Allerdings durften
Frauen ihre Partner nur unter „Deutschblütigen“
wählen, ansonsten mussten sie
Demütigungen, Verhaftung oder gar das
KZ (vgl. S. 59/60) befürchten.
KdF-Reisen: Nicht nur wohlhabende Bürger,
auch Arbeiter und Arbeiterinnen sollten verreisen
können. Eine Kreuzfahrt nach Norwegen
kostete nur 60 Mark. Der durchschnittliche Monatslohn
eines Arbeiters betrug ca. 180 Mark.
Terror zur Durchsetzung der Volksgemeinschaft: Auf dem Marktplatz einer deutschen Stadt wurden
Frauen kahl geschoren, weil sie mit Polen befreundet waren. Die Polen wurden getötet.
54 Alltagsleben in der Diktatur des Nationalsozialismus
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
Denunzianten und Mitläufer
Q
1933
Machtergreifung
Hitlers
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
1934 1935
1938 1939 1940
Nürnberger
Besetzung Angriff
Rassegesetze
Österreichs auf Polen
§ 2: Wer Nachrichten ausländischer
Sender, die geeignet sind,
die Widerstandskraft des deutschen
Volkes zu gefährden, vorsätzlich verbreitet,
wird mit Zuchthaus, in besonders
schweren Fällen mit dem Tode
bestraft.
(Verordnung über die außerordentliche
Rundfunkmaßnahme 1939,
zit. n. Ahrens: Helmuth Hübener, S. 17)
Zweiter Weltkrieg
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland, Österreich)
1942
Wannseekonferenz
1943
Stalingrad
1945
Atombomben
gegen Japan,
Gründung
der UNO
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
1950
Neben den aktiven und überzeugten Nationalsozialisten
und sozialistinnen einerseits
und den Widerstand leistenden
Männern, Frauen und Jugendlichen andererseits
war der Großteil der Menschen
sogenannte Mitläufer, die „einfach
nur mitmachten“ – sei es aus Angst oder
weil sie nicht nachdenken wollten. Unter
ihnen gab es auch viele Denunzianten,
also Menschen, die Mitbürger und Mitbürgerinnen
bei der Gestapo anzeigten.
Die Zahl der GestapoMitarbeiter war
mit etwa 32 000 Beamten relativ gering.
Doch sie konnten sich auf die Denunziantinnen
und Denunzianten stützen. Ein
Viertel aller Verfolgungen beruhte auf
Anzeigen durch Bürgerinnen und Bürger.
Die meisten Denunziationen geschahen
wohl aus persönlichen Gründen: Neid,
Hass und Rache waren die häufigsten
Motive: Manche Frauen zeigten ihre
Männer an, manche Lehrlinge die Lehrherren
oder Schüler die Lehrer. Die Opfer
wurden verhaftet und verhört. Viele kamen
in Konzentrationslager oder wurden
hingerichtet.
Q
Wir wollen das Volk gewiss nicht
zu Denunzianten und Schnüfflern
erziehen. Wir dürfen aber andererseits
bei der Beurteilung der leichtfertigen
falschen Aussagen keinen zu
strengen Maßstab anlegen, damit
nicht auch die oft nützlichen Quellen
der Aufdeckung strafbarer Handlungen
versiegen.
(dt. Justizminister 1943; zit. n. Boberach:
Richterbriefe, S. 171 f.)
Aufruf zur Denunziation in einer Fabrik
Q
Es häufen sich in letzter Zeit die
Fälle, dass Schüler ohne Wissen
ihrer Eltern Anzeige bei der Polizei
oder einer ihnen sonst geeigneten
Stelle erstatten und die Lehrer hierbei
politischer Unzuverlässigkeit oder gar
staatsfeindlicher Haltung bezichtigen.
Die Anzeiger sind vielfach Schüler, die
im Unterricht beanstandet werden
mussten.
Q P
(bayerischer Kultusminister 1936;
zit. n. Gellately: Die Gestapo und
die deutsche Gesellschaft, S. 179)
Und es war so, dass der, der andere
bespitzelt hat, bei der NSDAP
etwas gewesen ist […] Auf den konnte
man sich verlassen. […] Und damit
hat Hitler das Hinterland gehalten: In
der Furcht haben die Leute gelebt, die
ganze Zeit. Denn oft ist jemand ins
Wirtshaus gegangen und hat etwas
gesagt, wenn er ein bisschen zu viel
getrunken hat, und den haben sie
dann auch geholt.
(Primocic, S. 44)
Plakat aus dem Jahr 1940.
„Begründung“, warum das
Abhören ausländischer
Sender streng verboten war
6 Wie konnte der
Staat erfahren, dass
jemand „Feindsender“
hört?
HM
7
G
Gruppenarbeit:
Vergleicht die Textquellen.
Welches Problem
wird angesprochen?
Warum wurden Anzeigen
dennoch ernst genommen?
HM
Denunziant:
lat.: Ankündigender,
Anzeigender; jemand,
der andere anschwärzt
Alltagsleben in der Diktatur des Nationalsozialismus
55
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918
1920 1921 1924
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
8 Erklärt, warum die
Mädchen über den
„Rassenunterricht“ (Textquelle)
lachten. Was wird
durch diese Erinnerung
deutlich?
HO
Bösartiger Aufkleber,
wie sie
von den Nazis
an jüdischen
Geschäften angebracht
wurden
Arier:
von den Nationalsozialisten
willkürlich und falsch
in die NaziRassenlehre
eingeführter Begriff für
„den edlen deutschen und
blutsverwandten Menschen“.
In Wirklichkeit
gibt es keine unterschiedlichen
Rassen, und selbstverständlich
auch keine
„besseren“, edleren Völker.
Antisemitismus:
Abneigung oder Feindschaft
gegen Menschen
jüdischen Glaubens oder
jüdischer Herkunft, die
auf Vorurteilen beruht.
Nationalsozialistische Rassenideologie
Geschäftspostkarte einer Firma, die sich 1939
als „arisch“ anpreist
Obwohl es keine Menschenrassen gibt,
teilten die Nationalsozialisten die Menschheit
in „Rassen“ ein und ordneten diesen
bestimmte Eigenschaften zu. Die Deutschen
betrachtete Hitler als die „Herrenrasse“
der Arier – im Gegensatz
zu allen anderen Völkern,
die er als minderwertig einstufte.
Zu diesen vermeintlichen
„Untermenschen“ zählten
die Nationalsozialisten
Roma und Sinti (damals „Zigeuner“
genannt), Schwarze,
Slawen und vor allem Juden. Diese
galten ihnen als die „gefährlichste Rasse“.
Hitler erklärte die Juden zu Sündenböcken
für alle Missstände wie Arbeitslosigkeit
und angebliche Benachteiligung
Deutschlands durch das Ausland. Zuerst
wollten die Nationalsozialisten die Juden
aus Deutschland und Europa vertreiben.
Später beschlossen sie, die Juden und Jüdinnen
systematisch zu töten.
Aus der Rassenlehre leiteten die Nationalsozialisten
Ziele ihrer Politik ab. Das Ziel,
die „rassische Reinheit“ zu erhalten und
„Rassenmischung“ zu verhindern, rechtfertigte
ihrer Meinung nach die Ermordung
von Angehörigen anderer Nationen
und Volksgruppen.
Q
Ein damals 14jähriges Mädchen
berichtet über den „Rassenunterricht“:
Zuerst erklärte der Mann (Beauftragter
des neu geschaffenen Rassenamtes),
dass es hochstehende und niedere
Rassen gäbe, die am höchsten stehende
Rasse seien die Germanen, die daher
bestimmt seien, die Welt zu regieren,
während die Juden eine sehr
niedrig stehende, verächtliche Rasse
seien. Dann schaute er sich in der Aula
um und bat ein Mädchen, zu ihm
zu kommen. Wir wurden ganz ängstlich,
weil er Eva auswählte. Aber dann
fing er an zu erklären: „Seht mal, den
schmalen Schädel, die blauen Augen
und das blonde Haar. Beachtet die hohe
schlanke Gestalt. All dies sind untrügliche
Zeichen der reinen, unvermischten
germanischen Rasse!“ Mami,
du hättest wirklich hören sollen, wie
alle Mädchen plötzlich zu lachen anfingen.
Von allen Seiten wurde dem
Beamten zugerufen: „Sie ist doch jüdisch!“
(aus: Richarz: Bürger auf Widerruf, S. 441 f.)
Menschenverachtende Propaganda in einem
Schulbuch aus dem Jahr 1936. Der „Arier“
wird positiv dargestellt, der „Jude“ negativ.
56
Alltagsleben in der Diktatur des Nationalsozialismus
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
Systematische Vernichtung
„unwerten Lebens“
Ab 1939 wandten die Nationalsozialisten
ihren Rassenwahn auch auf Menschen
mit körperlichen und geistigseelischen
Behinderungen an. Man betrachtete deren
Leben als ein „unwertes“, das nicht
zum gesunden und starken „Herrenmenschen“
passte. Ihre Vernichtungspolitik
tarnten die Verantwortlichen mit der Bezeichnung
„Euthanasie“. Pflegeheime
und Krankenhäuser wurden zu Mordstätten.
Mindestens 100 000 Menschen
wurden mit Gas oder Medikamenten
getötet. Proteste von Angehörigen und
Kirchen erreichten schließlich, dass die
Tötungen unterbrochen wurden.
Q
1933
Machtergreifung
Hitlers
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
1934 1935
1938 1939 1940
Nürnberger
Besetzung Angriff
Rassegesetze
Österreichs auf Polen
Die Angekommenen mussten
sich entkleiden. Im sogenannten
Aufnahmezimmer begutachtete der
diensthabende Arzt die Neuankömmlinge.
Die Gaskammer war so eingerichtet,
dass man annehmen konnte, es handle
sich um ein Badezimmer. An den
Decken waren Brausen angebracht.
Nun wurde die Stahltüre geschlossen
und der jeweilige Arzt leitete Gas in
die Kammer ein. Nach kurzer Zeit waren
die Leute in der Gaskammer tot
und die Entlüftung begann. Von diesem
Zeitpunkt an begann für uns Heizer
die Arbeit. Bevor die Toten verbrannt
wurden, sind den mit einem
Kreuz bezeichneten Verstorbenen die
Goldzähne gezogen worden. Knochenreste,
die durch den Rost gefallen
waren, wurden zu Pulver vermahlen.
Das so gewonnene Knochenmehl wurde
an die Hinterbliebenen als sterbliche
Überreste verschickt. Ich glaube,
dass wir auf diese Art ca. 20 000 Geisteskranke
verbrannt haben.
(der „Heizer“ der Vernichtungsanstalt
Schloss Hartheim in OÖ, Vinzenz Nohel,
1945 vor Gericht, zit. n.: Österreicher
und der Zweite Weltkrieg, S. 140)
Q P
(Primocic, S. 45)
§1 (1) Eheschließungen zwischen
Ein Nachbar von uns, das war
ein junger Bursch, der hatte ein
Friseurgeschäft. Und er war wirklich
ein netter Bursche, sehr belesen. Er
hatte nur einen Fehler: Er hatte eine
Hasenscharte und konnte nicht richtig
reden. […] Mit dem Reden hat er
sich eben schwer getan. Aber für die
Nazis war er ein Mensch, der weggehört.
Der kann kein arisches Blut haben,
der gehört weg. Eines nachts haben
sie ihn geholt, nach Hartheim
gebracht und vergast.
Die Verfolgung der Juden
und Jüdinnen
Nach Hitlers Machtergreifung im Jänner
1933 hofften viele jüdische Deutsche, die
Lage würde sich wieder beruhigen. Doch
am 15. September 1935 wurden die
„Nürnberger Rassengesetze“ erlassen.
Den Jüdinnen und Juden wurde die
Staatsangehörigkeit entzogen und weitere
diskriminierende Gesetze erlassen.
Q
Zweiter Weltkrieg
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland, Österreich)
1942
Wannseekonferenz
1943
Stalingrad
Juden und Staatsangehörigen
deutschen oder artverwandten Blutes
sind verboten. Trotzdem geschlossene
Ehen sind nichtig […]
§2 Außerehelicher Verkehr zwischen
Juden und Staatsangehörigen deutschen
oder artverwandten Blutes ist
verboten. Der Mann, der dem Verbot
zuwider handelt, wird mit Gefängnis
oder Zuchthaus bestraft.
(Nürnberger Rassengesetze,
zit. n. Zentner, S. 82)
1945
Atombomben
gegen Japan,
Gründung
der UNO
Jüdische Beamte wurden entlassen, Ärzte
und Rechtsanwälte durften nur noch für
ihre „Glaubensbrüder“ arbeiten, jüdische
Schülerinnen und Schüler wurden von
den Schulen verwiesen.
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
1950
Euthanasie:
(griech. eu = gut, thanatos
= Tod), Sterbehilfe,
Erleichterung des Todeskampfes
durch Medikamente;
von den Nationalsozialisten
wurde der
Begriff missbraucht, um
Morde zu verschleiern.
Menschen mit Behinderung
und psychisch
Kranke wurden als „wertloses
Leben“ bezeichnet
und mit Medikamenten
oder durch Gas getötet.
Alltagsleben in der Diktatur des Nationalsozialismus
57
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918
1920 1921 1924
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
Jüdische Schüler vor ihrer
Klasse. Tafelaufschrift:
„Der Jude ist unser größter
Feind! Hütet euch vor den
Juden!“
Ab 1941 mussten die Juden
den „Judenstern“ als Aufnäher
an der Kleidung tragen.
Pogrom:
Gewaltsame Massenausschreitung
gegen
nationale, religiöse oder
„rassische“ Gruppen
(z. B. Juden)
Ghetto:
abgeschlossenes
Stadtviertel (für Juden)
Q
Sehr geehrter Herr Grawe!
Nach Anhörung der Reifeprüfungskonferenz
habe ich die Überzeugung
gewonnen, dass ein aufgrund
eines Reifezeugnisses erleichtertes Aufsteigen
Ihres Sohnes in eine führende
Stellung den Belangen der deutschen
Volksgemeinschaft widerspricht. Ich
habe ihn daher nicht zur Reifeprüfung
zugelassen. Da ferner ein weiteres Verbleiben
Ihres Sohnes in der Schule
nach meiner Ansicht eine rassenbewusste
Erziehung der Klasse behindert,
habe ich die Entlassung Ihres
Sohnes aus der Schule ausgesprochen.
Heil Hitler!
Oberstudiendirektor
(zit. n. Gramm, Führung und
Verführung, S. 145)
Eine brennende Synagoge (1938)
Der Pogrom vom 10. November 1938
Einen vorläufigen grausamen Höhepunkt
erreichte die Judenverfolgung im November
1938.
Im gesamten Reich wurden in einer
Nacht jüdische Wohnungen und Geschäfte
zerstört und geplündert, Gotteshäuser
(Synagogen) niedergebrannt, Tausende
Jüdinnen und Juden misshandelt oder
getötet. Tausende Jüdinnen und Juden
wurden in Konzentrationslager (vgl. S.
59/60) verschleppt, obwohl sie nichts
verbrochen hatten. Den Pogrom gegen
die jüdische Bevölkerung bezeichneten
die Nationalsozialisten zynisch als „Reichskristallnacht“,
weil dabei so viel Glas zerschlagen
wurde.
„Arisierung“
Eine Verfolgungsmaßnahme war die
„Arisierung“ (Enteignung). Jüdinnen und
Juden, die auswandern wollten, mussten
ihren Besitz billig verkaufen. Ab 1938
wurden alle Jüdinnen und Juden gezwungen,
ihre Betriebe, Geschäfte und Wohnungen
ohne Entgelt „Ariern“ abzutreten.
Zusätzlich hatten Auswanderer beim
Verlassen des Landes eine „Reichsfluchtsteuer“
und eine „Judenvermögensabgabe“
zu bezahlen. So wurde ihr Besitz systematisch
gestohlen.
Verfolgung
1941 wurde Juden und Jüdinnen die Auswanderung
verboten. Ab sofort mussten
alle deutlich sichtbar den gelben „Davidstern“
tragen; ihre Konsumgüter wurden
rationiert und ein Ausgehverbot verhängt.
Jüdinnen und Juden aus ganz Europa
wurden in Ghettos oder Lager im
besetzten Osteuropa gesperrt.
Systematische Ermordung
1941 begannen die Nationalsozialisten
die systematische Ermordung von Jüdinnen
und Juden. Ihre brutale Ermordung
wurde als „Endlösung der Judenfrage“
verharmlost. In einer Konferenz am
Wannsee bei Berlin beschlossen SSFührer
im Jänner 1942 nachträglich den
Massenmord.
58
Alltagsleben in der Diktatur des Nationalsozialismus
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
Q
1933
Machtergreifung
Hitlers
Anstelle der Auswanderung ist
nunmehr […] nach entsprechender
Genehmigung durch den Führer
die Evakuierung der Juden nach dem
Osten getreten. Unter entsprechender
Leitung sollen im Zuge der Endlösung
die Juden in geeigneter Weise im
Osten zum Arbeitseinsatz kommen.
In großen Arbeitskolonien werden die
arbeitsfähigen Juden straßenbauend
in diese Gebiete geführt, wobei zweifellos
ein Großteil durch natürliche
Verminderung ausfallen wird. Der allfällig
verbleibende Restbestand wird,
da es sich bei diesem zweifellos um
den widerstandsfähigeren Teil handelt,
entsprechend behandelt werden
müssen, da dieser eine natürliche Auslese
darstellt und bei Freilassung als
Keimzelle eines neuen jüdischen Aufbaus
anzusehen ist.
(aus dem Protokoll der Wannsee-Konferenz,
20. 1. 1938; zit. n. Poliakov/Wulf:
Das Dritte Reich und die Juden, S. 122)
Konzentrationslager:
Stätten des Grauens
1933, unmittelbar nach der Machtergreifung
der Nationalsozialisten, wurde in
Dachau (Deutschland) das erste Konzentrationslager
errichtet. Bald gab es solche
Lager im ganzen Reich. 1938 wurde in
Österreich das KZ Mauthausen errichtet.
In diese Lager kamen anfangs politische
Gegner und Gegnerinnen. Bald folgten
„nichtarische“ Menschen (Roma, Sinti
und vor allem Juden) sowie homosexuelle
Menschen und Zeugen Jehovas. Sie
mussten in den Lagern harte Zwangsarbeit
leisten, wurden misshandelt und
schlecht ernährt.
Zwangsarbeit
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
1934 1935
1938 1939 1940
Nürnberger
Besetzung Angriff
Rassegesetze
Österreichs auf Polen
Die Häftlinge waren in überfüllten Holzbaracken
untergebracht. Aufgrund der
schlechten hygienischen Verhältnisse brachen
immer wieder Infektionskrankheiten
aus, die viele Todesopfer forderten.
Elektrisch geladene Stacheldrahtzäune
und bewaffnete Wachen machten Fluchtversuche
unmöglich.
Ghetto von Warschau
Die schlecht ernährten und mangelhaft
bekleideten Häftlinge mussten täglich
viele Stunden schwerste Arbeit verrichten.
Wer zu erschöpft war und nicht mehr
weiterarbeiten konnte oder sich in den
Augen der Aufseher ein Vergehen zuschulden
kommen ließ, verlor sein Leben.
Q
Zweiter Weltkrieg
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland, Österreich)
1942
Wannseekonferenz
1943
Stalingrad
Die Häftlinge in den Baracken
wurden durch Glockenschläge
um 4 Uhr 45 geweckt, im Winter eine
Stunde später. Nach dem Aufstehen
wiederholte sich täglich Folgendes:
Die Strohsäcke mussten mit Brettern
geglättet, die Kanten eckig hergerichtet
und die Decke exakt zusammengelegt
werden. Man musste sich vor dem
Klosett und Waschraum anstellen, sodann
Essschalen reinigen und im
Spind alles auf den vorgeschriebenen
Platz legen. Dann erfolgte vor der Baracke
die Aufstellung zum Zählappell.
All das geschah unter Stößen, Schlägen,
begleitet von Kommandos des
Blockpersonals und der SS. Ob Sommer
oder Winter, bei Regen, Schnee,
Frost und Sonnenschein, es war immer
das gleiche Bild: In Zwanzigerreihen
links und rechts am Appellplatz
aufgestellt, warteten die Häftlinge
auf das Erscheinen der SSLeute.
Nun wurde in Fünferreihen zum
Steinbruch marschiert.
(Maršalek: Die Geschichte des Konzentrationslagers
Mauthausen, S. 46 f.)
1945
Atombomben
gegen Japan,
Gründung
der UNO
9 Was bedeuten die
zynischen Formulierungen
(„in geeigneter
Weise“, „entsprechend
behandeln“ etc.) in
Wirklichkeit? Was geschah
wirklich? HM/HS
„Deutscher „Jüdischer politischer
politischer Schutzhäftling“
Schutzhäftling“
„Zigeuner“
„Homosexueller“
1949
Gründung
der NATO
„Krimineller
(Befristete
Vorbeugungshaft
= BV)“
Kennzeichnung für
Häftlingsgruppen in
Konzentrationslagern
bis 1954
1950
10 Überlegt, warum
die Häftlinge eine
Nummer erhielten und
weshalb der Name keine
Rolle spielte. Welche Absicht
steckte dahinter? PU
Alltagsleben in der Diktatur des Nationalsozialismus
59
1910
11 Informiere dich über
den Kalorienbedarf
eines schwer arbeitenden
erwachsenen Mannes.
Vergleiche die Angaben
mit der Quelle. HM
12G
Gruppenarbeit:
Stellt einen Speiseplan
mit 1450 Kalorien
zusammen. So wenig
erhielten die Häftlinge
der Konzentrationslager
an einem ganzen Tag,
gegen Kriegsende noch
viel weniger. HS
Holocaust:
griech.: „Feueropfer“;
die systematische Ermordung
von Juden und
Jüdinnen im Nationalsozialismus
1914
Erster Weltkrieg
1917
Oktoberrevolution
1918
Die „Todesstiege“ in Mauthausen. Die Häftlinge
schleppen sich über 186 Stufen, auf ihren
Rücken tragen sie Steinbrocken. Oben sind bereits
einige unter der Last der Steine oder den
Schlägen der Bewacher zusammengebrochen.
Not und Aufschwung nach dem Krieg
1920 1921 1924
Q
Das Essen der Häftlinge
Morgens: etwa 5 dl Extraktsuppe
mit etwas Fett oder 5 dl ungezuckerter
schwarzer Ersatzkaffee (= ca. 100 Kalorien)
Mittags: 7 bis 10 dl Steckrübeneintopf,
selten mit Fleisch oder Kartoffeln
(= ca. 360 Kalorien)
Abends: 300 bis 400 g Graubrot und
25 g Wurst, selten ca. 25 g Margarine
(= ca. 990 Kalorien)
Täglich also ca. 1450 Kalorien
(nach Maršalek)
KZ als Vernichtungslager
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
Die Häftlinge wurden in Steinbrüchen, in
der Rüstungsindustrie oder im Bergbau zu
härtester Arbeit gezwungen. Ihr Tod wurde
von der SS bewusst eingeplant. „Vernichtung
durch Arbeit“ nannten das die
Nationalsozialisten. Wer nicht mehr arbeitsfähig
war, wurde in den Gaskammern
getötet. Im besetzten Polen wurden Vernichtungslager
eingerichtet, die nur den
Zweck hatten, Menschen systematisch zu
ermorden. Dieser Völkermord ist einzigartig
in der Geschichte. Er wird als Holocaust
oder Shoah (hebräisch für „Vernichtung“)
bezeichnet. Im KZ Auschwitz
Birkenau wurden Jüdinnen und Juden ab
1942 planmäßig ermordet. Geschätzte
Opferbilanz in den KZs: 4 350 000 Tote.
1929
Börsenkrach
19 30
W
Tote im KZ Buchenwald. Foto eines amerikanischen
Soldaten nach der Befreiung im April 1945
Verhungernde Kinder im KZ
60
Alltagsleben in der Diktatur des Nationalsozialismus
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
Q P
1933
Machtergreifung
Hitlers
Wir waren natürlich dagegen.
Aber wir haben uns gefragt: Was
können wir machen […]? Wir hatten
nichts, womit wir uns wehren hätten
können.
(Primocic, S. 44)
Ähnlich wie Agnes Primocic dachten vielleicht
viele. Jene, die gegen das NSRegime
waren, fanden oft keine Möglichkeiten
zum Widerstand bzw. entschieden
sich aus persönlichen Gründen, „nichts
zu tun“, also Mitläuferin oder Mitläufer
zu werden. Sie hatten Angst um ihr eigenes
Leben und das ihrer Familie, denn
die Gestapo bedeutete für alle eine Gefahr.
Denunziantentum und Sippenhaftung
veranlassten viele Menschen, zu
den Verbrechen zu schweigen. Trotzdem
gab es Gruppen und Einzelpersonen, die
sich gegen Hitler und seine Ideologie
auflehnten. Oft bezahlten sie dafür mit
ihrem Leben.
Widerstand der Kirchen
Auch die katholische und die evangelische
Kirche gerieten zunehmend unter den
Druck des NSRegimes. Trotzdem setzten
viele Priester, Nonnen und Laien ihr Leben
für Opfer und gegen den Nationalsozialismus
ein. So wurden etwa Schwester
Restituta Kafka und der Klosterneuburger
Chorherr Karl Roman Scholz aufgrund ihres
Einsatzes gegen das Regime hingerichtet.
Der Oberösterreicher Franz Jägerstätter
verweigerte aufgrund seiner
christlichen Einstellung den Wehrdienst
und wurde 1943 in der Haft ermordet.
Politische Parteien
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
1934 1935
1938 1939 1940
Nürnberger
Besetzung Angriff
Rassegesetze
Österreichs auf Polen
Widerstand gegen das NS-Regime
Eine zentrale Rolle im Widerstand spielten
Kommunist/innen und Sozialist/innen.
Sie kämpften vor allem mit Zeitungen
und Flugblättern gegen das Regime.
In den Fabriken betrieben sie Sabotage
und warben Arbeiter und Arbeiterinnen
für den Widerstand.
Oft war der Widerstand von Zufällen und
Glück abhängig, wie bei Agnes Primocic,
die als Kommunistin geflohene Häftlinge
unterstützte:
Q P
Zweiter Weltkrieg
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland, Österreich)
1942
Wannseekonferenz
1943
Stalingrad
… und dann musste ich ja natürlich
für siebzehn Häftlinge Kleider
besorgen. Das ist nicht so schnell
gegangen, weil die Leute damals nicht
so viele Kleider hatten wie heute […].
Jedenfalls haben die Ziegleder Mali
und ich zwei Koffer voller Kleider zusammengebracht
und haben es nach
Bruck im Pinzgau gebracht. Als wir
(aus dem Zug) ausstiegen, mussten wir
durch zwei Seile gehen und da ist eine
Kontrolle gestanden. Jetzt ist es aus.
Ich habe ja einen Revolver im Koffer
gehabt. Wenn sie den jetzt erwischen
[…] Ich schaue den an, der die Ausweiskontrolle
gemacht hat. Den kenn’ ich
doch. Das ist ein Funktionär bei den
Kinderfreunden. Er starrt mich an und
erkennt mich, hebt die Hand auf und
lässt uns ohne Kontrolle durchgehen.
Habe ich nicht Glück gehabt?
(Primocic, S. 56f.)
Widerstand der Jugend
1945
Atombomben
gegen Japan,
Gründung
der UNO
Obwohl Hitler und die NSDAP die Jugend
völlig vereinnahmen wollten, gab es auch
Jugendliche, die sich dem Regime entzogen.
Sie passten sich den Regeln der Nationalsozialisten
nicht an, sondern hörten
z. B. amerikanische Musik, trugen lässige
Kleidung und Frisuren oder verbrachten
ihre Freizeit außerhalb der HJ bzw. des
BDM (Nonkonformismus).
Der Wiener Walter Herda z. B. wurde im
„Polizeilichen Jugendschutzlager“ Moringen
(Deutschland) inhaftiert – mit unzähligen
anderen 9 bis 17Jährigen, nur
weil sie z. B. JazzMusik hörten, mit Juden
oder Roma befreundet waren oder weil
ihre Eltern dem Regime verdächtig waren.
13 Nennt Beispiele
für Möglichkeiten,
gegen das nationalsozialistische
System etwas zu
unternehmen. HS
Schwester Restituta Kafka
als Krankenschwester in
Dienstkleidung um 1940
Franz Jägerstätter
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
Nonkonformismus:
sich nicht nach der
herrschenden Meinung
richten, sondern eigene,
individuelle Grundsätze
bezüglich Politik,
Religion usw. vertreten.
1950
Alltagsleben in der Diktatur des Nationalsozialismus
61
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918
1920 1921 1924
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
Oberst Claus Graf Schenk
von Stauffenberg
Noch in den letzten Tagen
des Krieges wurden Widerstandskämpfer
und Wehrdienstverweigerer
hingerichtet
und zur Abschreckung
öffentlich zur Schau gestellt.
Helmuth Hübener war erst 17, als er hingerichtet
wurde. Er hatte Flugblätter gegen Hitler
verteilt.
Die Weiße Rose
Hochpolitisch war der Widerstand einer
Münchner Studentengruppe rund um die
Geschwister Hans und Sophie Scholl: Die
Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ forderte
die Bevölkerung über Flugblätter
zum passiven Widerstand auf: Durch Sabotage
und Störungen von NSVeranstaltungen
sollte Hitler geschwächt werden.
Die Menschen wurden zum „geistigen
Boykott“ aufgerufen; sie sollten ihr Wissen
keinesfalls der NSRegierung zur Verfügung
stellen. 1943 wurden die Geschwister
Scholl hingerichtet.
Attentate auf Hitler scheitern
Bereits im November 1939, kurz nach
Kriegsbeginn, verübte Georg Elser in
München ein Bombenattentat auf Hitler,
das scheiterte, weil Hitler die Versammlung
vorzeitig verließ. Elser wurde in ein
Konzentrationslager gesperrt und kurz
vor Kriegsende auf persönlichen Befehl
Hitlers ermordet.
Gegen Ende des Krieges regte sich auch
Widerstand unter den Generälen. 1944
organisierte Oberst Graf Schenk von
Stauffenberg einen Putschversuch. Er
hatte Zugang zum Führerhauptquartier
und ließ dort bei einer Besprechung seinen
Aktenkoffer mit einer Zeitbombe zurück.
Stauffenberg hörte die Detonation
und war sicher, dass das Attentat geglückt
sei. Unter dem Codewort „Walküre“
löste er die für den Umsturz vorgesehenen
Maßnahmen aus.
Widerstandskämpfer besetzten im gesamten
Land Ämter, Posten und Sender.
Hitlertreue Truppen leisteten erbitterten
Widerstand. Als bekannt wurde, dass
Hitler auch dieses Attentat überlebt hatte,
brach der Putschversuch zusammen:
Stauffenberg und drei weitere Offiziere
wurden auf der Stelle erschossen, 7000
Verhaftungen folgten, 200 Menschen
wurden hingerichtet oder zum Selbstmord
gezwungen.
Gruppe O5 in Wien
Die bekannteste Widerstandsgruppe Österreichs
war O5 (5 steht für den 5. Buchstaben
des Alphabets; OE = OEsterreich).
Die Offiziere innerhalb dieser Gruppe
versuchten gegen Kriegsende, die Stadt
Wien den Alliierten kampflos zu übergeben,
um unnötiges Blutvergießen zu vermeiden.
Sie wurden aber verraten und
viele von ihnen noch in den allerletzten
Kriegstagen hingerichtet.
Zeichen des östereichischen Widerstands am
Stephansdom
62
Alltagsleben in der Diktatur des Nationalsozialismus
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
1933
Machtergreifung
Hitlers
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
1934 1935
1938 1939 1940
Nürnberger
Besetzung Angriff
Rassegesetze
Österreichs auf Polen
Zweiter Weltkrieg
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland, Österreich)
1942
Wannseekonferenz
1943
Stalingrad
1945
Atombomben
gegen Japan,
Gründung
der UNO
Wirtschafts- und Sozialpolitik im Nationalsozialismus
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
1950
Infolge der Weltwirtschaftskrise gab es
Anfang der 30erJahre in Deutschland
6 Millionen Arbeitslose. 1936 – drei Jahre
nach der Machtübernahme Hitlers –
herrschte nahezu Vollbeschäftigung.
Ähnlich war die Situation in Österreich
nach dem Anschluss 1938. So strich Hitler
z. B. die Schulden vieler Kleinbauern,
schuf Arbeitsplätze in der Industrie und
beim Aufbau einer Infrastruktur und stellte
Darlehen zur Verfügung. Dies war ein
wichtiger Grund für die Akzeptanz seines
Regimes. Menschen, die zuvor Armut gelitten
hatten, hatten plötzlich wieder Perspektiven.
Dabei bemerkten die meisten
nicht, dass die gesamte Wirtschaftspolitik
der Rüstungs und Kriegsindustrie untergeordnet
war, dass diese Wirtschaftspolitik
letztlich in das Grauen des Zweiten
Weltkrieges führte.
Arbeitsplätze machen
der Bevölkerung Mut
Oft wird der Autobahnbau als „positives
Beispiel“ der NSWirtschaftspolitik genannt.
Die Propaganda feierte jede Streckeneröffnung,
Aufbruchsstimmung wurde
erzeugt. Auch die Ehestandsdarlehen
trugen zur Senkung der Arbeitslosenzahlen
bei, da dadurch die Frauen aus
dem Berufsleben herausgehalten wurden:
Fast 400000 Ehepaare erhielten einen
zinsenlosen Zuschuss zur Haushaltsgründung,
was wiederum die Nachfrage
nach Konsumgütern anhob. Das Darlehen
war mit der Bedingung verbunden, dass
die Frau ihren Beruf aufgab. Es konnte
sogar „abgekindert“ werden, das heißt:
Nach dem vierten Kind musste das Darlehen
nicht mehr zurückbezahlt werden.
Wirtschaftspolitik wird
Rüstungspolitik
Schon ab der zweiten Hälfte des Jahres
1934 flossen immer mehr staatliche Gelder
in die Rüstungsindustrie, 1935 übertrafen
die militärischen bereits die zivilen
Investitionen. Der wirtschaftliche Aufschwung
basierte seitdem auf der Rüstungsindustrie.
Die Löhne für die Arbeiter und Arbeiterinnen
wurden staatlich festgelegt, Gewerkschaften
waren verboten. Die unternehmerfreundliche
Politik bewirkte jedoch,
dass sich der Wirtschaftsaufschwung
nicht auf die Löhne auswirkte. Dazu kam
die Anhebung der Wochenarbeitszeit
von 41,5 Stunden 1932 auf 49,2 im Jahr
1942. Der Krieg forderte auch einen vermehrten
Einsatz der Frauen in der Arbeitswelt
– entgegen der ursprünglichen
NSPropaganda.
14 Welche Rolle wird
Frauen durch diese
Maßnahmen zugeordnet?
HM/HS
15 Analysiere die Grafik
zur Wirtschafts und
Sozialpolitik im Nationalsozialismus
mithilfe
folgender Fragen:
a) öffentliche Ausgaben
Für welche Bereiche der
Wirtschaft wurde seit
1934 immer mehr Geld
ausgegeben, für welche
immer weniger? Was bedeutete
das für die Bevölkerung
Deutschlands?
Was bedeutete das für die
internationale Politik?
HM
b) Stundenlöhne
Wie entwickelten sich die
Stundenlöhne in Deutschland
zwischen 1929 und
1939? Was bedeutete das
für die Arbeiterinnen und
Arbeiter? Findet ihr eine
Erklärung dafür, dass Frauen
weniger als Männer
verdienten? HM
16
14
12
10
8
Milliarden Reichsmark
Wehrmacht
Verkehr
Öffentliche Verwaltung
Versorgungsbetriebe
Wohnungsbau
Entwicklung der
Tarif-Stundenlöhne
(in Pfennig)
Facharbeiter
101,1
81,6
78,3
79,1
Facharbeiterin
63,4
53,1
51,6
51,5
6
4
2
0
1928
1933 1934 1935 1936 1937 1938
1929
1932
1936
1939
1929
1932
1936
1939
Öffentliche Ausgaben und Stundenlöhne im Deutschen Reich 1928–1939
Alltagsleben in der Diktatur des Nationalsozialismus 63
Politische Bildung
Politische Plakate untersuchen
16 Hier siehst du ein politisches Plakat.
Lass es auf dich wirken und beantworte
danach die folgenden Fragen.
• Aus wie vielen Bildern besteht das Plakat?
• Beschreibe die einzelnen Bilder.
• Welches Gefühl hast du, wenn du das
Plakat anschaust?
• Was fällt zuerst auf? Der Text oder die
Bilder?
• Was möchte die SVP mit diesem Plakat
wohl sagen?
• Welche Gefahren werden angesprochen?
• Was hältst du von dieser „Werbung“?
PM/PU
17G
Gruppenarbeit:
Entwerft selbst ein politisches Plakat.
Werbt dafür, dass alle Wahlberechtigten
zur Wahl gehen sollen.
PH
18G
Gruppenarbeit:
Sammelt aus Zeitungen und Zeitschriften
aktuelle politische Inserate und
besprecht sie.
PM/PH
Nach einer Idee der Jungen SVP (Schweizerische
Volkspartei) St. Gallen, Schweiz
19G
Gruppenarbeit:
Bringt verschiedene Tageszeitungen
mit. Welche innenpolitischen Themen
sind derzeit wichtig? Erkennt ihr unterschiedliche
Darstellungen zwischen den
Zeitungen?
PM
Spieltipp „Bist du ein guter Politiker,
eine gute Politikerin?“
http://www.powerofpolitics.com/
„Power of Politics“ ist ein kostenloses
Spiel im Internet. Du bist dabei Politikerin
oder Politiker und trittst auf
verschiedenen Ebenen (Bezirk, Bundesland,
Staat) gegen mehr als 30 000
Mitspielerinnen und Mitspieler an.
20 Was macht für euch eine gute
Politikerin/einen guten Politiker aus?
Sammelt Stichwörter.
PO
64 Alltagsleben in der Diktatur des Nationalsozialismus
Wahlplakate untersuchen
PS/PM
(2008) (2009)
21
Trage den Namen der Partei ein.
Trage den Namen der Partei ein.
a) Was ist auf dem Plakat zu sehen?
b) Welche Inhalte werden durch das Plakat vermittelt, was ist die „Botschaft“?
c) Passen Bild und Text zusammen? Begründe deine Meinung.
d) Regt das Plakat zum Nachdenken an oder löst es eher Gefühle aus? Welche Gedanken bzw. welche Gefühle?
e) Welche Wählergruppe wird deiner Meinung nach durch das Plakat besonders angesprochen? Weshalb?
Alltagsleben in der Diktatur des Nationalsozialismus 65
Wissen erweitern
Die bildende Kunst des 20. Jahrhunderts
Hitler bezeichnete Bilder wie dieses von Oskar
Kokoschka als „entartet“. Kokoschka aber war
wegweisend für die Kunst des 20. Jahrhunderts.
„Die Windsbraut“ (1914) zeigt keine realistische
Umgebung, vermittelt aber etwas Unheimliches,
Dämonisches.
Heute ist es in der westlichen Welt selbstverständlich,
dass die Kunst „frei“ ist:
Auch wenn manche Bilder manchen Menschen
nicht gefallen, so darf doch jede
Künstlerin und jeder Künstler malen und
zeichnen, was sie oder er will. Die Nationalsozialisten
dagegen bezeichneten alles,
was nicht ihrem Geschmack entsprach,
als „entartete“ Kunst und verboten
und verfolgten die Künstler/innen.
Die Wanderausstellung „Entartete Kunst“
(1937–1941) mit Werken, die aus Museen
eingezogen worden waren, sollte eigentlich
abschrecken. Der hohe Besucherandrang
rührte jedoch daher, dass viele
Kunstliebhaber/innen die Werke, von denen
im Anschluss viele vernichtet wurden,
aus echter Bewunderung sehen wollten.
Hitler wollte die naturnahe, idealisierende
Darstellung „schöner, deutscher Menschen“;
abstrakte (nicht gegenständliche)
Kunst bezeichnete er als wertlos und
schädlich.
Dabei hatte sich die bildende Kunst in
der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
grundlegend verändert: Nach der Erfindung
der Fotografie Ende des 19. Jahrhunderts
verzichteten moderne Künstler
darauf, die Wirklichkeit abzubilden. Sie
wollten Gefühle zum Ausdruck bringen,
Fragen aufwerfen und nachdenklich
stimmen. Auch wenn die Nationalsozialisten
dies mit Gewalt zu verhindern suchten,
ist die bildende Kunst des 20. Jahrhunderts
geprägt von der Abstraktion.
22G
Gruppenarbeit:
Versucht (in Bildnerischer
Erziehung), den
Stil eines der gezeigten
Künstler nachzuahmen.
23
G
Gruppenarbeit:
Recherchiert genaue
Informationen über
die genannten Künstler.
HS/HM
Bilder dieser Art entsprachen dem Geschmack
Hitlers: „Das Urteil des Paris“ von Ivo Saliger
(1939).
Abstrakte Malerei: Formen, Farbwahl und
Stimmungen stehen im Vordergrund. Hier vom
Niederländer Piet Mondrian: „Composition II in
Red, Blue, and Yellow“, 1930
66 Alltagsleben in der Diktatur des Nationalsozialismus
Salvador Dali: „Die Beständigkeit der Erinnerung“ (1931). Neben der abstrakten
Malerei entwickelte sich – als eine Art Gegenströmung – der Surrealismus:
Dinge wurden real, möglichst genau dargestellt, aber in eine ungewöhnliche
und absurde Umgebung gestellt.
Die abstrakte Stilrichtung des „Action Painting“
begründete Jackson Pollock ab 1946. Hier ein
Detail aus „Number 1 (Lavender Mist)“ von
1950.
Friedensreich Hundertwasser (1928–2000)
wandte sich in seiner Kunst „gegen die Vorherrschaft
der geraden Linie“. Dies tat er auch in
seinem architektonischen Schaffen: Hundertwasserhaus,
Wien.
Gegen die Vorherrschaft der Abstraktion trat
in den 1960er-Jahren die Pop-Art an. Sie band
Elemente der Werbung in die Kunst ein.
Hier ein Ausschnitt aus „Marilyn Diptych“
(1962) von Andy Warhol.
Alltagsleben in der Diktatur des Nationalsozialismus 67
Sichern und Wissen
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918
1920 1921 1924
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
Zusammenfassung
Nationalsozialismus
Der Nationalsozialismus war eine Herrschaftsform, welche die
Menschenrechte, die Demokratie und den Parlamentarismus ablehnte.
Die NSIdeologie behauptete fälschlicherweise, es gebe
biologisch unterschiedliche „Rassen“, die man in wertvolle und
minderwertige einteilen könne (Rassismus).
Volksgemeinschaft
Entsprechend der NSIdeologie sollten die Menschen zu einer
Volksgemeinschaft erzogen werden, das heißt: Der oder die Einzelne
war nichts wert, über allem standen die angeblichen Ziele
und Wünsche des gesamten Volkes. Diese Ziele und Wünsche
wurden den Menschen mittels Propaganda und Erziehung von
frühester Kindheit an vom Staat vorgegeben. In Schulen und vor
allem in den zahlreichen NSOrganisationen (BDM, HJ) wurden
Kinder und Jugendliche nach den Vorgaben der Nationalsozialisten
erzogen. Wer sich dagegen wehrte, hatte mit Verfolgung zu
rechnen.
1933: Hitler kommt in Deutschland an
die Macht.
Die NSDAP kontrolliert das gesamte
öffentliche und private Leben.
1935: „Nürnberger Rassengesetze“
12. 3. 1938: Einmarsch deutscher Truppen
in Österreich
10. 11. 1938: Novemberpogrom, Enteignung
(„Arisierung“) und Verfolgung
der Juden
20. 1. 1942: Wannseekonferenz, Beschluss
des Massenmordes von Juden
und Jüdinnen (Holocaust, Shoah)
Rassenwahn
Die NSIdeologen behaupteten, die Juden seien eine besonders
„minderwertige“ und gefährliche „Rasse“ (Antisemitismus) und
müssten deshalb vertrieben oder getötet werden. Ähnliches behauptete
man von den slawischen Völkern im Osten Europas.
Auch die Sinti und Roma wurden verfolgt und viele ermordet.
Judenverfolgung
Die Nationalsozialisten nahmen den Juden schrittweise alle bürgerlichen
Rechte. Jüdisch„arische“ Heiraten wurden verboten.
Man zwang die jüdische Bevölkerung, aus Deutschland und
Österreich auszuwandern; ihr gesamtes Vermögen wurde ihr genommen
(„Arisierung“). Im Krieg begannen die Nationalsozialisten,
Jüdinnen und Juden systematisch zu ermorden. Insgesamt
kamen an die 6 Millionen Menschen auf grausame Weise um:
Entweder starben sie an Hunger, Schwäche und Zwangsarbeit
oder sie wurden vergast und verbrannt (Holocaust). Nur wenige
europäische Juden und Jüdinnen überlebten diese Gräuel.
Widerstand und Mitläufertum
Von Anfang an gab es auch Widerstand
gegen das nationalsozialistische
Regime. Geheimpolizei und Verfolgung
aber schwächten die Widerstandsbewegungen.
An die 40 Anschläge auf
Hitler scheiterten, so auch das Attentat
vom 20. Juli 1944 durch Graf Stauffenberg.
Mitläufer und Mitläuferinnen
machten einen großen Teil der Bevölkerung
aus. Denunzianten wurden gefördert,
sie unterstützten – oft aus persönlichen
Gründen – die Gestapo bei
der Verfolgung jener Bürgerinnen und
Bürger, die nicht mit dem Nationalsozialismus
einverstanden waren.
68 Alltagsleben in der Diktatur des Nationalsozialismus
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
1933
Machtergreifung
Hitlers
Kommunismus: Stalin (Russland) bis 1954
Austrofaschismus
1934 1935
1938 1939 1940
Nürnberger
Besetzung Angriff
Rassegesetze
Österreichs auf Polen
Zweiter Weltkrieg
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland, Österreich)
1943
Stalingrad
1945
Atombomben
gegen Japan,
Gründung
der UNO
1949
Gründung
der NATO
1950
Zur Wiederholung
Erziehung: Welche
1
Schritte machte
ein Kind bzw. ein
junger Mensch zwischen
dem 6. und 20. Lebensjahr
als angepasstes,
„vollwertiges Mitglied
der Volksgemeinschaft“?
HS
Nonkonformität
Grundsätzliche
Kritik am
NS-System
Widerstand
2 Zu den Fotos: Was
wollten die Nationalsozialisten
damit
erreichen? HS/PU
Protest
Kritik an
Teilen des
NS-System
1942
Wannseekonferenz
Verweigerung
Privater Handlungsraum
(in Familie, Verwandtschaft,
Freundeskreis usw.)
Beispiele für
Öffentlicher Handlungsraum
(in Schule, Versammlungen,
auf Flugblättern usw.)
Nonkonformität: Verweigerung: Protest: Widerstand:
3 Ergänze die Tabelle
unterhalb der Grafik
mit Beispielen für
Widerstand gegen das
NSRegime. PS
4 Nenne einige Personen
und Personengruppen,
die aktiv
Widerstand leisteten:
HS
Alltagsleben in der Diktatur des Nationalsozialismus
69
Sichern und Wissen
5 Spitzelwesen:
Was passierte,
wenn man angezeigt
wurde (einem selbst, der
Familie)? Welche Institution
überwachte die
Bürgerinnen und Bürger?
HS
6 NS-Rassenwahn:
Ordne folgende Aussagen
den Bildern zu.
HS
Ordne den Abbildungen
folgende Jahreszahlen zu:
ab 1933 (zweimal)
10. 11. 1938
ab 1941
1 Sofort mit der Machtübernahme wurden
Juden diskriminiert und benachteiligt.
2 Jüdisches Eigentum wurde gestohlen
und „arisiert“.
3 Den Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung
nannten die Nationalsozialisten
zynisch „Reichskristallnacht“.
4 Über Juden und Jüdinnen wurden Auswanderungs
und Ausgehverbot verhängt.
Sie mussten sich mittels Davidstern
als Juden kenntlich machen.
Check dein Wissen und Verstehen
Ich kann Methoden nennen, mit denen das HitlerRegime versuchte,
die Kinder und die Jugend zu vereinnahmen.
Ich kann erklären, wie die Erziehung im Nationalsozialismus funktionierte.
Ich verstehe, warum viele Menschen, die eigentlich gegen das
nationalsozialistische Regime waren, keinen Widerstand leisteten.
Ich kann Arten des Widerstands und einige Widerstandskämpfer/innen nennen.
Ich weiß, in welchen Schritten die Judenverfolgung bis zur sogenannten
„Endlösung“, dem systematischen Massenmord, verlief.
Ich verstehe, warum die Ermordung der europäischen Juden und Jüdinnen als das
größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte gilt und mit nichts vergleichbar ist.
70 Alltagsleben in der Diktatur des Nationalsozialismus
Der Zweite Weltkrieg
und die Folgen
An der Diebesbeute wollen wir uns zwar
fast alle ergötzen, die Verantwortung
für das ganze Geschehen wollen wir nur
einem in die Schuhe schieben!
Franz Jägerstätter, aus den Gefängnisbriefen
71
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918
1920 1921 1924
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
Der Weg in den Krieg
Die Aggressionspolitik NS-Deutschlands bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges
1 Zur Karikatur:
Welches Verhältnis
zwischen Hitler und
Stalin wird hier karikiert?
HM/PM
2
G
Gruppenarbeit:
Beurteilt die Bemühungen
Englands und
Frankreichs, Hitler zu beschwichtigen,
um einen
Krieg zu verhindern:
Frieden um jeden Preis?
Diskutiert diese Frage
und denkt dabei an die
KZs und die Verfolgungen
und Ermordungen.
PU
Protektorat:
erzwungene oder freiwillig
angenommene Schutzherrschaft
eines Staates
über einen anderen, der
damit seine Souveränität
verliert.
Tschechoslowakei, 1938
Neben Österreich wollte Hitler auch die
Tschechoslowakei dem Deutschen Reich
einverleiben. Zunächst ging es um das
sog. Sudetenland, eine Reihe von Gebieten
am Rand der Tschechoslowakei, die
vorwiegend von Deutschen bewohnt waren.
Nachdem ein Putsch gescheitert war, erzwang
Deutschland die Abtretung des
Sudetenlandes auf diplomatischem Weg:
Die Schutzmächte der Tschechoslowakei,
Frankreich und England, stimmten auf
einer Konferenz in München im September
1938 den deutschen Forderungen
zu – in der Hoffnung, damit einen Krieg
verhindern zu können. Schon drei Wochen
später marschierten deutsche Truppen
im Sudetenland ein.
Im März 1939 jedoch wurde auch die
restliche Tschechoslowakei besetzt und
als Protektorat zu einem von Deutschland
abhängigen Staat umgebildet. Damit
war klar, dass es Hitler nicht nur um
die Rückgängigmachung (Revision) der
Friedensverträge von 1919 ging, sondern
dass er auf Eroberung aus war.
Polen, 1939
Im August 1939 schloss Hitler mit der Sowjetunion
einen Nichtangriffspakt. In einem
geheimen Zusatzprotokoll teilten die beiden
Diktatoren Hitler und Stalin den bis
dahin selbstständigen Staat Polen auf. Der
deutsche Überfall auf Polen am 1. September
1939 wurde zum Auslöser und Beginn
des Zweiten Weltkrieges. England und
Frankreich erklärten Deutschland den Krieg.
Hitler und Stalin teilten sich in einem Geheimabkommen
Polen. Nach der Niederlage Polens
zeigte eine englische Karikatur (David Low im
„Evening Standard“) deren Verhältnis: Hitler
grüßt Stalin: „Der Abschaum der Menschheit,
denke ich.“ Stalin zurück: „Der blutige Mörder
der Arbeiter, nehme ich an.“
72
Der Zweite Weltkrieg und die Folgen
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
1933
Machtergreifung
Hitlers
Krieg als Vernichtungskrieg
„Blitzkriege“, 1940
Die deutschen Generäle versuchten,
ihren Rüstungsvorsprung
zu nutzen und wählten
die Taktik des schnellen, alles
entscheidenden Angriffs. Im
April 1940 ließ Hitler, um den
dringend benötigten Nachschub
an Eisenerz sicherzustellen,
die neutralen Staaten Dänemark
und Norwegen besetzen.
Schon einen Monat später
griffen deutsche Truppen auch
Frankreich an. Die französischen
Verteidigungsanlagen
umgingen sie, indem sie über
die neutralen Länder Holland,
Luxemburg und Belgien einmarschierten.
Binnen Wochen
zwangen sie Frankreich zur Kapitulation.
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
1934 1935
1938 1939 1940
Nürnberger
Besetzung Angriff
Rassegesetze
Österreichs auf Polen
Der Erfolg dieser „Blitzkriege“
ermutigte Hitler, Großbritannien
anzugreifen. Großbritannien hielt
jedoch dem Bombardement der deutschen
Flugzeuge stand.
Noch immer unterstützte ein Großteil der
deutschen Bevölkerung – teilweise fasziniert
von den schnellen Siegen – Hitlers
Kriegspolitik.
Am 22. Juli 1941 überfielen deutsche
Truppen die Sowjetunion. Dabei ging es
den Nationalsozialisten nicht „nur“ um
einen militärischen Sieg; sie führten vielmehr
einen Vernichtungskrieg gegen die
„slawischen Untermenschen“, um „deutschen
Lebensraum im Osten“ zu schaffen.
Die Menschen der eroberten Gebiete
hatten schwer zu leiden: Bis Ende 1944
wurden 4,7 Millionen Menschen nach
Deutschland verschleppt, wo sie schwerste
Zwangsarbeit verrichten mussten. Millionen
sowjetischer Soldaten verhungerten
in deutscher Kriegsgefangenschaft.
Menschenrechtsverletzungen wurden
ausdrücklich befohlen:
Q
Zweiter Weltkrieg
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland, Österreich)
1942
Wannseekonferenz
1943
Stalingrad
Das wesentliche Ziel des Feldzuges
gegen das jüdischbolschewistische
System ist die völlige Zerschlagung
der Machtmittel und die Ausrottung
des asiatischen Einflusses im
europäischen Kulturraum. Der Soldat
ist im Ostraum nicht nur ein Kämpfer
nach den Regeln der Kriegskunst, sondern
auch Träger einer unerbittlichen
völkischen Idee. Deshalb muss der
Soldat für die Notwendigkeit der harten,
aber gerechten Sühne am jüdischen
Untermenschentum volles Verständnis
haben. Zweck ist die erbarmungslose
Ausrottung artfremder
Heimtücke und Grausamkeit und damit
die Sicherung des Lebens der
deutschen Wehrmacht in Russland.
Nur so werden wir unserer geschichtlichen
Aufgabe gerecht, das deutsche
Volk von der asiatischjüdischen Gefahr
ein für allemal zu befreien.
(Befehl des Oberbefehlshabers des Armeekommandos
6, Generalfeldmarschall v.
Reichenau, 10. 10. 1941. Aus: Der Prozess
gegen die Hauptkriegsverbrecher)
Vertreibung
der Deutschen
1945 1946
Atombomben
gegen Japan,
Gründung
der UNO
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
Die Angriffe Deutschlands
und seiner Verbündeten.
(Italien wechselte 1943
nach dem Sturz Mussolinis
die Fronten.)
3 Listet anhand der
Karte auf, welche
Länder wann von Deutschland
angegriffen wurden.
HM/HS
4 Welche Ziele werden
von den Nationalsozialisten
für den Krieg
im Osten genannt?
Was unterscheidet sie von
„üblichen“ Kriegszielen?
HO
Blitzkrieg: überraschender
militärischer Angriff,
mit dem ein schneller
Sieg erreicht werden soll.
1950
Der Zweite Weltkrieg und die Folgen
73
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918
1920 1921 1924
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
Radio Moskau sendete
immer wieder den Satz:
Alle sieben Sekunden
stirbt ein deutscher
Soldat in Russland:
eins – zwei – drei – vier
– fünf – sechs – sieben.
Alle sieben Sekunden
stirbt ein deutscher
Soldat in Russland:
eins – zwei – …
(aus: Bähr, Kriegsbriefe,
S. 115)
5 Was war der Sinn
dieser „Radiosendung“?
HF
6
G
Gruppenarbeit:
Wiederholt stichwortartig
den Verlauf des
Zweiten Weltkrieges bis
1942. HS
Infanterist:
zu Fuß kämpfender Soldat
mit Handwaffe
Die Kriegswende: Stalingrad,
ab 1942
Zuerst drang die deutsche Wehrmacht
schnell ins Landesinnere der Sowjetunion
vor. Ab 1942 jedoch setzte sich die sowjetische
Rote Armee erfolgreich zur Wehr.
Der Kampf um die Stadt Stalingrad wurde
schließlich zum Wendepunkt des Krieges:
Die 300 000 Mann starke 6. Armee,
in der auch viele Österreicher kämpften,
sollte im November 1942 Stalingrad einnehmen.
Der Roten Armee aber gelang
es, den Feind einzuschließen. Nur 45 000
Mann (Verwundete und Spezialisten)
wurden noch ausgeflogen. Die Lage der
deutschen Angreifer war hoffnungslos,
doch Hitler befahl, Stalingrad bis zum
letzten Mann zu halten. Die Soldaten waren
verzweifelt:
Q
Anfang Januar war das letzte Stück
Brot ausgegeben. Aus Krähen und
gefrorenem Pferdefleisch kochten wir
Suppe. Schließlich machten wir Essen
aus Motoröl, Fußpuder und Sägespänen.
Am 25. Januar wurde noch ein
Flugzeug mit Verwundeten beladen.
Die russische Infanterie stürmte schon
schießend auf den Flugplatz. Da drängten
sich die letzten Deutschen in die
Maschine. Sie klammerten sich an die
Räder und Flügel, sodass sich das Flugzeug
nicht erheben konnte. Alle gerieten
in Gefangenschaft.
(Erkunden und Erkennen, S. 125)
Ende Jänner 1943 ergab sich die 6. Armee:
150 000 Soldaten waren in diesem
sinnlosen Kampf gefallen. 91 000 gerieten
in Gefangenschaft. Davon kehrten
nur ca. 6000 nach Hause zurück – zum
Teil erst Jahre nach Kriegsende.
Vom Kampf gezeichnete Soldaten
Deutsche Propaganda …
Bericht aus Stalingrad: „Seit Wochen
tobt der Kampf um die rote Wolgametropole.
Die Luftwaffe zerhämmert
in pausenlosen Einsätzen die
Widerstandsnester. Zahllose Batterien
der Artillerie zermürben den zähen
Verteidigungswillen des Feindes.
Unaufhaltsam schreitet der Kampf in
der schwer zerschlagenen Stadt weiter.
Der Träger dieses Kampfes ist der
deutsche Infanterist.“
(Zweiter Weltkrieg, Tondokumente 1943–1945)
Kampf um Stalingrad
… und Wirklichkeit
Zu diesem Zeitpunkt waren die Deutschen
rettungslos eingeschlossen,
Tausende froren und hungerten. Gekämpft
wurde um einzelne Häuser.
74 Der Zweite Weltkrieg und die Folgen
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
Der „totale Krieg“ ab 1943
Seit der Niederlage in Stalingrad 1943
erlitten die deutschen Truppen auf allen
Kriegsschauplätzen Niederlagen und
mussten überall den Rückzug antreten.
Es wurde klar, dass Deutschland den
Krieg verlieren würde. Trotzdem sprach
die deutsche Propaganda vom „Endsieg“
und forderte den „totalen Krieg“:
Q
1933
Machtergreifung
Hitlers
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
1934 1935
1938 1939 1940
Nürnberger
Besetzung Angriff
Rassegesetze
Österreichs auf Polen
[…] Die Engländer behaupten,
das deutsche Volk will nicht den
totalen Krieg, sondern die Kapitulation.
(Zurufe: „Niemals! Niemals! Niemals!“
…) Ich frage euch: Wollt ihr
den totalen Krieg? Wollt ihr ihn,
wenn nötig, totaler und radikaler, als
wir ihn uns heute überhaupt erst vorstellen
können?
Ich frage euch, … (Sprechchöre: „Führer
befiehl, wir folgen!“, „Führer befiehl, wir
folgen!“ …) … ich frage euch, vertraut
ihr dem Führer? (ekstatisches Schreien,
„Ja!, Ja!“ …)
Ist eure Bereitschaft, ihm auf allen seinen
Wegen zu folgen und alles zu tun,
was nötig ist, um den Krieg zum siegreichen
Ende zu führen, eine absolute
und uneingeschränkte? (jubelnde Zustimmung)
(Propagandaminister Goebbels, 18. 2. 1943;
zit. n.: Hofer: Dokumente, S. 251)
Deutschland kapituliert, 1945
Alle Propaganda konnte nicht darüber
hinwegtäuschen, dass der Krieg verloren
war. Im Morgengrauen des 6. Juni 1944
folgte die lang vorbereitete Invasion der
Alliierten an der französischen Atlantikküste.
Unterstützt von der Luftwaffe, die
auch Angriffe auf zivile Ziele flog, drängten
die Alliierten die deutsche Armee immer
weiter zurück und stießen von allen
Seiten gegen Deutschland vor.
Als die Rote Armee Berlin erreichte, nahmen
sich Hitler und Goebbels das Leben.
Hitlers Nachfolger Dönitz unterzeichnete
am 8. Mai 1945 die bedingungslose Kapitulation
des Deutschen Reiches.
Zweiter Weltkrieg
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland, Österreich)
1942
Wannseekonferenz
1943
Stalingrad
Invasion in der Normandie, 1944
Der Weltkrieg in Südostasien
Das mit Deutschland verbündete Japan
hatte seit 1931 weite Teile Chinas besetzt
und strebte nach der Vorherrschaft im
pazifischen Raum. Im Dezember 1941
griffen japanische Flieger überraschend
die USFlotte in Pearl Harbor (Hawaii) an.
Daraufhin traten die USA in den Weltkrieg
ein. Ihre Wirtschaftskraft trug entscheidend
zum Sieg der Alliierten in Europa
bei.
Der Kampf zwischen den USA und Japan
im Pazifik dauerte an, bis der Einsatz einer
neuen Waffe Japan zur Kapitulation
zwang: Am 6. August 1945 warfen die
USA die ersten Atombomben auf die
Stadt Hiroshima, drei Tage später eine auf
Nagasaki. Allein in Hiroshima starben
260 000 Menschen, über 160 000 waren
verwundet oder vermisst. Die Spätfolgen
der Atombombe – Fehlbildungen, Verkrüppelungen
oder Krebserkrankungen
– sind bis heute spürbar.
Hiroshima nach dem Atombombenabwurf
Vertreibung
der Deutschen
1945 1946
Atombomben
gegen Japan,
Gründung
der UNO
Jubelnde Zuhörer bei
Goebbels’ Rede zum
„totalen Krieg“
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
1950
7 Wie erklärt ihr euch
die Begeisterung für
den „totalen Krieg“?
HF/HM
Der Zweite Weltkrieg und die Folgen
75
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918
1920 1921 1924
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
Alltag im Krieg
8
G
Gruppenarbeit:
Versucht, die
Unterschiede zwischen
Schlagertexten und
Kriegswirklichkeit herauszuarbeiten.
HM
Im Krieg wurde bald nicht mehr zwischen
Front und Heimat unterschieden: Der
Krieg war überall. Die Nationalsozialisten
sprachen in ihrer Propaganda daher auch
von der „Heimatfront“. Die Menschen
wurden zum Sparen und Spenden aufgefordert.
Denunziation und Spitzelwesen
sollten möglichen Widerstand im Keim
ersticken. In der Industrie ersetzten teils
Frauen die Männer, die an der Front
kämpften. Auch Millionen ausländischer
Zwangsarbeiter und arbeiterinnen mussten
in der deutschen Kriegsindustrie schuften.
Lebensmittel waren gegen Kriegsende
so knapp, dass die Frauen aufs Land
„hamstern“ fuhren: Sie tauschten, was sie
hatten, bei den Bauern gegen Essbares
ein.
Je länger der Krieg dauerte, desto schlimmer
wurde die Situation. Die Alliierten
bombardierten nicht nur militärische Anlagen
und Rüstungsfabriken, sondern
auch Wohnungen der Zivilbevölkerung.
Amerikanische und englische Bomberverbände
zerstörten, meist in nächtlichen
Großangriffen, deutsche und österreichische
Städte – so wie zuvor die deutsche
Luftwaffe Siedlungen im „feindlichen“
Ausland.
Die Menschen suchten Schutz in Kellern.
Das Über und Weiterleben in den zerbombten
Städten, in denen Gas, Wasser
und Strom fehlten, erforderte vor allem
von den Frauen, aber auch von Kindern,
größte Anstrengungen.
Q
Diese Menschen sind völlig verrückt
vor Jammer. Sie müssen zusehen,
wie alles restlos niederbrennt.
Sie können keinen Finger rühren zur
Rettung. Es gibt kein Wasser, keine
Löschwerkzeuge. Das Feuer wütet ungehemmt.
(Nadler: Ich sah, wie Nürnberg unterging,
1955, S. 18)
Propaganda ...
Schlagerparade im Krieg:
„Es geht alles vorüber, es geht alles
vorbei …“
„Ich weiß, es wird einmal ein
Wunder gescheh’n …“
„Davon geht die Welt nicht unter …“
„Das kann doch einen Seemann
nicht erschüttern …“
„Heimat, deine Sterne …“
„Tapfere kleine Soldaten …“
... und Wirklichkeit
Überlebende eines Bombenangriffs werden
aus den Trümmern geborgen.
76
Der Zweite Weltkrieg und die Folgen
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
1933
Machtergreifung
Hitlers
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
1934 1935
1938 1939 1940
Nürnberger
Besetzung Angriff
Rassegesetze
Österreichs auf Polen
Mit den Bombardierungen der Alliierten
hatten die Kriegshandlungen auch
Deutschland und Österreich erreicht. Viele
Menschen litten Todesangst, wurden
verletzt oder verloren Familienmitglieder.
Viele verloren auch ihre Wohnung und
ihren ganzen Besitz. Das Leben in den
zerstörten Städten wurde immer schwieriger.
Dazu kamen die Nachrichten von
den militärischen Erfolgen der Alliierten.
Als auch die Versorgung mit Lebensmitteln
und Kleidung immer schlechter wurde,
wünschten sich viele insgeheim ein
baldiges Ende des Krieges.
Zweiter Weltkrieg
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland, Österreich)
1942
Wannseekonferenz
1943
Stalingrad
Vertreibung
der Deutschen
1945 1946
Atombomben
gegen Japan,
Gründung
der UNO
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
1950
Propaganda …
Von allen Seiten starten unsere Verbände,
um den Feind schon lange vor
Erreichen seiner vermutlichen Ziele
anzugreifen. Im Küstenvorland stoßen
Jäger und Zerstörer auf den Feind.
Ein dicker Pulk, vorne ein Feindjäger.
Unsere Verbände stürzen sich auf den
Gegner. Der Jäger zieht seine Maschine
zum neuen Angriff hoch. Auf 50
Meter am Feind – da fällt er in die
Tiefe.
(Wochenschau-Bericht, 22. 6. 1943; Tondokument)
… und Wirklichkeit
Dresden 1945
Bombenruinen in einer deutschen Stadt
Im Luftschutzkeller
Der Zweite Weltkrieg und die Folgen
77
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918
1920 1921 1924
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
9 Analysiert die Anzeige:
Welche „Vorteile“
der Arbeit in der Rüstungsindustrie
werden genannt,
um Frauen dafür zu gewinnen?
Welche möglichen
Probleme werden angesprochen
und welche Lösung
wird dafür geboten?
HM
Im Krieg verändert sich
die Rolle der Frauen
Als immer mehr Männer zum Kriegsdienst
eingezogen wurden, wollte man
Frauen und Mädchen zur Arbeit, vor allem
in der Rüstungsindustrie, verpflichten.
Plötzlich wurden Frauen Arbeiten
Frauen bei der Feuerwehr
abverlangt, die der früheren Propaganda
von der „deutschen Frau“ – der Hausfrau
und Mutter – widersprachen. Jetzt hieß
es, die Frau arbeite im Rüstungsbetrieb
ebenso gern wie im Haushalt, sie könne
mit Schweißbrenner und Lötkolben so
gut umgehen wie mit Bügeleisen und
Staubtuch.
Unter Androhung von Gefängnisstrafen
oder „Versetzungen“ in einen entfernten
Teil des Reiches mussten die Frauen in die
Industrie eintreten. Um Zwangsverpflichtungen
zu entgehen, meldeten sich auch
viele Frauen freiwillig zu Kriegsdiensten:
im Sanitätsbereich, bei der Feuerwehr,
für den Nachrichtendienst. Die Propaganda
warb mit entsprechenden Vorbildern
(vgl. Abb. unten).
Je länger der Krieg dauerte, desto härter
wurden die Arbeitsbedingungen: In immer
kürzerer Zeit musste immer mehr
produziert werden. Es wurden auch immer
mehr Zwangsarbeiterinnen und
Zwangsarbeiter aus dem Ausland eingesetzt.
Im Februar 1943 befahl Hitler seinen
Generälen: „Bringen Sie uns Russinnen
herein, die zehn Stunden arbeiten
können. Eine Million Frauen, russische
Frauen brauchen wir!“ (zit. nach: Winkler,
S. 119) Die Frauen selbst sollten von Kindern
ersetzt werden: Buben wurden vom
Staat zur Feldarbeit, Mädchen zur Hausarbeit
eingeteilt:
Q
Ernteeinsatz vom 10. Lebensjahr
an. Auch im Jahre 1943 müssen
dem deutschen Bauern alle Hilfskräfte
zur Verfügung stehen, die nötig sind,
um die Erzeugungsschlacht zum vollen
Erfolg zu führen und damit die
Ernährung von Front und Heimat zu
sichern. Deshalb haben die zuständigen
Stellen von Partei und Staat die
erforderlichen Vorschriften zur Mitarbeit
auch der Schuljugend auf diesem
wichtigen Gebiet des Kriegseinsatzes
erlassen […]
(Völkischer Beobachter, 25. 5. 1943)
Aufruf an Frauen zur Arbeit in der
Rüstungsindustrie
78 Der Zweite Weltkrieg und die Folgen
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
Flucht und Vertreibung
Aufruf zu Rache und Vergeltung
In vielen (süd)osteuropäischen Gebieten,
die Hitler erobert hatte, gab es eine alteingesessene
deutsche Bevölkerung. Sie
hatte in den letzten Kriegsmonaten und
nach Kriegsende schwer zu leiden. Viele
der nun vorrückenden Sowjetsoldaten
und Partisanen strebten nach Rache für
die Verbrechen der deutschen Besatzer in
der Sowjetunion, in Polen und Jugoslawien:
Diese hatten das Land zerstört, Millionen
Zwangsarbeiter und arbeiterinnen
verschleppt, Geiseln ermordet. Die
Propaganda schürte zusätzlich Hass. Laut
ihr gab es „keine unschuldigen Deutschen“,
sondern nur kollektive (gemeinsame)
Verantwortung. Jeder und jede
Deutsche habe Schuld am Krieg und seinen
Folgen.
Q
1933
Machtergreifung
Hitlers
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
Wenn unser Tag kommt, dann
wird die ganze Nation den alten
Kampfruf der Hussiten anwenden:
„Schlagt sie, tötet sie, lasst keinen am
Leben.“ Jeder sollte sich nach der geeigneten
Waffe umsehen, um die Deutschen
zu treffen. Wenn keine Feuerwaffen
zur Hand sind, dann jede Art
von Waffe, die schneidet, sticht oder
trifft […]
(Aufruf des tschechischen Generals Ingr über
den britischen Rundfunk an das tschechische
Volk am 3. 11. 1944; zit. n.: News Chronicle
vom 4. 11. 1944)
Als Folge solcher Aufrufe wurden nicht
nur deutsche Kriegsgefangene schlecht
behandelt, es kam auch zu Gräueltaten
an der Zivilbevölkerung mit vielen Todesopfern.
Menschen verlieren ihre Heimat
Nachdem diese Vorfälle bekannt geworden
waren, verließen Millionen Menschen
voller Angst ihre Heimat. Vor allem
aus Ost und Westpreußen, aus Polen,
Pommern, Schlesien und der jugoslawischen
Wojwodina zogen im Winter
1944/45 Flüchtlinge Richtung Westen.
Auch auf Schiffen konnten fast zwei Millionen
Menschen gerettet werden – aus
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland, Österreich)
1934 1935
1938 1939 1940
Nürnberger
Besetzung Angriff
Rassegesetze
Österreichs auf Polen
Deutsche Flüchtlinge, 1945
Küstengebieten, die von der Sowjetarmee
eingeschlossen worden waren. Aber auch
auf der Flucht starben viele Menschen an
Kälte und Erschöpfung; sowjetische Flugzeuge
beschossen die Trecks, sowjetische
UBoote versenkten Flüchtlingsschiffe.
Q
Zweiter Weltkrieg
1942
Wannseekonferenz
1943
Stalingrad
Sudetendeutsche und Donauschwaben
werden vertrieben
1945 1946
Atombomben
gegen Japan,
Gründung
der UNO
Meine Mutter packte eilig alles
zusammen, was sie an Essbarem
bei uns fand. So ging es am Morgen
los. Es waren ungefähr 100 Wagen, die
aufbrachen. Wir kamen an Wagen
vorbei, die schon eine längere Wegstrecke
hinter sich gebracht hatten
und nun durch zerbrochene Achsen
oder zersplitterte Räder am Weiterfahren
gehindert wurden. Diese Leute
liefen zu Fuß weiter. Ein älterer Herr
starb und wurde unter der Schneedecke
begraben, denn der Treck konnte ja
nicht wegen einer solchen, wenn auch
tragischen, Lappalie anhalten.
(aus: Flucht und Vertreibung, S. 111 f.)
Trotz der Massenflucht lebte zu Kriegsende
immer noch ein Großteil der deutschen
Bevölkerung in den östlichen Provinzen
Deutschlands sowie in den südosteuropäischen
Staaten Jugoslawien und Rumänien.
Vertreibung
der Deutschen
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
Partisanen:
Männer und Frauen, die
im Untergrund freiwillig
gegen die Besetzung ihres
Landes kämpfen
Hussiten:
Anhänger des Reformators
Jan Hus (14./15. Jh.)
1950
Der Zweite Weltkrieg und die Folgen
79
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918
1920 1921 1924
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
Sowohl die Sudetendeutschen als auch die
Bevölkerung von Pommern und Schlesien
(jener deutschen Ostgebiete, die nun Polen
beanspruchte) sowie die Donauschwaben
(einst von Maria Theresia im heutigen
Nordserbien angesiedelt) wurden aus ihrer
Heimat vertrieben, entrechtet und enteignet.
Ostpolen ging an die Sowjetunion,
dafür wurden die deutschen Gebiete östlich
der Flüsse Oder und Neiße, wo damals
zehn Millionen Deutsche lebten, Polen zugesprochen.
Sondergesetze gegen Minderheiten
Tschechische Exilpolitiker sowie jugoslawische
Partisanen hatten schon während
des Krieges eine Chance gesehen, nach
einem Sieg über das Deutsche Reich die
verhassten nationalen Minderheiten in
ihren Gebieten loszuwerden. Zu diesem
Zweck wurden Sondergesetze erlassen,
die es ermöglichten, die Sudetendeutschen,
die Donauschwaben und die in
der Slowakei lebenden Ungarn zu enteignen
und zu vertreiben. Diese Sondergesetze
sind in den Beneš-Dekreten und
den AVNOJ-Beschlüssen festgehalten.
Die sudetendeutschen Heimatvertriebenen und ihre Aufnahmeländer (Sudetendeutsches
Archiv, überarbeitet von Prof. Leopold Fink)
Teilweise waren die Menschen von den
Feindarmeen überrollt worden, teils fühlten
sie sich am Krieg und dessen Folgen
persönlich unschuldig und glaubten daher,
nichts befürchten zu müssen. Der
Hass gegen alles Deutsche unterschied
aber nicht zwischen persönlicher Schuld
und Unschuld. Wer deutsch sprach, wurde
verfolgt. Dies traf auch die Bevölkerung
jener Länder, die bis 1918 zu Österreich
gehört hatten – Böhmen, Mähren
und ÖsterreichischSchlesien (heutiges
Tschechien). Dort lebten bis 1945 3,5
Millionen deutschsprachige Personen, sogenannte
Sudetendeutsche.
Q
Die ersten Deutschen wurden im
August 1945 wie Hunde aus ihrer
Heimat Tschechoslowakei vertrieben.
Man nahm einfach einzelne Familienmitglieder
und trieb sie zum Bahnhof,
wo bereits Viehwaggons bereitstanden.
[…] Am Abend des 21. Oktober
1945 kam eine Gruppe Soldaten
und schloss uns im obersten Stock
ein. Am nächsten Tag brachte man
uns ins Gefängnis, wo ich auch geschlagen
wurde. Während wir dort
festgehalten wurden, plünderte man
unser Haus und die Bäckerei vollkommen
aus. Da man uns weder Parteizugehörigkeit
zur NSDAP noch sonstige
Vergehen nachweisen konnte, wurden
wir am 31. Oktober um 23 Uhr entlassen.
Glücklicherweise konnten wir bei
Bekannten unterkommen, denn in
unser Haus durften wir nicht mehr
zurückkehren.
(Albin Vorndran, zit. nach: Zayas 1986, S. 13 f.)
80 Der Zweite Weltkrieg und die Folgen
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
Beneš-Dekrete und AVNOJ-Beschlüsse
Von den 143 BenešDekreten beinhalten
25 die Enteignung und Entrechtung der
deutschen und ungarischen Minderheit
der Tschechoslowakei auf der Grundlage
der Kollektivschuld aller Deutschen und
Ungarn an der Zerschlagung des Staates
1938 bis 1945.
Noch schärfer wurden in Jugoslawien die
Bestimmungen formuliert. So erklärten
die AVNOJBeschlüsse die deutsche Minderheit
in Jugoslawien pauschal zu Verbrechern.
Q
Dekret des Präsidenten der Republik
Nr. 5 vom 19. 5. 1945
§2 (1): Das im Gebiet der Tschechoslowakischen
Republik befindliche Vermögen
der staatlich unzuverlässigen
Personen wird gemäß den weiteren
Bestimmungen dieses Dekretes unter
nationale Verwaltung gestellt.
§4: Als staatlich unzuverlässige Personen
sind anzusehen a) Personen deutscher
oder magyarischer Nationalität
[…]
(zit. n.: Sammlung der Gesetze und Verordnungen
der Tschechoslowakischen Republik; Dokumente zur
Vertreibung der Sudetendeutschen, hrsg. v. Sudetendeutschen
Rat e. V. München 1992; Mitteleuropäische
Quellen und Dokumente Bd. 24)
Q
1933
Machtergreifung
Hitlers
AVNOJBeschluss
vom 29. 11. 1943
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
1934 1935
1938 1939 1940
Nürnberger
Besetzung Angriff
Rassegesetze
Österreichs auf Polen
1. Alle in Jugoslawien lebenden Personen
deutscher Volkszugehörigkeit
verlieren automatisch alle bürgerlichen
und staatsbürgerlichen Rechte.
2. Der gesamte bewegliche und unbewegliche
Besitz aller Personen deutscher
Volkszugehörigkeit gilt als vom
Staat beschlagnahmt und geht automatisch
in dessen Eigentum über.
3. Personen deutscher Volkszugehörigkeit
dürfen weder irgendwelche
Rechte beanspruchen oder ausüben,
noch Gerichte zu ihrem rechtlichen
oder persönlichen Schutz anrufen.
(zit. n.: Gesetzessammlung des Demokratischen
Föderativen Jugoslawiens Sl. DFJ I/1945)
Die Entrechtung und Vertreibung der
deutschen Minderheit aus Ost und Südosteuropa
war sicherlich nicht gerecht.
Auch viele Unschuldige wurden Opfer
von gewaltsamen Übergriffen. Man muss
diese Ereignisse jedoch vor dem Hintergrund
der Verbrechen, die die deutschen
Besatzer im Krieg in Tschechien, Jugoslawien
und anderen Ländern begangen
hatten, sehen.
Schuld hatte …
Zweiter Weltkrieg
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland, Österreich)
1942
Wannseekonferenz
Notunterkunft für Vertriebene
1943
Stalingrad
Vertreibung
der Deutschen
1945 1946
Atombomben
gegen Japan,
Gründung
der UNO
10G
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
1950
Gruppenarbeit:
Diskutiert über Kollektivschuld
und Rache:
Inwiefern ist sie verständlich?
Was ist daran trotzdem
ungerecht?
Vergleicht andererseits
die Sichtweise, die in der
Karikatur kritisiert wird.
PU/PH
Beneš-Dekrete:
nach dem Präsidenten
der tschechischen Exilregierung,
Edvard Beneš,
benannte Erlässe, die die
Grundlage für die kollektive
Vertreibung und Enteignung
der Minderheiten
in Tschechien bildeten
AVNOJ-Beschlüsse:
(Abk. des serbokroatischen
Ausdrucks für „Antifaschistischer
Rat der Volksbefreiung
Jugoslawiens“),
Beschlüsse des Führungsgremiums
der kommunistischen
Partisanenbewegung
in Jugoslawien unter
der Leitung des späteren
Staatspräsidenten Josip
Broz Tito
Kollektivschuld:
Nicht eine einzelne Person
wird für ein Vergehen
verantwortlich gemacht,
sondern eine ganze Gruppe,
im Extremfall das
ganze Volk, dem die
Schuldigen angehören.
Der Zweite Weltkrieg und die Folgen
81
Erster Weltkrieg
Not und Aufschwung nach dem Krieg
W
1910
1914
1917
Oktoberrevolution
1918
1920 1921 1924
1927
Brand des
Wiener
Justizpalastes
1929
Börsenkrach
19 30
Für künftigen Frieden: die UNO
Flagge der UNO: Die Erde,
eingerahmt von Olivenzweigen
(Friedenssymbol)
11 Welche Ziele will die
UNO durchsetzen?
Mit welchen Mitteln
hofft man, den Frieden
zu sichern?
PS
12 Welche Bestimmungen
der UNO verhindern
voreilige Maßnahmen,
welche erschweren
rasche Entscheidungen?
PS
1945 beschlossen 51Staaten die Gründung
der „Vereinten Nationen“ (United
Nations Organization =UNO). Diese
Organisation sollte inZukunft den Weltfrieden
sichern, die internationale Zusammenarbeitfördernund
fürdie Einhaltung
der Menschenrechte sorgen. Die Charta
(Gründungsverfassung)der VereintenNationen
hält die wesentlichen Ziele fest:
Q
Wir, dieVölkerder VereintenNationen,
–fest entschlossen, künftige
Geschlechter vor der Geißel des
Krieges zu bewahren, in unserem
Glaubenandie Grundrechtedes Menschen,
an Würdeund Wert derPersönlichkeit,
andie Gleichberechtigung
von Mann und Frau sowie von allen
Nationen –haben beschlossen, inunserem
Bemühen um die Erreichung
dieser Ziele zusammenzuwirken.
Artikel 41: Der Sicherheitsrat kann
Maßnahmenergreifen,umseinenBeschlüssen
Wirksamkeit zu verleihen,
und seine Mit glieder auffordern, diese
Maßnahmendurchzuführen. Diese
können dievollständigeoderteilweise
Unterbrechung der wirtschaftlichen
Beziehungenund sonstigenVerbindungen
und den Abbruch der diplomatischen
Beziehungen umfassen.
Artikel 42: Sollte der Sicherheitsrat
zur Auffassung gelangen, dass die im
Artikel 41vorgesehenen Maßnahmen
nicht genügen, kann erdurch Luft-,
See- oder Landstreitkräfte jene Operationen
durchführen, diezur Aufrechterhaltung
oder Wiederherstellung des
Weltfriedensoderder internationalen
Sicherheit notwendig sind.
Artikel 43: Alle Mitglieder der UNverpflichten
sich, dem Sicherheitsrat auf
sein Verlangen Streitkräfte, Hilfe und
Begünstigungen einschließlich Durchmarschrechte
zur Verfügungzustellen.
(Charta der Vereinten Nationen, 26.6.1945;
gekürzt; nach: GiQu 6,S.66)
Wie entscheidet die UNO?
Die Generalversammlung der Vereinten
Nationen tritt mindestens einmal jährlich
im NewYorkerHauptquartier zusammen:
Hier hat jedes Land eine Stimme –unabhängig
von seiner Größe und wirtschaftlichen
Macht. Allerdings kann diese Versammlung
aller UN-Mitgliedsstaaten lediglich
Empfehlungen abgeben, jedoch
keine Beschlüsse fassen. Die endgültigen
Entscheidungen trifft der Sicherheitsrat.
Dem Sicherheitsrat gehören 15 Staaten
an: Die fünf Großmächte USA, Russland,
Großbritannien, Frankreich und China
sind ständige Mitglieder, zehn weitere
Länder werden für jeweils zwei Jahre gewählt.
Beschlüsse kommen nur zustande,
wenn mindestens neun Mitglieder, darunter
alle Großmächte, zustimmen. Jede
Großmacht kann also durch ihren Einspruch
(„Veto“) einen Beschluss verhindern.
Während der Zeit des „Kalten Krieges“
(vgl. S.91ff.) war der Sicherheitsrat
aus diesem Grund oft handlungsunfähig:
Vorschläge der Westmächte wurden von
den Ostmächten abgelehnt und umgekehrt.
Deshalb trat 1950 eine Regelungin
Kraft, die es der Generalversammlung in
einem Ausnahmefall gestattet, gegen ein
solches Veto Entscheidungen zu treffen, –
dann nämlich, wenn sie den Weltfrieden
in Gefahr sieht.
Seit Jänner 2017 2007UNO-Generalsekretär:
Ban
António Ki-moon Guterres (Südkorea) (Portugal)
82
Der Zweite Weltkrieg und die Folgen
19 30
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
1933
Machtergreifung
Hitlers
Kommunismus: Stalin (Russland)
Austrofaschismus
1934 1935
1938 1939 1940
Nürnberger
Besetzung Angriff
Rassegesetze
Österreichs auf Polen
Einige Sonderorganisationen
der UNO
Das Internationale Kinderhilfswerk
(UNICEF) versorgt bedürftige Kinder mit
Nahrungsmitteln, Kleidung und Medikamenten.
UNICEF setzt sich für die Rechte
und den Schutz der Kinder ein, ein vordringliches
Anliegen ist die Bildung.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO)
kämpft weltweit gegen Seuchen und Epidemien.
Impfaktionen werden ebenso finanziert
wie Aufklärungskampagnen über
Schwangerschaftsverhütung oder AIDS.
Zweiter Weltkrieg
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland, Österreich)
1942
Wannseekonferenz
1943
Stalingrad
1945 1946
Atombomben
gegen Japan,
Gründung
der UNO
Die UNIDO ist für die industrielle Entwicklung
der Dritten Welt zuständig und
finanziert Projekte zum Aufbau einer
funktionierenden Industrie und Landwirtschaft.
Vertreibung
der Deutschen
bis 1954
1949
Gründung
der NATO
1950
Die UNO-City in Wien ist Sitz der UNIDO und der Internationalen Atomenergiekommission
IAEA. Weiters ist das Wiener UNO-Büro zuständig für
frauenspezifische Angelegenheiten, für Verbrechensverhütung sowie für die
internationale Drogenkontrolle.
Impfung gegen Kinderlähmung
Die UNESCO ist für Erziehung, Wissenschaft
und Kultur zuständig. Ein Hauptanliegen
ist der Kampf gegen den Analphabetismus.
Eine Schule in Afrika (UNESCO)
Blauhelme (UNO-Soldaten). Die UNO kann auf
Beschluss des Sicherheitsrates für Frieden schaffende
oder friedenserhaltende Einsätze von den
Mitgliedsstaaten Soldaten und Soldatinnen
anfordern. Diese unterstehen für die Dauer des
Einsatzes dem Kommando der UNO und tragen
als Erkennungszeichen blaue Stahlhelme
bzw. blaue Kappen.
13 Hältst du es für möglich,
einen Krieg zu
führen, um den Frieden
längerfristig zu sichern?
PU
Der Zweite Weltkrieg und die Folgen
83
Politische Bildung
Österreichs staatliche Ordnung
In unserer Verfassung sind die grundlegenden
Gesetze für ein friedliches Zusammenleben
sowie für Form und Aufbau
des Staates verankert. Die Rechte
und Pflichten der Staatsbürger/innen sind
ebenso festgeschrieben wie die Grundlagen
der staatlichen Verwaltung.
Österreich ist ein Bundesstaat: Die neun
Bundesländer verfügen über eigene Landesregierungen,
die in manchen Bereichen
selbstständig entscheiden können.
Die Verwaltung des Landes wird auf die
Bezirke und Städte aufgeteilt. Die unterste
Verwaltungsebene ist die Gemeinde.
Alle wahlberechtigten Bürgerinnen und
Bürger beeinflussen mit ihrer Stimme bei
den entsprechenden Wahlen alle diese
Ebenen (Gemeinderats, Landtags und
Nationalratswahlen). Bürgermeister/in
und Bundespräsident/in werden direkt
gewählt.
die Öffentlichkeit
(Interesse am politischen Geschehen)
Parteien, Interessenvertreter,
Medien, Bürgerinitiativen
(weisen auf ein Problem hin, das durch
Gesetzesänderung oder ein
neues Gesetz gelöst werden soll)
Initiativantrag
Regierungsvorlage
Gesetzesentwurf
(vgl. S. 85)
neues
Gesetz
Volksbegehren
RECHTE
FÜR ALLE
Menschenrechte
• Gleichheit vor dem Gesetz
• Freiheit der Person
• Schutz des Hausrechts
• Briefgeheimnis, Datenschutz
• Vereins- und Versammlungsrecht
• Recht auf freie Meinungsäußerung
• Glaubensfreiheit
• Unverletzlichkeit des Eigentums
• freie Berufswahl
• Schutz der Minderheiten
allgemeine Pflichten
• Befolgung der Gesetze
z. B. Strafgesetze,
Straßenverkehrsordnung
• Steuerpflicht
• Meldepflicht
Bürgerrechte
• Zugang zu allen öffentlichen Ämtern
• Wahlrecht
• Recht auf Teilnahme an Volksbegehren
und Volksabstimmungen
• Recht auf Zivildienst
• Recht auf Parteiengründung
• Recht auf Aufenthalt im
österreichischen Staatsgebiet
Bürgerpflichten
• Wehrpflicht bzw. Zivildienst für Männer
• Wahlpflicht (nach Ländern verschieden)
• Pflicht zur Übernahme bestimmter Ämter:
Schöffin/Schöffe, Geschworene/r
FÜR ÖSTERREICHISCHE STAATSBÜRGER/INNEN
PFLICHTEN
84 Der Zweite Weltkrieg und die Folgen
Wie entsteht ein Gesetz in Österreich?
Antrag
muss gestellt werden:
– von mindestens acht Nationalratsabgeordneten (Initiativantrag)
– von der Regierung (Regierungsvorlage)
– durch ein Volksbegehren (wenn von mindestens 100 000 Bürgern
und Bürgerinnen unterschrieben)
Begutachtungsphase
– Bei einer Regierungsvorlage arbeitet eine Expertengruppe einen
Ministerialentwurf aus. Dieser wird an Kammern, Gewerkschaften, Kirchen
oder sonstige Interessensvertretungen zur Begutachtung weitergeleitet.
– Alle anderen Anträge werden in Parlamentsausschüssen gemeinsam
mit Expertinnen und Experten zum jeweiligen Thema beraten.
Lesung im Parlament – Beratung – Abstimmung
Im Parlament werden die Anträge in einer Vollversammlung diskutiert.
Dann wird über die Gesetzesänderung oder die Gesetzeseinführung abgestimmt.
Der Gesetzesentwurf wird im Plenum beschlossen und weitergeleitet.
Kontrolle/Beurkundung
Der Gesetzesentwurf kommt an den Bundesrat. Dort sitzen die Vertreter/
innen der Bundesländer. Erheben diese Einspruch, geht der Antrag zurück
an den Nationalrat, wo er noch einmal behandelt werden muss.
Ohne Einspruch ergeht der Gesetzesentwurf an den Bundespräsidenten/
die präsidentin, den Bundeskanzler/die kanzlerin und an das zuständige
Ministerium zur Unterzeichnung.
Veröffentlichung – Inkrafttreten
Der genaue Gesetzestext wird in einem Bundesgesetzblatt der Republik
Österreich veröffentlicht und damit für alle Staatsbürger/innen verbindlich
(= Gesetz).
14 Wiederhole die
Grundlagen der
österreichischen Verfassung.
Verwende und
erkläre dazu die folgenden
Begriffe: Menschenrechte,
Bürgerpflichten,
Gesetzesentwurf,
Bundesstaat. PS
15 Beschreibe die
Entstehung eines
Gesetzes mit eigenen
Worten. Ein konkreter
Fall: „Mopedfahren
ab 14“. Du selbst willst
eine Initiative starten.
Welche Möglichkeiten
hast du? Wie gehst du
Schritt für Schritt vor?
PS
Der Zweite Weltkrieg und die Folgen 85
Wissen erweitern
16 Formuliert die vier
Artikel mit eigenen
Worten einfacher, z. B.:
Wenn ein Mensch zur
Welt kommt, ist er oder
sie frei und hat die gleichen
Rechte wie alle anderen
Menschen … PS
17G
Gruppenarbeit:
Bildet sieben Gruppen.
Teilt den Text der
Menschenrechtserklärung
(Link im Kasten)
untereinander auf. Eine
Gruppe behandelt die
Präambel (das Vorwort),
die anderen Gruppen jeweils
fünf Artikel. Formuliert
die gesamte
Menschenrechtserklärung
mit eigenen Worten
einfacher. Gestaltet
gemeinsam eine Wandzeitung.
PS
Menschenrechte – Theorie und Wirklichkeit
Die Menschenrechte sind grundlegende
Rechte und gelten für alle Menschen auf
der Welt. Alle Menschenrechte sind gleich
wichtig und müssen deshalb eingehalten
werden.
Schon im 18. Jahrhundert wurde versucht,
die grundlegenden Rechte der
Menschen festzulegen (Unabhängigkeitserklärung
der USA, französische Erklärung
der Menschen und Bürgerrechte).
Nach dem Zweiten Weltkrieg beschloss
die UNO, die Menschenrechte für alle
niederzuschreiben. Die Allgemeine Erklärung
der Menschenrechte wurde am 10.
Dezember 1948 verabschiedet.
Obwohl die meisten Staaten inzwischen
die Menschenrechtserklärung unterzeichnet
haben, halten sich viele Regierungen
nicht an diese Vereinbarungen.
Die unabhängige Menschenrechtsorganisation
Amnesty International berichtet
über Menschenrechtsverletzungen. In der
Tabelle unten vergleicht Amnesty die Jahre
2001 und 2011.
Q
Artikel 1: Alle Menschen sind frei
und gleich an Würde und Rechten
geboren. Sie sind mit Vernunft
und Gewissen begabt und sollen einander
im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.
Artikel 2: Jeder hat Anspruch auf alle
in dieser Erklärung verkündeten Rechte
und Freiheiten, ohne irgendeinen
Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe,
Geschlecht, Sprache, Religion,
politischer oder sonstiger Anschauung,
nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen,
Geburt oder sonstigem Stand.
Artikel 3: Jeder hat das Recht auf Leben,
Freiheit und Sicherheit der Person.
Artikel 19: Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit
und freie Meinungsäußerung;
dieses Recht schließt die Freiheit
ein, Meinungen ungehindert anzuhängen
sowie über Medien jeder Art und
ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen
und Gedankengut zu suchen, zu
empfangen und zu verbreiten.
http://www.un.org/depts/german/grunddok/
ar217a3.html, 21. 4. 2012
18 Was hat sich zwischen
2001 und
2011 verändert? Fasse
die Inhalte der Tabelle
in eigenen Worten zusammen.
Bewerte die
Veränderungen:
Hat sich die Menschenrechtssituation
insgesamt
verbessert oder
verschlechtert? PM/PU
2001
In 140 Ländern der Welt ist die Menschenrechtssituation
bedenklich.
In 16 Ländern gibt es keine Todesstrafe.
In 125 Ländern werden Menschen gefoltert.
In 72 Ländern sitzen Menschen ohne
ein faires Gerichtsverfahren im Gefängnis.
In 125 Ländern sind Menschen wegen
ihrer politischen Überzeugung in
Haft.
2011
In 89 Ländern der Welt ist die Menschenrechtssituation
bedenklich.
In 96 Ländern der Welt gibt es keine
Todesstrafe.
In 98 Ländern der Welt werden Menschen
gefoltert.
In 54 Ländern sitzen Menschen ohne
ein faires Gerichtsverfahren im Gefängnis.
In 48 Ländern sind Menschen wegen
ihrer politischen Überzeugungen in
Haft.
(ai Info, Juni 2001; AMNESTY Report 2011)
86 Der Zweite Weltkrieg und die Folgen
Besondere Rechte von Kindern
und Jugendlichen
Kinder und Jugendliche benötigen besonderen
Schutz. Am 20. November 1989
beschlossen die Vereinten Nationen daher
die Konvention über die Rechte der Kinder.
1992 wurde die Konvention auch von
Österreich unterzeichnet. Zehn wichtige
Grundrechte sind darin festgeschrieben:
• Recht auf Gleichheit
• Recht auf Gesundheit
• Recht auf Bildung
• Recht auf Spiel und Freizeit
Q
Ich, Rosita, 15 Jahre, arbeite als
muchacha, d. h. als Dienstmädchen,
in Mexico City. Eigentlich komme
ich vom Land, habe aber nur selten
Zeit, meine Eltern zu besuchen, da ich
fast immer auch am Wochenende arbeiten
muss. Einen Teil meines Lohns
schicke ich immer zur Unterstützung
meiner Familie nach Hause. Die Arbeit
hier ist ziemlich hart, da ich praktisch
für alle Arbeiten im Haus verantwortlich
bin – kochen, Wäsche waschen,
putzen, den Garten in Ordnung halten
usw. Außerdem muss ich mich um
die zwei Kinder der Herrschaften kümmern.
Von meinen Arbeitgebern hängt
auch die Höhe meines Lohns ab, viel
ist es aber nicht. Umgerechnet nur etwa
15 € im Monat. Wenn ich den Teil
für meine Familie abziehe, bleibt kaum
noch was übrig. Zum Glück kann ich
hier aber umsonst wohnen und essen.
Ich habe ein ganz kleines Zimmer unter
dem Dach. Wir muchachas sind
(…) sehr schlecht gestellt, da wir arbeits
und sozialrechtlich überhaupt
nicht abgesichert sind und auch keine
Krankenkasse zahlt, wenn wir einmal
krank werden. Am schlimmsten aber
ist es, dass mich der Hausherr (…) sexuell
missbraucht. Ich kann mich überhaupt
nicht dagegen wehren, sonst werde
ich hinausgeworfen. Wo sollte ich
aber hin? Ich kann kaum lesen und
schreiben und deshalb ist es sehr schwer
für mich, eine andere Arbeit zu finden.
• Recht auf freie Meinungsäußerung, Information
und Gehör
• Recht auf Erziehung ohne Gewalt
• Recht auf Schutz vor wirtschaftlicher
und sexueller Ausbeutung
• Recht auf Schutz im Krieg und auf der
Flucht
• Recht auf elterliche Fürsorge
• Recht auf Betreuung bei Behinderung
Diese grundlegenden Rechte werden jedoch
in vielen Ländern missachtet. Das
zeigen die folgenden Beispiele sehr deutlich.
Ich heiße Alberto Alarcon, bin acht
Jahre alt und wohne in einem Dorf in
Ecuador. Meine Mutter ist vor drei Jahren
gestorben. Seitdem leben mein Vater
und ich allein hier. Mein Vater ist
Bauer, da muss ich oft mithelfen, damit
wir genug zum Leben haben.
Letzten Sommer konnte ich ihm aber
nicht viel helfen, weil meine Wunden
am Hals und am Oberkörper erst verheilen
mussten. Schuld waren die Soldaten.
Sie überfielen unser Haus und
behaupteten, wir hätten ein Gewehr
gestohlen. Das stimmte aber nicht! Ich
wusste nichts von einem Gewehr und
mein Vater auch nicht! Das haben wir
auch den Soldaten gesagt. Trotzdem
haben sie zuerst meinen Vater mit dem
Gewehrkolben niedergeschlagen und
dann mich auf eine Stacheldrahtrolle
geworfen. Es tat so weh und hat fürchterlich
geblutet. Die Soldaten gingen
aber nicht weg. Sie haben meinen Kopf
unter Wasser gehalten, bis ich fast keine
Luft mehr bekam. Ich hatte solche
Angst zu sterben!
Seitdem haben wir Angst, dass die Soldaten
noch mal wiederkommen und
über uns herfallen. Wir haben ja kaum
Möglichkeiten, uns zu verteidigen.
Amnesty international Deutschland, Workshop
Kinderrechte, o. J., vereinfacht und gekürzt.
http://www.amnesty.de/de/2910/Seiten/
download.htm#Menschenrechte, 7. 5. 2012
19 Lies die Texte von
Rosita und Alberto.
Besprich mit deiner
Nachbarin oder deinem
Nachbarn, welche Kinderrechte
hier verletzt
werden. Überlegt auch,
wer was tun könnte,
damit sich die Situation
der beiden verbessert.
PS/PU
Konvention:
Vereinbarung,
Übereinkunft
Der Zweite Weltkrieg und die Folgen 87
Wissen erweitern
Flüchtlinge heute
„Es gibt kein größeres
Leid auf Erden als den
Verlust der Heimat.“
(Euripides, 431 v. Chr.)
1914
20 Stimmst du der
Aussage oben zu?
Begründe deine Meinung.
PU
21 Flüchtlinge nach
Österreich: Wann
und weshalb kamen
Flüchtlinge in unser
Land?
HS
Erster Weltkrieg
Krieg, Verfolgung, Menschenrechtsverletzungen,
Hunger und Krankheiten führen
dazu, dass Menschen ihre Heimat verlassen
und in anderen Ländern Schutz suchen.
Nach Schätzungen
1917 1918
Oktoberrevolution
der UNO leben
weltweit über 40 Millionen Menschen als
Flüchtlinge oder in flüchtlingsähnlichen
Situationen – die große Mehrheit davon
in den armen Entwicklungsländern und
in den sogenannten Schwellenländern.
Oft erwarten die Flüchtlinge in den Aufnahmeländern
neue Probleme. Viele Entwicklungsländer
sind kaum in der Lage,
die eigene Bevölkerung zu ernähren. Für
die Versorgung von Flüchtlingen sind sie
zu arm. Die reichen Länder wiederum
sind immer weniger bereit, ihren Wohlstand
zu teilen und Flüchtlinge aufzunehmen.
In der EU werden immer weniger
Flüchtlinge aufgenommen – trotz internationaler
Verpflichtungen (Genfer Flüchtlingskonvention).
Flüchtlingsströme innerhalb
Europas
Sogar innerhalb Europas kommt es zu
1927
Flüchtlingsströmen. Im ehemaligen Brand desJugo
slawien mussten in den 1990erJahren
Justizpalastes
Wiener
unzählige Menschen aus ihrer Heimat
fliehen, meist aus ethnischen oder religiösen
Gründen. Besonders betroffen waren
die Menschen in BosnienHerzegowina
und im Kosovo. Viele versuchten, nach
Westeuropa zu gelangen, ein Großteil
aber blieb als Binnenflüchtlinge im eigenen
Land oder floh nach Serbien oder
Kroatien. Noch 2003 zählte die UNO in
den Ländern ExJugoslawiens fast 600 000
Binnenvertriebene.
Not und Aufschwung nach dem Krieg
1920 1921 1924
Flüchtlinge – einige Zahlen:
2009 meldete das UNOFlüchtlingskommissariat
ca. 43,3 Mio. Flüchtlinge
weltweit, davon 15,3 Mio. außerhalb
ihres Heimatlandes.
Zu den größten Flüchtlingsströmen
kam es innerhalb Afrikas: Allein aus
dem Sudan, aus Burundi und aus der
Demokratischen Republik Kongo
flüchteten ca. 1,7 Mio. Menschen,
wobei der Großteil in Afrika blieb.
Insgesamt flüchteten in Afrika über
3,1 Mio. Menschen in ein anderes
Land, in Asien zirka 3,7 Mio. und in
Europa 2,2 Mio.
1929
Börsenkrach
W
Binnenvertriebene
Ca. 28 Mio. Menschen sind Vertriebene
innerhalb des eigenen Staates. Allein
innerhalb Kolumbiens sind über
1,2 Mio. Menschen auf der Flucht.
(UNHCR-Bericht 2010)
Afrika ist der Kontinent mit den weltweit
meisten Vertriebenen. Wie diesen (Binnen-)
Flüchtlingen aus der Region Darfur (Sudan)
bleibt ihnen meist nur das Allernotwendigste
zum Überleben.
88
Der Zweite Weltkrieg und die Folgen
Sichern und Wissen
Faschismus: Mussolini (Italien)
Weltwirtschaftskrise
1933
Machtergreifung
Hitlers
Austrofaschismus
Nationalsozialismus: Hitler (Deutschland, Österreich)
1934 1935
1938 1939 1940
Nürnberger
Besetzung Angriff
Rassegesetze
Österreichs auf Polen
Kommunismus: Stalin (Russland) bis 1954
Zweiter Weltkrieg
1942
Wannseekonferenz
1943
Stalingrad
Vertreibung
der Deutschen
1945 1946
Atombomben
gegen Japan,
Gründung
der UNO
1949
Gründung
der NATO
1950
Zusammenfassung
Zweiter Weltkrieg
Im März 1939 besetzten deutsche Truppen
Österreich und bald darauf auch
die Tschechoslowakei. Mit dem Überfall
auf Polen im September 1939 begann
der Krieg. Der Krieg gegen die
Sowjetunion war von Anfang an als
Vernichtungsfeldzug gegen die slawischen
Völker geplant. Der Osten Europas
sollte für deutsche Siedler „freigemacht“
werden. Die Niederlage der
deutschen Armee bei Stalingrad im
Jänner 1943 markierte den Wendepunkt
des Zweiten Weltkrieges. Am
8. Mai 1945 – einige Tage nach dem
Selbstmord Hitlers – kapitulierte
Deutschland bedingungslos.
In Asien endete der Krieg nach dem
Atombombenabwurf auf Japan im
Sommer 1945.
Verfolgung und Vertreibung
In Mittel und Osteuropa wurden nach
dem Krieg die ansässigen Deutschen
verfolgt und vertrieben. Unzählige
Menschen verloren ihre Heimat, in der
ihre Vorfahren seit Jahrhunderten gelebt
hatten. Auch während der Befreiung
Österreichs kam es zu vielen Übergriffen,
vor allem zu Vergewaltigungen
und Verschleppungen, besonders durch
Angehörige der sowjetischen Streitkräfte.
War mit 1945 alles vorbei?
Nach Kriegsende stellten sich viele die
Frage, wie es nun weitergehen sollte.
Überlebende Verfolgte hofften auf
„Wiedergutmachung“ oder Entschädigungen.
Von den Soldaten waren noch
viele in Gefangenschaft, die Heimkehrer
hingegen hatten Schwierigkeiten,
sich im Alltag wieder zurechtzufinden.
Es herrschten Armut und Hunger.
Nie mehr Krieg!
Mit dieser Hoffnung war die Gründung
der UNO unmittelbar nach Kriegsende
verbunden. Die „Vereinten Nationen“
(United Nations Organization) setzten
sich das Ziel, in Zukunft für die Einhaltung
der Menschenrechte und für
den Frieden einzutreten. Eigene UNO
Truppen werden zur Friedenssicherung
in Krisenregionen auf der ganzen Welt
eingesetzt. Darüber hinaus bemühen
sich Sonderorganisationen um ärmere
und technisch weniger entwickelte
Länder.
12. 3. 1938:
„Anschluss“
Österreichs
Oktober 1938:
Besetzung des
Sudetenlandes
März 1939:
Besetzung der restl.
Tschechoslowakei
1. 9. 1939:
Angriff auf Polen
„Blitzkriege“ 1940:
Besetzung Norwegens,
Dänemarks, Hollands,
Belgiens, Frankreichs
Juni 1941:
Beginn des Krieges
gegen die Sowjetunion
1943:
Deutsche Truppen
überall auf dem Rückzug
– Goebbels verkündet
den „totalen
Krieg“
Juni 1944:
Landung der Alliierten
in der Normandie
April 1945:
Rote Armee erreicht
Berlin; Hitler verübt
Selbstmord
8. 5. 1945:
Deutschland
kapituliert
15. 8. 1945:
Kriegsende in Asien
Der Zweite Weltkrieg und die Folgen
89
Sichern und Wissen
1 Welche Länder
hatte Hitler schon
besetzt, bevor der Krieg
begann?
HS
Zur Wiederholung
2 Schreibe die
passenden Überschriften/Titel
über
die Textstellen. HS
„Blitzkriege“
Ausweitung zum Weltkrieg
Kriegsbeginn
Die Kriegswende
Sieg der Alliierten
3 Vertreibungen:
Formuliere mithilfe
folgender Stichwörter
einen kurzen Text zu
den Vertreibungen der
Deutschen zum Ende
des Zweiten Weltkriegs:
Rote Armee
Rache
Kollektivschuld
Sudeten
Am 1. 9. 1939 überfiel DeutschlandPolen.
Dies war der Auslöser des Weltkriegs.
In rascher Reihenfolge wurden 1940
die Staaten Dänemark, Norwegen,
Holland, Luxemburg, Belgien und
Frankreich erobert.
Im Juli 1941 startete das „Unternehmen
Barbarossa“, der deutsche Angriff
auf die Sowjetunion. In Stalingrad
wurden die deutschen Truppen
1943 vernichtend geschlagen.
1943/44 drängten die Alliierten die
deutschen Truppen zurück. Schließlich
mussteDeutschlandimMai 1945
kapitulieren.
deutsche
Minderheiten
Beneš-Dekrete
AVNOJ-Beschlüsse
HS
4 UNO: Setze mit folgenden
Buchstaben
die Bezeichnungen möglichst
vieler UNO-Sonderorganisationen
zusammen:
Dein Banknachbar/
deine Banknachbarin
soll dann sagen, um
welche Organisation es
sich handelt und was
ihre Aufgaben sind.
HS/PS
Großbritannien hält dem deutschen
Bombardement stand. Nachdem Japan
die USA angegriffen hatte, traten
die USA inden Krieg ein.
A
E
N
S
A
E
N
U
C
H
N
U
C
I
O
U
D
I
O
W
E
I
O
F
Tipp: Krieg imSpielfilm
Schaut euch gemeinsameinen Kriegsfilm
an undanalysiert, wieder Krieg
dargestelltwird. Gibtesnur „tapfere
Helden“oderwerdenauchLeidund
Elend gezeigt? Wird nur zwischen
„den Guten“ und „den Bösen“ unterschieden
oder gibt esauch ein
„Sowohl-als-Auch“? Wie wird die
Front, wie die Situation in der Heimat
geschildert? Wie verhalten sich
die Sieger? Haltet ihr den Film für
realistisch? …Sammelt Fragen dieser
Art und analysiert inGruppen
mehrere Filme.
Filmtipps: Der Bockerer, Teil 1 (von
Franz Antelmit Karl Merkatz), Stalingrad
(deutscher Film von 1998)
90 Der Zweite Weltkrieg und die Folgen
Das Zeitalter des Kalten Krieges
Der Feind meines Feindes
ist mein Freund.
Anonym
91
Vietnamkrieg
Kalter Krieg
Teilung Deutschlands
Österreich ist besetzt
1945
Gründung
der UNO
1949 1950 1955
Gründung
Staatsvertrag (Ö)
der NATO
WAPA
1956
Ungarnaufstand
1960 1961 1962
Berliner Kubakrise
Mauer
1964 1968 1970
Prager
Frühling
1973
Die Welt wird „geteilt“
1945: Truppen der USA
und der UdSSR treffen bei
der Befreiung Deutschlands
freundschaftlich aufeinander
…
Kalter Krieg:
Die zwei feindlichen
Blöcke (NATO und
Warschauer Pakt) drohen
einander mit Krieg.
NATO:
Abk. für North Atlantic
Treaty Organization;
„Selbstverteidigungsbündnis“
der Westmächte
mit gemeinsamer militärischer
Planung in Washington;
gegründet 1949
WAPA:
„Warschauer Pakt“;
„Selbstverteidigungsbündnis“
der UdSSR mit
den kommunistischen
osteuropäischen Staaten
mit Oberkommando in
Moskau (1955–1991)
Eiserner Vorhang:
ein vom britischen
Premierminister Winston
Churchill geprägter Ausdruck
für die politische
und weltanschauliche
Trennlinie zwischen Ost
und West; symbolische
Bezeichnung für die mit
Stacheldraht, Minen und
Wachtürmen bestückte
Grenze des sowjetischen
Machtbereiches gegen
Westeuropa
1945 hatten die USA und
die Sowjetunion (UdSSR)
noch gemeinsam gegen
das nationalsozialistische
Deutschland gekämpft. In
derFolgeaberstanden die
beiden Großmächte einander
in einem KaltenKrieg
gegenüber. Sie kämpften
um Macht und um Ideologie
(Kapitalismus bzw.
Kommunismus), jedoch
nichtineinerdirekten kriegerischen
Auseinandersetzung,
sondern imWettstreit umpolitischen
und militärischen Einfluss.
DieUSA gewährteneuropäischenStaaten
Kredite und diese errichteten damit eine
marktwirtschaftlichgeprägte Gesellschaft
nach amerikanischem Vorbild.
Die UdSSR wiederum dehnte ihr Einflussgebiet
in Ostmitteleuropa aus. Indiesen
Ländern sicherten sich die kommunistischen
Parteien Einfluss in den Bereichen
Polizei, Wirtschaft und Kultur. Oppositionelle
wurden aus ihren Ämtern entfernt,
verhaftet und als „Feinde des Sozialismus“
angeklagt. So wurden „Ein-Parteien-Diktaturen“
errichtet, die unter dem
unmittelbarenEinflussder UdSSRstanden
und als Volksdemokratien bezeichnet
wurden:Polen,die Tschechoslowakei,Rumänien,Bulgarien,
Ungarn und die DDR.
1949 wurde die NATO gegründet, ein
militärisches Bündnis zwischen den USA
und den westeuropäischen Ländern. Der
WarschauerPakt band 1955 die Ostblock-
staaten enger an die UdSSR. (Warschauer Diese zwei
Pakt). militärischen Diese zwei Bündnisse militärischen teilten die Bündnisse Welt in
teilten zwei verfeindete die Welt inLager zwei verfeindete – bis zum Verfall Lager
–bis des Ostblocks zumZerfall 1989–1991. desOstblocks 1989–1991.
…einige Jahre später standen sich die USA und die UdSSR mit ihren Verbündeten feindlich
gegenüber: Die Zeit des Kalten Krieges war gekennzeichnet von Spannungen zwischen den
Supermächten.
92
Das Zeitalter des Kalten Krieges
Österreich: Zweite Republik
1980 1985
Gorbatschow:
Glasnost und
Perestroika
1989 1990
Fall der
Berliner
Mauer
1993 1995
EUBeitritt
Österreichs
2000
Europäische Union
2002
Einführung
des EURO
2010
Wettrüsten und
Stellvertreterkriege
Im Kampf um die Vormachtstellung in
Europa und der Welt setzten beide Großmächte
auf Aufrüstung: Ein übervolles
Waffenlager sollte den Gegner abschrecken.
Dies bewirkte ein gigantisches Wettrüsten,
das die beiden Supermächte tatsächlich
von einem „heißen“ Krieg abhielt.
Dafür aber führten sie mehrere Stellvertreterkriege:
Die eine Supermacht unterstützte
z. B. die aufständische Freiheitsbewegung
eines Landes, die andere dessen
Regierung. Der Koreakrieg (1950–
1953), der erste Stellvertreterkrieg, hatte
die Teilung in das kommunistische Nordund
das westlich orientierte Südkorea zur
Folge.
Der „Panzerkommunismus“
In einigen kommunistisch regierten Ländern
gab es Aufstände gegen das Regime:
1953 in der DDR, 1956 in Polen und
Ungarn. Doch die Sowjetunion und einheimische
Politiker schlugen die Aufstände
mit Waffengewalt nieder.
80er-
Jahre
70er-
Jahre
60er-
Jahre
50er-
Jahre
Wettrüsten 1945–1989
1945
Flugzeuge sind zwar relativ preiswert
und leicht zu steuern, aber sie können
im Flug und vor allem am Boden
angegriffen werden.
Interkontinentalraketen rasen weit außerhalb
der Atmosphäre auf ihr Ziel zu und sind kaum
abzufangen. Ihre Startsilos sind schwieriger
anzugreifen als Bomberstützpunkte.
U-Boote. Auf See sind U-Boote zwar
schlecht zu orten und anzugreifen,
dafür sind die von ihnen abgeschossenen
Marschflugkörper weniger zielgenau.
MIRVs. Die Multiple Independently
Targeted Reentry Vehicles haben Mehrfachgefechtsköpfe.
Es ist kaum möglich,
sie während ihres Anflugs abzufangen.
Marschflugkörper. Die Weiterentwicklung
der deutschen, im Zweiten
Weltkrieg eingesetzten V-1-Marschflugkörper
unterfliegen den Horizont
der gegnerischen Radargeräte.
1956 bot Österreich Menschen aus Ungarn,
die vor dem diktatorischen System flüchteten,
Zuflucht. Später flohen auch viele Tschechen
(1968) und Polen (1980/81) nach Österreich.
1968 versuchte Alexander Dubček in der
Tschechoslowakei durch Reformen einen
„Sozialismus mit menschlichem Antlitz“
zu verwirklichen, u. a. mit Meinungsund
Pressefreiheit, einer verbesserten
Versorgung und Freiheit von der politischen
Bevormundung durch die UdSSR.
Aber in der Nacht vom 20. auf den 21.
August 1968 wurden die Hoffnungen auf
einen „Prager Frühling“ zerstört: Sowjetische
Panzer walzten die Oppositionsbewegung
nieder.
Eine ähnlich traurige Entwicklung nahm
1980/81 ein von der Gewerkschaft Solidarność
(Solidarität) geleiteter Aufstand
in Polen: Der Einmarsch sowjetischer Truppen
machte (vorerst) alle Hoffnungen auf
Demokratie zunichte.
Die Prager Innenstadt im
August 1968: Sowjetische
Panzer walzen mit brutaler
Gewalt den „Prager Frühling“
nieder.
1 Erkläre den Begriff
„Gleichgewicht des
Schreckens“ („Friede
durch Angst“). Warum
verhinderte das Wettrüsten
letztlich einen
großen Krieg zwischen
den Supermächten? HS
Das Zeitalter des Kalten Krieges
93
Vietnamkrieg
Kalter Krieg
Teilung Deutschlands
Österreich ist besetzt
1945
Gründung
der UNO
1949 1950 1955
Gründung
Staatsvertrag (Ö)
der NATO
WAPA
1956
Ungarnaufstand
1960 1961 1962
Berliner Kubakrise
Mauer
1964 1968 1970
Prager
Frühling
1973
Der Vietnamkrieg (1964–1973)
Der OstWestKonflikt blieb nicht nur auf
Europa beschränkt. Neben dem Koreakrieg
erschütterte vor allem der Vietnamkrieg
die Welt.
Seit dem 19. Jahrhundert waren die Länder
Vietnam, Laos und Kambodscha
französisches Kolonialgebiet. Erst ein verlustreicher
Krieg 1946–1954 beendete
Frankreichs Vorherrschaft. Nun versuchten
beide Supermächte, in diesem Gebiet
Einfluss zu erlangen: Vietnam wurde entlang
des 17. Breitengrades geteilt. Im Süden
unterstützten die USA die westlich
orientierten Regierungen. Nordvietnam
wurde unter der Führung des Kommunisten
Ho Chi Minh eine Volksrepublik, unterstützt
vom kommunistischen China
und von der UdSSR.
In Südvietnam bereitete eine kommunistische
Widerstandsbewegung der Regierung
größte Schwierigkeiten, was die USA
veranlasste, 1964 in die Auseinandersetzung
einzugreifen. Es folgte ein langer,
grausamer Dschungelkrieg. Hohe Verluste
unter den Soldaten und die zunehmende
Ablehnung des Krieges in den USA
brachten die USRegierung 1973 schließlich
dazu, ihre Truppen abzuziehen.
Vietnam 1972: Kinder auf der Flucht nach
einem NapalmAngriff. Die Amerikaner bombardierten
Land und Zivilbevölkerung mit
Brand und Giftbomben. Der Vietnamkrieg
ging als einer der grausamsten Kriege in die
Geschichte ein, nicht zuletzt, weil erstmals
das Fernsehen „live“ dabei war.
1976 wurden Nord und Südvietnam zur
Sozialistischen Republik Vietnam vereint.
Bis heute zählt das Land zu den
ärmsten der Welt – zum einen aufgrund
der kommunistischen, oft korrupten Wirtschaftspolitik,
zum anderen wegen des
langen Krieges mit den USA.
Indochina – Schauplatz von Stellvertreterkriegen
1946–1973
Q
Der Ho-Chi-Minh-Pfad
Er bestand aus mehr als 2300 km
Straßen und einem dichten Netz von
Dschungelpfaden. An der Nabe dieses
Versorgungssystems lag die kleine Provinzstadt
Tschepone, in der alle Pfade
zusammenkamen und von wo Nachschub
und Truppen von Nordvietnam
in den Süden weitergeleitet wurden.
Ständig hielten etwa 40 000 bis 50 000
Nordvietnamesen den Pfad besetzt.
Dieses System arbeitete jedes Jahr von
Oktober bis zum Beginn der Regenzeit
im Mai, wenn alles im Sumpf versank
und die Straßen und Wege unpassierbar
wurden …
(Clemens Zens: Geschichte aktuell, Bd. 3;
ÖBV, Wien 1981, S. 218)
94
Das Zeitalter des Kalten Krieges
Österreich: Zweite Republik
1980 1985
Gorbatschow:
Glasnost und
Perestroika
1989 1990
Fall der
Berliner
Mauer
1993 1995
EUBeitritt
Österreichs
2000
Europäische Union
2002
Einführung
des EURO
2010
Die Kubakrise
1962 brachte eine politische Krise um Kuba
die Welt an den Rand eines dritten
Weltkrieges. Anfang des Jahres entdeckten
USLuftaufklärer auf der Insel russische
Atomraketen, die viele amerikanische
Städte hätten erreichen können.
Fidel Castro regierte Kuba als kommunistischer
Diktator und hatte der UdSSR
erlaubt, Mittelstreckenraketen mit Atomsprengköpfen
zu stationieren – vor den
Toren der USA. Die USA reagierten mit
einem Ultimatum, USPräsident John F.
Kennedy bereitete die Amerikaner sogar
auf eine bewaffnete Auseinandersetzung
mit der UdSSR vor:
Q
Viele Jahre lang haben beide
Großmächte die standortmäßige
Verteilung von strategischen Kernwaffen
mit großer Vorsicht gehandhabt.
Es sollte sichergestellt sein, dass diese
Waffen nur im Falle einer lebensentscheidenden
Herausforderung eingesetzt
würden. Es wird die Politik unseres
Landes sein, jeden Abschuss einer
Atomrakete von Kuba aus als einen
Angriff der Sowjetunion auf die Vereinigten
Staaten anzusehen, der einen
umfassenden Vergeltungsschlag gegen
die Sowjetunion erfordert.
(TVAnsprache des USPräsidenten John F.
Kennedy am 23. 10. 1962; zit. n.: Zeiten
und Menschen, Ausgabe C4, 1978, S. 196)
Die Reaktion Kennedys wurde von der
UdSSR als weitere Provokation betrachtet,
hatten die USA doch weit mehr Atomwaffen,
einige davon in der Türkei direkt
an der sowjetischen Grenze. Die Lage war
ernst und in Europa begannen die Menschen,
eingedenk des Zweiten Weltkrieges,
Lebensmittel zu hamstern. Die Gefahr
eines Weltkrieges war groß wie nie
zuvor. In dieser Krisensituation kam es auf
Vermittlung des damaligen UNOGeneralsekretärs
Sithu U Thant zu einem Briefwechsel
zwischen Kennedy und dem
sowjetischen Präsidenten Chruschtschow,
der zu einer Einigung führte. Chruschtschow
ließ die russischen Raketen in Kuba
abbauen. Kurz darauf zogen auch die
USA ihre Waffen aus der Türkei ab.
Englische Karikatur, 1962: Chruschtschow
(rechts) und Kennedy (links) während der
Kubakrise. Unterschrift: „Einverstanden, Herr
Präsident, wir wollen verhandeln …“
Anfang Oktober
1962
fotografierten
amerikanische
Luftaufklärer
auf der Insel
Kuba russische
Atomraketen,
die im Kriegsfall
viele amerikanische
Städte hätten
erreichen
können.
2 Welches Machtverhältnis
zwischen
den Supermächten zeigt
die Karikatur? Welche
Entscheidungsmöglichkeiten
gibt es? HM
Das Zeitalter des Kalten Krieges
95
Vietnamkrieg
Kalter Krieg
Teilung Deutschlands
Österreich ist besetzt
1945
Gründung
der UNO
1949 1950 1955
Gründung
Staatsvertrag (Ö)
der NATO
WAPA
1956
Ungarnaufstand
1960 1961 1962
Berliner Kubakrise
Mauer
1964 1968 1970
Prager
Frühling
1973
Deutschland in der geteilten Welt
Das geteilte Deutschland als
Beispiel für den Gegensatz
zwischen Ost und West.
Hier wurden alle Gegensätze
zwischen den beiden Gesellschaftssystemen
sichtbar.
Deutschland wurde nach dem
Zweiten Weltkrieg unter den
Siegermächten (USA, England,
Frankreich, Sowjetunion) in Besatzungszonen
geteilt. Die zunehmenden
Gegensätze zwischen
den USA und der UdSSR
verhinderten jedoch eine gemeinsame
Deutschlandpolitik,
sodass es 1949 zur Teilung des
Landes kam: In den Besatzungszonen
der Westmächte trat das
Grundgesetz der Bundesrepublik
Deutschland (BRD) in Kraft.
Wenige Monate später wurde
aus dem sowjetisch besetzten
Teil die Deutsche Demokratische
Republik (DDR). Die ehemalige
Hauptstadt Berlin wurde
geteilt.
Während die folgenden Jahrzehnte in der
BRD von wirtschaftlichem Aufschwung
geprägt waren, litt die kommunistisch
regierte DDR unter wirtschaftlichen
Schwierigkeiten. Immer mehr Menschen
flüchteten – aus politischen, aber auch
wirtschaftlichen Gründen – in den Westen.
Diese „Entvölkerung“ wurde für die
Machthaber in der DDR gefährlich und so
wurde auch an der innerdeutschen Grenze
der Eiserne Vorhang errichtet.
Flucht und Ausbürgerungen aus der DDR
3 Was bewirkte die
Mauer? Erklärt die
Grafik oben rechts.
HM/HS
Flucht in letzter Minute
Die Mauer verschließt die Grenze zwischen
DDR und BRD.
Q
Am 13. August 1961, einem Sonntag,
nachts um 2 Uhr, begannen
Soldaten der Nationalen Volksarmee
und der Volkspolizei an der Grenze zu
Westberlin Stacheldrahtverhaue und
Straßensperren zu errichten. Sowjetische
Panzerverbände rollten durch die
Straßen von Ostberlin; Hauseingänge
und Fenster der Häuser, die nach Westen
führten, wurden zugemauert. Unter
Aufsicht schwer bewaffneter Soldaten
errichteten Bauarbeiter eine Mauer
quer durch Berlin.
(Mayr: Geschichte aktuell, S. 137)
96
Das Zeitalter des Kalten Krieges
Österreich: Zweite Republik
1980 1985
Gorbatschow:
Glasnost und
Perestroika
1989 1990
Fall der
Berliner
Mauer
1993 1995
EUBeitritt
Österreichs
2000
Europäische Union
2002
Einführung
des EURO
2010
Wirtschaftliche Entwicklung in Ost und West
Trister Alltag in der DDR: Warteschlangen vor
Geschäften (Leipzig 1977); armseliges Warenangebot
(1985); heruntergekommene Häuser
(Rostock 1989)
Q
Zahnbürsten und andere
Mangelwaren
Sie kennen SKET nicht? Das heißt: Sehen
– Kaufen – Einlagern – Tauschen.
Wenn in der DDR einmal eine Zuteilung
von neuen Waren in den Geschäften
bekannt wird, reagiert die
Bevölkerung darauf, indem sie alles
aufkauft. Man weiß ja schließlich nie,
wann diese Waren ein anderes Mal
von der zentralen Planstelle angeliefert
werden. Und so geht das auch mit
den Zahnbürsten …
(Durniok u. a.: Das war die DDR,
1993, S. 81)
Wirtschaftsaufschwung in der BRD;
1949–1969
Q
Q
Auslandsreisen
Irgendwann sitzt man im Geografieunterricht
und schaut sich so
die Karten von England, Irland und
Amerika an und denkt, o ja, da würdest
du auch gerne hinreisen …
(Durniok u. a.: Das war die DDR,
1993, S. 111)
Im Restaurant
Am Eingang des Restaurants ein
Schild: „Bitte warten Sie. Sie werden
platziert.“ Vor dem Schild die Gäste –
schlangestehend. Hinter dem Schild
ein gähnend leeres Lokal. Niemand
kommt, die Gäste einzuweisen. Kein
Gast wagt sich zu setzen – er würde
nicht bedient werden.
Der Bürger weiß, er kann von einem
Werktätigen keine Dienstleistung erzwingen.
Er selbst wäre auch nicht
dazu bereit. Es gilt das ungeschriebene
Gesetz „nicht der Kunde, sondern
der Arbeitende ist König“. Der Kellner
lässt Tische unbesetzt, stellt grundlos
auf einige das Schild „Reserviert“, bedient
langsam und mürrisch …
(Dieter Potente: MitmachGeschichte 3,
S. 25)
Volkskammerwahlen
in der DDR 1950–1986
Wahl Wahl Jajahr
beteiligung Stimmen
in % in %
1950 98,53 99,72
1954 98,51 99,46
1958 98,90 99,87
1963 99,25 99,95
1967 98,82 99,93
1971 98,48 99,85
1976 98,58 99,86
1981 99,21 99,86
1986 99,15 99,94
4 Erkläre das Zustandekommen
solcher
Wahlergebnisse. Warum
wäre das in einer Demokratie
nicht möglich? PS/PU
5
G
Gruppenarbeit:
Vergleicht die hier
geschilderten Ereignisse
aus dem DDRAlltag mit
dem Westen. Was wäre
bei uns unmöglich?
Warum? Wie würde bei
uns jemand in solchen
Situationen reagieren? HO
6 Vergleiche die politische
und wirtschaftliche
Situation in West
und Ost. Wie konnte es
dazu kommen? (Wiederholt
die Kennzeichen der
Plan und der Marktwirtschaft.)
HS/HM
Das Zeitalter des Kalten Krieges
97
Vietnamkrieg
Kalter Krieg
Teilung Deutschlands
Österreich ist besetzt
1945
Gründung
der UNO
1949 1950 1955
Gründung
Staatsvertrag (Ö)
der NATO
WAPA
1956
Ungarnaufstand
1960 1961 1962
Berliner Kubakrise
Mauer
1964 1968 1970
Prager
Frühling
1973
Der Zerfall des Ostblocks
Boris Jelzin folgte Gorbatschow
1991 als Präsident,
2000 trat er zurück.
Nach dem Tod Stalins war die Sowjetunion
weiterhin von Korruption (Bestechung),
Versorgungsmängeln und Armut
geprägt.
Ab 1985 leitete der neue Staats und Parteichef
Michail Gorbatschow unter den
Schlagworten Perestroika (Veränderung)
und Glasnost (Offenheit) Reformen ein.
Ziel war ein wirtschaftlicher Aufschwung
nach westlichem Vorbild: Privateigentum
wurde erlaubt, Betriebe boten Leistungsanreize
und 1990 wurden erstmals nichtkommunistische
Parteien zu Wahlen zugelassen.
Das Ende der Diktatur brachte den Menschen
zwar persönliche Freiheit, aber weder
Wohlstand noch Sicherheit. Die Völker
der UdSSR forderten zudem vermehrt
die Unabhängigkeit und die völlige Abschaffung
des kommunistischen Systems.
Michail Gorbatschow (Generalsekretär 1985–
1991) leitete die große Wende ein.
Glasnost:
Offenheit der Regieung
für die Bevölkerung
Perestroika:
Umbau der sowjetischen
Gesellschaft
Der Eiserne Vorhang fällt: Europa 1990
Das Ende der UdSSR
Im August 1991 versuchten Altkommunisten
mit einem Putsch gegen Gorbatschow,
das Rad der Geschichte noch einmal
zurückzudrehen. Der Putsch misslang.
Als vehementer Gegner der Putschisten
setzte sich Boris Jelzin durch und wurde
Nachfolger Gorbatschows als Regierungschef.
Unter Jelzins Führung wurde die
UdSSR aufgelöst und in einen losen Staatenbund
(GUS, Gemeinschaft Unabhängiger
Staaten) umgewandelt.
Der Eiserne Vorhang fällt
Die Reformen und der schwindende Einfluss
der UdSSR führten Ende der 1980er
Jahre zum Zusammenbruch der kommunistischen
Regime in Rumänien, Bulgarien,
Ungarn, Polen, der Tschechoslowakei
und der DDR.
Anfang 1989 gab die kommunistische Regierung
Ungarns dem Druck der Bevölkerung
nach und ließ ein Mehrparteiensystem
zu. Wenige Monate später wurde der
Eiserne Vorhang zu Österreich abgerissen.
Viele Bürgerinnen und Bürger aus
anderen Ländern des kommunistischen
Ostens flohen in der Folge auf diesem
Weg nach Österreich.
98
Das Zeitalter des Kalten Krieges
Österreich: Zweite Republik
1980 1985
Gorbatschow:
Glasnost und
Perestroika
1989 1990
Fall der
Berliner
Mauer
1993 1995
EUBeitritt
Österreichs
2000
Europäische Union
2002
Einführung
des EURO
2010
Friedliche Revolutionen in Osteuropa
Wie in Ungarn bildeten sich auch in den
anderen ehemaligen Satellitenstaaten der
UdSSR Oppositionen. Die Bürgerinnen
und Bürger forderten Freiheit und Unabhängigkeit
von der UdSSR. Im Lauf des
Jahres 1989 wurde in all diesen Ländern
die Demokratie ausgerufen.
Die neuen Regierungen versuchten Reformen
nach westlichem Vorbild. Der Umstieg
vom Kommunismus auf die Marktwirtschaft
erwies sich überall als äußerst
schwierig. Trotzdem schafften die Länder
die Reformen in einem Ausmaß, das Polen,
Ungarn, Tschechien, der Slowakei und
Slowenien 2004 den Beitritt zur EU erlaubte.
Auch in Ostdeutschland demonstrierten
die Menschen und forderten Freiheit. Am
9. November 1989 fiel die Berliner Mauer,
das Symbol der deutschen Trennung. Im
Dezember 1990 fanden die ersten gesamtdeutschen
Wahlen statt: Die DDR hatte
aufgehört zu existieren.
27. Juni 1989: Die Außenminister Österreichs,
Alois Mock (li.), und Ungarns, Gyula Horn,
durchschneiden den Eisernen Vorhang an der
österreichischungarischen Grenze in der Nähe
von Klingenbach. Damit wurde Hunderttausenden
Ostdeutschen die Flucht aus der DDR über
Ungarn nach Österreich ermöglicht.
Flucht über die österreichischungarische
Grenze, August 1989
Bürger und Bürgerinnen nehmen die zuvor unzugängliche
Berliner Mauer ein (9. 11. 1989).
Neuer Pass, neues Leben: ExDDRBürger am
11. September 1989 im Reisebus nach Österreich
Das Zeitalter des Kalten Krieges
99
Vietnamkrieg
Kalter Krieg
Teilung Deutschlands
Österreich ist besetzt
1945
Gründung
der UNO
1949 1950 1955
Gründung
Staatsvertrag (Ö)
der NATO
WAPA
1956
Ungarnaufstand
1960 1961 1962
Berliner Kubakrise
Mauer
1964 1968 1970
Prager
Frühling
1973
Nationalitätenkonflikte und Kriege nach dem
Zusammenbruch des Ostblocks
7 Markiere auf der
Karte die momentan
wichtigsten Konfliktherde.
Begründe mithilfe
der Karte, warum Russland
eine Loslösung der
Region zwischen Kaspischem
und Schwarzem
Meer (2–9) verhindern
will.
HM/PS
Nicht überall ging der Zerfall des Ostblocks
so (relativ) friedlich vor sich wie in
Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn
oder in der DDR. In anderen ehemaligen
Ostblockländern sorgte in den 1990er
Jahren der Nationalismus für politischen
Sprengstoff. Der Zusammenbruch des
Kommunismus offenbarte lang unterdrückte
Konflikte: Manche Volksgruppen
fühlten sich wirtschaftlich und sozial benachteiligt.
Oft gaben auch religiöse Motive
Anlass zu Streit und Krieg.
Von der Sowjetunion zur GUS
Die ehemalige Sowjetunion mit mehr als
100 Volksgruppen wurde zum Schauplatz
heftiger nationaler Auseinandersetzungen.
1990 erklärten sich die baltischen
Länder Estland, Litauen und Lettland für
unabhängig. Russisch als Amtsprache
wurde dort verboten. Die russischstämmige
Bevölkerung beklagte Diskriminierung
z. B. in der Arbeitswelt. Die baltischen
Staaten entwickelten sich wirtschaftlich
gut. Seit 2004 gehören sie zur
EU.
Regionale Konflikte
Zahlreiche Regionen der UdSSR waren
nicht mehrheitlich von Russen und Russinnen
besiedelt. Schon während der
Regierungszeit Gorbatschows ab 1985
wuchsen die Spannungen zwischen den
vielen Bevölkerungsgruppen, verstärkt
durch religiöse Konflikte zwischen Muslimen
und Christen. Vor allem in der Kaukasusregion
kam es ab 1988 immer wieder
zu bewaffneten Auseinandersetzungen.
Den Krieg der ehemaligen Teilrepubliken
Armenien und Aserbeidschan um
die Region BergKarabach, die mehrheitlich
von Armeniern bewohnt ist, gewann
1992 Armenien.
In Tschetschenien entbrannte ein brutaler
Krieg, nachdem Russland die Unabhängigkeitserklärung
des Landes nicht akzeptiert
hatte und einmarschiert war. Tschetschenische
Kämpfer leisteten erbitterten
Widerstand. Russland will eine Abspaltung
verhindern, weil eine wichtige Pipeline
Erdöl vom Kaspischen Meer über
Tschetschenien nach Russland liefert. So
wurde das Land verwüstet, der tschetschenische
Hass auf Russland führte seit 2002
zu mehreren SelbstmordAttentaten.
Der Vielvölkerstaat Sowjetunion
100 Das Zeitalter des Kalten Krieges
Österreich: Zweite Republik
1980 1985
Gorbatschow:
Glasnost und
Perestroika
1989 1990
Fall der
Berliner
Mauer
1993 1995
EUBeitritt
Österreichs
2000
Europäische Union
2002
Einführung
des EURO
2010
Der Vielvölkerstaat Jugoslawien
zerbricht
Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm
die Kommunistische Partei unter Josip
Broz Tito die Macht in Jugoslawien. Tito
löste allerdings das Land aus dem Ostblock
und beschritt einen unabhängigen
(blockfreien) Weg. Trotzdem dominierte
die kommunistische Partei die Wirtschaft
und das Alltagsleben und selbstverständlich
die Armee. Den verschiedenen Volksgruppen
gewährte Tito weitgehende
Autonomie. Nach Titos Tod 1980 zeigte
sich aber, dass der Zusammenhalt der
verschiedenen ethnischen Gruppen innerhalb
Jugoslawiens sehr brüchig war.
Schließlich wirkte sich der Zerfall des Ostblock
auch hier aus: 1991 erklärten sich die
wohlhabenderen, westlichen Teilrepubliken
Slowenien und Kroatien für unabhängig.
Kurz darauf folgten BosnienHerzegowina
und Makedonien. Die serbische
Volksgruppe wollte dies nicht akzeptieren:
1991 kam es daher zu bewaffneten
Auseinandersetzungen in Slowenien und
Kroatien. Erst der politische Druck aus
dem Westen zwang die Serben zum Rückzug;
die EU erkannte 1992 Slowenien und
Kroatien als eigenständige Staaten an.
Der Bosnienkrieg (1992–1995)
In Bosnien führte der Konflikt zu einem
grausamen Krieg zwischen den bis dahin
friedlich miteinander lebenden Serben,
Kroaten und Muslimen. Nachdem die EU
1992 BosnienHerzegowina unter der
Führung eines frei gewählten muslimischen
Präsidenten anerkannte, wehrten
sich die bosnischen Serben. Ein Bürgerkrieg
begann, in dessen Verlauf Serbien
70 % des Landes besetzte. Rund zwei
Millionen Muslime wurden vertrieben, es
kam zu sogenannten ethnischen Säuberungen.
Gemeint war damit die Vertreibung
und Tötung von Angehörigen anderer
Volksgruppen und Religionen.
Die Verteilung der Nationalitäten im ehemaligen Jugoslawien, ca. 1990. Hier
handelt es sich aber keineswegs um geschlossene Siedlungsgebiete. Neben den
in der Karte verzeichneten ethnischen Mehrheiten fanden sich Minderheiten
mit unterschiedlichem prozentuellen Anteil („ethnische Durchmischung“).
Wiederaufgebaute und renovierte Häuser wechseln sich in Mostar mit immer
noch zerstörten Gebäuden ab – über 15 Jahre nach dem Krieg.
Nach dem Massaker von Srebrenica (1995),
bei dem etwa 8000 muslimische Männer
und Buben getötet wurden, verlangte die
internationale Gemeinschaft den Rückzug
der serbischen Streitkräfte. Da dies
nicht geschah, startete die NATO im September
1995 Luftangriffe auf serbische
Stellungen. Kroaten und bosnische Muslime
konnten einige Gebiete wieder zurückerobern.
Unter starkem Druck der
NATO und der USA wurde im November
1995 Frieden geschlossen. Die anschließenden
freien Wahlen brachten wieder
den Muslimen die Mehrheit. Internationale
Truppen sichern seither den Frieden
in BosnienHerzegowina.
Heute gibt es im ehemaligen Jugoslawien
sieben Staaten: Kroatien, Slowenien, BosnienHerzegowina,
Serbien, Montenegro
(seit 2006), Kosovo (seit 2008) und Makedonien.
Das Zeitalter des Kalten Krieges
101
Vietnamkrieg
Kalter Krieg
Teilung Deutschlands
Österreich ist besetzt
Österreich: Zweite Republik
1945
Gründung
der UNO
1949 1950 1955
Gründung
Staatsvertrag (Ö)
der NATO
WAPA
1956
Ungarnaufstand
1960 1961 1962
Berliner Kubakrise
Mauer
1964 1968 1970
Prager
Frühling
1973
Die USA als einzig verbliebene Weltmacht
Brennende Ölfelder
während des zweiten
Golfkrieges von 1990/91
Nach dem Ende des Kalten Krieges verblieben
die USA als einzige Weltmacht.
Vor allem Präsident Ronald Reagan (1981–
1989) und sein Nachfolger George Bush
senior (1989–1993) betrieben enorme
Aufrüstung. Das Wettrüsten hatte die
UdSSR rascher in den Ruin getrieben; dieser
wiederum führte den Zerfall des Ostblocks
und damit das Ende des Kalten
Krieges herbei.
Die USA waren somit vorläufig die einzige
globale Macht. 1990 führten sie daher
im Auftrag der UNO eine internationale
Truppe an, die den ölreichen Staat Kuwait
gegen den Irak verteidigte (zweiter
Golfkrieg, vgl. S. 118). Mit ihrer wirtschaftlichen
und militärischen Einmischung in
verschiedenen Regionen machten sich
die USA aber bald neue Feinde. Einige ihrer
Gegnerinnen und Gegner sind auch
bereit, die Vorherrschaft der USA mit Gewalt
zu bekämpfen.
9/11
Am 11. September 2001 erfolgte der erste
Angriff auf das Gebiet der USA: Mitglieder
der Terrorgruppe alQaida entführten
Flugzeuge und lenkten sie in die Türme
des World Trade Centers in New York City
bzw. auf das Pentagon (Verteidigungsministerium)
nahe Washington. Rund 3000
Menschen starben. Die USA und die Welt
waren schockiert. Präsident George W.
Bush (junior) erklärte daraufhin den
Kampf gegen den Terrorismus zum wichtigsten
außenpolitischen Ziel der USA.
Die folgende USPolitik im arabischen
Raum ist bis heute umstritten, so etwa der
Krieg gegen den Irak (vgl. Seite 118).
Das World Trade Center – ein Symbol der wirtschaftlichen Macht Amerikas – stürzt ein.
102 Das Zeitalter des Kalten Krieges
Wissen erweitern
Karikaturen zum Kalten Krieg
Karikatur, 1949
8 Gruppenarbeit: Erklärt anhand der Gruppenarbeit: Analysiert die Karikatur.
Wofür steht der Mann? Wie
G Karikatur, wie sich das Verhältnis der G
Menschen in der BRD und der DDR zwischen
Kriegsende und 1965 entwickelte.
fühlt er sich auf den ersten zwei Bildern?
Wieso ändert sich seine Stimmung auf
Wie wird die Trennung zwischen BRD und einmal? Was ist sein Problem? HM/HO
DDR bildlich ausgedrückt?
HM
Der Schrei, amerikanische
Karikatur von 1990
9
Westeuropäische Politiker
Karikatur von Walter Hanel aus der „Süddeutschen
Zeitung“ 1990.
G
11G
Gruppenarbeit: Erklärt, wie die
Karikatur „funktioniert“. Was ist das
Thema der Karikatur? Was an der Darstellung
ist außergewöhnlich? HM/HO
12
10 Gruppenarbeit: Deutet die beiden
Zeichnungen. Wer erscheint
Gruppenarbeit: Erklärt die Begriffe
Gleichgewicht des Schreckens,
mächtiger? Versucht, Gründe für diese
Panzerkommunismus, Eiserner Vorhang.
Sicht zu nennen!
HS/HM
Findet dazu im Internet passende Bilder.
HS
G
tragen 1990 das Gespenst
des Kalten Krieges zu Grabe,
man bejubelt das Ende des
Kalten Krieges. Karikatur
von H. Haitzinger, 1990.
Das Zeitalter des Kalten Krieges 103
Wissen erweitern
China – eine neue Weltmacht entsteht
13 Erklärt, warum
China in den Medien
oft als „die Fabrik der
Welt“ bezeichnet wird.
HS
In China schritt in der jüngeren Vergangenheit
die Industrialisierung und Technisierung
derart voran, dass das Land inzwischen
die ehemalige UdSSR als zweite
große Macht neben den USA abgelöst
hat.
Seit Anfang der 1980erJahre wächst Chinas
Wirtschaft jährlich um mindestens
neun Prozent, das Durchschnittseinkommen
hat sich in den vergangenen 25 Jahren
vervierfacht. Allerdings profitierten
nicht alle Einwohnerinnen und Einwohner
Chinas von diesem Boom. Während
die Städte einen relativ hohen Lebensstandard
erreicht haben, leben die Menschen
am Land oft noch in bitterer Armut.
Frühkapitalistische Methoden
China ist zwar eindeutig der wirtschaftliche
Gewinner der Globalisierung, dies
aber auch deshalb, weil die Wirtschaftspolitik
Chinas den Standards der westlichen
Welt nachhinkt. Das heißt, dass es
kaum Arbeiterschutz gibt, eine schlechte
Pensionsvorsorge, keinen ausreichenden
Umweltschutz usw. Millionen von Chinesinnen
und Chinesen müssen unter teils
menschenunwürdigen Bedingungen und
äußerst schlecht bezahlt arbeiten.
Viele internationale Firmen, auch große
Modemarken, lassen ihre Artikel in China
erzeugen bzw. fertigstellen, weil dort die
Produktion um ein Vielfaches billiger ist
als etwa in Europa.
Außenpolitisch tritt China vermehrt als
„Entwicklungshelfer“ in Afrika auf. Dies
hat jedoch nicht humanitäre Gründe, sondern
wirtschaftliche: Die riesigen Rohstoffreserven
Afrikas werden in China
dringend benötigt.
Schlecht bezahlte, rechtlose
Arbeiterinnen und Arbeiter
produzieren die Markenartikel
der westlichen Welt. Damit
wir in Europa billige Waren
kaufen können, müssen in
China viele Menschen unter
unmenschlichen Bedingungen
arbeiten. Andererseits ist für
viele diese Arbeit die einzige
Möglichkeit, sich und ihre
Familien zu ernähren.
ArbeiterIn
ca. 1%
Einzelhandel,
Verwaltung und
Mehrwertsteuer
50%
Transport,
Steuern, Import
11%
Material
und Gewinn
der Fabrik im
Billiglohnland
13%
Markenname,
Verwaltung und
Werbung
25%
Globalisierung:
die wachsende wirtschaftliche
und
kulturelle Verflechtung
der gesamten Welt
104 Das Zeitalter des Kalten Krieges
Q
Worte ohne Taten –
Die Selbstmorde bei Foxconn sind trauriger Teil des Systems
„Die Hinweise auf schlechte Arbeitsbedingungen
werden untersucht und,
falls nötig, angemessene Maßnahmen
ergriffen“, erklärte Dell. „Wir sind
traurig und besorgt“, teilte Apple mit.
Ganz ähnlich äußerten sich Motorola,
Nokia und Nintendo zu den Selbstmorden
in der chinesischen Elektronik
Hochburg Shenzhen, beim weltgrößten
ElektronikHersteller Foxconn.
Seien wir ehrlich: Das ist Standard
Rhetorik in einer PRtechnischen Krisensituation
und wird sich als kaum
anderes als Augenauswischerei erweisen.
Die schlechten Arbeitsbedingungen
sind den Auftraggebern – aber
auch uns Konsumenten – selbstverständlich
bekannt und „part of the
game“. Im konkreten Fall von Foxconn
heißt das: 300 000 Chinesen arbeiten
in einer Sonderwirtschaftszone
für einen Mindestlohn von 106 Euro,
bei vielen Überstunden bis zu 235 Euro.
Sie sehen ihre Familien meist ein
Mal im Jahr und sind in der Fabrik
militärähnlichem Drill ausgesetzt. Das
ist Teil der Kalkulation der Unternehmen.
Nur lächerliche fünf Prozent des Gewinns
etwa eines iPhones oder eines
DellComputers gehen an Foxconn.
Wenn Apple jetzt verspricht, dass die
Arbeiter von Foxconn, die für das US
Unternehmen arbeiten, einen kleinen
Anteil vom Gewinn bekommen sollen,
der mit den Produkten erzielt
wird, ist das ein Anfang. Doch entscheidend
wird sein, dass wir Konsumenten
auf höhere Sozialstandards
pochen, auch gegen den Willen der
Konzerne, ähnlich wie sich das bei
Umweltstandards entwickelt. Und das
muss nicht automatisch höhere Endkundenpreise
bedeuten, es könnten
auch einfach die teils unverschämten
Gewinnmargen der Konzerne schrumpfen.
OÖN, 2. Juni 2010
Zahlen und Fakten
China ist weltweit
• Nr. 1 nach
Bevölkerung
• Nr. 2 nach
Wirtschaftskraft
• Nr. 3 nach
Handelsvolumen
• Nr. 4 nach Fläche
• Nr. 99 nach
BIP pro Kopf
• Im städtischen Raum
beträgt das durchschnittliche
Pro
KopfEinkommen
umgerechnet 2137 €/
Jahr (+7,8 % real),
auf dem Land 662 €/
Jahr (+10,9 % real).
• Das Wirtschaftswachstum
betrug
seit 2001 jährlich
zwischen 9,1 % (2009)
und 14,2 % (2007).
Quelle: Botschaft der Bundesrepublik
Deutschland; IWF;
Stand 15. 7. 2011
http://www.peking.diplo.de/
contentblob/1574184/
Daten/1076088/widaten_
kompakt_download.pdf
In Reih und Glied: Morgenappell in einer
chinesischen Fabrik. Sämtliche Bereiche des
politischen und wirtschaftlichen Lebens sind
vom Staat streng geregelt.
Die Region um Hongkong, die Provinz Guangdong, wird als „Werkbank der
Welt“ bezeichnet. Hier produzieren schlecht bezahlte Arbeiterinnen und
Arbeiter preiswerte Waren für den Weltmarkt. In der Provinz Guangdong
werden 30 Prozent aller Exporte Chinas erzeugt.
Das Zeitalter des Kalten Krieges 105
Sichern und Wissen
Vietnamkrieg
Kalter Krieg
Teilung Deutschlands
Österreich ist besetzt
1945
Gründung
der UNO
1949 1950 1955
Gründung
Staatsvertrag (Ö)
der NATO
WAPA
1956
Ungarnaufstand
1960 1961 1962
Berliner Kubakrise
Mauer
1964 1968 1970
Prager
Frühling
1973
Zusammenfassung
Teilung der Welt in West und Ost
Nach dem Zweiten Weltkrieg versuchten
sowohl die USA als auch die UdSSR,
ihr Einflussgebiet auszudehnen. Die
von der UdSSR besetzten europäischen
Länder wurden zu Volksdemokratien
unter kommunistischer Herrschaft. Die
westlichen Länder verbündeten sich
mit den USA und bildeten die NATO.
1955 gründete die Sowjetunion mit
den anderen kommunistischen Ländern
Europas den Warschauer Pakt.
Die beiden Blöcke standen sich feindlich
gegenüber und schüchterten einander
durch ständiges Aufrüsten ein.
Stellvertreterkriege
Die Supermächte versuchten, weltweit
ihren Einfluss geltend zu machen und
ihre jeweiligen politischen Ziele durchzusetzen.
Sie unterstützten vor allem in
Afrika und Asien einzelne Staaten im
Kampf gegen die Verbündeten des
Gegners. So kam es u. a. zu grausamen
Kriegen in Korea und Vietnam.
Die Kubakrise brachte die Welt an den
Rand eines dritten Weltkrieges, letztlich
verhinderte das „Gleichgewicht des
Schreckens“ aber eine solche Katastrophe.
NET:
www.chronikdermauer.de
www.documentarchiv.de
www.warschauerpakt.de
www.chronikderwende.de
Der Zusammenbruch des Ostblocks
Ab Mitte der 1980erJahre führte
Michail Gorbatschow in der UdSSR
Reformen durch, die einen wirtschaftlichen
Aufschwung nach westlichem
Vorbild bewirken sollten. Außerdem
wurden erstmals nichtkommunistische
Parteien zugelassen. Dies bedeutete
den Untergang des Kommunismus.
Immer mehr „verbündete“ Volksdemokratien
sagten sich von der UdSSR los
(Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn,
die DDR), der Eiserne Vorhang fiel. Die
UdSSR löste sich auf. An ihre Stelle trat
ein loser Staatenbund (GUS) von zwölf
ehemaligen Sowjetrepubliken. Andere
frühere Gebiete der UdSSR (Baltikum)
erklärten sich für unabhängig (Estland,
Lettland, Litauen; sind seit 2004
EUStaaten) oder streben bis heute ihre
Unabhängigkeit an (Tschetschenien).
Ende und Folgen des Kalten Krieges
Infolge der Auflösung des Ostblocks
brachen bis dahin unterdrückte Nationalitätenkonflikte
auf. Sie führten z. T.
zu fürchterlichen Kriegen. Vor allem
im ehemaligen Jugoslawien kam es
zu schweren Kämpfen und Menschenrechtsverletzungen.
Bis heute sorgen
UNOSoldaten für den Frieden in diesem
Gebiet. Die USA waren nach dem
Kalten Krieg die einzige Weltmacht,
sowohl wirtschaftlich als auch – innerhalb
der NATO – militärisch.
106 Das Zeitalter des Kalten Krieges
Österreich: Zweite Republik
1980
1985
Gorbatschow:
Glasnost und Perestroika
1989 1990
Fall der
Berliner
Mauer
1993 1995
EUBeitritt
Österreichs
2000
Europäische Union
2002
Einführung
des EURO
2010
Zur Wiederholung
Kalter Krieg:
Stellvertreterkrieg:
NATO:
WAPA:
Perestroika:
Glasnost:
1
Erkläre die nebenstehenden
Begriffe.
HS
Nach dem Zweiten Weltkrieg bildeten sich die beiden Militärblöcke
im Westen und
im Osten. Die beiden Supermächte
2
Ergänze den nebenstehenden
Text.
HS
und
bedrohten einander vor allem durch ständige Aufrüstung.
Die UdSSR setzte kommunistische Regime in osteuropäischen Ländern ein, z. B.
in
. West und Ost waren politisch und militärisch
streng getrennt (
Westen wirtschaftlich
Vorhang). Während sich der
entwickelte, kam es im
Osten vermehrt zu Misswirtschaft und Armut. Schließlich lehnten sich immer
mehr Bürgerinnen und Bürger in den Volksdemokratien gegen den Kommunismus
auf, was letztendlich zum Zerfall der UdSSR und des Ostblocks führte.
Das Zeitalter des Kalten Krieges 107
Sichern und Wissen
3 Ordne die passenden
Überschriften
in der linken Spalte ein.
HS
Michail Gorbatschow
Kubakrise
Panzerkommunismus
Stellvertreterkriege
1956/1968 Die UdSSR ging militärisch gegen Aufstände in anderen Volksdemokratien vor:
1956 in Ungarn und 1968 in der Tschechoslowakei, um dort den „Prager Frühling“
niederzuschlagen.
1950–1973 Die Supermächte unterstützten weltweit Aufständische bzw. Regierungen, um ihre
Interessen durchzusetzen. Damit wurde die Spannung zwischen den Großmächten
auch in Regionen Afrikas und Asien getragen, wo es Konflikte rivalisierender
Parteien gab. So kam es z. B. zur Teilung Koreas in das amerikanisch unterstützte
Südkorea und das kommunistische Nordkorea. Im Vietnamkrieg kämpften amerikanische
Soldaten gegen kommunistische Widerstandskämpfer/innen.
1962 1962 stationierte die UdSSR vor der Küste der USA Atomraketen. Die USA drohten
mit einer bewaffneten Auseinandersetzung, sollten die Russen die Waffen auf der
Insel nicht zurückziehen. Die Welt stand knapp vor einem dritten Weltkrieg.
1985–1991 Perestroika und Glasnost leiteten den Zerfall der UdSSR ein. Überall in den kommunistischen
Ländern wuchs der Widerstand gegen die Herrschenden. 1989 fiel
die Berliner Mauer und der Eiserne Vorhang wurde geöffnet. Die UdSSR wurde
1991 zu einem losen Staatenbund, der GUS.
Check dein Wissen und Verstehen
Ich weiß, warum es in Europa zur Teilung in West und Ostblock kam.
Ich kann wichtige Begriffe zum Kalten Krieg erklären.
Ich kann erklären, warum der Kalte Krieg nicht zu einem
dritten Weltkrieg wurde.
Ich kann erklären, warum die USA und die UdSSR
Stellvertreterkriege führten.
Ich kenne den Zusammenhang zwischen der Politik Gorbatschows
und dem Zerfall der UdSSR.
Ich kann begründen, warum die Grundrechte wie Meinungs,
Versammlungs und Pressefreiheit so wichtig sind.
108 Das Zeitalter des Kalten Krieges
Entkolonialisierung
und Dritte Welt
Die Welt hat genug für jedermanns
Bedürfnisse, aber nicht
für jedermanns Gier.
Mahatma Gandhi, 1869–1948, indischer Freiheitskämpfer
109
1945
Gründung
der UNO
1947
Unabhängigkeit
Indiens
Österreich ist besetzt
Entkolonialisierung in Afrika und Asien
Vietnamkrieg
Kalter Krieg
1948 1949 1950 1952
1955
1960
1964
1967
1970
1973
Gründung
Begriff
Afrikanisches
Sechs-Tage-
Israels
„Dritte Welt“
Jahr
Krieg
1975
Kolonien erlangen die Unabhängigkeit
Die Aufteilung
der Welt 1914
1 Welche Möglichkeiten
hat der/die Einzelne,
die Länder der Dritten
Welt zu unterstützen?
PH
2
G
Gruppenarbeit:
Wählt ein afrikanisches
oder asiatisches
Land aus. Sammelt wichtige
Informationen über
dieses Land (im Internet
oder in der Schulbibliothek).
Gestaltet ein Plakat
mit einem „Steckbrief“
des Landes. Stellt der
Klasse „euer“ Land vor.
HM
Fünf-Welten-Theorie:
Unterteilung der sogenannten
Dritten Welt in
Schwellenländer, wenig
entwickelte Länder und
am wenigsten entwickelte
Länder.
Vor dem Ersten Weltkrieg hatte die Aufteilung
der Welt unter den europäischen
Großmächten den Höhepunkt erreicht:
Mehr als die Hälfte der bewohnten Welt
war von ausländischen Mächten beherrscht.
Nach dem Ersten Weltkrieg entstanden
in vielen Kolonien Unabhängigkeitsbewegungen,
aber erst nach dem
Zweiten Weltkrieg konnten die meisten
afrikanischen und südostasiatischen Länder
die Freiheit tatsächlich erlangen. Dabei
wurden sie von der UNO entscheidend
unterstützt.
1960 war das große Freiheitsjahr für viele
afrikanische Länder: 17 ehemalige Kolonien
wurden selbstständig. Bis zum Jahr
1970 war die Entkolonialisierung Afrikas
fast abgeschlossen, wenn auch viele der
Staaten weiterhin großen Einfluss von außen
dulden mussten.
Ein Planet – drei Welten
1952 veröffentlichte der Franzose Alfred
Sauvy einen Artikel mit dem Titel „Drei
Welten – ein Planet“. Damit war der Begriff
„Dritte Welt“ entstanden. Man teilte
die Länder der Erde nun in Erste-, Zweiteund
Dritte-Welt-Staaten ein, wobei die
Erste Welt die reichen Länder Nordamerikas
und Europas sowie Japan, Australien
und Neuseeland umfasste. Die Zweite
Welt bildeten die damaligen Ostblockstaaten
und alle anderen kommunistischen
Länder. „Dritte Welt“ wurde zum
Sammelbegriff für Entwicklungsländer.
Diese entwickelten sich nach der Entkolonialisierung
allerdings sehr unterschiedlich,
sodass die UNO Anfang der 70er-Jahre die
Dritte Welt in drei Untergruppen aufteilte:
am wenigsten entwickelte, wenig entwickelte
und Schwellenländer (New Industrializing
Countries), welche oft durch den
Export von Erdöl und anderen Bodenschätzen
zu einem gewissen Wohlstand
gekommen waren. Seit dem Zerfall des
Ostblocks besteht die Zweite Welt nur
noch aus einigen wenigen Staaten. Die
ehemaligen Ostblock-Staaten werden nun-
110
Entkolonialisierung und Dritte Welt
Erster Golfkrieg (Iran/Irak)
Österreich: Zweite Republik
1980
Europäische Union
1988 1989 1990 1991 1993 2000
2003
Ende der
Grenzmauer
Apartheid in
Israels
Südafrika
2010
mehr als „ehemalige kommunistische Länder“
oder als „Transformationsländer“ bezeichnet.
In jedem Fall gilt nach wie vor die
Einteilung nach dem Wohlstand, was
bedeutet, dass die Länder der Dritten bis
Fünften Welt die ärmsten sind.
23 % der Menschheit leben auf der reichen
Nordhalbkugel und besitzen über
80 % des weltweiten Vermögens. Die
Menschen in vielen Ländern der Dritten
Welt müssen hingegen mit weniger als
einem Euro pro Tag überleben.
3 Analysiert die erste
Karte: Welche zwei
europäischen Mächte
hatten 1914 die größten
Kolonialreiche? Wo lagen
deren Schwerpunkte?
Überlegt, welche Auswirkungen
die koloniale
Vergangenheit
noch heute in den
betroffenen Ländern
hat.
HM/HO
Die Welt 1997
Probleme der Dritten Welt
Wenn wir die ganze Menschheit (gut
sieben Milliarden) auf ein Dorf von
100 Einwohnerinnen und Einwohnern
reduzieren würden, so wäre dieses
Dorf so zusammengestellt:
60 Menschen aus Asien
14 Afrikaner/innen
11 Europäer/innen
14 Amerikaner/innen
(Nord- und Südamerika)
1 Ozeanier/in
52 Frauen
48 Männer
70 Nicht-Weiße
30 Weiße
70 Nicht-Christ/innen
30 Christ/innen
Sechs Personen würden 59 % des gesamten
Reichtums besitzen und alle
sechs Personen kämen aus den USA.
Wenn die Welt ein Dorf wäre ...
80 hätten nur schlechte, ungesunde
Wohnungen; 70 wären Analphabet/
innen; 50 wären unterernährt. Eine/r
hätte einen PC, eine/r hätte einen
akademischen Abschluss.
Diese Zahlen zeigen, wie ungerecht
Wohlstand und Bildungsmöglichkeiten
in der Welt verteilt sind.
Falls du heute Morgen gesund und
nicht krank aufgewacht bist, bist du
glücklicher als eine Million Menschen,
welche die nächste Woche nicht erleben
werden.
Falls du nie Krieg erlebt hast, nie die
Einsamkeit der Gefangenschaft, die
Schmerzen des Gequälten oder Hunger
gespürt hast – dann bist du glücklicher
als 500 Millionen Menschen der Welt.
Falls du in die Kirche gehen kannst,
ohne die Angst, dass dir gedroht wird,
dass man dich verhaftet oder dich
umbringt – bist du glücklicher als
drei Milliarden Menschen der Welt.
Falls sich in deinem Kühlschrank Essen
befindet, du angezogen bist, ein
Dach über dem Kopf hast und ein Bett
zum Hinlegen – bist du reicher als 75 %
der Einwohner/innen dieser Welt.
Falls du ein Konto bei der Bank hast,
etwas Geld im Portemonnaie oder etwas
Kleingeld in einer kleinen Schachtel,
gehörst du zu 8 % der wohlhabenden
Menschen auf der Welt.
Du, der du diesen Text liest, bist gesegnet
– denn du gehörst nicht zu
den zwei Milliarden Menschen, die
nicht lesen können.
Zusammengefasst, verändert und vereinfacht
nach: David S. Smith/Shelagh Armstrong:
Wenn die Welt ein Dorf wäre.
Wien, Jungbrunnen 2012.
Entkolonialisierung und Dritte Welt 111
1945
Gründung
der UNO
1947
Unabhängigkeit
Indiens
Österreich ist besetzt
Entkolonialisierung in Afrika und Asien
Vietnamkrieg
Kalter Krieg
1948 1949 1950 1952
1955
1960
1964
1967
1970
1973
Gründung
Begriff
Afrikanisches
Sechs-Tage-
Israels
„Dritte Welt“
Jahr
Krieg
1975
4 Formuliere mithilfe
der Grafik unten die
Probleme vieler Entwicklungsländer
mit eigenen
Worten.
HM
Das Elend zahlreicher Länder auf dem
afrikanischen Kontinent hat viele Ursachen:
zerstörte Wirtschaft, Korruption,
schnelles Bevölkerungswachstum, Nahrungsmittelknappheit
und Hunger, Krankheiten
und Epidemien.
Ohne ausreichende Ernährung und oft
auch ohne sauberes Wasser sind die Menschen
besonders anfällig für Epidemien
und Krankheiten. Die Lebenserwartung
liegt in Zentralafrika z. B. nur bei ca. 40
Jahren; in Europa wird ein Mensch durchschnittlich
über 75 Jahre alt.
Die ärmere Bevölkerung lebt großteils
von der Landwirtschaft und ist auf viele
Arbeiterinnen und Arbeiter angewiesen;
deshalb sind viele Kinder zum Überleben
wichtig, was wiederum zu einer Bevölkerungsexplosion
führt, die den Ländern
zahlreiche Probleme bereitet.
Korruption und Machtkämpfe
mangelhafte
Ausbildung
In vielen Ländern regieren mächtige
Clans oder Diktatoren, die mithilfe bestechlicher
Beamter das Land ausbeuten.
Fast immer genießen diese Herrscher die
Rückendeckung einer oder mehrerer ausländischer
Regierungen. So versorgten
während des Kalten Krieges sowohl westliche
Länder als auch die UdSSR viele Länder
mit Waffen, um dort ihren Einfluss zu
festigen.
Wirtschaftliche Abhängigkeit
Viele Staaten vernachlässigten nach dem
Abzug der Kolonialmächte den Aufbau
der Wirtschaft. Mit dem Abbau von billigen
Rohstoffen für den reichen Norden
blieben sie weiterhin völlig abhängig:
Durch Darlehen und Kredite binden die
Industriestaaten die armen Länder an
sich. Alle Länder der Dritten Welt sind
hochverschuldet. In vielen Ländern sind
bis zu zwei Drittel der Schulden auf den
Ankauf von Waffen zurückzuführen.
95 Mrd. $
Zuflüsse:
Kredite,
Darlehen
Industrieländer
105 Mrd. $
Rückflüsse:
Schuldentilgung,
Zinsen
(2/3 für Rüstungs-,
1/3 für Konsumgüter)
Entwicklungsländer
Entwicklungsländer zahlen mehr zurück als sie
erhalten.
geringe
Leistungsfähigkeit
schlechter
Gesundheitszustand
geringe
Produktivität
kaum
Arbeit
mangelhafte
Ernährung
geringes
Einkommen
geringe
Ersparnis
Teufelskreis Armut
mangelhaftes
Bildungssystem
geringe
Steuereinnahmen
geringe
Produktion
geringe
Investitionen
Sonderfall Südafrika
Wie bedeutend wirtschaftliche Belange für
die internationale Politik sind, beweist der
Staat Südafrika. Das Land selbst liefert
Rohstoffe (z. B. Diamanten), vor allem aber
umschiffen 60 % aller Ölimporte Europas
die Südspitze Afrikas. Dort könnte es leicht
zu Behinderungen durch eine feindliche
Regierung kommen. Daher duldete Europa
über Jahrzehnte die schlimmsten Menschenrechtsverletzungen
in Südafrika.
Das Apartheid-System
Seit der Zeit des Kolonialismus beherrschte
eine weiße Minderheit von 25 % die
Mehrheit aus Schwarzen und zugewan-
112 Entkolonialisierung und Dritte Welt
Österreich: Zweite Republik
1980
Erster Golfkrieg (Iran/Irak)
Europäische Union
1988 1989 1990 1991 1993 2000
2003
Ende der
Grenzmauer
Apartheid in
Israels
Südafrika
2010
derten Asiaten und Asiatinnen. Nach
dem Zweiten Weltkrieg ging man zur Politik
der Apartheid über: sogenannte
„farbige“ Menschen wurden politisch,
wirtschaftlich und gesellschaftlich ausgegrenzt.
Das ging so weit, dass für Menschen
mit unterschiedlichen Hautfarben
eigene Parkanlagen, Bänke, öffentliche
Verkehrsmittel usw. zur Verfügung standen.
Schwarzen war es strengstens verboten,
„weiße Busse“, „weiße Geschäfte“
oder gar „weiße Schulen“ zu betreten.
Die weiße Minderheit beherrschte das gesamte
Land und hatte die wirtschaftliche
Macht und damit alle Einnahmen in der
Hand.
Die UNO kämpfte immer wieder gegen
die Apartheidpolitik in Südafrika an, aber
erst 1990 erklärte sich die weiße Regierung
nach Protesten und Boykottaufrufen
bereit, freie Wahlen zuzulassen. Aus diesen
ersten Wahlen, bei denen alle Bürgerinnen
und Bürger wahlberechtigt waren,
ging Nelson Mandela als Sieger hervor,
der zuvor 27 Jahre als politischer Gefangener
festgehalten worden war.
Normalisierung der politischen
Situation?
Durch geschickte Kompromisse gelang es
Mandela und seinen Nachfolgern, das
Aufflammen neuer großer Konflikte zu
verhindern. Südafrika ist im Vergleich zu
fast allen anderen afrikanischen Staaten
sehr erfolgreich, allerdings sind Schwarze
nach wie vor benachteiligt. Ihr Anteil an
der hohen Arbeitslosigkeit ist am höchsten.
Außerdem ist AIDS ein großes gesellschaftliches
Problem: Ein Drittel der Bevölkerung
ist mit dem HI-Virus infiziert.
Trotz aller Probleme gibt die Wirtschaftskraft
Südafrikas Anlass zur Hoffnung: So
haben zum Beispiel fast alle großen Autokonzerne
riesige Produktionsstätten im
Land. Von verbesserten internationalen
Beziehungen erhofft man sich einen Aufschwung,
der auch auf die Nachbarländer
ausstrahlen könnte.
Schilder dieser Art fand man während der
Apartheid überall in Südafrika.
Die Fußballweltmeisterschaft 2010 weckte im
Land neue Hoffnungen auf Wirtschaftswachstum.
Die WM sollte aber auch dazu beitragen,
die verschiedenen Bevölkerungsgruppen in Südafrika
zu versöhnen.
Nelson Mandela, der erste
demokratische gewählte
Präsident Südafrikas
(1994–1999)
Apartheid:
bis 1991 offiziell praktizierte
„Rassentrennung“
in Südafrika
Entkolonialisierung und Dritte Welt 113
1945
Gründung
der UNO
1947
Unabhängigkeit
Indiens
Österreich ist besetzt
Entkolonialisierung in Afrika und Asien
Vietnamkrieg
Kalter Krieg
1948 1949 1950 1952
1955
1960
1964
1967
1970
1973
Gründung
Begriff
Afrikanisches
Sechs-Tage-
Israels
„Dritte Welt“
Jahr
Krieg
1975
Der friedliche Unabhängigkeitskampf Indiens
Indien war eine Kolonie Großbritanniens
und diente als wichtiger Rohstofflieferant
und Absatzmarkt für britische
Waren. Aus diesen wirtschaftlichen Gründen
widersetzte sich die britische Regierung
lange Zeit den indischen Unabhängigkeitsbestrebungen.
Erst 1947 erlangte
Indien die Unabhängigkeit durch eine
neue Art des Freiheitskampfes, den gewaltlosen
Widerstand.
Ein Großteil der ländlichen
Bevölkerung Indiens lebt in
bitterer Armut; die Städte
sind von Slums umgeben.
Das berühmte Tadsch Mahal,
ein eindrucksvolles Beispiel für
die hoch entwickelte Kultur
und den Reichtum Indiens vor
der Kolonialisierung.
Mahatma Gandhi studierte in
England Rechtswissenschaften
und war Anwalt in Südafrika,
bevor er 1915 nach Indien zurückkehrte.
1948 wurde er von
einem indischen Attentäter ermordet.
Mahatma („die große Seele“) Gandhi
setzte sich ab 1915 für die politische und
vor allem auch für die wirtschaftliche Unabhängigkeit
seines Landes ein. Seine
Methode war die des gewaltlosen Widerstands.
Mit Waffen konnte diese neuartige
Freiheitsbewegung nicht besiegt
werden. Gandhi verweigerte jede Zusammenarbeit
mit den britischen Besatzern
und ermutigte das Volk zu Eigenständigkeit.
Die Inder und Inderinnen sollten
selbst Salz gewinnen, Textilien herstellen
und die Steuern verweigern. Gandhi gelang
es, die miteinander verfeindeten
Hindus und Muslime, Angehörige der
beiden größten Religionsgruppen des
Landes, zum gemeinsamen Widerstand
zu bewegen. 1947 gab Großbritannien
nach, Indien wurde unabhängig. Erster
Präsident wurde der neben Gandhi bedeutendste
indische Politiker Pandit
(„der Gelehrte“) Nehru (1947–1964).
Teilung Indiens
Nach Erlangen der Unabhängigkeit flammten
die Kämpfe zwischen Hindus und
Muslime wieder auf. Schließlich musste
das Land in die Indische Republik (mehrheitlich
Hindus) und Pakistan (Muslime)
geteilt werden. Die Teilung veranlasste 15
Millionen Menschen zur Flucht.
Der Großteil von Indiens Bevölkerung
zählt nach wie vor zu den Ärmsten der
Welt. Wirtschaftlichen Aufschwung gibt
es nur für die gebildete Mittelschicht in
den Städten.
114
Entkolonialisierung und Dritte Welt
Österreich: Zweite Republik
1980
Erster Golfkrieg (Iran/Irak)
Europäische Union
1988 1989 1990 1991 1993 2000
2003
Ende der
Grenzmauer
Apartheid in
Israels
Südafrika
2010
Der Konflikt zwischen Israel und Palästina
Q
Die Errichtung einer nationalen
Heimstätte in Palästina für das
jüdische Volk wird von der Regierung
Seiner Majestät mit Wohlwollen betrachtet.
Sie wird ihr Bestes tun, um
das Erreichen dieses Zieles zu erleichtern,
wobei unmissverständlich zu betonen
ist, dass nichts getan werden
darf, was die Bürgerrechte und religiösen
Rechte der in Palästina lebenden
nicht-jüdischen Bevölkerung oder die
Rechte und den politischen Status der
Juden irgendeines anderen Landes
nachteilig betrifft.
(Balfour-Erklärung, 1917)
Palästina war jahrhundertelang von Arabern
und Araberinnen besiedelt. Die Juden
und Jüdinnen erhoben allerdings
Ansprüche auf das Land um Jerusalem,
und zwar aus historischen Gründen.
70 n. Chr. waren sie durch die Römer von
dort vertrieben worden und lebten seither
verstreut über den Erdball (Diaspora).
Ziel der zionistischen Bewegung war es,
in das „Land der Väter“ zurückzukehren.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann
die Zuwanderung von Jüdinnen und Juden
in das Gebiet.
Gründung eines jüdischen
Staates
Im Ersten Weltkrieg versprach Großbritannien
sowohl den Arabern als auch den
Juden die Gründung ihres eigenen unabhängigen
Staates in Palästina, wenn sie
die Briten im Kampf gegen das Osmanische
Reich unterstützen. Beide Versprechen
einzulösen war natürlich unmöglich.
England versuchte daher in der Zwischenkriegszeit,
die Zuwanderung von
Juden und Jüdinnen zu stoppen. Während
des Zweiten Weltkrieges verweigerten
die Briten den verfolgten Juden und
Jüdinnen die Einreise endgültig. Unter
dem Eindruck der Judenverfolgung im
Dritten Reich entschloss sich die UNO jedoch
nach dem Zweiten Weltkrieg, die
Gründung eines jüdischen Staates in Palästina
zu erlauben: 1947 legte man die
Teilung in einen arabischen und einen
jüdischen Staat fest. 1948 wurde der
neue jüdische Staat Israel unabhängig.
Die Araber und Araberinnen, die gegen
die Teilung waren, erklärten Israel den
Krieg. Dieser dauert bis heute an.
Israel dehnt sein
Staatsgebiet aus
Bereits im ersten Krieg 1948 dehnte Israel
sein Machtgebiet über die von der UNO
zugestandenen Grenzen hinaus aus. So
wurde zum Beispiel auch Westjerusalem
besetzt. Im Sechs-Tage-Krieg 1967 gelangten
Ostjerusalem (mit der sogenannten
Klagemauer), der Golan, der Gazastreifen
und das Westjordanland unter
israelische Kontrolle. Zudem besetzte Israel
die ägyptische Halbinsel Sinai.
Bis in die Gegenwart werden jüdische
Siedlungen auf Palästinensergebiet im
Westjordanland errichtet. Seit 2003 werden
viele dieser Siedlungen durch Ummauerung
und Korridore mit dem Staat
Israel verbunden, was das verbliebene
Land der arabischen Palästinenser zu einem
„Fleckerlteppich“ macht. Manche
palästinensischen Städte sind von ihrem
Umland völlig abgeschnitten.
Ein ernstes Problem ist die Zukunft des geteilten
Jerusalems. Die Stadt gilt sowohl Juden
als auch muslimischen Arabern als heilig.
Beide beanspruchen sie daher für sich.
Theodor Herzl
(1860–1904)
Der österreichisch-jüdische
Journalist schrieb
anlässlich des Antisemitismus
in Europa das
Buch „Der Judenstaat“.
Dieses Buch und die
von Herzl gegründete
zionistische Bewegung
setzten eine Entwicklung
in Gang, die letztlich
zur Gründung des
Staates Israel führte.
Entkolonialisierung und Dritte Welt
115
1945
Gründung
der UNO
1947
Unabhängigkeit
Indiens
Österreich ist besetzt
Entkolonialisierung in Afrika und Asien
Vietnamkrieg
Kalter Krieg
1948 1949 1950 1952
1955
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Gründung
Begriff
Afrikanisches
Sechs-Tage-
Israels
„Dritte Welt“
Jahr
Krieg
1975
Syrien
Die Entwicklung Israels seit 1947
5 Erläutere mithilfe Palästinensische Flüchtlinge
der Karten die
Entwicklung des Staates Die Gründung Israels löste 1948 eine erste
große Flüchtlingswelle aus: 700 000
Israel.
HM/HS
Palästinenser und Palästinenserinnen flohen
aus ihrem ehemaligen Siedlungsgebiet.
Die Niederlage der arabischen Armee
verhinderte ihre Rückkehr. Nach
dem Sechs-Tage-Krieg flohen weitere
300 000 Palästinenserinnen und Palästinenser.
Demgegenüber wanderten ab
1948 600 000 Juden und Jüdinnen aus
dem arabischen Raum nach Israel ein –
und im Lauf der Jahrzehnte Millionen aus
aller Welt. Die Palästinenserflüchtlinge
wurden in der arabischen Welt oft nicht
integriert und leben großteils bis heute in
Flüchtlingslagern.
Kampf um einen
palästinensischen Staat
Vertrieben, heimatlos oder unter israelischer
Herrschaft begannen sich die Palästinenser
und Palästinenserinnen politisch
zu organisieren. Die wichtigste Organisation
wurde die PLO (Palestinian Liberation
Organization) unter der Führung von
Yassir Arafat (1929–2004). Die PLO forderte
einen eigenen Staat. Um dieses Ziel
zu erreichen, schreckte sie aber auch
nicht vor Terroranschlägen mit vielen
unschuldigen Opfern zurück. Als dieses
Vorgehen keinen Erfolg brachte, setzte
ein Umdenken ein: Arafat bot an, auf Gewalt
zu verzichten und Israel anzuerkennen.
1979 kam es anlässlich des Camp-
David-Abkommens, bei dem Israel die
Halbinsel Sinai an Ägypten zurückgab, zu
einer ersten Aussöhnung zwischen der
PLO und Israel.
Intifada und erste Verhandlungen
Gegen Ende der 80er-Jahre kam es zur
ersten Intifada (arab.: Abschütteln). Die
Palästinenser und Palästinenserinnen versuchten,
die Herrschaft der Israelis abzuschütteln
– zunächst durch passiven Widerstand,
das Werfen von Steinen und
Brandbomben; letztlich kam es zu einem
Volksaufstand. Das gewaltsame Vorgehen
der Israelis gegen die Aufständischen
kostete Israel viele Sympathien.
„Friede jetzt“, eine Friedensbewegung in
Israel, fand immer mehr Zulauf, der Westen
und die UNO drängten auf Frieden.
1991 begannen unter der Schirmherrschaft
der USA und Russlands Verhandlungen,
die 1994 im Gaza-Jericho-Abkommen
gipfelten, das den Palästinensern
Autonomie im Westjordanland ver-
116 Entkolonialisierung und Dritte Welt
Österreich: Zweite Republik
1980
Erster Golfkrieg (Iran/Irak)
Europäische Union
1988 1989 1990 1991 1993 2000
2003
Ende der
Grenzmauer
Apartheid in
Israels
Südafrika
2010
sprach. Dieser Friedensprozess wurde
allerdings jäh gestoppt: Radikale Juden
ermordeten Israels Ministerpräsidenten
Jitzchak Rabin, weil sie mit dessen Versöhnungspolitik
nicht einverstanden waren.
Bei den anschließenden Neuwahlen
setzte sich der Likud-Block durch, dessen
Anhänger und Anhängerinnen gegen
den Friedensprozess waren.
Auch auf arabischer Seite störten Radikale
jede Annäherung zwischen den verfeindeten
Parteien, vor allem die Hamas
(„Islamische Widerstandsbewegung“) und
die Hisbollah („Partei Gottes“).
Zweite Intifada
1999 kam in Israel mit Ehud Barak wieder
ein Gemäßigter an die Macht, der das
Gaza-Jericho-Abkommen umzusetzen
versprach und den Palästinensern Autonomie
zugestehen wollte. Aber wieder
scheiterte der Versuch an den gewaltbereiten
Parteien, die sich unter Ariel Sharon
bei der nächsten Wahl durchsetzten.
Die enttäuschten Palästinenser und Palästinenserinnen
begannen eine zweite Intifada.
Israel antwortete mit militärischen
Einsätzen: Palästinensische Selbstmordattentate
und israelische Gegenaktionen
kosteten Tausende Menschen das Leben.
Die zweite Intifada endete im Februar
2005 mit dem Abkommen von Sharm El-
Sheik. Israel erkannte die palästinensische
Autonomiebehörde an und räumte den
Gazastreifen.
Westjordanland
2003 übernahm der gemäßigte Palästinenser
Mahmud Abbas das Amt des palästinensischen
Ministerpräsidenten im
Westjordanland. Israel und die USA reagierten
positiv und es kam wieder zu Verhandlungen
zwischen den Streitparteien.
Als aber aus den Wahlen 2006 die radikale
Hamas als Siegerin hervorging, verschärften
sich die Konflikte erneut. Die
Israelis griffen Stellungen der Hisbollah,
die sich mit der Hamas gegen Israel solidarisiert,
im Libanon an. Die Hisbollah
bombardierte im Gegenzug Nordisrael.
2006 konnte die UNO diesen Libanonkrieg
beenden und einen Waffenstillstand
durchsetzen.
Die großen Konfliktthemen
zwischen Israel und Palästina
aber bleiben. Nach wie
vor werden Friedensverhandlungen
von Gegnern eines
Kompromisses auf beiden
Seiten unterlaufen. Das Westjordanland
ist ein schwer zu
verwaltendes, unzusammenhängendes
Gebiet und im
Gazastreifen sind die Palästinenser
eingeschlossen und
völlig von der Politik Israels
abhängig.
Die israelische
Siedlungspolitik
Ein entscheidendes Hindernis
auf dem Weg zum Frieden ist
die israelische Siedlungspolitik.
Die israelischen Regierungen
meinen, die teilweise illegal
errichteten jüdischen Siedlungen auf
palästinensischem Autonomiegebiet beschützen
zu müssen. So bleibt das Autonomiegebiet
unter wirtschaftlicher und militärischer
Kontrolle Israels. Es existieren
zwar Pläne, einige Siedlungen aufzugeben,
aber tatsächlich werden vermehrt Siedlungen
völkerrechtswidrig ans Kernland angeschlossen.
Die seit 2003 errichtete Mauer
soll den Grenzübertritt von Selbstmordattentätern
verhindern, sie wird aber von
vielen Politikern und Expertinnen als einseitige
Grenzziehung – ohne Rücksicht auf
palästinensische Interessen – gesehen.
Die Mauer schlängelt sich auch mitten durch
Wohngebiete; sie ist bis zu fünf Meter hoch.
Seit 2003 wird an der Grenzmauer
Israels gearbeitet.
Dabei wird auch auf Palästinensergebiet
gebaut, um
die israelischen Siedlungen
dort zu schützen.
6 Überlegt gemeinsam,
welche Vor- und
Nachteile die Mauer hat.
PU
Entkolonialisierung und Dritte Welt
117
Wissen erweitern
Öl als Waffe – Krieg um Öl
Die Golfregion
7 Was hältst du von
einem Präventivkrieg?
Was wäre die
Folge, wenn alle Länder
so argumentieren
würden?
PU
1979 wurde die Islamische
Republik Iran
ausgerufen: Ajatollah
Khomeini hatte den
Schah (König) gestürzt
und begann nun, einen
strengen islamischen
Gottesstaat zu errichten.
Diese Wirren suchte
der irakische Staatschef
Saddam Hussein
zu nutzen: Irakische
Truppen sollten iranische
Erdölgebiete am
Persischen Golf erobern.
Unterstützt wurde
Hussein in diesem
ersten Golfkrieg (1980–1988) von den
USA, denn der Iran sah die USA und Israel
als seine Hauptfeinde an und unterstützte
immer wieder Terroraktionen.
Nach dem Ende dieses Krieges, der keinem
der Länder Vorteile oder Gebietsgewinne
brachte, begann Saddam Hussein
einen weiteren Krieg am Persischen
Golf. Der Irak griff das erdölreiche Kuwait
an. Diesmal standen die USA auf der anderen
Seite. In der westlichen Welt wurde
Hussein plötzlich als der größte Feind des
freien Westens dargestellt.
Zweiter Golfkrieg:
Irak gegen Kuwait
Der Westen und vor allem die USA hatten
großes wirtschaftliches Interesse an der
Eigenständigkeit Kuwaits, das zu den
wichtigsten Öllieferanten zählt. Also verfügte
die UNO 1990 die Befreiung Kuwaits
durch eine internationale Truppe
unter Führung der USA. Im zweiten
Golfkrieg wurde Kuwait rasch befreit
und der Irak mit schweren wirtschaftlichen
Sanktionen belegt, unter denen allerdings
das einfache Volk zu leiden hatte,
während Saddam Hussein und sein Clan
weiterhin in Luxus und Reichtum lebten.
Dritter Golfkrieg (2003)
2002 drohte der US-Präsident George W.
Bush (junior) erneut mit Krieg gegen den
Irak. Im Oktober 2002 erlaubte der US-
Kongress dem Präsidenten, dem Irak den
Krieg zu erklären. Damit begann eine
neue Art der Sicherheitspolitik, die den
Präventivkrieg (vorbeugenden Krieg) als
Verteidigung ansieht. Die USA rechtfertigten
den Krieg damit, dass sonst der
Gegner einen Krieg beginnen würde.
Im März 2003 marschierten US-Truppen
und ihre Verbündeten im Irak ein. Gegenüber
der eigenen Bevölkerung versuchte
die US-Regierung, den Krieg mit angeblichen
irakischen Massenvernichtungswaffen
sowie einer angeblichen Verbindung
mit der Terrorgruppe al-Qaida zu
begründen. Für beides gibt es bis heute
keine Belege. Im Krieg wurden die wichtigsten
Städte und die Infrastruktur des
Iraks zerstört. Noch im Jahr 2003 verkündete
Bush das Ende des Krieges und die
Errichtung einer US-amerikanischen Zivilregierung.
Es gelang jedoch nicht, damit
auch für Frieden und Sicherheit zu sorgen.
Tausende Tote sind auf beiden Seiten
zu beklagen. Ende 2006 gab Bush
erstmals zu, dass dieser Krieg „noch nicht
gewonnen ist“.
Fortdauernde Gewalt
Der irakische Diktator Saddam Hussein
war 2003 von den Amerikanern gefangen
genommen und der irakischen Übergangsregierung
übergeben worden. Diese
verurteilte Hussein zum Tod durch den
Strang. Das Urteil wurde im Jänner 2007
vollstreckt, was von vielen Irakern und
Irakerinnen bejubelt wurde. Aber es gibt
auch noch Anhänger und Anhängerinnen
des Diktators. Die Kämpfe dauern weiter
an.
Hoffnung brachte die Wahl des US-Präsidenten
Barack Obama, der Mitte 2009
die US-Truppen aus Bagdad abzog, bis
2012 aus dem ganzen Irak. Ob sich damit
allerdings die Lage entspannt, bleibt abzuwarten.
118 Entkolonialisierung und Dritte Welt
Kinder im Krieg
Während du diese Zeilen liest, stehen
weltweit schätzungsweise 200 000 Kinder
unter 15 Jahren unter Waffen: Kindersoldaten,
die an vorderster Front kämpfen
müssen. Jene, die nicht sterben, tragen
schwere psychische Schäden davon
und sind kaum mehr in die Gesellschaft
einzugliedern. Der 14-jährige Sheik aus
Sierra Leone wurde ausschließlich zum
Töten ausgebildet. Er erzählt: „Ich habe
nie gezählt, wie viele Menschen ich erschossen
habe. Mitleid gibt es nicht. Du
willst töten, denn das ist dein Auftrag –
töte deinen Feind!“
Aber nicht nur in Afrika werden Kinder
und Jugendliche als Soldaten missbraucht.
Der Iran etwa schickte gegen den Irak
bewusst 500 000 Kinder in den sicheren
Tod und missbrauchte sie zum Minensuchen:
Q
Die Mullahs (islamische Prediger)
erzählten uns wochenlang,
dass die Irakis kleine, dunkelhäutige
hässliche Menschen seien, die stinken
und selten beten. In Reih und Glied
schickten sie uns über ein riesiges, offenes
Wüstenfeld, das von den Irakern
mit tausend Minen gespickt war. Wie
Automaten schritten wir voran, bleich,
mit Angstschweiß auf der Stirn. Dann
eine Explosion, Fleischfetzen flogen
an mir vorbei, ein Kopf. Allein an diesem
Tag starben 1500 Kinder.
(Behrouzi, Reza: Ich habe keine
Tränen mehr, Wien 1994)
Das Geschäft mit den Minen
Personenminen werden in 44 Ländern
produziert, vor allem in China, den USA
und in Europa. Eine Mine kostet zwischen
3,60 $ und 580 $. Der Jahresumsatz weltweit
liegt bei ca. 73 Mio. Dollar. Besonders
grausam sind die Minen gegen die
Zivilbevölkerung, oft getarnt als Schuhpastadosen
oder gar als Spielzeug. Kinder,
die diese vermeintlichen Spielsachen
Kinder als Soldaten in Kambodscha
Minenopfer
berühren, werden zerfetzt. Auf diese Weise
wird die Zivilbevölkerung in Angst und
Schrecken versetzt.
Die Minen bleiben auch nach Kriegsende
eine enorme Gefahr. Weltweit sterben
täglich Menschen, oft Kinder, die beim
Holzsammeln oder Spielen auf „vergessene
Minen“ treten.
Weltweit liegen nach Schätzungen der
UNO noch immer 110 Millionen Landminen
in 63 Ländern vergraben. Besonders
viele Minen gibt es in Afrika und an den
asiatischen Schauplätzen des Kalten Krieges,
z. B. in Kambodscha, Vietnam oder
Afghanistan.
Landminen
Alle 20 Minuten wird
weltweit ein Mensch
durch eine Landmine
verletzt oder getötet.
Bisher haben 156 Staaten
die Ottawa Konvention
gegen Landminen
unterzeichnet,
jedoch noch nicht
die Hauptminenproduzenten
USA, China
und Russland.
(Stand August 2011)
NET:
Gemeinsam gegen
Landminen –
www.ggl-austria.at
Entkolonialisierung und Dritte Welt 119
Wissen erweitern
Das Internet verändert die Welt
Für Jugendliche ist das Internet bereits das wichtigste Medium geworden. Radio und
Fernsehen spielen im Alltag der meisten jungen Leute dagegen eine weniger wichtige
Rolle.
8 Lies dir den Text
zunächst überfliegend
durch. Notiere dir
einige Stichwörter, die
du dir dabei gemerkt
hast. Lies den Text dann
genau durch. Formuliere
gemeinsam mit deinem
Nachbarn oder deiner
Nachbarin fünf W-Fragen
an den Text. Beantwortet
sie gemeinsam.
HM
Q
Keine andere technische Errungenschaft
hat in diesem Jahrhundert
eine ähnliche Erfolgsgeschichte
und kein anderes Medium hat unsere
Gesellschaft so nachhaltig verändert.
Im Jahr 1969 wurde zwischen Stanford
und Los Angeles das erste funktionsfähige
Wide-Area-Network (WAN) eingerichtet,
in dem nicht mehr einzelne
Maschinen, sondern Netzwerke miteinander
verbunden waren. Der weitere
Ausbau dieses Netzwerks verlief
aber eher gemächlich und 1987 zählte
man gerade einmal 10 000 Nutzer.
Das Jahr 1991 war dann von entscheidender
Bedeutung. Das WWW-Konzept,
maßgeblich von Tim Berners-Lee
entwickelt, vereinfachte den Internet-
Zugang enorm. Das WWW (World Wide
Web) entpuppte sich als das einfachste,
effizienteste und flexibelste
Verfahren, um beliebige Informationen
zu veröffentlichen. Der Durchbruch
und die explosionsartige Verbreitung
des Internets setzten 1993 ein,
als Marc Andreessen sein Programm
Mosaic herausbrachte. Damit konnte
jeder Computerbenützer mit einem
einfachen Mausklick auf das Internet
zugreifen. Die Größe des Internets verdoppelte
sich von nun an alle 12 – 18
Monate.
aus: Die PRESSE/Spectrum, 3. 4. 1999
(gekürzt und vereinfacht)
9 Beantworte
folgende Fragen
zur Grafik.
In welchem Zeitraum
erfolgte der schnellste
Anstieg an Internetnutzerinnen
und -nutzern?
Warum, denkst du,
werden Europa, USA
und Japan gegenüber
dem Rest der Welt
hervorgehoben?
In welcher Region der
Welt wuchs die Internetnutzung
zwischen 2002
und 2010 am stärksten?
Warum könnte dies so
sein?
Was könnte der Grund
für das geringere Wachstum
in den anderen
Regionen sein?
Fasse deine Ergebnisse in
einem kurzen Merktext
zusammen.
HM/HF/HS
1600
1400
1200
1000
800
600
400
200
0
Zahl der Internetnutzer per Festnetz weltweit
Angaben in Millionen
604
Europa
USA
Japan
sonstige Länder
718
Jeder fünfte Mensch ist online
872
1038
1135
1229
1328
1421
1501
+19 %* +22 % +19 % +9 % +8% +8% +7% +6 %
2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
*Wachstum der weltweiten Nutzerzahl
Quelle: BITKOM
120 Entkolonialisierung und Dritte Welt
FACEBOOK® oder der gläserne
Mensch der Zukunft
Mit der Nutzung des Internets entwickelten
sich Soziale Netzwerke, die besonders
bei Jugendlichen in aller Welt beliebt
sind. Ein Soziales Netzwerk ist eine lose
Verbindung von Menschen im Internet,
die dort miteinander kommunizieren,
Q
Aufruf zu mehr Freiheit
Der erste Tag der Internetkonferenz
re:publica in Berlin hat mit Warnungen
vor zentralisierten Plattformen
und vor allem Facebook begonnen und
geendet. Das Soziale Netzwerk ziele
nur darauf ab, Menschen lesbar zu machen,
meint Eben Moglen, Professor
für Recht und Geschichte an der Columbia
University. Facebook-Chef Mark
Zuckerberg nehme Geheimdiensten
viel Arbeit ab.
Noch im 20. Jahrhundert seien Menschen
für Informationen erpresst und
gefoltert worden, heute würden sie diese
freiwillig im Internet veröffentlichen
und vor allem Sozialen Medien
anvertrauen.
sich über gemeinsame Interessen austauschen
und Inhalte erstellen bzw. teilen.
Das größte Soziale Netzwerk mit geschätzten
800 Millionen Mitgliedern ist Facebook.
Es wurde 2004 von Marc Zuckerberg
gegründet. Begeisterung für und
Kritik an Facebook halten sich aber inzwischen
die Waage.
„Wir wurden als Konsumenten von
Medien erzogen, nun konsumieren diese
Medien uns“, beschrieb er den Mechanismus
von Facebook, über „Likes“
und Links sowie gezielte Cookies möglichst
viel über die eigenen Nutzer und
auch alle anderen Internetnutzer herauszufinden.
Die Nutzer würden verfolgt, überwacht
und ihre künftigen Vorlieben und Aktivitäten
vorhergesagt.
Das liege nicht zuletzt an einem Konstruktionsfehler
des Internets, das Anonymität
nicht kenne, weil im Grunde
alles nachverfolgt werden könne.
Das Durchforsten von Daten nach bestimmten
Verhaltensmustern und Auffälligkeiten
funktioniere im Guten wie
im Schlechten, so der Professor aus
den USA.
aus: http://orf.at/stories/2118404/2118408/, 3. 5.
2012, gekürzt und vereinfacht
10 Lies den Text genau
und beantworte
folgende Fragen:
Welche Kritikpunkte
werden geäußert?
Notiere dir einige
Stichwörter dazu.
Wie beurteilst du die
Vorteile und Gefahren
von Facebook aus eigener
Erfahrung? Notiere
dazu ebenfalls einige
Stichwörter (Schlüsselwörter).
Sprich mit deiner Nachbarin/deinem
Nachbarn
über deine Beurteilung.
Verfasse eine kurzen
Text, in dem du deine
Zustimmung oder Ablehnung
der Argumente
von Professor Moglen
begründest! PU/PH
11G
Gruppenarbeit:
Wie nutzt du selbst das Internet? Notiere
dir eine Woche lang, wie viel Zeit du
im Internet verbringst und was du dort wie
lange machst (Informationen suchen, Musik
hören, Kontakte pflegen …). Berechne
dann die Summen für die verschiedenen
Tätigkeiten. Zeichne aufgrund deiner Daten
eine einfache Grafik (z. B. ein Kreis- oder
Säulendiagramm). Vergleiche deine Grafik
in der Gruppe mit den Angaben von Mitschülerinnen
und Mitschülern. Besprecht
Unterschiede und Ähnlichkeiten in der Internetnutzung.
PH
Cookies:
Dateien, die Internetanbieter
auf der Festplatte
der Nutzerinnen
und Nutzer ablegen, um
diese zu identifizieren.
Entkolonialisierung und Dritte Welt
121
Sichern und Wissen
1945
Gründung
der UNO
1947
Unabhängigkeit
Indiens
Österreich ist besetzt
Entkolonialisierung in Afrika und Asien
Vietnamkrieg
Kalter Krieg
1948 1949 1950 1952
1955
1960
1964
1967
1970
1973
Gründung
Begriff
Afrikanisches
Sechs-Tage-
Israels
„Dritte Welt“
Jahr
Krieg
1975
Zusammenfassung
Entkolonialisierung und geteilte Welt
Die Ausbeutung der Kolonien durch die Europäer hatte Europa bis
zum Ende des Zweiten Weltkrieges mehr Produktionsstätten, Waren
und Kapital gebracht, gleichzeitig jedoch die Entwicklung Afrikas
und Asiens gehemmt. In den 1960er-Jahren gab – auch auf
Druck der UNO und aufgrund immer stärker werdender Widerstandsbewegungen
– Europa seine Kolonien auf. Viele der neuen
freien Staaten blieben aber weitgehend von den ehemaligen Kolonialherren
abhängig. Nach wie vor besitzen die reichen Länder
der Nordhalbkugel 80 % des Weltvermögens.
Pulverfass Nahost
1948 entstand in Palästina der Staat
Israel. Dies ging jedoch auf Kosten der
ansässigen Araber und Araberinnen,
die in mehreren kriegerischen Auseinandersetzungen
vertrieben wurden.
Terror und Widerstand der Palästinenser
waren die Folge. Gewaltbereite
Gruppen auf beiden Seiten verhinderten
bislang einen dauerhaften Frieden.
1994 erhielten die Palästinenser und
Palästinenserinnen autonome Gebiete
um die Hauptstadt Jericho, wo sie
selbstständig leben können. Diese Autonomie
wird allerdings immer wieder
durch israelische Angriffe gestört. Die
israelische Armee dringt in diese Gebiete
ein, weil radikale Palästinenser und
Palästinenserinnen nach wie vor Terroraktionen
gegen Israel durchführen. So
dreht sich die Spirale der Gewalt ständig
weiter.
Probleme der Dritten Welt
Vielen Ländern der Dritten Welt gelang
es nicht, ihre Wirtschaft auf die
eigenen Bedürfnisse umzustellen. Außerdem
wurden viele in den Kalten
Krieg hineingezogen, indem sie Waffenlieferungen
der Supermächte annahmen,
um gegen Nachbarländer zu
kämpfen. Die von den Europäern willkürlich
gezogenen Grenzen wiederum
waren Anlass für zahlreiche Bürgerkriege.
Korrupte Regierungen verhinderten
ebenso einen Aufschwung. Armut und
Krankheit, aber auch das schnelle Bevölkerungswachstum
sind die größten
Probleme der Dritten Welt. Die hohe
Verschuldung gegenüber der Ersten
Welt verhindert eine Verbesserung aus
eigener Kraft.
Tipp: Nachrichtensendung/
Wochenschau gestalten
Beachtet eine Woche lang die Medienberichte
zu den Themen dieser Seite.
Sammelt Informationen und stellt eine
Wochenschau zusammen, die ihr
filmt. Fertigt auch Schautafeln an
und sammelt passende Bilder.
NET:
www.palaestinaonline.de
www.embassies.gov.il/vienna
122 Entkolonialisierung und Dritte Welt
Österreich: Zweite Republik
1980
Erster Golfkrieg (Iran/Irak)
Europäische Union
1988 1989 1990 1991 1993 2000
2003
Ende der
Grenzmauer
Apartheid in
Israels
Südafrika
2010
Zur Wiederholung
Kolonien
Entwicklungsländer
gewaltloser Widerstand
Intifada
Apartheid
1 Die nebenstehenden
Begriffe solltest
zu erklären können. HS
Apartheid, 1/3 der Bevölkerung leidet
an AIDS, seit 1990 freie Wahlen
gewaltloser Widerstand, Hindus und
Muslime, Pakistan, Indien, Kolonie
Großbritanniens
Yassir Arafat
Mahatma Gandhi
Nelson Mandela
Jerusalem, Sechs-Tage-Krieg 1967,
Flüchtlingsproblematik, Intifada, Westjordanland,
israelische Siedlungspolitik
2 Ordne die Namen
den passenden
Kästchen zu. HS
3 Versuche mithilfe
der Stichwörter, die
Geschichte der Länder
Südafrika, Indien und
Israel zu wiederholen.
HS
Der Israel-Palästinenser-Konflikt
4 Kreuze die falschen
Aussagen an und
korrigiere sie. HS
Aussage r/f Korrektur
Als Begründer der zionistischen Bewegung, die einen
jüdischen Staat forderte, gilt Theodor Scherzl.
Die Tatsache, dass die Juden und Jüdinnen lange über den
gesamten Erdball verstreut lebten, bezeichnet man als Hisbollah.
Im Ersten Weltkrieg versprach Großbritannien sowohl den
Arabern als auch den Juden einen eigenen Staat.
Israel dehnte im Sechs-Tage-Krieg 1997 sein Gebiet weit
über die von der UNO zugestandenen Grenzen hinaus aus.
Den palästinensischen Widerstand bezeichnet man als Intifada. Außerdem
verübten die Palästinenser/innen zahlreiche Terroranschläge.
Ein großes Problem für Friedensverhandlungen
ist der Straßenbau der Israelis im Westjordanland.
Entkolonialisierung und Dritte Welt 123
Sichern und Wissen
Entkolonialisierung
5 Beantwortet die Fragen bzw. ergänzt die Sätze und füllt das Kreuzworträtsel
aus (ihr könnt das Buch verwenden, um die Antworten zu finden).
Die rosa umrandeten Felder ergeben ein Lösungswort.
HS
1. In diesem Land fand 2010 die Fußballweltmeisterschaft
statt.
2. Dieser afrikanische Politiker kämpfte jahrzehntelang
um die Gleichberechtigung zwischen
Weißen und Schwarzen: Nelson …
3. Bezeichnung für die offizielle „Rassentrennung“
in Südafrika bis 1991.
4. Dieser muslimische Staat entstand durch
Abspaltung von Indien.
5. Dieses Grenzgebiet zu Syrien besetzten die
Israelis 1967. Bis heute sichern dort UNO-
Truppen den Frieden.
6. Die drei monotheistischen Weltreligionen
sind das Judentum, das Christentum und
der …
7. Radikale palästinensische Widerstandsgruppe
mit großem Einfluss im Gazastreifen.
8. Er erkämpfte mit seinem gewaltlosen Widerstand
die Unabhängigkeit Indiens.
9. Dieses arabische Land wurde wegen seiner
Erdölvorkommen 1990 vom Irak besetzt
und von den USA befreit.
10. Auf diesem Kontinent erlangten in den
60er-Jahren zahlreiche Kolonien ihre Unabhängigkeit.
11. Die Kriege ums Erdöl bezeichnet man aufgrund
der Lage der betroffenen Länder am
Persischen Golf auch als …
12. Den Widerstand der Palästinenser gegen
Israel, das „Abschütteln“, bezeichnet man
als …
13. Von Israel besetztes Palästinensergebiet an
der Grenze zu Ägypten.
14. In diesem Land gelang es Gandhi, Muslime
und Hindus zum Widerstand gegen Großbritannien
zu verbünden.
15. Er führte Krieg gegen den Iran (1980–1988),
gegen Kuwait (1990) und wurde schließlich
2003 von den USA angegriffen: Saddam …
16. Die Palästinenser begingen während ihres
Widerstandskampfes auch in Europa Verbrechen
gegen unschuldige Menschen, sogenannte
…
17. Die religiöse Hauptstadt der Juden und
Moslems ist …
18. Sie glauben an die Wiedergeburt und bilden
die größte religiöse Gruppe Indiens:
19. Dieses Land versprach den Palästinensern
im Ersten Weltkrieg die Gründung eines
eigenen Staates:
3
7
9
13
15
1
2
4
5
6
8
10
11
12
14
16
17
18
19
Lösungswort:
Erkläre den Begriff mit eigenen Worten:
124 Entkolonialisierung und Dritte Welt
Europa auf dem Weg zur Einheit
Die Einigung Europas gleicht dem
Versuch, ein Omelett zu backen,
ohne Eier zu zerschlagen.
Paul Lacroix (1806–1884), frz. Schriftsteller
125
Teilung Deutschlands
Kalter Krieg
Europäische Gemeinschaft
Österreich ist besetzt
1945
Gründung
der UNO
1949
Gründung
der NATO
1950 1951
1955
Montanunion
WAPA
1957
EWG
1960
EG
1961
Berliner
Mauer
1970
Die Idee vom geeinten Europa
1
G
Gruppenarbeit:
Was sagen die Karikaturen
über das Verhältnis
der europäischen
Länder untereinander
aus? Beachtet, wann sie
entstanden sind. HM/HS
2 Gibt es so etwas wie
„typisch österreichisch“,
„typisch deutsch“
etc.? Sammelt bestehende
nationale Vorurteile. PS
Nationalistische Propaganda während des
Ersten Weltkriegs
Satirische Karte Europas, um 1870/71
Schon kurz nach dem Ersten Weltkrieg,
1923, gründete der Österreicher Coudenhove-Kalergi
die Paneuropa-Bewegung.
Seine Forderung, einen europäischen
Staatenbund zu gründen, fand aber keinen
Widerhall. Erst nach dem Zweiten
Weltkrieg erkannten die europäischen
Staatsmänner die politische und friedensstiftende
Größe dieser Idee: 1949 wurde
in Straßburg von zehn Staaten der Europarat
gegründet. Der Europarat erlangte
jedoch nie großen politischen Einfluss.
Ausnahmen sind die Europäische Menschenrechtskonvention
1950 und die Errichtung
des Europäischen Gerichtshofes
in Straßburg, an den sich alle Bürgerinnen
und Bürger der Mitgliedsländer wenden
können, wenn sie ihre Menschenrechte
(Presse-, Meinungs-, Religionsfreiheit
etc.) vom Staat verletzt sehen.
Erschwert wurde die Verwirklichung eines
geeinten Europas nach dem Zweiten
Weltkrieg durch den Kalten Krieg, die Teilung
Europas in West und Ost. Während
der Osten an die UdSSR gebunden war,
bemühte man sich im Westen bald um
länderübergreifende Zusammenarbeit.
So entwickelte sich die EU aus einer anfänglich
rein wirtschaftlichen Zusammenarbeit
westlicher Länder, die vor allem
durch die „vier Freiheiten des Verkehrs“
gekennzeichnet war, zu einer politischen
Einheit. (vgl. S. 127) Bereits seit 1967 besitzt
das Bündnis (damals noch EG) folgende
gemeinsame Organe:
• Europaparlament,
• Europäischer Ministerrat,
• Europäische Kommission,
• Europäischer Gerichtshof.
Selbst- und Fremdbild in
der Karikatur. Die Karikatur
thematisiert französische
Vorurteile über Deutsche
(oben) und umgekehrt (unten).
126 Europa auf dem Weg zur Einheit
Europäische Union
Österreich: Zweite Republik
1980 1985
Gorbatschow:
Glasnost und
Perestroika
1989 1990
Fall der
Berliner
Mauer
1993
EU
1995
EUBeitritt
Österreichs
2000 2002
Einführung
des EURO
2004
1. EUOsterweiterung
2007
2. EUOsterweiterung
2010
Vom Wirtschaftsbündnis zur Europäischen Union
Die angestrebte Zusammenarbeit in Europa fand ihre erste Umsetzung 1951 in der
Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion): Die
sechs Gründerstaaten Deutschland, Italien, Frankreich und die Benelux-Länder (Belgien,
Niederlande, Luxemburg) erhofften sich davon wirtschaftliche Vorteile; politisch
blieben die einzelnen Länder unabhängig.
1951
1957 erweiterten die sechs ihre Zusammenarbeit
mit der Gründung der
Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
(EWG) durch den wirtschaftlichen
Zusammenschluss innerhalb
einer Zollunion.
Ebenfalls 1957 wurde die Europäische
Atomgemeinschaft (EURATOM) gegründet,
um die Forschung im Bereich
der Atomenergie zu vereinheitlichen.
1957
Parallel zur EWG entstand die
Europäische Freihandelsassoziation
(EFTA), deren
Mitglieder einander mit gegenseitigen
Handelserleichterungen
unterstützten. Mitglieder
waren Österreich, die
Schweiz, Schweden, Dänemark,
Portugal, Großbritannien,
später auch Finnland,
Island und Liechtenstein.
Die drei Teilgemeinschaften bezeichnet man ab
1960 als Europäische Gemeinschaft (EG), der
immer mehr europäische Staaten beitraten.
Ab 1993 nennt man die Gemeinschaft Europäische
Union (EU). Nach und nach traten einige
Staaten der EFTA der EG bzw. EU bei. Österreich
trat 1995 der EU bei. Nach dem Ende des Kalten
Krieges kam es auch zur EU-Erweiterung Richtung
Osten. Mit der zweiten Osterweiterung 2007 (Rumänien,
Bulgarien) erreichte die EU 27 Mitgliedsstaaten.
1960
1993
Die Europaflagge zeigt einen Kranz aus zwölf
goldenen, fünfzackigen Sternen auf blauem
Hintergrund. Die Zahl Zwölf ist das Symbol für
Vollkommenheit und Einheit. Unabhängig von
der Anzahl der Mitglieder bleibt die Anzahl der
Sterne immer gleich.
Länder der EU, 2009
Europa auf dem Weg zur Einheit 127
Teilung Deutschlands
Kalter Krieg
Europäische Gemeinschaft
Österreich ist besetzt
1945
Gründung
der UNO
1949
Gründung
der NATO
1950 1951
1955
Montanunion
WAPA
1957
EWG
1960
EG
1961
Berliner
Mauer
1970
Die Organisation der EU
Freier Personenverkehr
• Wegfall von Grenzkontrollen
• Harmonisierung der Einreise-,
Asyl-, Waffen- und Drogengesetze
• Niederlassungs- und Beschäftigungsfreiheit
für EU-Bürger/innen
• verstärkte Außenkontrollen
Freier Dienstleistungsverkehr
• Liberalisierung der Finanzdienste
• Harmonisierung der Bankenund
Versicherungsaufsicht
• Öffnung der Transport- und
Telekommunikationsmärkte
*) Steuerharmonisierung: Angleichung
der verschiedenen Steuersysteme innerhalb
der EU, um den Handel zu erleichtern
und für Wettbewerbsgleichheit zu sorgen
3 Wie viele der 736 Sitze im EUParlament
stehen Österreich zu? (www.europarl.
europa.eu/members.do?language=DE)
Welchen Parteien gehören die österreichischen
EUAbgeordneten derzeit an? PS
Freier Warenverkehr
• Wegfall von Grenzkontrollen
• Harmonisierung oder gegenseitige
Anerkennung von
Normen und Vorschriften
• Steuerharmonisierung *)
Freier Kapitalverkehr
• größere Freizügigkeit für Geldund
Kapitalbewegungen
• Schritte zu einem gemeinsamen
Markt für Finanzleistungen
• Liberalisierung des
Wertpapierverkehrs
Die „Vier Freiheiten der EU“
27 Kommissäre bzw.
Kommissärinnen (aus jedem
Mitgliedsland eine/r)
Organisationen der EU
27 Regierungschefs bzw.-chefinnen
und ihre Außenminister/innen
Politische Bildung
Das Europäische Parlament
Das Parlament der EU ist die demokratische
Vertretung der EU-Bürgerinnen
und -Bürger. Die insgesamt 736 Abgeordneten
werden alle fünf Jahre gewählt.
Bei EU-Wahlen geben die österreichischen
Wahlberechtigten ihre
Stimme einer der heimischen Parteien,
welche die Kandidat/innen für das EU-
Parlament aufstellen. Die Kandidat/innen
der verschiedenen Parteien werden
dann dem Wahlergebnis entsprechend
als Abgeordnete ins EU-Parlament
entsandt.
Die Aufgaben des Parlaments:
• Gesetzgebung: Beschluss von Gesetzen
gemeinsam mit dem EU-Rat
• Haushaltsplanung: Entscheidung,
wofür das Geld in der EU ausgegeben
wird
• Kontrolle: Kontrolle der Europäischen
Kommission
128 Europa auf dem Weg zur Einheit
Europäische Union
Österreich: Zweite Republik
1980 1985
Gorbatschow:
Glasnost und
Perestroika
1989 1990
Fall der
Berliner
Mauer
1993
EU
1995
EUBeitritt
Österreichs
2000 2002
Einführung
des EURO
2004
1. EUOsterweiterung
2007
2. EUOsterweiterung
2010
Der Vertrag von Maastricht
Mit dem Vertrag von Maastricht 1993
baute die EU die wirtschaftliche Zusammenarbeit
im Binnenmarkt weiter aus, indem
die Einheitswährung – der Euro – eingeführt
wurde. 2002 ersetzte der Euro in
damals 12 von 15 Mitgliedsstaaten die jeweilige
Landeswährung. Außerdem wurde
in Maastricht der Ausbau der EU zu einer
politischen und militärischen Union
beschlossen. Dies bedeutet, dass die einzelnen
Mitgliedsstaaten Kompetenzen an
die EU abgeben müssen. Immer mehr Entscheidungen
werden in Brüssel getroffen
– eine Tatsache, die von einigen Bürgerinnen
und Bürgern als Einschränkung der
staatlichen Eigenständigkeit gesehen wird.
Gleichzeitig tut sich die EU schwer, ihre
Ideen und Forderungen gegenüber Nichtmitgliedern
durchzusetzen. Daher war sie
bisher nicht in der Lage, den Frieden in
Europa (außerhalb der EU) zu sichern. Ein
Beispiel dafür war der Krieg in Ex-Jugoslawien.
Die Gründung eines militärischen
Bündnisses scheiterte auch daran, dass viele
EU-Mitglieder auch NATO-Mitglieder
sind und dort die USA ihre führende Rolle
nicht verlieren will.
EU-Osterweiterung
Nach dem Zerfall des Ostblocks strebten
viele ehemalige Volksdemokratien bzw.
Teilrepubliken der UdSSR in die wirtschaftlich
starke EU. Russland musste dies
akzeptieren und so traten 2004 neben
Malta und Zypern die ehemaligen Ostblockstaaten
Estland, Lettland, Litauen,
Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn und
Slowenien der EU bei; 2007 folgten Rumänien
und Bulgarien.
Der Beitritt von Ländern des ehemaligen
Jugoslawien verzögerte sich (mit Ausnahme
Sloweniens) aufgrund des Krieges und
seiner Folgen. Der Beitritt Kroatiens ist für
1. Juli 2013 vorgesehen, Kandidatenstatus
haben Makedonien, Serbien und Montenegro,
außerhalb Ex-Jugoslawiens Island
und die Türkei.
1. Säule:
Europäische
Gemeinschaft
Zollunion
Binnenmarkt
gemeinsame
Agrarpolitik
Strukturpolitik
Wirtschaftsund
Währungsunion
Gemeinsamkeit
EUROPÄISCHE UNION
2. Säule:
gemeinsame
außenpolitische
Standpunkte
und Aktionen
Gemeinsame
Außen- und
Sicherheitspolitik
Friedenserhaltung
Hilfe für
Drittstaaten
Abrüstung
enge
Zusammenarbeit
Der Vertrag von Maastricht formulierte die drei
Hauptaufgaben der Union: die drei Säulen der
EU. In bestimmten Bereichen beabsichtigen
die Mitgliedstaaten, die legislative und exekutive
Gewalt auf die Organe der EU zu übertragen.
Dies betrifft vor allem die Säule 1.
Auf den Gebieten der Säulen 2 und 3 wurde
inhaltliche Zusammenarbeit beschlossen,
für die Gesetzgebung bleiben aber weiterhin
die nationalen Parlamente zuständig.
3. Säule:
Abstimmung in
der Innen- und
Rechtspolitik
Asylpolitik
Außengrenzen
langfristig: europäische
Sicherheitsordnung
Einwanderungspolitik
Kampf gegen
Drogenabhängigkeit
Bekämpfung von
organisiertem
Verbrechen
Abstimmung
4
G
Gruppenarbeit:
Interpretiert die
Karikatur. HM/PM
Vorwärts – auf dem Weg zum Binnenmarkt
(Karikatur 1989)
Europa auf dem Weg zur Einheit 129
1980
Teilung Deutschlands
Kalter Krieg
Europäische Gemeinschaft
1985
Gorbatschow:
Glasnost und
Perestroika
5
G
Gruppenarbeit:
Diskutiert über die
Frage: Wie soll sich die
EU weiterentwickeln –
wachsen oder isolieren?
Gibt es Alternativen?
PM/PH
6
G
Gruppenarbeit:
Versucht, mit einem
praktischen Beispiel zu erklären,
was „qualifizierte
Mehrheit“ bedeutet.
Bestimmt die Bevölkerungszahlen
der einzelnen
Staaten. Wie viele Staaten
ergeben zumindest 55 %
aller Mitgliedsstaaten?
Welche Staaten können
miteinander über 65 % der
EUBevölkerung stellen?
Findet ihr diese Abstimmungsmethode
gerecht?
Werden kleine Länder wie
Österreich bevorzugt oder
benachteiligt? PH/PS/PU
Streitfall Türkei
Österreich: Zweite Republik
1989 1990
Fall der
Berliner
Mauer
1993
EU
1995
EUBeitritt
Österreichs
2000 2002
Einführung
des EURO
Seit 2005 werden Beitrittsverhandlungen
mit der Türkei geführt. Dies sorgt in Österreich
und in anderen EU-Ländern für
Diskussionen. Das beginnt schon mit der
Frage, ob die Türkei überhaupt zu Europa
gehört, liegt doch ein Großteil des
Landes auf dem asiatischen Kontinent.
Gegner und Gegnerinnen eines Beitritts
der Türkei führen auch immer wieder
Menschenrechtsverletzungen und die
Unterdrückung der Kurden und Kurdinnen
in der Türkei an. Befürworter und
Berfürworterinnen halten dem entgegen,
dass die Türkei seit 500 Jahren ein wesentlicher
Bestandteil der europäischen
Kultur ist, sich selbst als europäisch charakterisiert
und westeuropäisch orientiert
ist. Außerdem eröffne sich mit der Türkei
ein Markt von über 70 Millionen Menschen.
Letztendlich geht es um die Frage, ob die
EU „eine Mauer errichten“ soll, um den
eigenen Wohlstand nicht teilen zu müssen,
oder ob eine Ausweitung angestrebt
werden soll, die zwar den Frieden sichern
und große Chancen für die Zukunft bedeuten
würde, andererseits aber auch
das Teilen unseres Wohlstandes erfordert.
Nach dem Schengener Abkommen von 1985
(in Kraft seit 1995) wird die Metapher „Festung
Europa“ für die Abgrenzung dieses gemeinsamen
Binnenraums verwendet, sowohl im Zusammenhang
mit dem Thema EU-Erweiterung
als auch mit dem Thema Flüchtlinge und Asyl.
Das Schengen-Abkommen sieht die strenge
Sicherung der EU-Außengrenzen vor.
Europäische Union
2004
1. EUOsterweiterung
2007
2. EUOsterweiterung
Der Vertrag von Lissabon
Mit der EU-Osterweiterung, die nahezu
eine Verdoppelung der Mitglieder bewirkte,
stieß die Verwaltung der EU an
ihre Grenzen. Beim EU-Gipfel in Lissabon
2007 wurden daher Änderungen der bisherigen
Verträge beschlossen. Ziel war
es, die EU demokratischer zu machen, also
den Bürgerinnen und Bürgern mehr
Mitsprache einzuräumen, was vor allem
mit einer Stärkung des EU-Parlaments erreicht
werden soll. Im Bereich der Verwaltung
ging es vor allem darum, dass diese
in der bisherigen Form (für 15 Mitglieder)
nicht mehr für 27 Mitglieder ausreichte.
Neuerungen durch den Lissabon-
Vertrag
Die Kompetenzen des direkt gewählten
Europäischen Parlaments in Bezug auf die
Gesetzgebung, den Haushalt (das Budget)
und internationale Übereinkommen
wurden erweitert.
Der Vertrag sah erstmals die Möglichkeit
zum Austritt eines Mitgliedstaates aus der
Union vor.
Die Möglichkeit einer europaweiten Bürgerinitiative
wurde eingeführt.
Die Abstimmungsregeln wurden dem
neuen Mitgliederstand von 27 angepasst.
Ab 2014 muss bei der Entscheidungsfindung
keine Einstimmigkeit mehr erreicht
werden, sondern nur eine sogenannte
qualifizierte Mehrheit. Diese ist dann erreicht,
wenn zumindest 55 % aller Mitgliedsstaaten,
die gemeinsam allerdings
65 % der europäischen Bevölkerung ausmachen
müssen, zustimmen.
Auf der Grundlage des Vertrags von Lissabon
wird erstmals ein Präsident/eine
Präsidentin des Europäischen Rates gewählt.
Seine/ihre Amtszeit beträgt zweieinhalb
Jahre.
Für eine einheitliche EU-Außenpolitik
wurde ein neues Amt eingeführt: der
„Hohe Vertreter“ der Europäischen Union
für die Außen- und Sicherheitspolitik,
gleichzeitig Vizepräsident/-präsidentin
der Europäischen Kommission.
2010
130 Europa auf dem Weg zur Einheit
.
Wissen erweitern
Wo liegt Europa?
Die „Türkeifrage“ wirft immer wieder die
Frage auf, wo überhaupt Europa endet
bzw. anfängt. Grenzen sind ja mehr oder
weniger willkürlich. In der jüngeren Geschichte,
während des Kalten Krieges,
definierte man Europa gerne als Westeuropa
(demokratisch, USA-orientiert,
kapitalistisch) einerseits und als Osteuropa
andererseits. Dort verliefen die Grenzen
zu Asien sozusagen fließend. In der
Geographie gilt der Ural als Grenze zwischen
Asien und Europa; diese Grenze
teilt aber Russland entzwei, ist also politisch
und wirtschaftlich nicht wirklich
brauchbar.
Nach dem Zerfall des Ostblocks stellte
sich im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung
vermehrt die Frage nach der
Grenze Europas. Sind Kultur, Religion,
Wirtschaft, Herrschaftsformen, Hautfarbe
der Bewohnerinnen und Bewohner
usw. Merkmale, mithilfe derer man Europa
begrenzen kann?
Es gibt viele Institutionen und Organisationen,
die sich als „europäisch“ bezeichnen
(z. B. die European Space Agency
ESA, die Union of European Football Associations
UEFA, die European Film Academy
EFA u. v. m.). Je nach Interessen
und Zielen haben sie unterschiedliche
Europabilder.
Jenissej
7
G
Gruppenarbeit:
Sammelt Argumente
zu folgenden Diskussionsthemen.
• EU-Beitritt der Türkei
• Ist das UEFA-Mitglied
Israel als EUMitglied
denkbar?
• Das Mittelmeer war in
der Geschichte bis ins
Mittelalter ein wirtschaftlich
verbindendes
Element. Ist eine Eingliederung
Marokkos
denkbar?
• Welche Grenzen sind
„unüberwindbar“ –
religiöse, wirtschaftliche,
kulturelle?
• Welche der Länder
Ukraine, Weißrussland,
Irak, Israel, Ägypten
können eurer Meinung
nach nie zu Europa
gehören? Begründet
eure Meinung. PM/PH
Ob
O
ATLANTISCHER
OZEAN
D o na u
Dnjepr
MITTELLÄNDISCHES MEER
Nil
. .
.
Wolga
Don
SCHWARZES MEER
.
.
Wolga
Uralgebirge
Ural
Irtys
8
G
Gruppenarbeit:
Beschafft euch
mithilfe des Buches und
der im Kapitel angegebenen
Internetadressen
die nötigen Informationen,
um folgende
Aufgaben zu lösen:
• Trage ein „€“ in jene
Länder ein, die zur
EuroZone gehören.
• Markiere die EU-Länder
blau.
• Welche Länder sind
Mitglieder im 1949 gegründeten
Europarat?
Markiere die entsprechenden
Länder mit
einem Kreuz.
• Markiere jene Länder,
die zur UEFA gehören,
mit roten Linien.
• Welche bis jetzt noch
nicht markierten Länder
sind Mitglieder der
EBU (European Broadcasting
Union)?
Markiere sie hellblau.
PM/PH
Europa auf dem Weg zur Einheit 131
Politische Bildung
Ich gestalte mit
In der EU gibt es seit Jänner 2009 (Inkrafttreten
des Lissaboner Vertrages) die Möglichkeit
einer Volksabstimmung. Innerhalb
Österreichs haben die Bürgerinnen
und Bürger mehrere Möglichkeiten, abgesehen
von den Wahlen die Politik mitzugestalten.
Bürgerinitiative: Das Wort „Initiative“
bedeutet „den Anstoß zu einer Handlung
geben“. Personen, die ein gemeinsames
politisches Ziel haben (z. B. Bau einer Ortsumfahrung),
schließen sich zusammen
und versuchen, die politisch Verantwortlichen
auf ihr Anliegen aufmerksam zu
machen. Meistens veranstalten sie Demonstrationen
und sammeln Unterschriften
für ihr Anliegen.
Volksabstimmung: Der Staat lässt die
wahlberechtigten Bürger und Bürgerinnen
über eine konkrete Frage abstimmen.
Der Nationalrat muss sich an das Ergebnis
halten. Bisher wurden in Österreich
zwei Volksabstimmungen durchgeführt.
1978 stimmten die Österreicherinnen
und Österreicher gegen die Inbetriebnahme
des Atomkraftwerkes in Zwentendorf.
Dieses „Nein“ prägt die österreichische
Energiepolitik bis heute. 1994 beantwortete
die Bevölkerung die Frage des Beitritts
zur EU mit „Ja“.
Volksbefragung: Will der Nationalrat die
Meinung der Bevölkerung zu einem bestimmten
Thema oder Gesetzesvorschlag
herausfinden, kann er sie dazu befragen.
Das Ergebnis der Befragung ist für den
Nationalrat nicht bindend.
Volksbegehren: Im Unterschied zu Volksabstimmung
und Volksbefragung wird
hier nicht der Staat aktiv, sondern die Bevölkerung.
Der Begriff „Volksbegehren“
bedeutet den dringlichen Wunsch der Bevölkerung
nach einer bestimmten Maßnahme.
Ein Volksbegehren kann auf drei Arten
gestartet werden:
1. Man sammelt ca. 10 000 Unterschriften
von österreichischen Staatsbürgerinnen
und -bürgern.
2. Man wird von acht Nationalratsabgeordneten
unterstützt.
3. Man wird von je vier Landtagsabgeordneten
aus drei Bundesländern unterstützt.
Ist dies geschafft, braucht man 100 000
Unterschriften oder ein Sechstel der Wahlberechtigten
dreier Bundesländer, damit
sich das Parlament mit dem Volksbegehren
beschäftigt. Allerdings kann die parlamentarische
Mehrheit die Forderungen
ablehnen.
Tipp: Alle Volksbegehren seit 1945 findest
du auf der Website des Innenministeriums:
www.bmi.gv.at.
1945
Gründung
der
UNO
9 Welche Möglichkeiten
der politischen
Mitgestaltung hast
du als österreichischer
Staatsbürger oder österreichische
Staatsbürgerin?
Kreuze die zutreffenden
Aussagen an. PS
Durch die Wahl einer bestimmten Partei beeinflusse ich die künftige Politik.
Als Mitglied einer Bürgerinitiative kann ich auf Probleme hinweisen.
Durch meine Teilnahme an Demonstrationen kann ich überhaupt nichts bewirken.
Wenn ich ein Volksbegehren unterschreibe, zeige ich, dass ich mitbestimmen kann
und will.
Auf politische Mängel dürfen nur Abgeordnete zum Parlament aufmerksam machen.
Ich habe das Recht, zu politischen Themen meine eigene Meinung zu vertreten,
und ich kann sie auch öffentlich äußern, z. B. indem ich einen Leserbrief an die
Zeitung schreibe.
Als wahlberechtigter Staatsbürger/wahlberechtigte Staatsbürgerin kann ich selbst
ein politisches Amt anstreben und mich der Wahl stellen.
132 Europa auf dem Weg zur Einheit
Sichern und Wissen
Teilung Deutschlands
Kalter Krieg
Österreich ist besetzt
Europäische Gemeinschaft
Österreich: Zweite Republik
Europäische Union
1945
Gründung
der
UNO
1949 1950 1951 1955
Gründung
der
NATO
Montanunion
WAPA
1957
EWG
1960 1961
EG Berliner
Mauer
1970
1980 1985
Gorbatschow:
Glasnost und
Perestroika
1989
Fall der
Berliner
Mauer
1990 1993 1995
2000
EU EUBeitritt
Österreichs
2002
Einführung
des
EURO
2004
1. EU
Osterweiterung
2007
2. EU
Osterweiterung
2010
Zusammenfassung
Europaidee
Der Österreicher Coudenhove-Kalergi
trat nach dem Ersten Weltkrieg mit seiner
Vision von einem geeinten Europa
an die Öffentlichkeit, aber erst unter
dem Eindruck des Zweiten Weltkrieges
wurde die Größe seiner Idee erkannt.
Von der Montanunion zur EU
Aus der wirtschaftlich motivierten Zusammenarbeit von sechs europäischen
Staaten wurde 1951 eine Wirtschaftsgemeinschaft
(Montanunion), der sich ab 1957 weitere europäische Länder anschlossen
(EWG, EG). 1993 wurde beschlossen, die wirtschaftliche
Zusammenarbeit auch auf Politik und Verteidigung auszudehnen.
Österreich ist seit 1995 Mitglied der EU. Seit den Osterweiterungen
2004 und 2007 hat die EU 27 Mitglieder.
Zur Wiederholung
Q
Türkei-Beitritt:
Pro und Kontra
Ausreichend europäisch?
Kontra: Anderer Kulturkreis. Der EUBeitritt
der Türkei würde aus der Einigung Europas
ein eurasisches Großraumprojekt machen,
dessen größter Mitgliedsstaat einem
anderen Kulturkreis angehört, sagen die
Skeptiker und Skeptikerinnen.
Pro: Heuchelei. Der ehemalige österreichische
Spitzendiplomat Albert Rohan sieht
dies anders: „Es darf keinen Krieg mehr geben,
eine enge wirtschaftliche Verflechtung
verhindert ihn. Und natürlich geht es
allen Beitrittsgegnern um die Religion. Wer
das leugnet, heuchelt.“
Erhöhte Sicherheit?
Kontra: Neue Konflikte für EU. Durch
einen Beitritt der Türkei würde die EU in
die Konflikte des Nahen Ostens hineingezogen.
Immerhin hat die Türkei eine direkte
Grenze mit dem Irak und eine problematische
Minderheitenpolitik.
Pro: Vermittler im Nahen Osten. Schon
heute stehen EUTruppen im Libanon, im
Irak und in Afghanistan. Die Türkei kann im
Nahen Osten vermitteln.
Genügend industrialisiert?
Kontra: Teure Landwirtschaft. Der Beitritt
der Türkei wäre für die EU wirtschaftlich
nicht verkraftbar. Im Agrarbereich
müssten mehrere Generationen jährliche
Nettotransfers von 20 bis 27 Milliarden Euro
zahlen – ein Drittel des dafür vorgesehenen
Gesamtbudgets.
Pro: Gegenmittel Agrarreform. „Das war
dasselbe Argument gegen den Beitritt der
neuen Mitgliedsländer aus dem Osten Europas“,
kontert Studienautor Gerald Knaus.
„Jetzt ist man erstaunt, wie wettbewerbsfähig
die jungen EU-Staaten in nur kurzer
Zeit geworden sind.“
Aufnahmefähig?
Kontra: Tödlicher Quantensprung. Österreichs
ehemaliger EUBotschafter Manfred
Scheich: „Die EU ist ein multinationales Gebilde
und braucht den Konsens aller Mitglieder.
Mit 27 ist sie schon überfordert. Der
Beitritt der Türkei wäre ein Quantensprung,
den würde die EU nicht überleben.“
Pro: Dehnbare Strukturen. Studienautor
Gerald Knaus: „Das Argument, dass die EU
mit 27 Mitgliedern nicht mehr funktionieren
kann, wurde auch bei den vergangenen
großen Erweiterungsrunden vorgebracht.
Aber die Entscheidungen brauchen heute
auch nicht länger als vor fünf Jahren.“
(Die Presse, Print-Ausgabe, 30. 01. 2008, gekürzt und vereinfacht)
1 Welche Argumente
zählen für euch
mehr? Diskutiert darüber.
PM/PH
Europa auf dem Weg zur Einheit 133
Sichern und Wissen
2 Folgende Begriffe
solltest du erklären
können.
PS
Europäische
Kommission
Rat der Europäischen
Union
Europäisches
Parlament
Europäische Menschenrechtskonvention
vier Freiheiten
EU-Osterweiterung
Lissabon-Vertrag
Zur Geschichte der EU
3 Setze die Jahreszahlen
und Textkästen
an die passende
Stelle der Grafik. HS
1951
Montanunion:
Gründerstaaten:
1957 1960 1993
2004
EURATOM
Atomenergie-Politik
Eropäische
Gemeinschaft (EG):
gemeinsame
Bezeichnung für die
drei Teilbereiche
EU-Beitritt
Österreichs
EU der 27
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
(EWG):
Zollunion
EFTA: Viele
Mitgliederstaaten
traten nach und
nach der EG
bzw. EU bei, z. B.
Schweden,
Portugal,
Großbritannien
Vertrag von Lissabon
Europäische Union (EU):
Bezeichnung seit 1993
(Vertrag von Maastricht)
1. EU-Osterweiterung
1995
2007
Check dein Wissen und Verstehen
Ich kenne die wichtigsten Institutionen der EU und
kann ihr Aufgabengebiet benennen.
Ich kann die Entwicklung der EU seit dem Zweiten Weltkrieg skizzieren.
Ich weiß, wie viele österreichische Abgeordnete im EU-Parlament sind
und welche Aufgaben die EU-Parlamentarier/innen haben.
Ich habe eine eigene Meinung zur EU-Erweiterung seit 2004
und kann diese begründen.
134 Europa auf dem Weg zur Einheit
Österreich seit 1945
Österreich ist eine kleine Welt,
in der die große ihre Probe hält.
Marie von Ebner-Eschenbach
135
Teilung Deutschlands
Kalter Krieg
Europäische Gemeinschaft
Österreich ist besetzt
1945
Gründung
der UNO
1949
Gründung
der NATO
1950 1955
Staatsvertrag
(Ö)
1956
Ungarnaufstand
1960
Gründung
der EFTA
1968
Prager
Frühling
1970
1972
Südtirol
Paket
1978
V
abstimmung
Zwentendorf
Österreich von 1945 bis 1955
1 Quellentext:
Welches Verhalten
wurde zum bevorstehenden
Ende des Krieges
von Österreich erwartet?
Wurden diese Erwartungen
erfüllt? HS/HM
Die ersten zehn Jahre nach dem Krieg
waren geprägt von der Nachkriegsnot
und vom Bemühen um Freiheit und
Selbstständigkeit, denn Österreich war
1945 von den Alliierten USA, Großbritannien,
Frankreich und UdSSR besetzt worden
– obwohl in der Moskauer Deklaration
1943 Österreichs Freiheit versprochen
worden war.
Nachkriegszeit in Österreich: Die Menschen litten bittere Armut, das Land war
zerstört und von fremden Mächten besetzt.
Die Wiederherstellung der
Republik
Q
Die Regierungen Großbritanniens,
der Sowjetunion und der Vereinigten
Staaten von Amerika kommen
darin überein, dass Österreich, das
erste freie Land, das der Hitler’schen
Aggression zum Opfer gefallen ist,
von der deutschen Herrschaft befreit
werden muss. Sie betrachten den Anschluss,
der Österreich am 15. März
1938 aufgezwungen worden ist, als
null und nichtig. Sie geben ihrem
Wunsch Ausdruck, ein freies und unabhängiges
Österreich wiederhergestellt
zu sehen und dadurch dem
österreichischen Volk selbst die Möglichkeit
zu geben, diejenige politische
und wirtschaftliche Sicherheit zu finden,
die die einzige Grundlage eines
dauernden Friedens ist. Österreich
wird jedoch daran erinnert, dass es
sich der Verantwortung nicht entziehen
kann, an der Seite HitlerDeutschlands
am Krieg teilgenommen zu haben,
und dass bei der endgültigen
Regelung selbstverständlich in Betracht
gezogen werden wird, welchen
Beitrag es zu seiner Befreiung geleistet
haben wird.
(aus der Moskauer Deklaration 1943,
nach: Verosta 1947)
Briefmarke mit dem Bild
Hitlers und dem Vermerk
„Österreich“. Diese Marke
galt noch Monate nach
Kriegsende.
1938 bejubelten viele den Anschluss Österreichs
an Deutschland. Nach dem Krieg sah
sich Österreich eher in der Rolle des ersten
Opfers von Hitler-Deutschland.
Wiederherstellung der
Demokratie
Bereits während der letzten Kriegstage
bildeten sich die politischen Parteien, die
bis heute die Politik beherrschen. Die
Österreichische Volkspartei (ÖVP) sah
sich als Nachfolgepartei der Christlichsozialen.
Auch die Sozialistische Partei
Österreichs (SPÖ, heute Sozialdemokratische
Partei) wurde zu Kriegsende wiedergegründet.
Als dritte Partei gab es
unmittelbar nach Kriegsende die Kommunistische
Partei Österreichs (KPÖ),
die aber eine unbedeutende Kleinpartei
blieb. Erst 1949 entstand der Verband
der Unabhängigen (VdU), aus dem spä
136 Österreich seit 1945
Europäische Union
Österreich: Zweite Republik
1978 1980
Volksabstimmung
Zwentendorf
1984 1986
Besetzung Waldheim
Hainburger Affäre
Au
1989 1990
Fall der
1993 1994
Volksabstimmung
1995
EUBeitritt
2000
Proteste gegen
2002
Einführung
2004
1. EUOsterweiterung
Berliner
Mauer
EUBeitritt
Österreichs
FPÖÖVP
Regierung
des EURO
2007
2. EUOsterweiterung
2010
Die „Provisorische Staatsregierung“
Österreichs mit Karl
Renner (Mitte mit Brille) als
Staatskanzler, April 1945
ter die Freiheitliche Partei (FPÖ) hervorging.
Die drei Parteien ÖVP, SPÖ und KPÖ veröffentlichten
am 27. April 1945 eine von
Karl Renner verfasste Erklärung, die mit
der Unabhängigkeitserklärung schließt:
Q
Art. I: Die demokratische Republik
Österreich ist wiederhergestellt
und im Geiste der Verfassung
von 1920 einzurichten.
Art. II.: Der im Jahre 1938 dem österreichischen
Volke aufgezwungene Anschluss
ist null und nichtig.
Art. IV: Vom Tage der Kundmachung
dieser Unabhängigkeitserklärung an
sind alle von Österreichern dem Deutschen
Reiche und seiner Führung geleisteten
militärischen, dienstlichen
und persönlichen Gelöbnisse nichtig
und unverbindlich.
(Wien, 27. 4. 1945, zit. n.: Verosta, 1947)
Am selben Tag wurde eine provisorische
Staatsregierung unter Kanzler Karl Renner
gebildet, der dieses Amt bereits nach
dem Ersten Weltkrieg ausgeübt hatte.
Nach mehreren Umbildungen und dem
Versprechen, möglichst bald Wahlen abzuhalten,
wurde diese Regierung von allen
Siegermächten und den Bundesländern
anerkannt. Allerdings hatte die provisorische
Regierung kaum Macht. Denn
entgegen der Absichtserklärungen während
des Krieges wurde Österreich nun
nicht wie ein befreites, sondern wie ein
besetztes Land behandelt. Die österreichische
Souveränität wurde vom Alliierten
Kontrollrat eingeschränkt. Dieser
Kontrollrat bestand aus den Militärkommandanten
der vier Siegermächte, die
das Land besetzt hatten.
Die ersten freien Wahlen
Am 25. November 1945 fanden wieder
freie Wahlen zum Nationalrat statt, bei
denen die ÖVP die absolute Mehrheit
errang. Angesichts der schwierigen Situation
entschloss sich die ÖVP aber zu einer
Konzentrationsregierung, also zu einer
Beteiligung aller Parteien. Man hatte aus
der Zwischenkriegszeit gelernt: Nur miteinander
konnte man die Lage verbessern.
Wichtigstes Ziel neben dem Wiederaufbau
war es, die Freiheit Österreichs,
also den Abzug der Besatzungstruppen,
zu erreichen.
2 Österreich war das
erste von Deutschland
besetzte Land.
Gibt es trotzdem eine
Mitverantwortung der
Österreicherinnen und
Österreicher für die
Verfolgung der jüdischen
Bevölkerung, den Holocaust
und den Zweiten
Weltkrieg? Sammelt Argumente!
HO/PU
3 Welche Einstellung
zur unmittelbaren
Vergangenheit zeigt Artikel
II? Erklärt auch die
Bedeutung des Artikels IV.
HM/HS
4 Welche Regionen
gehörten zu welcher
Besatzungszone? Fertige
eine Liste an. Zu welcher
Zone gehörte dein Wohnort?
HM
Österreich wurde 1945 in Besatzungszonen
eingeteilt, Wien ebenfalls unter den Siegern
„aufgeteilt“, der I. Bezirk wurde von allen vier
Besatzungsmächten gemeinsam kontrolliert.
Absolute Mehrheit: siehe
Seite 151
Österreich seit 1945 137
Teilung Deutschlands
Kalter Krieg
Europäische Gemeinschaft
Österreich ist besetzt
1945
Gründung
der UNO
1949
Gründung
der NATO
1950 1955
Staatsvertrag
(Ö)
1956
Ungarnaufstand
1960
Gründung
der EFTA
1968
Prager
Frühling
1970
1972
Südtirol
Paket
1978
V
abstimmung
Zwentendorf
Grenzstreitigkeiten nach dem
Zweiten Weltkrieg
Südkärnten
Wie schon nach dem Ersten Weltkrieg forderte
Jugoslawien auch jetzt wieder die
Abtretung von Südkärnten mit Villach und
Klagenfurt sowie von Teilen der Steiermark
mit Radkersburg. Als Begründung
wurde angegeben, dass die Bevölkerung
dort mehrheitlich slowenisch sprach. Jugoslawische
Truppen marschierten in die
geforderten Gebiete ein, mussten sich
aber auf Druck der Briten bald wieder zurückziehen.
Südtirol
Österreich hoffte nach 1945 auf die Rückgabe
Südtirols, das nach dem Ersten Weltkrieg
Italien zugefallen war. Die Gelegenheit
für eine Rückgabe war günstig, denn
die Alliierten betrachteten Italien nicht als
verbündeten Sieger. Aber der beginnende
OstWestKonflikt – der Kalte Krieg –
veranlasste die Westmächte dann doch,
den Wünschen Italiens zu entsprechen.
Man befürchtete, andernfalls die kommunistische
Partei in Italien zu stärken und
den Einfluss der westlichen Staaten zu
schwächen. Österreich blieb nur das Versprechen
Italiens, den Deutschsprachigen
Minderheitenrechte zuzugestehen.
Für die deutschsprachigen Südtirolerinnen
und Südtiroler selbst wirkte sich der
Zusammenschluss der Provinz Bozen mit
der Provinz Trentino negativ aus. Sie bildeten
jetzt gegenüber den in der Region
lebenden Italienern und Italienerinnen
eine Minderheit. Zusätzlich siedelte die
italienische Regierung viele Menschen aus
den armen Südregionen im Norden an:
Während 1914 lediglich 6 000 Italiener in
der Provinz Bozen lebten, waren es 1952
bereits 115 000, was einem Drittel der Gesamtbevölkerung
entsprach. Die deutschsprachige
Bevölkerung fühlte sich in ihrer
Eigenständigkeit bedroht und reagierte
mit Terror: Anfang der 60erJahre verübten
Attentäter mehrere Sprengstoffanschläge.
Der damalige österreichische Außenminister
Bruno Kreisky legte 1960 der UNO
Vollversammlung das SüdtirolProblem
vor. Daraufhin begannen Vertreter Südtirols
und Italiens Verhandlungen. 1972
trat das SüdtirolPaket in Kraft, das die
wirtschaftliche und soziale Lage der Südtiroler
und tirolerinnen verbesserte und
die italienische Zuwanderung stoppte.
Elektrizitätsmasten waren in den frühen
1960er-Jahren häufig Ziel von Bombenanschlägen
in Südtirol. Die Attentäter wollten
so für die Rechte der deutschsprachigen
Minderheit kämpfen.
138 Österreich seit 1945
Europäische Union
Österreich: Zweite Republik
1978 1980
Volksabstimmung
Zwentendorf
1984 1986
Besetzung Waldheim
Hainburger Affäre
Au
1989 1990
Fall der
1993 1994
Volksabstimmung
1995
EUBeitritt
2000
Proteste gegen
2002
Einführung
2004
1. EUOsterweiterung
Berliner
Mauer
EUBeitritt
Österreichs
FPÖÖVP
Regierung
des EURO
2007
2. EUOsterweiterung
2010
Der wirtschaftliche
Wiederaufbau
Q
Ich kann euch zu Weihnachten
nichts geben. Ich kann euch für
den Christbaum, wenn ihr überhaupt
einen habt, keine Kerzen geben, kein
Stück Brot, keine Kohle zum Heizen,
kein Glas zum Einschneiden. Wir haben
nichts. Ich kann euch nur bitten,
glaubt an dieses Österreich.
(Kanzler Leopold Figl, Weihnachten 1945,
zit. nach: Dokumente Österreich)
Die Weihnachtsansprache des Kanzlers
zeigte treffend die Situation in Österreich
unmittelbar nach dem Krieg. Das Land
lag in Trümmern, die Nahrungsmittelversorgung
war zusammengebrochen. Die
Menschen hungerten. Heizmaterial war
Mangelware, zusätzlich fehlte in vielen
Wohnungen das Fensterglas. Ähnlich war
die Lage überall in Europa.
Die kärglichen Mittel mussten die Österreicher
mit 1,7 Millionen Flüchtlingen,
Heimatvertriebenen und während des
Krieges verschleppten Zwangsarbeitern
und arbeiterinnen teilen. Allein 600 000
deutschsprachige Bewohner/innen aus
ehemaligen Gebieten der österreichischungarischen
Monarchie waren bei Kriegsende
nach Österreich geflüchtet.
Die wenigen Lebensmittel, Kleider und
anderen Dinge des täglichen Bedarfs
wurden auf Lebensmittelkarten und Bezugsscheinen
zugeteilt. Viele Menschen
fuhren oder gingen aufs Land, um bei
den Bauern im Tauschhandel Nahrungsmittel
zu hamstern. In den Geschäften
gab es kaum etwas zu kaufen, nur der
Schwarzhandel blühte. Dort bekam man
zu maßlos überhöhten Preisen alles.
Währungsreformen
Einen wichtigen Beitrag zur Preisstabilisierung
leistete die Währungsreform
1945: Im November wurde der Schilling
wieder eingeführt. Hartgeld gab es kaum,
dafür wurde immer mehr Papiergeld gedruckt,
musste die Regierung doch die
Kosten der Besatzung tragen. Dies führte
Die „Trümmerfrauen“ beseitigten (oft unentgeltlich)
den Schutt der durch Bomben zerstörten
Häuser.
Die Tabelle listet die Zahl der Kilokalorien
auf, die pro Tag einem Normalverbraucher zugeteilt
wurden. Der durchschnittliche Tagesbedarf
von Erwachsenen beträgt etwa 2000 kcal.
aber zu einer Inflation, die schon 1947
eine weitere Währungsreform nötig
machte.
Die alte SchillingWährung wurde durch
eine neue ersetzt. Bis zu einem Betrag
von 150 Schilling wurde 1:1 gewechselt,
darüber hinaus mussten für einen neuen
Schilling drei alte Schilling bezahlt werden,
was einen Verlust von bis zu zwei
Dritteln des Vermögens bedeutete.
Menschenschlange vor der
Bank im Dezember 1947
Lebensmittelrationierung in den vier Besatzungszonen, 1946
Monat britische amerikanische französische sowjetische
Zone Zone Zone Zone
Jänner 1675 1550 1330
März 1133 1540 1151 durch
April 1146 1275 941 schnittlich
Juni 1168 1180 1045 1282
Juli 1216 1235 1045
Lebensmittelkarte:
Auf Lebensmittelkarten
war vermerkt, wer wie viel
und welche Nahrungsmittel
bekam. Die Lebensmittel
waren so knapp,
dass der Staat sie streng
einteilen und möglichst
gerecht verteilen musste.
Österreich seit 1945 139
Teilung Deutschlands
Kalter Krieg
Europäische Gemeinschaft
Österreich ist besetzt
1945
Gründung
der UNO
1949
Gründung
der NATO
1950 1955
Staatsvertrag
(Ö)
1956
Ungarnaufstand
1960
Gründung
der EFTA
1968
Prager
Frühling
1970
1972
Südtirol
Paket
1978
V
abstimmung
Zwentendorf
5 Erkläre mit eigenen
Worten, warum
staatliche Investitionen
so wichtig für den
Wiederaufbau waren. HS
Das riesige Kraftwerk
Kaprun wurde zum Symbol
des Wiederaufbaus.
Mit Geld des Marshallplans
wurde die europäische
Wirtschaft angekurbelt
und der Einfluss der
UdSSR eingeschränkt.
Sozialpartnerschaft
Die Opfer, welche die österreichische Bevölkerung
für Wiederaufbau und Wirtschaftsaufschwung
bringen musste, waren
groß, führten aber letztlich zum Erfolg.
Im Gegensatz zu den sozialen Konflikten
der Ersten Republik entstand nun das System
der Sozialpartnerschaft. Anstelle
eines feindseligen Gegeneinanders von
Arbeitgebern und Arbeitnehmern trat nun
ein Miteinander: Wirtschaftskammern,
Landwirtschaftskammer und Industriellenvereinigung
einerseits sowie Arbeiterkammer
und Gewerkschaftsbund andererseits
versuchen seither, in Verhandlungen
soziale und wirtschaftliche Probleme
gemeinsam zu lösen.
Nachdem der Gewerkschaftsbund als Arbeitnehmervertreter
die Notwendigkeit
von Lohnverzicht und Währungsreform
erkannt hatte, konnte das Parlament Gesetze
beschließen, welche die Produktion
ankurbelten und mit der Zeit den Mangel
an Waren und Gütern beseitigten.
Kapitalhilfe aus dem Ausland
Neben Fleiß, Ausdauer und Verzichtbereitschaft
der österreichischen Bevölkerung
trug die ausländische Kapitalhilfe,
vor allem aus den USA, wesentlich zum
Wirtschaftsaufschwung bei.
Der amerikanische Außenminister George
C. Marshall hatte für den Wiederaufbau
des kriegszerstörten Europas einen
Plan (Marshallplan) ausgearbeitet. Österreich
erhielt zum Weiterverkauf an die
Bevölkerung bestimmte Warenlieferungen
sehr billig oder kostenlos. Der Verkaufserlös
wurde dazu benützt, der Wirtschaft
günstige Kredite zu gewähren. Auf
diese Weise konnten viele Industriebetriebe
neu aufgebaut oder erweitert werden.
Die Vereinigten Österreichischen Eisenund
Stahlwerke (VÖEST) wurden zum
größten Industriebetrieb Österreichs. Der
Bau zahlreicher Wasserkraftwerke verbesserte
die Energieversorgung; es wurden
auch mehr Braunkohle und Erdöl gefördert.
Mit der steigenden Produktion stieg
auch die Zahl der Arbeitsplätze und das
Einkommen der Österreicher und Österreicherinnen.
Die Landwirtschaft produzierte
mehr, zahlreiche Wohnanlagen
wurden gebaut, was die Lebensverhältnisse
verbesserte. Investitionen des Staates
ermöglichten den Bau von Straßen,
Schulen und Spitälern, die Elektrifizierung
von Eisenbahnen u. v. m. Ab Mitte
der 50erJahre stiegen die Löhne schneller
als die Inflation, andererseits konnten
nun aufgrund der günstigen Budgetlage
neue Sozialgesetze beschlossen werden.
140 Österreich seit 1945
Europäische Union
Österreich: Zweite Republik
1978 1980
Volksabstimmung
Zwentendorf
1984 1986
Besetzung Waldheim
Hainburger Affäre
Au
1989 1990
Fall der
1993 1994
Volksabstimmung
1995
EUBeitritt
2000
Proteste gegen
2002
Einführung
2004
1. EUOsterweiterung
Berliner
Mauer
EUBeitritt
Österreichs
FPÖÖVP
Regierung
des EURO
2007
2. EUOsterweiterung
2010
Dies bedeutete z. B. bessere Leistungen
der Kranken und Pensionsversicherungen.
Man sprach vom österreichischen
Wirtschaftswunder.
Österreichs Weg zum
Staatsvertrag
Während die westlichen Siegermächte
sehr bald Österreichs Unabhängigkeit befürworteten,
gestalteten sich die Verhandlungen
mit der UdSSR äußerst schwierig
und zogen sich über zehn Jahre hin. Der
letztendliche Erfolg war nur möglich, weil
die beiden Großparteien – im Gegensatz
zur Zwischenkriegszeit – gemeinsame Politik
betrieben.
Das Proporzsystem
Bis 1966 wurde das Land von einer großen
Koalition aus ÖVP und SPÖ regiert
(Koalitionsregierung). Bei den ersten Regierungsverhandlungen
wurde jener
Grundsatz beschlossen, der das politische
Leben in den folgenden Jahrzehnten maßgeblich
bestimmte: der Proporz. Das bedeutet:
Sitze und Ämter in allen politischen,
staatlichen oder staatlich beeinflussten
Bereichen (z. B. in der verstaatlichten
Industrie) werden je nach dem Stärkeverhältnis
der beiden Großparteien an
„Rote” oder „Schwarze“ vergeben. Dieses
System führte dazu, dass es in Österreich
fast keine öffentlichen oder gesellschaftlichen
Einrichtungen gab und gibt, die
nicht einer der beiden Parteien zugeordnet
waren oder sind. Von den Sportvereinen
bis zu den Wohnbaugenossenschaften,
von den Banken bis zu den Schulen,
überall wusste man, ob es sich um „rote“
oder „schwarze“ Institutionen handelt.
So kritisch der Proporz heute auch betrachtet
wird, so muss man doch eingestehen,
dass dieses System nach dem
Krieg maßgeblich dazu beitrug, die tiefen
Gräben zwischen dem christlichsozialen
und dem sozialdemokratischen Lager zu
beseitigen und eine friedliche Entwicklung
zu gewährleisten.
Die Opposition – zuerst die KPÖ, später
der VdU/die FPÖ – blieb durch den Proporz
vorerst von jeder politischen Mitarbeit
ausgeschlossen.
Bevor es wieder Zeitungen gab, gestaltete die
Informationsabteilung der US-Armee Auslagen
mit Propagandaplakaten und Fotodokumentationen.
Das Foto zeigt den Andrang auf solch
eine „Zeitung“ in Salzburg (1945).
Entnazifizierung
Ein wichtiges Ziel der Alliierten war, den
Nationalsozialismus für alle Zukunft auszulöschen.
Deshalb kontrollierten sie
nicht nur die Regierung, sondern auch
Rundfunk und Presse. Die Besatzungsmächte
wollten damit ein Wiederaufflammen
des Nationalsozialismus verhindern
und Voraussetzungen für eine dauerhafte
demokratische Ordnung schaffen.
Bereits die provisorische Regierung erließ
am 8. Mai 1945 das Verbotsgesetz gegen
die NSDAP und die ihr angeschlossenen
Organisationen. Deren Mitglieder
mussten sich registrieren lassen und waren
bis 1949 vom Wahlrecht ausgeschlossen.
Opposition:
Partei(en), die zwar im
Parlament, nicht aber in
der Regierung vertreten
ist (sind).
Österreich seit 1945
141
Teilung Deutschlands
Kalter Krieg
Europäische Gemeinschaft
Österreich ist besetzt
1945
Gründung
der UNO
1949
Gründung
der NATO
1950 1955
Staatsvertrag
(Ö)
1956
Ungarnaufstand
1960
Gründung
der EFTA
1968
Prager
Frühling
1970
1972
Südtirol
Paket
1978
V
abstimmung
Zwentendorf
Ehemalige NSDAP-Mitglieder
wurden zu Arbeitseinsätzen
verpflichtet und mussten
zur Kennzeichnung ein
Hakenkreuz tragen.
6 Wer war ein Nazi? –
Wie sollte man sie
bestrafen (z. B. einen
Kommandanten, der seine
Truppen in den Krieg
geführt hat; einen
Beamten, der der NSDAP
beigetreten war, um
seinen Arbeitsplatz zu
behalten …)? PH/PU
Amnestie:
Straferlass, Begnadigung
für eine ganze Gruppe
von Verurteilten
„Deutsches Eigentum“:
von Deutschen bzw. vom
dt. nationalsozialistischen
Staat in Österreich gegründete
Unternehmen,
die nach Kriegsende von
den Alliierten beschlagnahmt
wurden und teilweise
in der österreichischen
verstaatlichten
Industrie aufgingen.
Die Sowjetunion erhob
darauf Anspruch (als
Kriegsentschädigung).
1946 und 1947 beschloss der Nationalrat
zwei Nationalsozialistengesetze. Sie betrafen
ca. 524 000 registrierte „Ehemalige“,
die in Kriegsverbrecher, Belastete
und Minderbelastete eingeteilt wurden.
Sogenannte Volksgerichte leiteten an die
137 000 Verfahren ein und sprachen insgesamt
437 Todesurteile aus. Die übrigen
Verurteilten mussten Sühneleistungen erbringen;
sie verloren ihre Wohnungen
und Arbeitsplätze. Allein aus dem öffentlichen
Dienst wurden 100 000 Beamte
entlassen.
1948 wurden ca. 480 000 Minderbelastete
begnadigt und konnten an den Wahlen
1949 teilnehmen. Weitere Amnestien
1953 und 1957 gliederten auch alle übrigen
Betroffenen wieder in die österreichische
Politik und Gesellschaft ein.
Verhandlungen mit der UdSSR
Die UdSSR wollte einem Abzug der Besatzungstruppen
lange nicht zustimmen.
Österreich spielte in der Strategie des Kalten
Krieges eine zentrale Rolle. Geographisch
zwischen den beiden Machtblöcken
liegend, wurde das Land zu einem
Faustpfand der Politik der Großmächte.
Hunderte von Verhandlungen brachten
nicht zuletzt deshalb lange kein Ergebnis.
Ein weiteres Hindernis gegenüber der
Sowjetunion war die Frage des „deutschen
Eigentums“. Die Besatzungsmächte
hatten den in Österreich befindlichen
deutschen Besitz als Kriegsentschädigung
beschlagnahmt. Während die Westmächte
die Wirtschaftsbetriebe dem österreichischen
Staat überließen, behielten
die Sowjets ihren Anteil. So konnten ein
Großteil der Industrie Ostösterreichs sowie
die Erdölindustrie nicht für die österreichische
Wirtschaft genutzt werden.
Für die Übergabe an Österreich forderte
die Sowjetunion hohe Entschädigungen,
die Gegenstand langwieriger Verhandlungen
wurden.
In die Verhandlungen mit der UdSSR kam
erst 1953 – nach dem Tod Stalins – wieder
Bewegung. Dessen Nachfolger Nikita
Chruschtschow zeigte prinzipielle Bereitschaft
zu einem Verhandlungsabschluss.
142
Österreich seit 1945
1978 1980
Volksabstimmung
Zwentendorf
Österreich: Zweite Republik
Q
1984 1986
Besetzung Waldheim
Hainburger Affäre
Au
1. Die Alliierten anerkennen, dass
Österreich als ein souveräner, unabhängiger
und demokratischer Staat
wiederhergestellt ist.
2. Die Alliierten erklären, dass sie die
Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit
Österreichs achten werden.
3. Die Alliierten werden in den deutschen
Friedensvertrag Bestimmungen
aufnehmen, welche die Anerkennung
der Souveränität und Unabhängigkeit
Österreichs durch Deutschland und
den Verzicht Deutschlands auf alle territorialen
und politischen Ansprüche
in Bezug auf Österreich und österreichische
Staatsgebiete sichern.
4. Die Alliierten erklären, dass eine
politische oder wirtschaftliche Vereinigung
zwischen Österreich und
Deutschland verboten ist. Österreich
verpflichtet sich, innerhalb seines Gebietes
jede Handlung zu verhindern,
die geeignet wäre, eine solche Vereinigung
zu fördern, und wird den Bestand,
das Wiederaufleben und die
Tätigkeit jeglicher Organisationen,
welche die politische oder wirtschaftliche
Vereinigung mit Deutschland
zum Ziele haben, sowie großdeutsche
Propaganda zu Gunsten der Vereinigung
mit Deutschland verhindern.
5. Die Grenzen Österreichs sind jene,
die am 1. Jänner 1938 bestanden haben.
6. Österreich wird alle erforderlichen
Maßnahmen treffen, um allen unter
österreichischer Staatshoheit lebenden
Personen ohne Unterschied von Rasse,
Geschlecht, Sprache oder Religion
den Genuss der Menschenrechte und
der Grundfreiheiten einschließlich
der Freiheit der Meinungsäußerungen,
der Presse und Veröffentlichung, der
Religionsausübung, der politischen
Meinung und der öffentlichen Versammlung
zu sichern.
(www.verfassungen.de, 10. 4. 2012,
vereinfacht und gekürzt)
1989 1990
Fall der
1993 1994
Volksabstimmung
1995
EUBeitritt
2000
Proteste gegen
2002
Einführung
2004
1. EUOsterweiterung
Berliner
Mauer
EUBeitritt
Österreichs
FPÖÖVP
Regierung
des EURO
Außenminister Leopold Figl präsentiert den
Staatsvertrag, Mai 1955
Der Staatsvertrag
Europäische Union
Im April 1955 reiste eine österreichische
Delegation mit Bundeskanzler Julius Raab
und Außenminister Leopold Figl nach
Moskau. Dort erzielte man durch die Bereitschaft
Österreichs, das Land nach dem
Abzug der Besatzungstruppen für immerwährend
neutral zu erklären und einen
erneuten Anschluss an Deutschland auszuschließen,
ein positives Verhandlungsergebnis.
Für das „deutsche Eigentum“
wurden Anfang Mai Ablösezahlungen
und Erdöllieferungen an die Sowjetunion
zugesagt.
Schließlich konnten die Außenminister
der Besatzungsmächte (USA, Großbritannien,
Frankreich, UdSSR) und Österreichs
am 15. Mai 1955 im Schloss Belvedere in
Wien den Staatsvertrag unterzeichnen.
Er brachte Österreich nach 17 Jahren
wieder Freiheit und Unabhängigkeit:
Der Ausspruch von Außenminister Figl,
„Österreich ist frei!“, wurde berühmt.
7 Zur Quelle: Das Verhältnis
zu Deutschland
spielte eine wichtige
Rolle. Warum? Welche
Artikel werden noch
heute in der Öffentlichkeit
diskutiert? HM/PS
8 Wiederholt (schriftlich)
mithilfe folgender
Stichwörter Österreichs
Innenpolitik zwischen
1945 und 1955. HS
Moskauer Deklaration
Besatzungszonen
Grenzstreitigkeiten
Sozialpartnerschaft
Koalitionsregierungen
Proporz
Entnazifizierung
Neutralitätsversprechen
Staatsvertrag
2007
2. EUOsterweiterung
2010
Österreich seit 1945
143
Teilung Deutschlands
Kalter Krieg
Europäische Gemeinschaft
Österreich ist besetzt
1945
Gründung
der UNO
1949
Gründung
der NATO
1950 1955
Staatsvertrag
(Ö)
1956
Ungarnaufstand
1960
Gründung
der EFTA
1968
Prager
Frühling
1970
1972
Südtirol
Paket
1978
V
abstimmung
Zwentendorf
Österreichs Stellung in der Welt nach 1955
Die letzten Besatzungssoldaten
verlassen Österreich.
9
G
Gruppenarbeit:
Warum war der
Sowjetunion die Neutralität
so wichtig? Hat sie
nach dem Zerfall des
Ostblocks noch ihre
Berechtigung? HS/HO
Österreichs Neutralität
Unmittelbar nach der Unterzeichnung
des Staatsvertrages begann der Abzug
der Besatzungstruppen, der bis zum 25.
Oktober 1955 abgeschlossen sein musste.
Am 26. Oktober 1955 trat der Nationalrat
zusammen und beschloss das Verfassungsgesetz
über die „immerwährende
Neutralität“. Außerdem wurde dieser
denkwürdige Tag zum Nationalfeiertag
erklärt.
Die Neutralität verpflichtet Österreich,
den Durchzug oder das Eindringen fremder
Truppen in das eigene Staatsgebiet
oder den Versuch, hier Stützpunkte zu errichten,
notfalls mit Gewalt zu verhindern.
Außerdem hat Österreich in allen Konflikten
unparteiisch zu sein und darf daher
auch keiner Kriegspartei Waffen liefern.
Q
Bundesverfassungsgesetz vom
26. 10. 1955 über die Neutralität
Österreichs, Artikel 1
1. Zum Zwecke der dauernden Behauptung
seiner Unabhängigkeit nach außen
und zum Zwecke der Unverletzlichkeit
seines Gebietes erklärt Österreich
aus freien Stücken seine immerwährende
Neutralität. Österreich wird
diese mit allen ihm zu Gebote stehenden
Mitteln aufrechterhalten und verteidigen.
2. Österreich wird zur Sicherung dieser
Zwecke in alle Zukunft keinen militärischen
Bündnissen beitreten und
die Errichtung militärischer Stützpunkte
fremder Staaten auf seinem
Gebiete nicht zulassen.
(Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich,
1955, 57. Stück, ausgegeben am 4. 11. 1955)
Zudem verpflichtet das Neutralitätsgesetz
zur militärischen Landesverteidigung
(vgl. Art. 1/1). Daher erfolgte 1955 die
Gründung des Bundesheeres durch den
Beschluss des Wehrgesetzes, das für alle
männlichen Staatsbürger zwischen 18
und 60 Jahren die allgemeine Wehrpflicht
festschreibt. Seit 1975 besteht die Möglichkeit
eines Wehrersatzdienstes (Zivildienst).
Der Zivildienst dauerte ursprünglich
zwölf Monate, der Grundwehrdienst
dagegen nur acht Monate. Eine Bundesheerreform
brachte ab 2006 die Verkürzung
des Zivildienstes auf neun Monate
und des Grundwehrdienstes auf sechs
Monate. Seit 1998 können auch Frauen
freiwillig zum Bundesheer gehen. 2013
wird über die Abschaffung der Wehrpflicht
abgestimmt.
Aufgaben des Bundesheeres:
• Sichern der Neutralität und Verteidigung
der Grenzen
• Verhindern eines Übergreifens von
Konflikten auf Österreich
• Schutz des österreichischen Volkes
und Staates durch das Zusammenwirken
von zivilen und militärischen
Maßnahmen: umfassende
Landesverteidigung
Zur umfassenden Landesverteidigung
gehören:
• Geistige Landesverteidigung: Der Bevölkerung
muss bewusst gemacht
werden, dass Landesverteidigung
sinnvoll und notwendig ist.
• Zivile Landesverteidigung: Zivilschutz
und Schutz der Behörden
• Wirtschaftliche Landesverteidigung:
Sicherung der Versorgung der Bevölkerung
im Falle von Krisen oder
Kriegen
• Militärische Landesverteidigung: bewaffnete
Verteidigung der Souveränität
des Staates
Die Bergung von Verletzten bei Katastrophen
gehört zur zivilen Landesverteidigung.
144
Österreich seit 1945
Europäische Union
Österreich: Zweite Republik
1978 1980
Volksabstimmung
Zwentendorf
1984 1986
Besetzung Waldheim
Hainburger Affäre
Au
1989 1990
Fall der
1993 1994
Volksabstimmung
1995
EUBeitritt
2000
Proteste gegen
2002
Einführung
2004
1. EUOsterweiterung
Berliner
Mauer
EUBeitritt
Österreichs
FPÖÖVP
Regierung
des EURO
2007
2. EUOsterweiterung
2010
Österreich und die Vereinten
Nationen (UNO)
Bereits im Dezember 1955 wurde Österreich
in die UNO aufgenommen und
spielt seither eine wichtige Rolle bei friedenserhaltenden
UNOEinsätzen. Schon
1960 wurden Sanitätseinheiten des Bundesheeres
nach Afrika entsandt; von 1964
bis 2000 betrieb Österreich ein Feldlazarett
auf Zypern. Seit 1967 werden österreichische
Bundesheeroffiziere und Polizisten
als Beobachter in alle Krisengebiete
der Erde gesandt – in den Nahen Osten,
nach Kambodscha, Afghanistan, Tadschikistan
oder Syrien (Golan). Seit 1995 befindet
sich eine Transportkompanie in
Bosnien im Einsatz. Auch im Kosovo und
in Afghanistan sind derzeit österreichische
Truppenkontingente stationiert. Insgesamt
waren seit 1960 fast 40 000 Österreicher
an 30 UNOperationen beteiligt.
Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt der
Beziehungen Österreichs zu den Vereinten
Nationen ist die Rolle Wiens als vierter
UNOStadt neben Genf, New York
und Nairobi. Seit 1979 ist das Internationale
Zentrum Wien (UNOCity) Sitz mehrerer
UNOrganisationen. Über 4000 Beschäftigte
aus mehr als 100 Ländern arbeiten
hier. In Wien sind u. a.:
• das Büro für Drogenbekämpfung und
Verbrechensverhütung (ODCCP),
Kroatien
(RACVIAC)
1
Kosovo
(KFOR)
352
Kosovo
(AUTCON/DEU ORFBn)
143
• die Internationale Atomenergie-Organisation
(IAEO),
• die Organisation der UN für industrielle
Entwicklung (UNIDO).
Eine besondere Auszeichnung für unser
Land war die Wahl Österreichs in den
Sicherheitsrat, der wichtigsten Einrichtung
der UNO zur Friedenssicherung, als
nichtständiges Mitglied für die Jahre
1973/74, 1990/91 und 2009/10.
Zwischen 1971 und 1981 war der Österreicher
Kurt Waldheim Generalsekretär
(oberster Beamter) der UNO.
Georgien
(EUMM)
5
Zypern
(UNFICYP)
4
10G
Gruppenarbeit:
Projektvorschlag:
Beschäftigt euch mit
einer der in der Karte
verzeichneten Krisenregionen
näher:
Geographie, Geschichte,
Ursache und Verlauf der
Krise, UNOEinsatz …
(Plakate, Referate) HS/HM
Österreichische UN-Soldaten
beim Einsatz auf den
Golanhöhen
Bosnien
(EUFOR Althea)
305
Libanon
(UNIFIL)
151
Afghanistan
(ISAF)
3
Westsahara
(MINURSO)
2
Quelle: Öst. Bundesheer,
Stand Oktober 2012
Westafrika
(UNOWA)
1
Kongo
(EUSEC)
1
Naher Osten
(UNTSO)
6
Golan
(UNDOF)
373
Auslandseinsätze des
österreichischen Bundesheeres,
Stand: Oktober 2012
Österreich seit 1945
145
Teilung Deutschlands
Kalter Krieg
Europäische Gemeinschaft
Österreich ist besetzt
1945
Gründung
der UNO
1949
Gründung
der NATO
1950 1955
Staatsvertrag
(Ö)
1956
Ungarnaufstand
1960
Gründung
der EFTA
1968
Prager
Frühling
1970
1972
Südtirol
Paket
1978
V
abstimmung
Zwentendorf
Österreich und die EU
Österreich war seit 1960 Mitglied der
EFTA. Eine Mitgliedschaft bei der EWG
schien vorerst unerreichbar: Die EWG
(später EG) war nämlich Teil der westlichen
Staatengemeinschaft, die in dauerndem
Gegensatz zum Ostblock stand.
Die Karikatur spielt auf die Neutralitätsvorbehalte
an, die Österreich mit der Bewerbung um
die EU-Mitgliedschaft vorbrachte.
Die Sowjetunion machte deutlich, dass
sie einen Betritt Österreichs als Verletzung
der Neutralität betrachte und daher
strikt ablehne. Im Übrigen wollte sich
Österreich als Vermittler zwischen Ost
und West etablieren und war an einem
guten Verhältnis zu den östlichen Nachbarn
interessiert.
Nach dem Zerfall der Sowjetunion aber
trat 1993 ein Vertrag zwischen EFTA und
EG in Kraft, der beide Gemeinschaften zu
einem „Europäischen Wirtschaftsraum“
(EWR) zusammenschloss. Schon vorher,
im Juli 1989, hatte Österreich den Antrag
auf Vollmitgliedschaft in der EG (ab 1993
EU genannt) gestellt. Im Februar 1993
begannen die Beitrittsverhandlungen.
Nach Abschluss der Verhandlungen entschieden
sich die Österreicherinnen und
Österreicher in einer Volksabstimmung
im Juni 1994 mit großer Mehrheit für einen
EUBeitritt.
Im ersten Halbjahr 1999 übernahm Österreich
erstmals den Vorsitz innerhalb
der EU. In dieser Zeit wurden die Weichen
für eine neue Sozialpolitik und die
Einführung der einheitlichen europäischen
Währung (Euro) gestellt, die ab
2002 die Landeswährungen ablöste. Im
ersten Halbjahr 2006 führte Österreich
erneut den Vorsitz.
EFTA:
Abk. für „European Free
Trade Association“ (Europäische
Freihandelszone)
gegründet 1960; Mitglieder:
Österreich, Schweiz,
Schweden, Dänemark,
Portugal, Großbritannien,
Island
EWG:
Abk. für „Europäische
Wirtschaftsgemeinschaft“;
gegründet 1957;
Gründungsmitglieder:
BRD, Frankreich, Italien,
Niederlande, Belgien und
Luxemburg
Unterzeichnung des Beitrittsvertrages zur Europäischen Union durch Bundeskanzler
Franz Vranitzky und Außenminister Alois Mock auf Korfu am 24. Juni 1994
146 Österreich seit 1945
Europäische Union
Österreich: Zweite Republik
1978 1980
Volksabstimmung
Zwentendorf
1984 1986
Besetzung Waldheim
Hainburger Affäre
Au
1989 1990
Fall der
1993 1994
Volksabstimmung
1995
EUBeitritt
2000
Proteste gegen
2002
Einführung
2004
1. EUOsterweiterung
Berliner
Mauer
EUBeitritt
Österreichs
FPÖÖVP
Regierung
des EURO
2007
2. EUOsterweiterung
2010
Österreich als Vermittler
zwischen Ost und West
Während des Kalten Krieges machte sich
Österreich einen Namen als Vermittler im
OstWestKonflikt. Die Regierungen Österreichs
waren immer bemüht, zu beiden
Machtblöcken ein gutes Verhältnis zu pflegen.
Erschwert wurde dies bezüglich der
UdSSR allerdings durch zwei Ereignisse,
die auch für Österreich höchste Gefahr
bedeuteten: durch den UngarnAufstand
und den „Prager Frühling“ (vgl. S. 93).
1956 brach in Ungarn ein Volksaufstand
gegen den Kommunismus aus. Dieser
wurde von sowjetischen Panzern blutig
niedergeschlagen. Viele fürchteten damals
ein Übergreifen der Kampfhandlungen
auf Österreich. Das Bundesheer
sicherte die Grenzen, über die viele Ungarn
und Ungarinnen nach Österreich
flüchteten. Eine ähnliche Situation ergab
sich 1968, als sich die Tschechoslowakei
gegen den Kommunismus erhob. Wieder
wurde der Aufstand von Sowjettruppen
niedergeschlagen, wieder sicherte das
Heer unsere Grenzen und wieder kamen
viele Flüchtlinge nach Österreich.
1961 war Wien Schauplatz eines Ost
WestGipfeltreffens zwischen dem amerikanischen
Präsidenten John F. Kennedy
und dem sowjetischen Ministerpräsidenten
Nikita Chruschtschow. Erstmals kam
es damals zu direkten Gesprächen über
die Gefahr der Aufrüstung und eines
Atomkrieges. Obwohl es auch später immer
wieder zu Konflikten zwischen Ost
und West kam, so darf dieses Treffen doch
als Anfang vom Ende des Kalten Krieges
bezeichnet werden.
Österreich wurde zum Vermittler zwischen
Ost und West und zum Schauplatz
weiterer Gipfeltreffen und Abrüstungskonferenzen.
1979 unterzeichneten Jimmy
Carter (USA) und Leonid Breschnew
(UdSSR) das SALT IIAbkommen in Wien:
Darin schrieben die Staatsmänner der
beiden Weltmächte erstmals eine Begrenzung
der Aufrüstung fest. Dies war
ein Meilenstein für den Frieden während
des Kalten Krieges.
Bundeskanzler Bruno Kreisky, im Bild mit
PLO-Chef Yassir Arafat, wagte es als einer der
ersten Staatsmänner, die Palästinenser politisch
zu unterstützen.
Kreiskys Nahostpolitik
Unter Bruno Kreisky (Bundeskanzler
1971–1983) engagierte sich Österreich
bzw. der Kanzler persönlich verstärkt im
Nahen Osten. Kreiskys Treffen mit arabischen
Staatschefs wurden anfangs international
kritisiert, ebenso wie seine offensichtliche
Sympathie für den PLOFührer
Arafat, der damals als Terrorist galt. Kreisky
bewies in der Nahostfrage aber Standfestigkeit
und Weitblick, indem er sich
unermüdlich dafür einsetzte, die verfeindeten
Parteien zu Verhandlungen zu ermuntern.
(vgl. S. 115–117)
Gipfeltreffen in Wien, 1961:
von links nach rechts:
John F. Kennedy (USA),
Adolf Schärf (Österreich),
Nikita Chruschtschow
(UdSSR)
Österreich seit 1945
147
Politische Bildung
Wahl des Nationalrates/des Bundespräsidenten
entlässt
ernennt
Bundespräsident/in
=
Staatsoberhaupt
ernennt
Wahl
Regierung
kontrolliert
LEGISLATIVE
GEWALT
Bundesversammlung
Rechtsprechung
Verwaltung
EXEKUTIVE
GEWALT
kontrolliert
Nationalrat
direkt
gewählt
Bundesrat
indirekt
gewählt
Gerichte
JUDIKATIVE
GEWALT
11 Beantworte folgende
Fragen zur
Grafik: Angenommen,
du bist bereits 16Jahre
alt: Wen oder was darfst
du wählen? Könntest du
auch in ein Amt gewählt
werden? Recherchiere!
PS/PM
Der Bundespräsident/
die Bundespräsidentin
Nationalratswahl
Er/sie wird für sechs Jahre gewählt, maximal
zweimal hintereinander.
Hauptaufgaben:
•Er/sie vertritt Österreich nach außen.
•Er/sie ernennt die höchsten Richter/innen
und den Bundeskanzler/die Bundeskanzlerin.
•Er/sie beauftragt den Kanzler/die Kanzlerin
mit der Bildung einer Regierung.
•Er/sie ist Oberbefehlshaber/in des Bundesheeres.
Wähler/innen
Landtage
Landtagswahlen
12G
Gruppenarbeit:
Internetrecherche:
Recherchiert die wichtigsten
Aufgaben der
Landesregierung und
des Landtags. PS/PM
Der Nationalrat
Er besteht aus 183 Personen, den Abgeordneten.
Sie vertreten die Wähler/innen
und werden für jeweils fünf Jahre direkt
gewählt.Die SitzeimNationalrat werden
entsprechend dem Verhältnis der Stimmen,
die die Parteien bei den Nationalratswahlen
erhalten, verteilt.
Aufgaben: Beschließen von Gesetzen,
Kontrollieren der Regierung.
Der Bundesrat
Er vertritt die Bundesländer auf Staatsebene
und bildet die zweite Kammer des
Alexander Heinz Fischer, VanBundespräsident der Bellen, Bundespräsident (2004–2014)
(seit 2017)
österreichischenParlaments.Der Bundesrat
wird von den Landtagen beschickt.
Die Anzahl der Sitze hängt von der Einwohnerzahl
der Bundesländer ab und
variiert jenach Land zwischen drei und
zwölf Sitzen.
Hauptaufgabe: Kontrollieren des Nationalrats
beim Beschließen von Gesetzen.
148 Österreich seit 1945
Wer tritt zu Wahlen an? Wer darf kandidieren?
Zu einer Wahl kann niemals eine Einzelperson,
sondern immer nur eine wahlwerbende
Gruppe, eine Partei, antreten.
Parteien müssen von ausreichend vielen
Personen unterstützt werden, um zur
Wahl zugelassen zuwerden. Die genaue
Anzahl richtet sich nach der Größe des
Bundeslandes –benötigt werden zwischen
100 und 500 Stimmen. Für eine
bundesweite Kandidatur sind insgesamt
2600 Unterstützungserklärungen erforderlich.
Das Stimmensammeln entfällt,
wenn drei Abgeordnete eine Unterstützungserklärung
abgeben.
Auf diese Weise verhindert man, dass zu
viele sehr kleine Gruppen kandidieren.
(Im Jahr 2007 waren beim Bundesministerium
für Inneres immerhin 700 Parteien
vermerkt!)
Vor der Wahl muss jede kandidierende
Partei oder Gruppe einen Wahlvorschlag
www.oevp.at
www.listepilz.eu
www.grüne.at
www.gruene.at
präsentieren: Das ist eine durchnummerierte
Listemit den Namen vonPersonen,
die bereit sind, ein Mandat auszuüben.
Die Mandate werden später dem Wahlvorschlag
entsprechend vergeben.
Als Wähler/in kannst dudie Reihung der
Personen beeinflussen, indem du eine
Vorzugsstimme vergibst: Fallen auf einen
Kandidaten/eine Kandidatin genügend
Vorzugsstimmen, rückt er/sie in der
Liste nach vorn.
Auch bei Persönlichkeitswahlen (Wahl
von Bürgermeister/Bürgermeisterin oder
Bundespräsident/Bundespräsidentin) treten
nicht Einzelpersonen an, sondern
wahlwerbende Gruppen.
Bei der Präsidentenwahl 2016 2004 war war Alexander Heinz
van Fischer der Bellen der Bewerber der Grünen, SPÖ; die er wurde ÖVP
von unterstütztedamalsBenitaFerrero-Waldner.
war 2009Norbert wurdeBundespräsident Hofer von der FPÖ. Fischer Alexan-
wiedergewählt.
Van Bellen konnte die Wahl
der SPÖ unterstützt. Sein größter Konkurrent
gewinnen.
www.partei.neos.eu
www.bzoe.at
www.fpoe.at
www.spoe.at
13 Welche Probleme
könnten sich ergeben,
wenn alle wahlwerbenden
Gruppen ohne
Einschränkungen für
die Nationalratswahl
kandidieren dürften?
PS/HS
kandidieren:
sich um ein politisches
Amt bewerben
Kandidat/in:
Bewerber/in
Mandat: mandare
kommt aus dem Lateinischen
und heißt „beauftragen“,
„befehlen“.
Ein Mandat auszuüben
bedeutet, dass man den
Auftrag annimmt, die
Wähler/innen mit Sitz
und Stimme imParlament
zu vertreten.
Christian Werner Faymann Kern (SPÖ) (SPÖ)
Heinz-Christian Strache
(FPÖ)
Peter Eva Glawischnigg
Pilz
(Liste (Die Grünen) Pilz)
Sebastian Michael Spindelegger Kurz
(ÖVP)
Matthias Beate Josef Bucher Meinl-Reisinger
Strolz (BZÖ)
(NEOS)
Österreich seit 1945 149
Teilung Deutschlands
Kalter Krieg
Europäische Gemeinschaft
Österreich ist besetzt
1945
Gründung
der UNO
1949
Gründung
der NATO
1950 1955
Staatsvertrag
(Ö)
1956
Ungarnaufstand
1960
Gründung
der EFTA
1968
Prager
Frühling
1970
1972
Südtirol
Paket
1978
V
abstimmung
Zwentendorf
Österreichs Innenpolitik von 1955 bis heute
Bis 1966 regierte eine Große Koalition aus
ÖVP und SPÖ. Die Zeit war geprägt vom
Wirtschaftsaufschwung. In den 60erJahren
kam es allerdings vermehrt zu Konflikten
zwischen den Regierungsparteien.
Luxus und Zeichen den Aufschwungs in den
1960ern: ein eigenes Auto, das man hegt und
pflegt.
ÖVPAlleinregierung 1966–1970
Bei der Nationalratswahl 1966 erlangte
die ÖVP die absolute Mehrheit und beschloss,
erstmals allein zu regieren. Die
ÖVPAlleinregierung war geprägt von
zahlreichen Reformen, etwa der Senkung
des Wahlalters von 21 auf 19 Jahre und
der Verankerung der 40StundenWoche,
die bis 1975 schrittweise eingeführt wurde.
Mit einem Spar und Sanierungsprogramm,
das nach Meinung der ÖVP nach
der Aufschwungzeit notwendig geworden
war, stieß die Regierung aber auf
breite Ablehnung: 1970 konnte erstmals
in der Nachkriegszeit die SPÖ die relative
Mehrheit erringen.
Die Ära Kreisky 1970 bis 1983
Nach der Wahl 1970 bildete Bruno Kreisky
mit Billigung der FPÖ eine SPÖMinderheitsregierung.
Dafür hob Kreisky
mit einer Wahlrechtsreform die Zahl der
Nationalratsabgeordneten von 165 auf
183 an, was vor allem der Kleinpartei FPÖ
zugute kam. Kurz darauf wurden Neuwahlen
ausgeschrieben, bei denen die
SPÖ 1971 die absolute Mehrheit errang.
Diesen Erfolg wiederholten die SPÖ und
Kreisky 1975 und 1979.
Sozial und Bildungspolitik
Kreiskys Ziel war eine Umgestaltung der
Gesellschaft im Sinne der Sozialdemokratie.
Er startete eine Bildungsoffensive, die
auch Kindern aus weniger begüterten Familien
eine höhere Schulbildung und ein
Studium ermöglichen sollte: Gratisschulbücher,
Schülerfreifahrt und der Bau zahlreicher
höherer Schulen auch im ländlichen
Raum ließen die Zahl der Maturantinnen
und Maturanten stark ansteigen.
Reformiert wurden auch das Familienund
das Strafrecht: Schwangerschaftsabbruch
bis zum dritten Monat wurde straffrei
(sog. Fristenlösung), die Ehescheidung
erleichtert, eine Geburtenbeihilfe und
Heiratsgeld eingeführt.
Ein Beispiel für den Bauboom in den 1960er-
Jahren: die Europabrücke in Tirol
150
Österreich seit 1945
Europäische Union
Österreich: Zweite Republik
1978 1980
Volksabstimmung
Zwentendorf
1984 1986
Besetzung Waldheim
Hainburger Affäre
Au
1989 1990
Fall der
1993 1994
Volksabstimmung
1995
EUBeitritt
2000
Proteste gegen
2002
Einführung
2004
1. EUOsterweiterung
Berliner
Mauer
EUBeitritt
Österreichs
FPÖÖVP
Regierung
des EURO
2007
2. EUOsterweiterung
2010
Bruno Kreisky (1911–1990)
ÖVP-Alleinregierung unter Bundeskanzler Josef Klaus. Erstmals war eine Frau in der Regierung:
Grete Rehor war Sozialministerin.
Wirtschaftspolitik
All diese Neuerungen kosteten natürlich
sehr viel Geld. Auch Kreiskys Ziel der
Vollbeschäftigung ließ die Staatsschulden
steigen, weil die Regierung hohe Summen
in die verstaatlichte Industrie investierte.
Als die Arbeitslosigkeit trotzdem
stieg und sich die wirtschaftliche Lage
weiter verschärfte, mussten die Staatsausgaben
(Beihilfen und andere Zuwendungen
an die Bevölkerung) gekürzt werden.
Die SPÖ verlor Stimmen und bei der
Wahl 1983 die absolute Mehrheit. Die Ära
Kreisky war beendet. Sie war geprägt von
außenpolitischen Erfolgen (vgl. Seite 145)
sowie vielen Neuerungen und wichtigen
sozialpolitischen Maßnahmen. Kreiskys
Wirtschaftspolitik bedeutete eine relativ
niedrige Arbeitslosenquote, aber auch
eine hohe Staatsverschuldung, die den
Nachfolgeregierungen noch viele Probleme
bereiten sollte.
Zwentendorf
Ende der 70erJahre entbrannte eine
heftige Debatte um die Inbetriebnahme
des Atomkraftwerks Zwentendorf.
Die ÖVP, unter deren Alleinregierung
der Bau beschlossen worden war, war
nun gegen die Inbetriebnahme; die
SPÖ und Bruno Kreisky persönlich
waren vehemente Befürworter. Parteifreie
Atomkraftgegner/innen
schlossen sich zusammen und konnten
Teile der Bevölkerung für ihre
Sache gewinnen. 1978 entschied eine
Volksabstimmung mit winziger
Mehrheit gegen die Inbetriebnahme:
Österreich blieb „atomfrei“. Bruno
Kreisky trat, entgegen vorheriger
Ankündigungen, nicht zurück und
konnte 1979 nochmals die absolute
Mehrheit erringen.
14 Heute ist Österreichs
Atomfreiheit unumstritten.
Dafür war auch
der Unfall im Atomkraftwerk
Tschernobyl (Ukraine)
mitverantwortlich.
Erkundige dich (im Internet),
was damals passierte.
HM/HS
15G
Gruppenarbeit:
Erkundigt euch, in
welchen Nachbarstaaten
es Atomkraftwerke gibt.
PM
Minderheitsregierung:
Regierung einer Partei,
die keine Mehrheit im Parlament
hat. Sie muss also
die Unterstützung anderer
Parteien gewinnen, damit
z. B. Gesetze beschlossen
werden können.
Relative Mehrheit:
Partei, die zwar mehr
Stimmen als die anderen
Parteien hat, aber weniger
als 50 %. Bei den Nationalratswahlen
1999 z. B.
erreichte die SPÖ die relative
Mehrheit (33,1 % der
Stimmen) im Vergleich zu
ÖVP (26,9 %), FPÖ (26,9
%) und Grünen (7,4 %).
Absolute Mehrheit:
Partei, die mehr als 50 %
der Stimmen erhält und
damit die Mehrheit der
Abgeordneten im Parlament
stellt.
Österreich seit 1945
151
Teilung Deutschlands
Kalter Krieg
Europäische Gemeinschaft
Österreich ist besetzt
1945
Gründung
der UNO
1949
Gründung
der NATO
1950 1955
Staatsvertrag
(Ö)
1956
Ungarnaufstand
1960
Gründung
der EFTA
1968
Prager
Frühling
1970
1972
Südtirol
Paket
1978
V
abstimmung
Zwentendorf
Die Umgestaltung der Parteienlandschaft
in den 1980erJahren
Nach dem Ende der Ära Kreisky bildete
die SPÖ mit der FPÖ eine kleine Koalition.
Man war gezwungen, Sparmaßnahmen
und Sozialkürzungen zu beschließen;
trotzdem blieb die wirtschaftliche Lage
angespannt. Erschwert wurde die Regierungstätigkeit
durch das Erstarken einer
vierten politischen Macht, der Grünbewegung.
Die Grünbewegung wird zur Partei
Rund um die AntiZwentendorfBewegung
etablierte sich eine ökologische Bewegung,
die sich in zahlreichen Bürgerinitiativen
unter dem Namen „Grüne“
oder „Grünalternative“ engagierte. Dies
führte rasch zu einem besseren ökologischen
Bewusstsein: Für private und öffentliche
Bauträger wurde es immer schwieriger,
große Bauvorhaben durchzusetzen.
Proteste verhinderten oder verzögerten
häufig den Bau von Schnellstraßen, Schiliftanlagen,
Kraftwerken usw. Auseinandersetzungen
zwischen Umweltschützern
und Umweltschützerinnen und Staatsmacht
entzündeten sich am Kraftwerksprojekt
Hainburg an der Donau. Umweltschützer
besetzten die Au und konnten
den Bau verhindern; heute ist das Gelände
ein Naturschutzgebiet. Hainburg war
die Geburtsstunde der Grünen. Diese
schafften bei den Wahlen 1986 den Einzug
ins Parlament. Damit war erstmals
seit dem Stimmenverlust der KPÖ 1959
wieder eine vierte Partei im österreichischen
Nationalrat vertreten.
1986 – das Jahr der großen
Veränderungen
Die Kräfteverhältnisse im Nationalrat verschoben
sich 1986 auch durch Umstrukturierungen
innerhalb der FPÖ: Jörg Haider
wurde Parteiobmann. Er konnte eine
wesentlich breitere Wählerschicht ansprechen
als seine Vorgänger, sodass er – abgesehen
von einem kleinen Rückschlag
1995 – bis zu seinem Tod 2008 bei jeder
Wahl Zuwächse für die FPÖ verzeichnen
konnte. Dies gelang nicht zuletzt durch
eine oft sehr populistische Politik, die sich
gegen die Großparteien wandte und den
Menschen versprach, was sie hören wollten.
Die WaldheimAffäre
1986 wurde erstmals ein konservativer
Bundespräsidentschaftskandidat gewählt:
Kurt Waldheim (ÖVP). Der Wahlkampf
war von heftigen Auseinandersetzungen
um Waldheims Vergangenheit geprägt.
Kurt Waldheim wurde vorgeworfen, er
habe im Zweiten Weltkrieg von schweren
Gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Aubesetzern 1984.
152
Österreich seit 1945
Europäische Union
Österreich: Zweite Republik
1978 1980
Volksabstimmung
Zwentendorf
1984 1986
Besetzung Waldheim
Hainburger Affäre
Au
1989 1990
Fall der
1993 1994
Volksabstimmung
1995
EUBeitritt
2000
Proteste gegen
2002
Einführung
2004
1. EUOsterweiterung
Berliner
Mauer
EUBeitritt
Österreichs
FPÖÖVP
Regierung
des EURO
2007
2. EUOsterweiterung
2010
Verbrechen gewusst und wesentliche Teile
seiner Vergangenheit verschwiegen.
Eine Historikerkommission fand keine Beweise
dafür, dass Waldheim persönlich
Kriegsverbrechen begangen hätte. Er habe
jedoch entgegen seiner Angaben sehr
gut über die Verbrechen in seiner Umgebung
Bescheid gewusst. Aufgebauschte
Schlagzeilen USamerikanischer Medien
beeinträchtigten Österreichs außenpolitische
Beziehungen stark. Nach der Wahl
Waldheims zum Bundespräsidenten trat
SPÖRegierungschef Fred Sinowatz aus
Protest zurück.
Sein Nachfolger Franz Vranitzky löste, als
Jörg Haider FPÖParteiobmann wurde,
die Koalition sofort auf. Neuwahlen
brachten der SPÖ 80 Mandate, der ÖVP
77. Die Freiheitlichen konnten massiv zulegen
und die Grünen zogen erstmals mit
acht Mandaten ins Parlament ein. Die
beiden Großparteien verfügten zwar
noch über eine Zweidrittelmehrheit, aber
die österreichische Parteienlandschaft
hatte sich nachhaltig verändert.
Die große Koalition
1986 bis 1999
Nach der Wahl 1986 bildeten SPÖ und
ÖVP wieder ein große Koalition. Die Regierung
hatte mit den steigenden Staatsschulden
zu kämpfen. Mehrere Sparpakete
bedeuteten für die Bürger und Bürgerinnen
teils schmerzliche Einbußen, indem
z. B. Sozialleistungen gekürzt oder gestrichen
und zugleich die Steuern erhöht
wurden. Dies war auch nötig, um der EU
beitreten zu können. Vor allem die ÖVP
drängte auf einen raschen Beitritt und
konnte letztlich auch skeptische Teile der
SPÖ von den Vorteilen überzeugen. 1995
wurde Österreich Mitglied der EU.
Zunehmende Konflikte der
großen Koalition
Die teils harten Sparmaßnahmen und
auch die Ablehnung der EU in manchen
Bevölkerungskreisen nützten Jörg Haider
und seiner FPÖ. Sie zog viele Unzufriedene
auf ihre Seite.
Waldheim, ehemaliger UNO-Generalsekretär,
verschwieg Teile seiner Vergangenheit, was zu
spekulativen Vorwürfen führte. Als Reaktion auf
die Kritik plakatierte die ÖVP „Jetzt erst recht!“
Nach dem Zerfall des Ostblocks stellte
eine vermehrte Zuwanderung aus dem
Ausland die Regierung vor große Probleme.
Viele Österreicher und Österreicherinnen
fürchteten um ihre Arbeitsplätze.
Auch dies konnte die FPÖ für sich nutzen.
Schließlich gab es ab 1993 eine fünfte
Parlamentspartei, das Liberale Forum,
welches ebenfalls Wähler und Wählerinnen
von den Großparteien abzog.
In der zweiten Hälfte der 90erJahre zwangen
das hohe Budgetdefizit und die geplante
EuroEinführung zu weiteren Sparmaßnahmen.
Zu den politischen Problemen
kamen nun auch vermehrt Differenzen
zwischen den Koalitionspartnern.
Nachdem in der SPÖ Vranitzky von Viktor
Klima abgelöst worden war und in der
ÖVP Wolfgang Schüssel den Parteivorsitz
übernommen hatte, verschlechterte sich
das Gesprächsklima weiter; die Entfremdung
zwischen den langjährigen Regierungspartnern
wurde immer deutlicher.
16 Welche eigentliche
Aussage steckt
dahinter, wenn die ÖVP
„Jetzt erst recht!“ plakatiert,
nachdem sich im
Ausland Stimmen gegen
Waldheim erhoben
hatten?
PS/PU
Österreich seit 1945
153
Teilung Deutschlands
Kalter Krieg
Europäische Gemeinschaft
Österreich ist besetzt
1945
Gründung
der UNO
1949
Gründung
der NATO
1950 1955
Staatsvertrag
(Ö)
1956
Ungarnaufstand
1960
Gründung
der EFTA
1968
Prager
Frühling
1970
1972
Südtirol
Paket
1978
V
abstimmung
Zwentendorf
Wolfgang Schüssel, Bundeskanzler
von 2000 bis 2007
Die SchüsselRegierungen
Die Nationalratswahl 1999 brachte erneut
Verluste für SPÖ und ÖVP; die letztere
wurde sogar von der FPÖ überholt.
Auch die Grünen verzeichneten Gewinne,
während das Liberale Forum den Einzug
ins Parlament nicht mehr schaffte.
Die Koalitionsverhandlungen 1999
Viktor Klima gelang es nicht, eine Regierung
zu bilden, da mit der ÖVP keine Einigung
möglich war und er mit der FPÖ
nicht verhandeln wollte. Nach Monaten
präsentierten schließlich ÖVP und FPÖ
ein gemeinsames Regierungsprogramm.
Trotz heftiger Proteste im In und Ausland
gegen eine Regierungsbeteiligung
der FPÖ, der Ausländerfeindlichkeit und
EUAblehnung vorgeworfen wurden,
wurde die ÖVPFPÖRegierung unter dem
ÖVPBundeskanzler Wolfgang Schüssel
angelobt.
Einige europäische Staatsoberhäupter
initiierten Sanktionen der EU gegen Österreich,
um ihre Ablehnung der FPÖ
Regierungsbeteiligung zu zeigen. Diplomatische
Beziehungen wurden abgebrochen
und Österreicherinnen oder Österreicher
sollten keine EUÄmter mehr erhalten.
Dem Land wurde vorgeworfen, in
nationalsozialistischer Tradition eine Gefahr
für Europa darzustellen. Schülerinnen
und Schüler wurden von Auslandsreisen
„ausgeladen“, europäische Politiker
riefen zum Urlaubsboykott gegen Österreich
auf. Die übertriebenen Reaktionen
mussten bald zurückgenommen werden.
Allmählich normalisierte sich das Verhältnis
zwischen Österreich und den restlichen
EULändern – nicht zuletzt, weil die
ÖVP ihrem Ruf als Europapartei treu blieb
und für eine entsprechende Politik in
Österreich sorgte. Für die FPÖ allerdings
bedeutete die EUPolitik einen innerparteilichen
Konflikt.
Sanktionen:
Strafandrohung, falls bestimmte
Vereinbarungen
nicht eingehalten werden
oder falls bestimmte
Handlungen (nicht) gesetzt
werden. Die EU14
drohten, die politischen
Beziehungen zu Österreich
abzubrechen, sollte
die FPÖ in der Regierung
bleiben.
Viele Österreicherinnen und Österreicher
demonstrierten gegen die ÖVP-FPÖ-Regierung.
Die EUSanktionen
Ein Transparent bei einer Demonstration
(Brüssel, 2000) gegen die Regierungsbeteiligung
der FPÖ vergleicht FPÖ-Chef Jörg Haider mit
Adolf Hitler. Dieser – übertriebene – Vergleich
bezog sich auf die Ausländerfeindlichkeit der
FPÖ und problematische Aussagen von deren
Führung über die NS-Zeit.
154
Österreich seit 1945
Europäische Union
Österreich: Zweite Republik
1978 1980
Volksabstimmung
Zwentendorf
1984 1986
Besetzung Waldheim
Hainburger Affäre
Au
1989 1990
Fall der
1993 1994
Volksabstimmung
1995
EUBeitritt
2000
Proteste gegen
2002
Einführung
2004
1. EUOsterweiterung
Berliner
Mauer
EUBeitritt
Österreichs
FPÖÖVP
Regierung
des EURO
2007
2. EUOsterweiterung
2010
Reformen und Sparmaßnahmen
Innenpolitisch galt der ÖVPFPÖRegierung
die Sanierung des Staatshaushaltes
als vorrangiges Ziel. Tatsächlich gelang
es, das Haushaltsdefizit zu senken und die
Wirtschaft zu stärken. 2002 erreichte Österreich
erstmals einen Exportüberschuss,
das heißt, unser Land exportierte mehr
Güter, als es importierte. Während der
Wirtschaftsstandort Österreich gestärkt
wurde, stießen Einsparungsmaßnahmen
im Sozialsystem und Steuererhöhungen
bei vielen Bürgerinnen und Bürgern auf
Ablehnung. Auch die Einführung von Studiengebühren
stieß auf breiten Widerstand
und wurde von der Opposition als
soziale Ungerechtigkeit dargestellt.
Als die ÖVP beschloss, die geplante Steuerentlastung
aufgrund der Kosten für das
Jahrhunderthochwasser 2002 zu verschieben,
kam es innerhalb der FPÖ zum Konflikt:
Den Regierungsmitgliedern der FPÖ
wurde auf einem Parteitag das Vertrauen
entzogen, woraufhin diese zurücktraten.
Wolfgang Schüssel löste die Regierung
auf, das Parlament beschloss Neuwahlen.
Das Kabinett Schüssel II
Bei der Neuwahl 2002 kam es zu überraschenden
Verschiebungen in der Wählerlandschaft.
Schüssels Kurs wurde mit einem
Stimmenzuwachs von über 15 % für
die ÖVP bestätigt, während die zerstrittene
FPÖ geschlagen wurde. Trotzdem entschloss
sich die ÖVP, nochmals eine Koalition
mit der FPÖ einzugehen.
Die Streitigkeiten in der FPÖ aber dauerten
an und gipfelten 2005 in der Spaltung
der Partei. Jörg Haider gründete das
„Bündnis Zukunft Österreich“ (BZÖ) und
trennte sich von der „AltFPÖ“. Nun saßen
auf einmal Vertreterinnen und Vertreter
des BZÖ in der Regierung. Der kleinere
Regierungspartner hatte kaum politischen
Einfluss und Schüssel setzte seinen
Reformweg fort: Pensionsreform, Reform
des Gesundheitswesens, Privatisierung
mehrerer Staatsbetriebe und eine Steuerreform.
Es gelang in den Jahren der „ÖVP
Vorherrschaft“, den Wirtschaftsstandort
Österreich international zu stärken, die
Hochwasserkatastrophe 2002
Nationalrats- SPÖ ÖVP Die FPÖ BZÖ
wahl
Grünen
1999 33,2 % 26,9 % 7,4 % 26,9 % —
2002 36,5 % 42,3 % 9,5 % 10 % —
2006 35,3 % 34,3 % 11 % 11 % 4,1 %
2008 29,3 % 26 % 10,4 % 17,5 % 10,7 %
Stimmenanteile der Parteien bei
Nationalratswahlen
Arbeitslosigkeit war im internationalen
Vergleich niedrig. Die Veränderungen
gingen aber vielen Menschen zu schnell.
Vor allem massive Einsparungen im Bildungsbereich
und bei sozialen Leistungen
verstärkten den Trend. Bei der Wahl
2006 verlor dann – entgegen aller Voraussagen
– die ÖVP ihre Mehrheit wieder
an die SPÖ.
(www.bmi.gv.at, 10. 4. 2012)
Österreich seit 1945
155
Teilung Deutschlands
Kalter Krieg
Europäische Gemeinschaft
Österreich: Zweite Republik
Europäische Union
1978 1980
Volksabstimmung
Zwentendorf
1984 1986
Besetzung Waldheim
Hainburger Affäre
Au
1989 1990
Fall der
1993 1994
Volksabstimmung
1995
EUBeitritt
2000
Proteste gegen
2002
Einführung
2004
1. EUOsterweiterung
Berliner
Mauer
EUBeitritt
Österreichs
FPÖÖVP
Regierung
des EURO
2007
2. EUOsterweiterung
2010
17 Sammelt einige Tage
in den Zeitungen
innenpolitisch wichtige
Themen: Womit beschäftigt
sich die Regierung
zur Zeit? Was sind die
Hauptthemen? Welche
Meinungen vertreten die
Oppositionsparteien?
Schreibt einen kurzen
Text über die Lage des
Landes.
PS
Wieder große Koalition
Das Wahlergebnis 2006 und die Weigerung
der Kleinparteien, an einer Regierung
teilzunehmen, ließ wieder nur eine
große Koalition zu. 2007 wurde Alfred
Gusenbauer Kanzler einer SPÖÖVPRegierung.
Mit der gemeinsamen Zweidrittelmehrheit
waren nun Verfassungsänderungen
und nötige Reformen möglich.
Die Koalitionspartner fielen aber vor allem
durch dauerndes Streiten auf; bereits
nach einem Jahr wurde Alfred Gusenbauer
abgelöst, nachdem die ÖVP unter dem
Motto „Es reicht“ Neuwahlen angestrebt
hatte. Die Wahlen 2008 brachten kaum
Veränderungen. Die SPÖ, nun unter Werner
Faymann, bildete mit der ÖVP wieder
eine große Koalition. Faymann und ÖVP
Obmann Josef Pröll arbeiteten besser zusammen
als ihre Vorgänger. Als große
Ziele formulierte die Regierung – wie
schon die Regierung davor – die Sicherung
des Gesundheitswesens, eine Qualitätsoffensive
im Bildungssystem und
eine Verwaltungsreform.
Die Wirtschaftskrise 2009
Eine Weltwirtschaftskrise, ausgelöst durch
Spekulationen, wirkte sich auch auf Österreich
aus: Banken mussten mit gewaltiger
finanzieller Unterstützung vor dem
Konkurs gerettet werden, Firmen erlitten
Exporteinbußen und mussten Mitarbeiter
und Mitarbeiterinnen entlassen. Die Regierung
unterstützte die Banken finanziell
und versuchte durch Investitionen, den
Arbeitsmarkt in Schwung zu halten.
Letztlich gelang es in Österreich – im Gegensatz
zu anderen, vor allem südeuropäischen
Ländern – die Krise zu überwinden:
Ab 2011 wuchs die Wirtschaft
wieder, die Arbeitslosigkeit ging zurück.
Allerdings wurde der Schuldenstand des
Staates durch all diese Maßnahmen weiter
erhöht. Die Frage, wie man damit umgehen
sollte und wie weitere Krisen zu
verhindern seien, sorgte nun aber wieder
für Differenzen unter den Koalitionspartnern
SPÖ und ÖVP. Während die SPÖ vor
allem eine höhere Besteuerung von Kapital
und eine Bankenabgabe forderte, war
man in der ÖVP der Meinung, man würde
dadurch die Wirtschaft und somit auch
die Bürgerinnen und Bürger schwächen.
Koalition des Stillstands?
Zu Beginn der Regierungsperiode kündigte
die Regierung eine Verfassungsreform,
eine Gesundheitsreform, eine Bildungsreform
und vieles mehr an. Zweieinhalb
Jahre später war davon noch immer nichts
zu erkennen. Zwar stritt die Koalition weniger
als die Vorgängerregierung, aber es
schien, dass dadurch auch wichtige Entscheidungen
verschoben wurden. Mitte
2011 besagten Meinungsumfragen, dass
SPÖ und ÖVP bei Neuwahlen keine Mehrheit
mehr hätten, während die Oppositionsparteien,
die Grünen und vor allem
die FPÖ, vermehrten Zuspruch finden
würden.
Die Krise erforderte Sparmaßnahmen.
Weite Teile der Bevölkerung hielten dies für
ungerecht: Während die Banken großzügig
unterstützt wurden, hätten nun die Bürgerinnen
und Bürger den Schaden zu bezahlen, den
Banken und Spekulanten angerichtet hatten.
156
Österreich seit 1945
Wissen erweitern
2010
Konsumgesellschaft – Überflussgesellschaft –
Wegwerfgesellschaft
Als Ende der 1960erJahre der erste Supermarkt
Österreichs eröffnete, war das eine
kleine Sensation. Inzwischen leben wir in
einer Überflussgesellschaft, die durch ein
riesiges Angebot von Konsumgütern gekennzeichnet
ist. Damit die Produktion
(Herstellung) nicht stillsteht, werden oft
kurzlebige Produkte erzeugt. Kritiker und
Kritikerinnen sprechen daher auch von
der modernen „Wegwerfgesellschaft“.
Der ungeheure Verbrauch von Rohstoffen
und Energie für Güterproduktion und
transport verursacht auf der ganzen
Welt große Umweltprobleme. Der Wohlstand
in den westlichen Industriegesellschaften
bedeutet auch Ausbeutung und
Armut in den Ländern der sogenannten
Dritten Welt.
Kaufkraft einst und heute:
Wie lange arbeitete man 1950 und 2009 für verschiedene Güter?
Konsumgut 1950 (Stunden:Minuten) 2009 (Stunden:Minuten)
1 kg Brot 0:27 0:11
10 Eier 2:01 0:08
1 l Vollmilch 0:19 0:03
0,5 kg Kaffee 26:22 0:19
1 Herrenanzug 108:38 17:00
Fernseher 351:38 (1960) 35:31
Nach einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft 2010, zitiert nach:
http://finanzwertig.de/kaufkraft-vergleich-frueher-war-mitnichten-alles-billiger-95 (24. 5. 2012)
Konsumstruktur 1950 – 1970 – 1990 – 2009
Verbrauchsausgaben einer Wiener Familie für:
Nahrungs- und
Genussmittel
51%
32 %
25 %
20,1%
1950
1970
1990
2009
Wohnung,
Hausrat,
Beheizung,
Beleuchtung
13 %
19 %
24 %
37,6 %
1950
1970
1990
2009
Bekleidung,
Wäsche,
Bettzeug,
Teppiche,
Vorhänge
14 %
14 %
10 %
5,7%
1950
1970
1990
2009
Verkehr,
Nachrichten
4%
12 %
15 %
16,7%
1950
1970
1990
2009
Sonstiges:
Bildung,
Freizeit,
Gesundheit
18 %
23 %
26 %
19,8 %
1950
1970
1990
2009
Quelle: Österreichisches Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum
18 Analysiere die
Tabelle zum Thema
Kaufkraft einst und
heute. HM/HO
Lies die Tabelle genau.
Fasse das Thema der
Tabelle in einem Satz
zusammen.
Bestimme die Art der
Veränderungen. Kann
man sich mit seinem
Verdienst heute mehr
leisten als früher oder
weniger?
Bei welchen Gütern
fanden die größten
Veränderungen statt?
Besprich dich mit einer
Partnerin/einem Partner.
Fasse die wesentlichen Ergebnisse
kurz zusammen.
19 Analysiere die
Tabelle zum Thema
Konsumstruktur. HM
Lies die Tabelle genau.
Fasse das Thema der
Tabelle in einem Satz
zusammen.
Welche Veränderungen
sind zu erkennen?
Welche Gründe könnte
es dafür geben?
Verfasse einen kurzen
Merktext.
20 Befrage deine Eltern,
wie viel ihr
ungefähr für die einzelnen
Punkte ausgebt (in
Prozent des Familieneinkommens).
Zeichne aufgrund
der Angaben ein
einfaches Säulendiagramm.
Vergleiche den
Konsum deiner Familie
mit den Zahlen für 2009.
Welche Unterschiede
oder Ähnlichkeiten gibt
es? Erkläre sie einer Partnerin
oder einem Partner.
Ihr könnt auch die
Säulendiagramme eurer
Familien miteinander
vergleichen. PH
157
Wissen erweitern
Neue soziale Bewegungen des 20. Jahrhunderts
Vor 25 Jahren kam esinder Au von Hainburg zu heftigen Zusammenstößen. „Die Presse am
Sonntag“ traf Besetzer und Polizisten für einen Blick zurück.
VON GEORG RENNER
Die Au-Veteranen
ObManuela Trousil heute wiederinden
Krieg ziehen würde,
wenn die Hainburger Au in
Gefahr wäre? 25Jahre nachdem
die ausgebildete Sozialarbeiterin
mit blutig geschlagenem Kopf aufeinem
„profil“-Cover neben der Schlagzeile
„Krieg in der Au“abgebildet war, 25 Jahre
nachdem sie im „Club 2“ gegen die
Polizeigewalt inder Au aufgetreten ist,
sagt die heute 50-Jährige, ohne zu zögern:
„Ja. Klar. Jederzeit wieder.“
In den diesigen Morgenstunden des
19.Dezember 1984 gehen rund 800 Exekutivbeamte
mit Schlagstöcken gegen
die Aubesetzer vor, die sich zwischen
die Bäume und Holzfällertrupps werfen.
Manuela Trousil, Aktivistin bei Global
2000,steht an vorderster Front. „Wir sind
dem Lärm der Motorsägen nachgelaufen
und haben versucht, zwischen den Polizeiabsperrungen
durchzukommen.“ In
der sonst so ruhigen Au mischt sich das
Geschrei von Gendarmen und Demonstranten,
von irgendwo singt Jazz Gitti den
Besetzern Mut zu, in der Luft liegt der
Geruch von Moder, Schweiß und Kettenöl.
In der ganzen Au rangeln Beamte
mit Besetzern, versuchen sie von den
Bäumen wegzuschleppen.
Damals und heute: Manuela Trousils Bild prägte die Legende vom „Krieg“ in der Hainburger Au.
Gegen Polizeigewalt. „Wir waren damals
schonziemlich närrisch, mit wieviel Einsatz
wir uns da beteiligt haben“, findet
Trousilheute. Sieselbst,damals beieiner
Frauenberatungsstelle beschäftigt, war
aus Idealismus in der Au: „Ich wollte
nicht, dass alle freien Flächen zubetoniert,
alle landschaftlichen Schönheiten
zerstört werden.“ Als sie versucht, zwei
junge Demonstrantinnen vor Polizeischlägen
zu bewahren, trifft die damals
25-Jährige selbst der Stock eines Beamten.
„Alle ummich herum sind auf einmal
stehen geblieben und haben mich
angestarrt.Ich habmir dann an den Kopf
gegriffen und gemerkt:Daist Blut.“
Kurz darauf ist Manuela Trousil von
Fotografen umgeben, durch ihr Foto auf
der „profil“-Titelseite avanciert sie –neben
prominenten Mitstreitern von Arik
Brauer bis Günther Nenning –zueiner
der Galionsfiguren der Aubesetzung, die
Bilder prägen die Legende vom „Blutigen
Mittwoch“ für den 19. Dezember.
20 Menschen werden an diesem Tagverletzt.
In einem„Club 2“ im Jänner 1985 –
in der Au ist inzwischen Ruhe eingekehrt–
konfrontiert sie Sicherheitsdirektor
Robert Danzinger mit dem Vorwurf
absichtlicher Polizeigewalt.
Einige Wochen danach wird Trousil
auf einer Menschenrechtsdemo in Wien
verhaftet – und drei Wochen lang in
Untersuchungshaft gehalten, wegen Verdachts
auf Widerstand gegen die Staatsgewalt.
Bei der Festnahme hätten ihr
Polizisten zu verstehen gegeben, dass sie
sich mit ihrer häufigen Teilnahme an
Demonstrationen, dem Foto, der Diskussion
im „Club 2“ zu weit ausdem Fenster
gelehnt habe, sagt Trousil. „Der Krug
geht so langzum Brunnen, bis er bricht“,
habe ihr einer der Polizisten dort gesagt.
Trousil wurde später von allen Vorwürfen
freigesprochen, heute ist die Ex-Aktivistin
Teeverkäuferin in der Wiener Innenstadt.
Kontakt mit den anderen Aubesetzern
hatsie nurnoch sporadisch.
Aufbegehren gegen den Staat. An die
aufregenden Tage in der Hainburger Au
denktsie auch heute noch gerne zurück,
wenn sie durch den Nationalpark spaziert:
Trousil erinnert sich an die Gemeinschaft
in denfünf Zeltlagern, an die
eisigenNächte unter freiem Himmel und
an das Gefühl, etwas erreicht zu haben.
„Wir haben damals gezeigt, dass man
nicht alles mit uns machen kann, dass
man aufstehen und etwas ändern kann.“
Darauf ist sie bis heute stolz.
Groll gegen die Exekutive und ihr
hartes Durchgreifen hegt sie heute nicht
mehr: „Es hat aggressivere und friedlichere
Gendarmen gegeben, viele waren
auch politisch unter Druck. UndimVergleich
zu den Ausschreitungen bei deutschen
Demos wie bei den Castor-Transporten
ist es in Hainburg immer noch
relativfriedlich zugegangen.“
Aber nicht nur unter den Aubesetzern
hat der Dezember ’84 einen bleibenden
Eindruck hinterlassen. „Eigentlich habe
ich schon damals mit den Anliegen der
Aktivisten sympathisiert“, erinnert sich
Roman Kral. 1984 stand er als Polizeischülerinder
Absperrkette in Hainburg–
heute ist er Umweltgemeinderat in Bruck
an der Leitha und Bezirksobmann der
dortigen Grünen. „Natürlich ist damals
einiges schiefgelaufen bei dem Einsatz –
aber die Exekutive hat ihre Befehle gehabt,und
die haben wirbefolgt.“
Die Zwangsmaßnahmen gegen die
Aubesetzer, die der Verfassungsgerichtshof
in weiterer Folge als unverhältnismäßigqualifizierte,hat
Kral nicht ausnächster
Nähe mitbekommen. Aber jedenfalls
habe ihn der Einsatz damals sensibilisiert
fürdie Anliegen von Umweltschutz- und
Bürgerbewegung, sagt Kral, der inzwischen
den Exekutivdienst quittiert hat
und in die Privatwirtschaft gewechselt ist.
Erinnerungen. Ebenfalls in den Reihen der
Exekutive war1984 der heutige ÖVP-Bürgermeister
von Hainburg, Karl Kindl. Er ist
bis heute nicht überzeugt von den Anliegen
der Aubesetzer: „Hainburg war damals
im Schatten des Eisernen Vorhangs,
wirtschaftlich war hier tote Hose. Das
Kraftwerk hätte uns schon viel gebracht,
an Arbeitsplätzen zum Beispiel.“ Aber
auch der Nationalpark biete viele Chancen
–„Insgesamt kann man nicht sagen,
dass der Widerstand schlecht war.“
Archiv, Clemens Fabry, Montage
» Wir haben
gezeigt, dass
man eben
nicht alles mit
uns machen
kann, dass
man aufstehen
und etwas
ändern kann. «
MANUELA
TROUSIL
Ehemalige
Aubesetzerin
AUBESETZUNG -
EINRÜCKBLICK
DIEPRESSE.COM/
HAINBURG
158 Österreich seit 1945
Als „neue soziale Bewegungen“ bezeichnet
man Gruppen von Bürgerinnen und
Bürgern, die sich außerhalb der traditionellen
Parteien mit politischen Themen
beschäftigen. Neue soziale Bewegungen
des späten 20. Jahrhunderts sind z. B. die
Frauenbewegung, die Umweltbewegung
und die Friedensbewegung. Heute sind
auch Gruppen, die der Globalisierung kritisch
gegenüberstehen, wichtig. Neue soziale
Bewegungen informieren die Menschen
über ihre Anliegen und versuchen
mit Demonstrationen, Unterschriftenaktionen
und anderen Aktivitäten, ihre
Ideen durchzusetzen.
Die AntiZwentendorfBewegung erreichte
in den 1970erJahren eine Volksabstimmung
über das Atomkraftwerk Zwentendorf.
In den 1980erJahren besetzten Umweltschützerinnen
und –schützer die Hainburger
Au (NÖ), wo ein Wasserkraftwerk
gebaut werden sollte. Die Besetzerinnen
und Besetzer wollten den Auwald vor der
Zerstörung bewahren. (Vgl. S. 151f.) In
beiden Fällen war der Protest von Bürgerinnen
und Bürgern gegen die Politik der
Regierung erfolgreich.
21 Seht den Nachrichtenbeitrag über die
Zusammenstöße in der Hainburger Au
vom 19. Dezember 1984 auf http://www.
mediathek.at/akustischechronik/ unter der
Überschrift „Hainburg“ im Abschnitt für
die Jahre 1983/84/85.
Besprecht anschließend in Gruppen: Wie
versuchten die Besetzerinnen und Besetzer,
ihre Ziele zu erreichen? Hältst du ihre Handlungen
für richtig oder falsch? Begründe
deine Meinung.
PM/PU
22 Lies dir den Text auf der linken Seite
(Die Presse, 6. 12. 2009) zuerst überfliegend
durch und markiere die wichtigsten
Stichwörter.
Lies den Text dann genau und besprich unklare
Textstellen mit deiner Nachbarin oder
deinem Nachbarn.
Besprecht auch: Wer kommt im Artikel zu
Wort? Welche Meinung hatten die Beteiligten
damals zur Aubesetzung? Was denken
sie heute?
Welche Sicht auf die Aubesetzung wird im
Artikel am ausführlichsten dargestellt? Finde
im Gespräch mit deiner Nachbarin oder
deinem Nachbarn mögliche Gründe dafür.
HM/HO
23
G
Gruppenarbeit:
An deiner Schule klappt die umweltgerechte
Müllentsorgung momentan nicht.
Eure Gruppe (4 Personen) ist dafür verantwortlich,
einen Plan zu erstellen, damit der
Müll in Zukunft ordentlich und umweltgerecht
entsorgt wird. Der Plan soll folgende
Fragen beantworten:
• Was soll erreicht werden?
(Ziele festlegen)
• Woher bekommen wir
Informationen über richtige
Mülltrennung?
• Wie werden Informationen
weitergegeben? (z. B. Plakate,
informativer Brief … )
• Wie können die Ideen umgesetzt
werden?
• Brauchen wir ein Team und
wie stellen wir es zusammen?
• Wer übernimmt welche
Aufgaben?
• Wer kann materielle Hilfe
(z. B. geeignete Behälter für Müll)
leisten?
• Wie bringt man alle dazu,
mitzumachen? (Anreize wie
Wettbewerbe, Preise …)
Präsentiert eure Ergebnisse anschließend in
der Klasse. Vielleicht könnt ihr die Vorschläge
auch in eurer Klasse umsetzen? PH
Österreich seit 1945
159
Politische Bildung
Rund um Landtags- und Gemeinderatswahlen
Die Landesregierungen
Die Landesregierungen werden vom
Landtag gewählt. Der Landesregierung
gehören der Landeshauptmann oder die
Landeshauptfrau und alle Landesräte und
Landesrätinnen an. In Wien ist der Stadtsenat
zugleich die Landesregierung.
Je nach Landesverfassung werden Landesregierungen
als Proporzregierung
oder als Mehrheits bzw. Minderheitsregierung
gebildet.
24
Finde heraus, wie in deinem Bundesland
die Regierung gebildet wird. PS
Die Pflichtschulen stehen unter der Verwaltung
des jeweiligen Bundeslandes.
NET:
www.vorarlberg.at
www.tirol.gv.at
www.salzburg.gv.at
www.oberoesterreich.
gv.at
www.noe.gv.at
www.steiermark.at
www.ktn.gv.at
www.wien.gv.at
www.burgenland.at
25 Wie heißt der Landeshauptmann
oder die Landeshauptfrau deines
Bundeslandes?
PS
Die Wasserversorgung und -entsorgung ist eine
wichtige Aufgabe der Gemeinde. Die Hauptkläranlage
in Wien bewältigt die Abwässer einer
Millionenstadt.
26
Für welche Fachbereiche in der
Regierung ist er/sie zuständig?
PS
27 Erkundige dich, wie die Mandatsverteilung
im Gemeinderat/Stadtrat deiner
Heimatgemeinde aussieht. Fülle aus: PS
zuständig für:
SPÖ:
Proporzregierung:
Alle im Landtag vertretenen
Parteien stellen
Landesräte und rätinnen.
ÖVP:
FPÖ:
Mehrheits- bzw.
Minderheitsregierung:
Die Oppositionsparteien
stellen keine Landesräte
und rätinnen.
Die Grünen:
andere:
160 Österreich seit 1945
Bundesrat
Landesräte
Landesregierung
Landtag
Amt der Landesregierung
Bezirksverwaltungsbehörde
Gemeindevorstand
Wähler/innen
28 Ergänze die Grafik.
29 Wie heißen die Inhaber/innen der 30
folgenden politischen Funktionen
• Setze folgende Begriffe ein:
Landeshauptmann/Landeshauptfrau,
Gemeinderat, Bürgermeister/in
• Wähler/innen wählen den Gemeinderat
und den Landtag direkt. Stelle diese
Aussage in der Grafik dar, indem du die
entsprechenden Pfeile einzeichnest.
• Der Bürgermeister/die Bürgermeisterin
wird entweder direkt oder indirekt, vom
Gemeinderat, gewählt. Erkundige dich,
welche Form in deinem Bundesland gilt.
Markiere den entsprechenden Pfeil in
der Grafik.
• Die Landtage wählen den Landeshauptmann/die
Landeshauptfrau und entsenden
Vertreter/innen in den Bundesrat.
Zeichne die entsprechenden Pfeile ein.
PS
im Gebiet eurer Schule? (Recherchiert ggf.
in Zeitungen und im Internet.) PS/PM
Landeshauptmann/frau:
Landtagsvorsitzende/r:
Bezirkshauptmann/frau:
Bürgermeister/in:
Welche Parteien
sind im Gemeinderat
deiner Heimatgemeinde
vertreten?
Wie viele Gemeinderatssitze
haben die Parteien
jeweils? PS/PM
Parteien
Mandate im
Gemeinderat
Österreich seit 1945 161
Sichern und Wissen
Teilung Deutschlands
Kalter Krieg
Europäische Gemeinschaft
Österreich ist besetzt
1945
Gründung
der UNO
1949
Gründung
der NATO
1950 1955
Staatsvertrag
(Ö)
1956
Ungarnaufstand
1960
Gründung
der EFTA
1968
Prager
Frühling
1970
1972
Südtirol
Paket
1978
V
abstimmung
Zwentendorf
Zusammenfassung
Tipp:
Ladet eine/n Nationalratsabgeordnete/n
aus
eurer Region in die
Schule ein und diskutiert
die aktuelle innenund
außenpolitische
Situation.
NET:
www.austria.gv.at
www.spoe.at
www.oevp.at
www.gruene.at
www.fpoe.at
www.bzoe.at
1 Ordne die Texte der
Kästchen dem jeweiligen
Regierungschef
zu (schreibe die Nummer
der Aussage zum
passenden Bild). HS
1. EUBeitritt 1995; Klärung
des Verhältnisses zu Israel
(„Mitschuld am Holocaust“);
„Entstaatlichung“ der Wirtschaft;
Budgetprobleme
Die Nachkriegszeit
Österreich litt anfangs sehr unter den
Folgen des Krieges. Obwohl die Siegermächte
in der Moskauer Deklaration
Österreich zu einem „zu befreienden
Land“ und zum ersten Opfer
Hitlerdeutschlands erklärt hatten, wurde
das Land von den vier Mächten besetzt.
Eine provisorische Regierung war
vom Alliierten Rat abhängig. Grenzstreitigkeiten
konnten im Fall von Kärnten
zugunsten Österreichs entschieden
werden; Südtirol blieb bei Italien. Am
schlimmsten traf die Österreicher und
Österreicherinnen die wirtschaftliche
Not: Der Hungerwinter 1946/47 kostete
zahlreiche Menschen das Leben.
Österreichische Bundeskanzler
seit 1945
2. Erster SPKanzler, am
längsten amtierender Bundeskanzler;
weitreichende
Reformen im Sozialbereich,
in Justiz und Bildung; forcierte
Arbeitsplatzpolitik
3. Stand im Schatten
seines Vorgängers Raab.
4. Erster Kanzler einer Regierung
mit FPBeteiligung.
Hainburger Au 1984; Rücktritt
nach Wahl Waldheims
1986
5. Erste VPAlleinregierung;
forderte Verhandlungen
über EWGAssoziierungs
Abkommen; Budgetkonsolidierung
Der Staatsvertrag
Bereits im November 1945 fanden die
ersten freien Wahlen statt, die der ÖVP
die absolute Mehrheit brachten. Trotzdem
entschied man sich für eine große
Koalition, um gemeinsam die Probleme
zu lösen. Der Marshallplan und die Unterstützung
der Westmächte förderten
den wirtschaftlichen Aufbau des Landes,
man sprach vom österreichischen Wirtschaftswunder.
Das außenpolitisch wichtigste
Ziel, die Erlangung der Freiheit,
wurde aber aufgrund der sowjetischen
Einwände noch länger nicht erreicht. Erst
als die Frage des deutschen Eigentums
geklärt war und sich Österreich zu Zahlungen
an die UdSSR verpflichtet hatte,
kam es im April 1955 zu den entscheidenden
Verhandlungen. Nachdem
Österreich für den Fall der Freiheit die
immerwährende Neutralität versprochen
hatte, stimmte die UdSSR dem Abzug
der Besatzungstruppen zu. Am 15.
Mai 1955 wurde der Staatsvertrag unterzeichnet,
am 26. Oktober wurde im
Parlament die immerwährende Neutralität
beschlossen (Nationalfeiertag).
Leopold Figl
Julius Raab
Alfons Gorbach
Josef Klaus
Bruno Kreisky
ÖVP/SPÖ
1945–1953
ÖVP/SPÖ
1953–1961
ÖVP/SPÖ
1961–1964
ÖVP/SPÖ
ÖVP
1964–1970
SPÖ
1970–1983
162 Österreich seit 1945
Österreich seit 1945 163
Die Außenpolitik Österreichs
Die Neutralität wurde zur Grundlage
der Außenpolitik Österreichs:Das Land
gehörte nie einem Militärbündnis an,
Österreichs Politiker engagierten sich
aber immer wieder als Vermittler in
Konflikten, man sprach von einer „aktivenFriedenspolitik“.
Schonbaldnach
dem Krieg wurde Österreich Mitglied
der UNO. Bruno Kreisky, Österreichs
Kanzler von 1970 bis 1983, setzte sich
ganz besonders imNahostkonflikt ein.
Während des Kalten Krieges war Wien
mehrmals neutraler Treffpunktder verfeindetenSupermächte,
hier begannen
die Abrüstungsverhandlungen. Nach
dem Zerfalldes Ostblocksund dem Ende
des Kalten Krieges bemühte sich
Österreich um die Aufnahme in die EU,
der das Land 1995 beitrat.
6. EU-Sanktionen; Sparprogramm,
Reform des
Pensionssystems, des
Gesundheitswesens; Privatisierungen;
Senkung der
Wehrdienstdauer
9. Beginn des Wiederaufbaus;
1955 Unterzeichnung
des Staatsvertrages
als Außenminister
7. Staatsvertrag 1955;
Raab-Kamitz-Kurs als
Grundlage des österreichischen
Wirtschaftswunders;
Anbahnung der
Sozialpartnerschaft
10. Kürzeste Amtszeit einer
Regierung der Zweiten
Republik; unüberwindbare
Streitigkeiten innerhalb
der Koalition
8. Verschlechterung des
Verhältnisses zum Koalitionspartner
ÖVP; Streit um
das Budget
Im Gegensatzzur Zwischenkriegszeit
entschieden sich die großen
Parteien ÖVPund SPÖnach dem
ZweitenWeltkriegzur Zusammenarbeit,
umdie anstehenden Probleme
zulösen. Sogelang es tatsächlich,
die Nachkriegsnot zu
überwinden und für ein wahres
Wirtschaftswunder zu sorgen.
1966 kam eszur ersten Alleinregierung
der ÖVP, die schon bis
dahinimmer dieMehrheitimParlament
gehabt und den Kanzler
gestellt hatte. Der Sparkurs der
Regierung ließ viele Wähler/innen
zur SPÖ wechseln, die 1970
die Wahl gewann und mit Bruno
Kreiskyerstmalseinen SPÖ-Kanzler
stellte. Bruno Kreisky regierte
bis 1983. Die 80er-Jahre und
90er-Jahre waren innenpolitisch
von einer Veränderung der Parteienlandschaftgeprägt:
DieGrünen
kamen ins Parlament, die
FPÖ wurde von einer Kleinpartei
zur zweitgrößten Partei 1999.
2000 kam es nach 30 Jahren
SPÖ-dominierter Regierungen zu
einer ÖVP-FPÖ-Koalition unter
Wolfgang Schüssel. Die Koalition
zerbrach aufgrund FPÖ-interner
Schwierigkeiten vorzeitig. Bei
den Wahlen 2002 errang dieÖVP
erstmals seit 1966 wieder die relative
Mehrheit. Bei den Wahlen
2006 und 2008 erzielte die SPÖ
die meisten Stimmen, die ÖVP
fiel hinter die SPÖ zurück. Nach
beiden Wahlen bildeten SPÖund
ÖVP eine große Koalition.
Österreichs Innenpolitik seit 1945
Viktor Klima
Franz Vranitzky
Fred Sinowatz
Werner Faymann
SPÖ/ÖVP
ab 2008
Wolfgang Schüssel
Österreich: Zweite Republik
1989
Fall der
Berliner
Mauer
1980
1978
Volksabstimmung
Zwentendorf
1984
Besetzung
Hainburger
Au
1986
Waldheim-
Affäre
Europäische Union
1990 2000
Proteste gegen
FPÖ-ÖVP-
Regierung
1994
Volksabstimmung
EU-Beitritt
1995
EU-Beitritt
Österreichs
2002
Einführung
des EURO
2010
1993 2004
1. EU-Osterweiterung
2007
2. EU-Osterweiterung
Im Gegensatz zur Zwischenkriegszeit
entschieden sich die großen
Parteien ÖVP und SPÖ nach dem
Zweiten Weltkrieg zur Zusammenarbeit,
um die anstehenden Probleme
zu lösen. So gelang es tatsächlich,
die Nachkriegsnot zu
über winden und für ein wahres
Wirt schaftswunder zu sorgen.
1966 kam es zur ersten Alleinregierung
der ÖVP, die schon bis
dahin immer die Mehrheit im Parlament
gehabt und den Kanzler
gestellt hatte. Der Sparkurs der Regierung
ließ viele Wähler/innen zur
SPÖ wechseln, die 1970 die Wahl
gewann und mit Bruno Kreisky
erstmals einen SPÖ-Kanzler stellte.
Bruno Kreisky regierte bis 1983.
Die 80er-Jahre und 90er-Jahre waren
innenpolitisch von einer Veränderung
der Parteienlandschaft geprägt:
Die Grünen kamen ins
Parlament, die FPÖ wurde von einer
Kleinpartei zur zweitgrößten
Partei 1999. 2000 kam es nach 30
Jahren SPÖ-dominierter Regierungen
zu einer ÖVP–FPÖ-Koalition
unter Wolfgang Schüssel. Die Koalition
zerbrach aufgrund FPÖ-interner
Schwierigkeiten vorzeitig. Bei
den Wahlen 2002 errang die ÖVP
erstmals seit 1966 wieder die relative
Mehrheit. Bei den Wahlen 2006
und 2008 erzielte die SPÖ die meisten
Stimmen, die ÖVP fiel hinter
die SPÖ zurück. Nach beiden Wahlen
bildeten SPÖ und ÖVP eine
große Koalition. 2017 kam es zu
einer erneuten ÖVP–FPÖ-Koalition.
Österreich seit 1945 163
Die Außenpolitik Österreichs
Die Neutralität wurde zur Grundlage
der Außenpolitik Österreichs:Das Land
gehörte nie einem Militärbündnis an,
Österreichs Politiker engagierten sich
aber immer wieder als Vermittler in
Konflikten, man sprach von einer „aktivenFriedenspolitik“.
Schonbaldnach
dem Krieg wurde Österreich Mitglied
der UNO. Bruno Kreisky, Österreichs
Kanzler von 1970 bis 1983, setzte sich
ganz besonders imNahostkonflikt ein.
Während des Kalten Krieges war Wien
mehrmals neutraler Treffpunktder verfeindetenSupermächte,
hier begannen
die Abrüstungsverhandlungen. Nach
dem Zerfalldes Ostblocksund dem Ende
des Kalten Krieges bemühte sich
Österreich um die Aufnahme in die EU,
der das Land 1995 beitrat.
6. EU-Sanktionen; Sparprogramm,
Reform des
Pensionssystems, des
Gesundheitswesens; Privatisierungen;
Senkung der
Wehrdienstdauer
9. Beginn des Wiederaufbaus;
1955 Unterzeichnung
des Staatsvertrages
als Außenminister
7. Staatsvertrag 1955;
Raab-Kamitz-Kurs als
Grundlage des österreichischen
Wirtschaftswunders;
Anbahnung der
Sozialpartnerschaft
10. Kürzeste Amtszeit einer
Regierung der Zweiten
Republik; unüberwindbare
Streitigkeiten innerhalb
der Koalition
8. Verschlechterung des
Verhältnisses zum Koalitionspartner
ÖVP; Streit um
das Budget
Im Gegensatzzur Zwischenkriegszeit
entschieden sich die großen
Parteien ÖVPund SPÖnach dem
ZweitenWeltkriegzur Zusammenarbeit,
umdie anstehenden Probleme
zulösen. Sogelang es tatsächlich,
die Nachkriegsnot zu
überwinden und für ein wahres
Wirtschaftswunder zu sorgen.
1966 kam eszur ersten Alleinregierung
der ÖVP, die schon bis
dahinimmer dieMehrheitimParlament
gehabt und den Kanzler
gestellt hatte. Der Sparkurs der
Regierung ließ viele Wähler/innen
zur SPÖ wechseln, die 1970
die Wahl gewann und mit Bruno
Kreiskyerstmalseinen SPÖ-Kanzler
stellte. Bruno Kreisky regierte
bis 1983. Die 80er-Jahre und
90er-Jahre waren innenpolitisch
von einer Veränderung der Parteienlandschaftgeprägt:
DieGrünen
kamen ins Parlament, die
FPÖ wurde von einer Kleinpartei
zur zweitgrößten Partei 1999.
2000 kam es nach 30 Jahren
SPÖ-dominierter Regierungen zu
einer ÖVP-FPÖ-Koalition unter
Wolfgang Schüssel. Die Koalition
zerbrach aufgrund FPÖ-interner
Schwierigkeiten vorzeitig. Bei
den Wahlen 2002 errang dieÖVP
erstmals seit 1966 wieder die relative
Mehrheit. Bei den Wahlen
2006 und 2008 erzielte die SPÖ
die meisten Stimmen, die ÖVP
fiel hinter die SPÖ zurück. Nach
beiden Wahlen bildeten SPÖund
ÖVP eine große Koalition.
Österreichs Innenpolitik seit 1945
Viktor Klima
Franz Vranitzky
Fred Sinowatz
Werner Faymann
SPÖ/ÖVP
ab 2008
Wolfgang Schüssel
Österreich: Zweite Republik
1989
Fall der
Berliner
Mauer
1980
8
kstimmung
ntendorf
1984
Besetzung
Hainburger
Au
1986
Waldheim-
Affäre
Europäische Union
1990 2000
Proteste gegen
FPÖ-ÖVP-
Regierung
1994
Volksabstimmung
EU-Beitritt
1995
EU-Beitritt
Österreichs
2002
Einführung
des EURO
2010
1993 2004
1. EU-Osterweiterung
2007
2. EU-Osterweiterung
Österreich seit 1945 163
Die Außenpolitik Österreichs
Die Neutralität wurde zur Grundlage
der Außenpolitik Österreichs:Das Land
gehörte nie einem Militärbündnis an,
Österreichs Politiker engagierten sich
aber immer wieder als Vermittler in
Konflikten, man sprach von einer „aktivenFriedenspolitik“.
Schonbaldnach
dem Krieg wurde Österreich Mitglied
der UNO. Bruno Kreisky, Österreichs
Kanzler von 1970 bis 1983, setzte sich
ganz besonders imNahostkonflikt ein.
Während des Kalten Krieges war Wien
mehrmals neutraler Treffpunktder verfeindetenSupermächte,
hier begannen
die Abrüstungsverhandlungen. Nach
dem Zerfalldes Ostblocksund dem Ende
des Kalten Krieges bemühte sich
Österreich um die Aufnahme in die EU,
der das Land 1995 beitrat.
6. EU-Sanktionen; Sparprogramm,
Reform des
Pensionssystems, des
Gesundheitswesens; Privatisierungen;
Senkung der
Wehrdienstdauer
9. Beginn des Wiederaufbaus;
1955 Unterzeichnung
des Staatsvertrages
als Außenminister
7. Staatsvertrag 1955;
Raab-Kamitz-Kurs als
Grundlage des österreichischen
Wirtschaftswunders;
Anbahnung der
Sozialpartnerschaft
10. Kürzeste Amtszeit einer
Regierung der Zweiten
Republik; unüberwindbare
Streitigkeiten innerhalb
der Koalition
8. Verschlechterung des
Verhältnisses zum Koalitionspartner
ÖVP; Streit um
das Budget
Im Gegensatzzur Zwischenkriegszeit
entschieden sich die großen
Parteien ÖVPund SPÖnach dem
ZweitenWeltkriegzur Zusammenarbeit,
umdie anstehenden Probleme
zulösen. Sogelang es tatsächlich,
die Nachkriegsnot zu
überwinden und für ein wahres
Wirtschaftswunder zu sorgen.
1966 kam eszur ersten Alleinregierung
der ÖVP, die schon bis
dahinimmer dieMehrheitimParlament
gehabt und den Kanzler
gestellt hatte. Der Sparkurs der
Regierung ließ viele Wähler/innen
zur SPÖ wechseln, die 1970
die Wahl gewann und mit Bruno
Kreiskyerstmalseinen SPÖ-Kanzler
stellte. Bruno Kreisky regierte
bis 1983. Die 80er-Jahre und
90er-Jahre waren innenpolitisch
von einer Veränderung der Parteienlandschaftgeprägt:
DieGrünen
kamen ins Parlament, die
FPÖ wurde von einer Kleinpartei
zur zweitgrößten Partei 1999.
2000 kam es nach 30 Jahren
SPÖ-dominierter Regierungen zu
einer ÖVP-FPÖ-Koalition unter
Wolfgang Schüssel. Die Koalition
zerbrach aufgrund FPÖ-interner
Schwierigkeiten vorzeitig. Bei
den Wahlen 2002 errang dieÖVP
erstmals seit 1966 wieder die relative
Mehrheit. Bei den Wahlen
2006 und 2008 erzielte die SPÖ
die meisten Stimmen, die ÖVP
fiel hinter die SPÖ zurück. Nach
beiden Wahlen bildeten SPÖund
ÖVP eine große Koalition.
Österreichs Innenpolitik seit 1945
Viktor Klima
Franz Vranitzky
Fred Sinowatz
Werner Faymann
SPÖ/ÖVP
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Wolfgang Schüssel
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Europäische Union
1990 2000
Proteste gegen
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Regierung
1994
Volksabstimmung
EU-Beitritt
1995
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2002
Einführung
des EURO
2010
1993 2004
1. EU-Osterweiterung
2007
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entschieden sich die großen
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die Nachkriegsnot zu
überwinden und für ein wahres
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1966 kam eszur ersten Alleinregierung
der ÖVP, die schon bis
dahinimmer dieMehrheitimParlament
gehabt und den Kanzler
gestellt hatte. Der Sparkurs der
Regierung ließ viele Wähler/innen
zur SPÖ wechseln, die 1970
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fiel hinter die SPÖ zurück. Nach
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Österreichs Innenpolitik seit 1945
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1995
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Einführung
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1993 2004
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Europäische Union
1990 2000
Proteste gegen
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Regierung
1994
Volksabstimmung
EU-Beitritt
1995
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2002
Einführung
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2010
1993 2004
1. EU-Osterweiterung
2007
2. EU-Osterweiterung
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1990 2000
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1994
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1995
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2002
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1993 2004
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die Wahl gewann und mit Bruno
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bis 1983. Die 80er-Jahre und
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Die Außenpolitik Österreichs
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aber immer wieder als Vermittler in
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Österreichs:Das Land
mMilitärbündnis an,
ker engagierten sich
der als Vermittler in
prach von einer „akitik“.
Schonbaldnach
Österreich Mitglied
Kreisky, Österreichs
bis 1983, setzte sich
mNahostkonflikt ein.
ten Krieges war Wien
ler Treffpunktder verächte,
hier begannen
erhandlungen. Nach
stblocksund dem Enrieges
bemühte sich
Aufnahme in die EU,
5beitrat.
a-
r
9. Beginn des Wiederaufbaus;
1955 Unterzeichnung
des Staatsvertrages
als Außenminister
7. Staatsvertrag 1955;
Raab-Kamitz-Kurs als
Grundlage des österreichischen
Wirtschaftswunders;
Anbahnung der
Sozialpartnerschaft
10. Kürzeste Amtszeit einer
Regierung der Zweiten
Republik; unüberwindbare
Streitigkeiten innerhalb
der Koalition
8. Verschlechterung des
Verhältnisses zum Koalitionspartner
ÖVP; Streit um
das Budget
Im Gegensatzzur Zwischenkriegszeit
entschieden sich die großen
Parteien ÖVPund SPÖnach dem
ZweitenWeltkriegzur Zusammenarbeit,
umdie anstehenden Probleme
zulösen. Sogelang es tatsächlich,
die Nachkriegsnot zu
überwinden und für ein wahres
Wirtschaftswunder zu sorgen.
1966 kam eszur ersten Alleinregierung
der ÖVP, die schon bis
dahinimmer dieMehrheitimParlament
gehabt und den Kanzler
gestellt hatte. Der Sparkurs der
Regierung ließ viele Wähler/innen
zur SPÖ wechseln, die 1970
die Wahl gewann und mit Bruno
Kreiskyerstmalseinen SPÖ-Kanzler
stellte. Bruno Kreisky regierte
bis 1983. Die 80er-Jahre und
90er-Jahre waren innenpolitisch
von einer Veränderung der Parteienlandschaftgeprägt:
DieGrünen
kamen ins Parlament, die
FPÖ wurde von einer Kleinpartei
zur zweitgrößten Partei 1999.
2000 kam es nach 30 Jahren
SPÖ-dominierter Regierungen zu
einer ÖVP-FPÖ-Koalition unter
Wolfgang Schüssel. Die Koalition
zerbrach aufgrund FPÖ-interner
Schwierigkeiten vorzeitig. Bei
den Wahlen 2002 errang dieÖVP
erstmals seit 1966 wieder die relative
Mehrheit. Bei den Wahlen
2006 und 2008 erzielte die SPÖ
die meisten Stimmen, die ÖVP
fiel hinter die SPÖ zurück. Nach
beiden Wahlen bildeten SPÖund
ÖVP eine große Koalition.
Österreichs Innenpolitik seit 1945
Viktor Klima
Franz Vranitzky
Werner Faymann
SPÖ/ÖVP
ab 2008
Wolfgang Schüssel
lik
1989
Fall der
Berliner
Mauer
1986
Waldheim-
Affäre
Europäische Union
1990 2000
Proteste gegen
FPÖ-ÖVP-
Regierung
1994
Volksabstimmung
EU-Beitritt
1995
EU-Beitritt
Österreichs
2002
Einführung
des EURO
2010
1993 2004
1. EU-Osterweiterung
2007
2. EU-Osterweiterung
Österreich seit 1945 163
Österreichs
urde zur Grundlage
sterreichs:Das Land
Militärbündnis an,
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erhandlungen. Nach
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9. Beginn des Wiederaufbaus;
1955 Unterzeichnung
des Staatsvertrages
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7. Staatsvertrag 1955;
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Grundlage des österreichischen
Wirtschaftswunders;
Anbahnung der
Sozialpartnerschaft
10. Kürzeste Amtszeit einer
Regierung der Zweiten
Republik; unüberwindbare
Streitigkeiten innerhalb
der Koalition
8. Verschlechterung des
Verhältnisses zum Koalitionspartner
ÖVP; Streit um
das Budget
Im Gegensatzzur Zwischenkriegszeit
entschieden sich die großen
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umdie anstehenden Probleme
zulösen. Sogelang es tatsächlich,
die Nachkriegsnot zu
überwinden und für ein wahres
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1966 kam eszur ersten Alleinregierung
der ÖVP, die schon bis
dahinimmer dieMehrheitimParlament
gehabt und den Kanzler
gestellt hatte. Der Sparkurs der
Regierung ließ viele Wähler/innen
zur SPÖ wechseln, die 1970
die Wahl gewann und mit Bruno
Kreiskyerstmalseinen SPÖ-Kanzler
stellte. Bruno Kreisky regierte
bis 1983. Die 80er-Jahre und
90er-Jahre waren innenpolitisch
von einer Veränderung der Parteienlandschaftgeprägt:
DieGrünen
kamen ins Parlament, die
FPÖ wurde von einer Kleinpartei
zur zweitgrößten Partei 1999.
2000 kam es nach 30 Jahren
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einer ÖVP-FPÖ-Koalition unter
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zerbrach aufgrund FPÖ-interner
Schwierigkeiten vorzeitig. Bei
den Wahlen 2002 errang dieÖVP
erstmals seit 1966 wieder die relative
Mehrheit. Bei den Wahlen
2006 und 2008 erzielte die SPÖ
die meisten Stimmen, die ÖVP
fiel hinter die SPÖ zurück. Nach
beiden Wahlen bildeten SPÖund
ÖVP eine große Koalition.
Österreichs Innenpolitik seit 1945
Viktor Klima
Franz Vranitzky
Werner Faymann
SPÖ/ÖVP
ab 2008
Wolfgang Schüssel
lik
1989
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Berliner
Mauer
1986
Waldheim-
Affäre
Europäische Union
1990 2000
Proteste gegen
FPÖ-ÖVP-
Regierung
1994
Volksabstimmung
EU-Beitritt
1995
EU-Beitritt
Österreichs
2002
Einführung
des EURO
2010
1993 2004
1. EU-Osterweiterung
2007
2. EU-Osterweiterung
Österreich seit 1945 163
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urde zur Grundlage
Österreichs:Das Land
mMilitärbündnis an,
iker engagierten sich
der als Vermittler in
sprach von einer „akitik“.
Schonbaldnach
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Kreisky, Österreichs
bis 1983, setzte sich
mNahostkonflikt ein.
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9. Beginn des Wiederaufbaus;
1955 Unterzeichnung
des Staatsvertrages
als Außenminister
7. Staatsvertrag 1955;
Raab-Kamitz-Kurs als
Grundlage des österreichischen
Wirtschaftswunders;
Anbahnung der
Sozialpartnerschaft
10. Kürzeste Amtszeit einer
Regierung der Zweiten
Republik; unüberwindbare
Streitigkeiten innerhalb
der Koalition
8. Verschlechterung des
Verhältnisses zum Koalitionspartner
ÖVP; Streit um
das Budget
Im Gegensatzzur Zwischenkriegszeit
entschieden sich die großen
Parteien ÖVPund SPÖnach dem
ZweitenWeltkriegzur Zusammenarbeit,
umdie anstehenden Probleme
zulösen. Sogelang es tatsächlich,
die Nachkriegsnot zu
überwinden und für ein wahres
Wirtschaftswunder zu sorgen.
1966 kam eszur ersten Alleinregierung
der ÖVP, die schon bis
dahinimmer dieMehrheitimParlament
gehabt und den Kanzler
gestellt hatte. Der Sparkurs der
Regierung ließ viele Wähler/innen
zur SPÖ wechseln, die 1970
die Wahl gewann und mit Bruno
Kreiskyerstmalseinen SPÖ-Kanzler
stellte. Bruno Kreisky regierte
bis 1983. Die 80er-Jahre und
90er-Jahre waren innenpolitisch
von einer Veränderung der Parteienlandschaftgeprägt:
DieGrünen
kamen ins Parlament, die
FPÖ wurde von einer Kleinpartei
zur zweitgrößten Partei 1999.
2000 kam es nach 30 Jahren
SPÖ-dominierter Regierungen zu
einer ÖVP-FPÖ-Koalition unter
Wolfgang Schüssel. Die Koalition
zerbrach aufgrund FPÖ-interner
Schwierigkeiten vorzeitig. Bei
den Wahlen 2002 errang dieÖVP
erstmals seit 1966 wieder die relative
Mehrheit. Bei den Wahlen
2006 und 2008 erzielte die SPÖ
die meisten Stimmen, die ÖVP
fiel hinter die SPÖ zurück. Nach
beiden Wahlen bildeten SPÖund
ÖVP eine große Koalition.
Österreichs Innenpolitik seit 1945
Viktor Klima
Franz Vranitzky
Werner Faymann
SPÖ/ÖVP
ab 2008
Wolfgang Schüssel
lik
1989
Fall der
Berliner
Mauer
1986
Waldheim-
Affäre
Europäische Union
1990 2000
Proteste gegen
FPÖ-ÖVP-
Regierung
1994
Volksabstimmung
EU-Beitritt
1995
EU-Beitritt
Österreichs
2002
Einführung
des EURO
2010
1993 2004
1. EU-Osterweiterung
2007
2. EU-Osterweiterung
Österreich seit 1945 163
Die Außenpolitik Österreichs
Die Neutralität wurde zur Grundlage
der Außenpolitik Österreichs:Das Land
gehörte nie einem Militärbündnis an,
Österreichs Politiker engagierten sich
aber immer wieder als Vermittler in
Konflikten, man sprach von einer „aktivenFriedenspolitik“.
Schonbaldnach
dem Krieg wurde Österreich Mitglied
der UNO. Bruno Kreisky, Österreichs
Kanzler von 1970 bis 1983, setzte sich
ganz besonders imNahostkonflikt ein.
Während des Kalten Krieges war Wien
mehrmals neutraler Treffpunktder verfeindetenSupermächte,
hier begannen
die Abrüstungsverhandlungen. Nach
dem Zerfalldes Ostblocksund dem Ende
des Kalten Krieges bemühte sich
Österreich um die Aufnahme in die EU,
der das Land 1995 beitrat.
6. EU-Sanktionen; Sparprogramm,
Reform des
Pensionssystems, des
Gesundheitswesens; Privatisierungen;
Senkung der
Wehrdienstdauer
9. Beginn des Wiederaufbaus;
1955 Unterzeichnung
des Staatsvertrages
als Außenminister
7. Staatsvertrag 1955;
Raab-Kamitz-Kurs als
Grundlage des österreichischen
Wirtschaftswunders;
Anbahnung der
Sozialpartnerschaft
10. Kürzeste Amtszeit einer
Regierung der Zweiten
Republik; unüberwindbare
Streitigkeiten innerhalb
der Koalition
8. Verschlechterung des
Verhältnisses zum Koalitionspartner
ÖVP; Streit um
das Budget
Im Gegensatzzur Zwischenkriegszeit
entschieden sich die großen
Parteien ÖVPund SPÖnach dem
ZweitenWeltkriegzur Zusammenarbeit,
umdie anstehenden Probleme
zulösen. Sogelang es tatsächlich,
die Nachkriegsnot zu
überwinden und für ein wahres
Wirtschaftswunder zu sorgen.
1966 kam eszur ersten Alleinregierung
der ÖVP, die schon bis
dahinimmer dieMehrheitimParlament
gehabt und den Kanzler
gestellt hatte. Der Sparkurs der
Regierung ließ viele Wähler/innen
zur SPÖ wechseln, die 1970
die Wahl gewann und mit Bruno
Kreiskyerstmalseinen SPÖ-Kanzler
stellte. Bruno Kreisky regierte
bis 1983. Die 80er-Jahre und
90er-Jahre waren innenpolitisch
von einer Veränderung der Parteienlandschaftgeprägt:
DieGrünen
kamen ins Parlament, die
FPÖ wurde von einer Kleinpartei
zur zweitgrößten Partei 1999.
2000 kam es nach 30 Jahren
SPÖ-dominierter Regierungen zu
einer ÖVP-FPÖ-Koalition unter
Wolfgang Schüssel. Die Koalition
zerbrach aufgrund FPÖ-interner
Schwierigkeiten vorzeitig. Bei
den Wahlen 2002 errang dieÖVP
erstmals seit 1966 wieder die relative
Mehrheit. Bei den Wahlen
2006 und 2008 erzielte die SPÖ
die meisten Stimmen, die ÖVP
fiel hinter die SPÖ zurück. Nach
beiden Wahlen bildeten SPÖund
ÖVP eine große Koalition.
Österreichs Innenpolitik seit 1945
Viktor Klima
Franz Vranitzky
Fred Sinowatz
Werner Faymann
SPÖ/ÖVP
ab 2008
Wolfgang Schüssel
Österreich: Zweite Republik
1989
Fall der
Berliner
Mauer
1980
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1984
Besetzung
Hainburger
Au
1986
Waldheim-
Affäre
Europäische Union
1990 2000
Proteste gegen
FPÖ-ÖVP-
Regierung
1994
Volksabstimmung
EU-Beitritt
1995
EU-Beitritt
Österreichs
2002
Einführung
des EURO
2010
1993 2004
1. EU-Osterweiterung
2007
2. EU-Osterweiterung
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Die Außenpolitik Österreichs
Die Neutralität wurde zur Grundlage
der Außenpolitik Österreichs:Das Land
gehörte nie einem Militärbündnis an,
Österreichs Politiker engagierten sich
aber immer wieder als Vermittler in
Konflikten, man sprach von einer „aktivenFriedenspolitik“.
Schonbaldnach
dem Krieg wurde Österreich Mitglied
der UNO. Bruno Kreisky, Österreichs
Kanzler von 1970 bis 1983, setzte sich
ganz besonders imNahostkonflikt ein.
Während des Kalten Krieges war Wien
mehrmals neutraler Treffpunktder verfeindetenSupermächte,
hier begannen
die Abrüstungsverhandlungen. Nach
dem Zerfalldes Ostblocksund dem Ende
des Kalten Krieges bemühte sich
Österreich um die Aufnahme in die EU,
der das Land 1995 beitrat.
6. EU-Sanktionen; Sparprogramm,
Reform des
Pensionssystems, des
Gesundheitswesens; Privatisierungen;
Senkung der
Wehrdienstdauer
9. Beginn des Wiederaufbaus;
1955 Unterzeichnung
des Staatsvertrages
als Außenminister
7. Staatsvertrag 1955;
Raab-Kamitz-Kurs als
Grundlage des österreichischen
Wirtschaftswunders;
Anbahnung der
Sozialpartnerschaft
10. Kür
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Republi
Streitig
der Koa
8. Verschlechterung des
Verhältnisses zum Koalitionspartner
ÖVP; Streit um
das Budget
Im Gegensatzzur Zwischenkriegszeit
entschieden sich die großen
Parteien ÖVPund SPÖnach dem
ZweitenWeltkriegzur Zusammenarbeit,
umdie anstehenden Probleme
zulösen. Sogelang es tatsächlich,
die Nachkriegsnot zu
überwinden und für ein wahres
Wirtschaftswunder zu sorgen.
1966 kam eszur ersten Alleinregierung
der ÖVP, die schon bis
dahinimmer dieMehrheitimParlament
gehabt und den Kanzler
gestellt hatte. Der Sparkurs der
Regierung ließ viele Wähler/innen
zur SPÖ wechseln, die 1970
die Wahl gewann und mit Bruno
Kreiskyerstmalseinen SPÖ-Kanzler
stellte. Bruno Kreisky regierte
bis 1983. Die 80er-Jahre und
90er-Jahre waren
von einer Verände
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ÖVP eine große Ko
Österreichs Innenpolitik seit 1945
Viktor Klima
Franz Vranitzky
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Wolfgang Schüssel
Österreich: Zweite Republik
1989
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1980
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1984
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Affäre
Europäische Union
1990 2000
Proteste gegen
FPÖ-ÖVP-
Regierung
1994
Volksabstimmung
EU-Beitritt
1995
EU-Beitritt
Österreichs
2002
Einführung
des EURO
1993 2004
1. EU-Osterweiterung
SPÖ/FPÖ
1983–1986
SPÖ/ÖVP
1986–1997
SPÖ/FPÖ
SPÖ/ÖVP
1997–2000
ÖVP/FPÖ
bzw. ÖVP/BZÖ
2000–2007
SPÖ/ÖVP
2007–2008
SPÖ/ÖVP
2008–2016
SPÖ/ÖVP
2016–2017
ÖVP/FPÖ
seit 2017
Sichern und Wissen
Zur Wiederholung
2 Folgende Begriffe
solltest du erklären
können. HS/PS
Moskauer Deklaration
Sozialpartnerschaft
Trümmerfrauen
Proporzsystem
Währungsreform
Entnazifizierung
Marshallplan
Neutralität
3 Politische Bildung:
Bilde mit den folgenden
„Parteien“ A, B,
C, D, E die geforderten
Regierungsformen. In
Klammern ist die Zahl
der Mandate angegeben.
PS
A (27) B (24) C (18) D (7) E (2)
Große Koaliton: A + B
Konzentrationsregierung:
Minderheitsregierung:
4
Ergänze folgende
Reihen. PS
Kleine Koalition (verschiedene Möglichkeiten):
Vorgängerpartei
Heutiger Parteiname
Name des längstdienenden
Kanzlers
Name jetzige/r
Parteiobmann/obfrau
ÖVP
Sozialistische Partei
VdU
—
Grüne
—
BZÖ
—
5 Wer gehört zu den
Sozialpartnern?
Streiche die nicht passenden
Begriffe durch.
PS
6 Ordne folgende
Ereignisse zeitlich,
indem du sie entsprechend
nummerierst.
Wirtschaftskammer Regierung Gewerkschaft Landwirtschaftskammer
Industriellenvereinigung Arbeiterkammer Parlamentsvorsitzende
Österreich 1945–1955
Währungsreform
1 Moskauer Deklaration
UNOBeitritt
Konzentrationsregierung
Staatsvertrag
Beschluss der Neutralität
Provisorische Regierung (Karl Renner) Besatzungszonen
Nikita Chruschtschow regiert UdSSR
164 Österreich seit 1945
7 Welchem „Rat“ musste die
österreichische Regierung alle
8 Welche Länder(teile) Österreichs
waren nach 1945 von
Entscheidungen vorlegen? HS
Grenzstreitigkeiten betroffen? HS
Österreichs Außenpolitik
Aussage
1 SPÖ und ÖVP bemühten sich gemeinsam darum,
dass die Besatzungsmächte abziehen würden.
2 Österreich ist die Schutzmacht Südtirols.
3 Die amerikanische Kapitalhilfe hieß Sheriffplan.
4 1955 wurde Österreich in die UNO aufgenommen.
5 Wien ist die vierte UNOStadt neben Genf, New Jersey und Nairobi.
6 Ab 1960 war Österreich Mitglied der EFTA.
7 Österreich trat 1995 der EU bei.
8 Während des Ungarnaufstandes 1956 war Österreich auf der Seite der UdSSR.
9 Österreich war Vermittler im Kalten Krieg und Schauplatz
von OstWestGipfeln zur Abrüstung.
10 Während des Prager Frühlings 1968 hinderten österreichische Soldaten
die tschechische Bevölkerung daran, ins Land zu gelangen.
11 Bundeskanzler Sinowatz vermittelte im NahostKonflikt und
traf mehrmals Palästinenserführer Arafat.
richtig falsch
9
Richtig oder falsch?
Kreuze an. HS
10 Was ist falsch?
Schreibe hier
die Korrekturen auf. HS
3: Marshallplan
Österreichs Innenpolitik seit 1955
1 Bildungsoffensive,
Gratisschulbücher,
Schulbau
Familien und Strafrecht,
Schwangerschaftsabbruch
Geburten und
Heiratsbeihilfe
2 Vollbeschäftigung
Verstaatlichte Industrie:
wirtschaftlicher Misserfolg
Volksabstimmung über
11 1966 war erstmals
eine Frau, Grete
Rehor, in der Regierung:
Um welche Regierung
handelte es sich? HS
Soziale Errungenschaften
Regierung Sinowatz: Koalition zwischen
Regierungsantritt 1970
Rücktritt 1983
1983 bis 19
Staatsverschuldung
und
12 Wer ist der Mann
auf dem Bild?
Schreibe den Namen darunter.
Blättere dann auf
Seite 150–151 zurück und
ergänze in der Grafik die
Kästchen 1 und 2 mit
passenden Begriffen. Fülle
anschließend den Rest
der Grafik aus. HS/PS
Österreich seit 1945 165
Sichern und Wissen
13 Das Jahr 1986.
Schreibe stichwortartig
über die Ereignisse
des Jahres 1986: Die Bilder
helfen dir. HS
14 Erkläre die Veränderung
des Mandatsstands.
Wer ist mit „andere“
gemeint? HS/PS
15 Wann und warum
kam es zu den in
der Quelle beschriebenen
Reaktionen? Von welchen
Sanktionen war Österreich
damals betroffen?
Wie wurde das Problem
gelöst? HS/HM
Mandatsverteilung 1983:
SPÖ (90), ÖVP (81), FPÖ (12)
Mandatsverteilung 1994:
SPÖ (65), ÖVP (52), FPÖ (42),
andere (24)
Q
… kam es in Brüssel zu heftigen Demonstrationen,
in welchen Haider
mit Hitler verglichen wurde, und an welchen
sich auch Regierungsmitglieder beteiligten.
Von der belgischen Regierung
wurde ein Auftrag an SteyrDaimler
Puch storniert, Außenminister Louis Michel
bezeichnete Urlaub in Österreich
öffentlich als „unmoralisch“.
Wolfgang Müller: Rechtspopulismus und antiösterreichische
Maßnahmen ausgewählter
EU-Partnerstaaten, Quelle: Demokratiezentrum
Wien, 18. 08. 2000.
Check dein Wissen und Verstehen
Ich kann über die Probleme der Nachkriegszeit berichten und weiß,
wie es zum Staatsvertrag 1955 kam.
Ich weiß, warum am 26. 10. der Staatsfeiertag gefeiert wird.
Ich weiß, welche Ereignisse in Nachbarländern 1956 und 1968
Österreichs Politik beherrschten.
Ich weiß, in welchem heute noch bestehenden Konflikt Bruno Kreisky
als Vermittler tätig war.
Ich kenne Österreichs Bedeutung als Konferenzort der internationalen
Politik und kann Beispiele nennen.
Ich kann erklären, warum das Jahr 1986 eine besondere Bedeutung
für Österreichs Innen und Außenpolitik hat.
Ich kann erklären, warum es im Jahr 2000 zu den sogenannten EUSanktionen kam.
Ich kann erklären, wie in Österreich die politischen Vertreter/innen gewählt werden.
Ich kenne den momentanen Bundespräsidenten, den Bundeskanzler,
die Parteichefs von SPÖ, ÖVP, FPÖ, BZÖ und den Grünen.
Ich kenne die verschiedenen Möglichkeiten, Regierungen zu bilden und verstehe,
warum sich eine Minderheitsregierung wahrscheinlich nicht lange halten kann.
166 Österreich seit 1945
„Anschluss“ Österreichs (1938) 44f, 47
Antisemitismus; Diskriminierung von
Jüdinnen und Juden (1933 – 1945) 52,
56ff, 68
Apartheid („Rassentrennung“ in Südafrika
bis 1991) 112f
Arbeitslosigkeit 22f, 32, 63, 151
Atomwaffen 75, 89, 95, 147
Austrofaschismus (1934 – 1938) 43, 47
Berliner Mauer (1961 – 1989) 96, 99
Besatzung durch die Alliierten (1945 –
1955) 136f, 139, 142ff
„Blitzkriege“ (Zweiter Weltkrieg) 73
Bürgerkrieg (1934) 43
BZÖ (Bündnis Zukunft Österreich) 149
Christlichsoziale Partei 39, 41ff, 47
Diktatur 23, 24, 28, 29, 31, 33, 36
Dritte Welt 110ff
EFTA (European Free Trade Association)
127, 146
EG (Europäische Gemeinschaft) 126, 127
Eiserner Vorhang 92, 96, 98
Entnazifizierung 141f
EU (Europäische Union) 88, 99, 100,
101, 126ff, 146, 153, 154
EU-Osterweiterung 99, 127, 129, 131, 133
„Euthanasie“ (Tötung behinderter Menschen
im Nationalsozialismus) 57
Faschismus 23, 28f, 44
Flüchtlinge 79ff, 88, 93, 98f, 114, 116,
130, 139, 147
FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
136f, 141, 149, 152ff
Friedensvertrag von St. Germain (1919)
24, 40
Sachregister
Friedensvertrag von Versailles (1919) 24,
29, 33
Gestapo (Geheime Staatspolizei im Dritten
Reich) 45, 55
gewaltloser Widerstand 114
Glasnost und Perestroika (Sowjetunion) 98
Globalisierung 32, 104f
große Koalition (SPÖ und ÖVP) 141,
150, 153, 156
Die Grünen 149, 152, 156
Holocaust/Shoah (Völkermord an den
Juden Europas) 58ff, 68
Inflation (Geldentwertung) 18f, 21, 38,
39, 139
Intifada (Aufstand der Palästinenser in
Israel) 116f
Justizpalastbrand (1927) 42
Kalter Krieg (Ost-West-Konflikt) 91ff,
112, 126, 138, 142, 147
Kollektivschuld 81
Kolonien (ehemalige) 28, 110ff
Kommunismus 23, 25ff, 92ff, 147
Konzentrationslager 59f
Konzentrationsregierung 137
KPÖ (Kommunistische Partei Österreichs)
136f, 141, 152
LIF (Liberales Forum) 153
Marshallplan 140
Massenproduktion 20, 32
Medien 14ff, 120f
Menschenrechte 84, 86f, 126, 143
Mündliche Geschichte (Oral History) 6f,
47
Nationalitätenkonflikte 18, 100f, 138
Nationalsozialismus 29ff, 52ff, 141f
NATO 92, 101, 129
Neutralität Österreichs 143f, 146
New Deal 22
Ostblock 92, 93, 98, 110f, 146, 153
ÖVP (Österreichische Volkspartei) 136f,
141, 149, 150ff
Planwirtschaft 25, 97, 98
Politische Plakate 10f, 64f
Propaganda (politische) 10, 26f, 30, 52,
75
Proporzsystem 141
Schengener Abkommen 130
Sozialdemokratische Arbeiterpartei 39,
41ff, 44, 47
Sozialpartnerschaft 140
SPÖ (Sozialdemokratische Partei Österreichs)
136f, 141, 149, 150ff
Staatsvertrag (1955) 143
Ständestaat (1934 – 1938) 42f
Stellvertreterkriege 93f
„totaler Krieg“ (Zweiter Weltkrieg) 75
UNO 82f, 86, 88, 102, 110, 115, 116, 117,
118, 119, 145
Verbotsgesetz 141
Vertrag von Lissabon 130
Vertrag von Maastricht 129
„Vier Freiheiten“ der EU 126, 128
Völkerbund 23f
Wahlrecht 12f, 39, 149
Währungsreform 38, 139
Warschauer Pakt 92
Weimarer Republik 29
Zionismus 115
Zwangsarbeit 26, 59f, 73, 78
Personenregister
Arafat, Yassir 116, 123, 147
Ban, Ki-moon 82
Barak, Ehud 117
Bauer, Otto 41, 49
Beneš, Edvard 81
Breschnew, Leonid 147
Bush, George (sen.) 102
Bush, George W. 102, 118
Carter, Jimmi 147
Castro, Fidel 95
Chruschtschow, Nikita 95,
142, 147
Dali, Salvador 67
Dollfuß, Engelbert 43, 48, 50
Dubček, Alexander 93
Elser, Georg 62
Faymann, Werner 65, 149,
156, 163
Figl, Leopold 143, 162
Fischer, Heinz 148
Franco, Francisco 29
Gandhi, Mahatma 109, 114, 123
Goebbels, Joseph 52, 75, 89
Gorbatschow, Michail 98,
100, 106
Gusenbauer, Alfred 156, 163
Haider, Jörg 152ff
Herda, Walter 61
Herzl, Theodor 115
Hitler, Adolf 29ff, 33, 36, 44f,
48, 53, 56f, 61ff, 66, 68, 72f,
75, 78, 79, 89
Ho Chi Minh 94
Horn, Gyula 99
Hübener, Helmuth 62
Hundertwasser, Friedensreich
67
Hussein, Saddam 118
Jägerstätter, Franz 61, 71
Jelzin, Boris 98
Kafka, Schwester Restituta 61
Kelsen, Hans 46
Kennedy, John F. 95, 147
Kersnowskaja, Jefrosinija 27
Khomeini, Ayatollah Ruholla
118
Klaus, Josef 151, 162
Kokoschka, Oskar 66
Kreisky, Bruno 138, 147, 150f,
162, 165
Lenin, Wladimir Iljitsch Uljanow
25
Liebknecht, Karl 29
Luxemburg, Rosa 29
Mandela, Nelson 113, 123
Mock, Alois 146
Mock, Alois 99
Mondrian, Piet 66
Mussolini, Benito 28
Nehru, Pandit 114
Obama, Barack 118
Pollock, Jackson 67
Primocic, Agnes 6, 7, 19, 47,
52, 55, 61
Raab, Julius 143, 162
Rabin, Jitzchak 117
Reagan, Ronald 102
Renner, Karl 39, 41, 137
Roosevelt, Franklin D. 22
Saliger, Ivo 66
Schärf, Adolf 147
Scholl, Sophie 51, 62
Scholz, Karl Roman 61
Schuschnigg, Kurt 43ff, 48, 50
Schüssel, Wolfgang 154f, 163
Seipel, Ignaz 39, 41, 49
Sharon, Ariel 117
Stalin, Josef Wissarionowitsch
25ff, 72, 98
Stauffenberg, Claus Graf
Schenk von
Tito, Josip Broz 81, 101
Vranitzy, Franz 146, 153, 163
Waldheim, Kurt 145, 152f
Warhol, Andy 67
Wilson, Thomas Woodrow 24
Register
167
Wichtige Orte und Gebiete
Baltikum 100, 129
Burgenland 40, 42
China 104f, 119
DDR 93, 96f, 99, 103
Deutschland 21, 23ff, 29ff, 52ff, 126
Frankreich 24f, 29, 73, 75, 86, 126
Großbritannien 29, 73
Indien 114
Irak 102, 118
Iran 118, 119
Israel und Palästina 115ff
Italien 18, 28, 40
Jugoslawien (ehemaliges), 18, 40, 79ff,
88, 101, 129
Kärnten 40, 138
Kuwait 102, 118
Niederösterreich 61, 152, 158
Oberösterreich 29, 43, 59f, 61
Polen 18, 59, 60 , 72, 92f, 99
Republik Südafrika 112f
Russland/Sowjetunion 25ff, 73f, 92ff,
119, 126, 141f
Salzburg 6, 39, 47, 61
Südtirol 18, 40, 138
Tschechoslowakei 18, 72, 79ff, 92f, 99
(Tschechien und Slowakei), 147
Tschetschenien 100
Türkei 95, 129f, 133
Ungarn 8f, 18, 40, 92f, 99, 147
USA 20ff, 38, 86, 92ff, 102, 118, 119, 140
Wien 42, 45, 61, 62, 83, 143, 145, 147
5.1: Andreas Reh, istockphoto, Kanada; 6.1, 7.1, 7.2: Agnes
Primocic; 5.1: Andreas 9.1: Reh, apa istockphoto, PictureDesk, Kanada; Wien; 10.1, 6.1, 7.1, Bundesarchiv, 7.2: Agnes
Koblenz Primocic; (H. 9.1: Keimel: apa PictureDesk, „Für Recht und Wien; Freiheit“ 10.1, Bundesarchiv,
(1932), Plakat,
84 Koblenz x 60 cm); (H. Keimel: 10.2: Bundesarchiv, „Für Recht und Koblenz Freiheit“ (R. Ahrlé: (1932), „Die Plakat, NS-
DAP 84 xsichert 60 cm); die 10.2: Volksgemeinschaft“ Bundesarchiv, Koblenz (ca. 1942), (R. Plakat, Ahrlé: 29,9 „Diex
21 NSDAP cm); 11.1: sichert AKG die Images, Volksgemeinschaft“ Berlin (unbek. KünstlerIn:„Schluss
(ca. 1942), Plakat,
mit 29,9 diesem x 21 cm); System“ 11.1: (1932), AKG Images, Plakat, Berlin 91,6 x (unbek. 62,3 cm); KünstlerIn: 11.2: Archiv
„Schluss der mit sozialen diesemDemokratie System“ (1932), der Friedrich-Ebert-Stiftung,
Plakat, 91,6 x 62,3 cm);
Bonn 11.2: (unbek. Archiv der KünstlerIn: sozialen„Bahn Demokratie frei für der Liste Friedrich-Ebert-
1 Sozialdemokraten“
Stiftung, (1930), Bonn Plakat); (unbek. 12.1: KünstlerIn: apa PictureDesk, „Bahn freiWien; für Liste 15.1: 1
Jan Sozialdemokraten“ Tomaschoff, Düsseldorf; (1930), Plakat); 16.1: Salzburger 12.1: apa Nachrichten;
PictureDesk,
17.1: Wien; ullstein 15.1: Jan bild, Tomaschoff, Berlin (Archiv Düsseldorf; Gerstenberg); 16.1: 17.2 Salzburger Bildarchiv
Nachrichten; Preußischer 17.1: Kulturbesitz, ullstein bild, Berlin (Dietmar (Archiv Gerstenberg);
Katz); 18.1:
Quelle 17.2 Bildarchiv unbekannt; Preußischer 19.1: Österreichische Kulturbesitz, Nationalbank,Wien;
Berlin (Dietmar
19.2, Katz); 19.3: 18.1: Süddeutscher Quelle unbekannt; Verlag, München; 19.1: Österreichische 20.1: Corbis, Nationalbank,
20.2: Wien; AKG 19.2, Images, 19.3: Berlin; Süddeutscher 20.3: Steyr-Daimler-Puch-
Verlag, München;
Düsseldorf;
Werke, 20.1: Corbis, Steyr; 21.1: Düsseldorf; Hine Lewis, 20.2: Avery AKGArchitectural Images, Berlin; and 20.3: Fine
Arts Steyr-Daimler-Puch-Werke, Libary, Columbia University; Steyr; 21.1: 22.1 Hine Deutsches Lewis, Historisches
Architectural Museum, and Berlin Fine(G. Arts Grosz: Libary, Hunger Columbia (1924), University; Lithogra-
Avery
phie, 22.1 49 Deutsches x 33,2 cm); Historisches 23.1: aus: Museum, 12. Februar Berlin 1934, (G. Grosz: hg. BMUK; Hunger
(1924), Zeitbild, Lithographie, Die Goldenen 49 x Zwanziger 33,2 cm); 23.1: Jahre, aus: Ueberreuter 12. Febru-
24.1:
(unbek. ar 1934, KünstlerIn: hg. BMUK; „Halt! 24.1: Zeitbild, Das Geld Die gehörtdem Goldenenschaffenden
Zwanziger
Volke. Jahre, Wählt Ueberreuter Liste 9, (unbek. NSDAP“ KünstlerIn: (1930), Plakat, „Halt! 30,4 Dasx Geld 23 cm); gehört
Corbis, dem schaffenden Düsseldorf; Volke. 26.1: Wählt Alamy; Liste 26.2: 9, NSDAP“ Bildarchiv (1930), Preu-
25.1:
ßischer Plakat, Kulturbesitz, 30,4 x 23 cm); Berlin; 25.1: Corbis, 27.1 aus: Düsseldorf; Kersnowskaja, 26.1: Alamy; J.: Ach
Herr, 26.2: wenn Bildarchiv unsere Preußischer Sünden uns Kulturbesitz, verklagen; Neuer Berlin; Malik-Verlag,
Kersnowskaja, Kiel 1991; J.: 27.2: AchAlamy; Herr, wenn 28.1: unsere Corbis, Sünden Düsseldorf; uns verkla-
28.2:
27.1 aus:
Hulton gen; Neuer Deutsch Malik-Verlag, Collection, Kiel 1991; 150 Jahre 27.2: Alamy; Fotojournalismus 28.1: Corbis,
Düsseldorf; Stone, Wien); 28.2: 29.1: Hulton Quelle Deutsch unbekannt; Collection, 30.1: 150Hulton
Jahre
(Tony
Deutsch Fotojournalismus Collection (Tony (Mjölnir: Stone, „Unsere Wien); letzte 29.1: Hoffnung: Quelle unbekannt;
(1932), 30.1: Farblithographie, Hulton Deutsch87,1 Collection x 56,4 (Mjölnir: cm); 30.2: „Unsere Archiv
Hitler“
Gerstenberg letzte Hoffnung: (F. Albrecht: Hitler“ (1932), „Arbeit, Farblithographie, Freiheit und Brot“ 87,1(1928),
x 56,4
Farblithographie, cm); 30.2: Archiv86 Gerstenberg x 58 cm); (F. 30.3: Albrecht: Bundesarchiv, „Arbeit, Koblenz Freiheit
(F. und Albrecht: Brot“ (1928), „Arbeiter Farblithographie, der Stirn und 86der x 58Faust, cm); 30.3: wählt Bundesarchiv,
Koblenz Hitler“ (F.(1932), Albrecht: Lithografie, „Arbeiter87 derx Stirn 57 cm); und30.4:
der
den
Frontsoldaten
Süddeutscher Faust, wählt Verlag, den Frontsoldaten München; 31.1: Hitler“ Deutsches (1932), Historisches
Lithografie,
Museum, 87 x 57 cm); Berlin 30.4: („Der Süddeutscher Reichstag in Verlag, Flammen!“ München; (1933), 31.1: Flugblatt,
Deutsches 28,4 x Historisches 20,2 cm); 32.1: Museum, Votava, Berlin Wien; („Der 32.2: Reichstag KPÖ, Graz; in
34.1: Flammen!“ Pizzini (1933), M., Alttirol Flugblatt, im Plakat, 28,4 x 20,2 Haymon cm); 32.1: Verlag, Votava, Innsbruck
Wien; 1983; 32.2: 35.1, KPÖ, 35.2: Graz Süddeutscher ; 34.1: PizziniVerlag, M., Alttirol München; im Plakat, 36.1,
36.2, Haymon 36.3, Verlag, 36.4: Corbis, Innsbruck Düsseldorf;37.1: 1983; 35.1, Imagno, 35.2: Süddeutscher Wien (V. T.
Slama: Verlag, „70.000 München; Arbeitslosen 36.1, 36.2, wollen 36.3, 36.4: sie Corbis, die Unterstützung
Düsseldorf;
rauben“ 37.1: Imagno, (1930), Wien Plakat, (V. T. 190 Slama: x 126cm); „70.00038.1, Arbeitslosen 38.2: Historischelen
sie Museum die Unterstützung der Stadt Wien; rauben“ 39.1, (1930), 39.2, Plakat,190 39.3: Bildarchiv x 126
wol-
der cm); Österreichischen 38.1, 38.2: Historisches Nationalbibliothek; Museum der Stadt 40.1: Wien; Massiczek, 39.1,
Zeit 39.2, an 39.3: der Wand, Bildarchiv Europa derVerlag Österreichischen 1967; 41.1, Nationalbibliothek;
Wien, 40.1: Massiczek, Plakatabteilung Zeit an(M. derBiro:„Wählt Wand, Europa sozialdemokra-
Verlag 1967;
41.2, 41.3: Rathautisch!“
41.1, 41.2, (1920), 41.3: Plakat, Rathaus 122 x Wien, 95 cm; Plakatabteilung F. Schönpflug: „Wenn (M. Biro: ihr
den „Wählt nicht sozialdemokratisch!“ wollt…“ (1919), Plakat, (1920), 95 x Plakat, 62 cm; 122 unbek. x 95Künst-
lerIn: Schönpflug: „Bist du „Wenn ein Deutscher?“ ihr den nicht (1923), wollt…“ Plakat, (1919), 95 Plakat, x 63 cm); 95
cm; F.
42.1: x 62 cm; Die unbek. Chronik KünstlerIn: Österreichs; „BistKremayr du ein Deutscher?“ & Scheriau, (1923), Wien
1994; Plakat, 43.1: 95 xQuelle 63 cm); unbekannt; 42.1: Die Chronik 44.1: Quelle Österreichs; unbekannt; Kremayr 45.1,
45.2: & Scheriau, Süddeutscher Wien 1994; Verlag, 43.1: München; Quelle unbekannt; 46.1: Bundespressediensle
unbekannt; Wien; 47.1, 45.1, 47.2: 45.2: Agnes Süddeutscher Primocic; 50.1: Verlag, Burgenländi-
München;
44.1: Quelsches
46.1: Landesarchiv, Bundespressedienst Fotosammlung, Wien; 47.1, Eisenstadt; 47.2: Agnes 50.2: Primocic; Imagno,
50.1:
Wien;
Burgenländisches
50.3: Österreichische
Landesarchiv,
Nationalbibliothek;
Fotosammlung, Eisenstadt;
50.2:
50.4:
Imagno, Wien;
Imagno,
50.5, 50.6:
Wien;
Dokumentationsarchiv
50.3: Österreichische Nationalbibliothek;
des österreichischen
Widerstands,
50.4: Imagno,
Wien;
Wien;
50.7:
50.5,
Imagno,
50.6: Dokumentationsarchiv
Wien; 51.1:
AKG Images,
des
Berlin;
österreichischen
52.1: Süddeutscher
Widerstands,
Verlag,
Wien;
München
50.7:
(unbek.
Imagno,
KünstlerIn:
Wien; 51.1:
„Ganz
AKG Images,
Deutschland
Berlin; 52.1:
hört
Süddeutscher
den Führer“
(1936),
Verlag,
Werbeplakat);
München (unbek.
53.1, 53.2:
KünstlerIn:
Süddeutscher
„Ganz Deutschland
Verlag, München;
hört den
54.1:
Führer“
akg-images,
(1936),
Berlin;
Werbeplakat);
54.2: Stiftung
53.1, 53.2:
Parteiarchiv;
Süddeutscher
54.3: Bundesarchiv,
Verlag, München;
Koblenz;
54.1:
55.1:
akg-images,
VBK, Wien;
Berlin;
55.2:
54.2:
Müller,
Stiftung
Parteiarchiv;
Bartensleben; 56.1, 56.2:
54.3:
Münchner
Bundesarchiv,
Stadtmuseum/Wolfgang
Koblenz; 55.1: VBK,
Pulfer;
Wien;
56.3:
55.2:
Die
Müller,
deutsche
Bartensleben;
Tragödie.
56.1,
Adolf
56.2:
Hitler
Münchner
und das
Deutsche
Stadtmuseum/Wolfgang
Reich 1918–1945,
Pulfer;
Hoffmann&
56.3: Die
Campe
deutsche
1975;
Tragödie.
58.1:
168 Register
Bildquellenverzeichnis
Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands,
Wien; Adolf 58.2: HitlerAlamy; und das 58.3: Deutsche Dokumentationsarchiv Reich 1918-1945, des Hoffmann österreichischen
& CampeWiderstands; 1975; 58.1: Dokumentationsarchiv 59.1: Chronik des Zweiten des österreichischen
Chronik Widerstands, Verlag 1994; Wien; 60.1: 58.2: Quelle Alamy; unbekannt; 58.3: Dokumenta-
60.2: Süd-
Weltkriegesdeutschetionsarchiv
Verlag, des österreichischen München; 60.3: Widerstands; Verlagsarchiv 59.1: Ueberreuter; Chronik
61.1: des Zweiten Österreichische Weltkrieges, National Chronik bibliothek,Wien; Verlag 1994; 60.1: 61.2: Quelle Erna
Putz, unbekannt; Ohlsdorf; 60.2: 62.1: Süddeutscher Gedenkstätte Verlag, Deutscher München; Widerstand, 60.3: Verlagsarchiv
62.2, Ueberreuter; 62.3, 62.4: aus: 61.1: Chronikdes Österreichische Zweiten Nationalbiblio-
Weltkrieges,
Berlin;
Chronik thek, Wien; Verlag 61.2: 1994; Erna64.1: Putz, nach Ohlsdorf; einer Idee 62.1: der Gedenkstätte
Jungen SVP
St. Deutscher Gallen; Widerstand, 65.1: Freiheitliche Berlin; 62.2, ParteiÖsterreichs 62.3, 62.4: aus: Chronik (Plakat,
2008); des Zweiten 65.2: Sozialdemokratische Weltkrieges, ChronikPartei VerlagÖsterreichs 1994; 64.1: (Plakat, nach
2009); einer Idee 66.1: der Erich Jungen Lessing, SVP St. AKG Gallen; Images, 65.1: Berlin Freiheitliche (O. Kokoschkatei
„Die Österreichs Windsbraut“ (Plakat, (1914), 2008); Öl 65.2: auf Sozialdemokratische
Leinwand, 181 x 220
Par-
cm); Partei 66.2: Österreichs Erich Lessing, (Plakat, AKG 2009); Images, 66.1: Berlin Erich(I. Lessing, Saliger: AKG „Das
Urteil Images, des Berlin Paris“ (O. (1939), Kokoschka: Öl auf „Die Leinwand); Windsbraut“ 66.3: (1914), Erich Lessing/Mondriantrust/Piet
auf Leinwand, 181 x 220 Mondrian, cm); 66.2: Erich AKG Lessing, Images, AKG Berlin Ima-
(P.
Öl
Mondrian: ges, Berlin (I. „Composition Saliger: „DasII Urteil with des Red, Paris“ Blue, (1939), and Yellow“ Öl auf
(1930), Leinwand); Öl auf 66.3: Leinwand, Erich Lessing/Mondriantrust/Piet 20 1/8“ x 201/8“); 67.1: Alamy Mondrian,
AKGDetail Images, aus Berlin „Number (P. Mondrian: 1, 1950 „Composition (Lavender Mist)“, II with Öl,
(J.
Pollock:
Lack Red, Blue, und Aluminium and Yellow“ auf (1930), Leinwand, Öl auf Leinwand, 221 x 299,7 20cm); 1/8" x67.2:
20
Museum 1/8"); 67.1: of Modern Alamy (J. Art, Pollock: New York Detail (S. aus Dali: „Number „Die Beständigkeit
(Lavender Erinnerung“ Mist)“, Öl, (1931), Lack und Öl auf Aluminium Leinwand, auf 24,1 Leinwand, cm x 33
1, 1950
cm); 221 x67.3: 299,7 AKG cm); Images, 67.2: Berlin; Museum 67.4: of istockphoto, Modern Art, Kanada New York (A.
Warhol: (S. Dali: „Marilyn „Die Beständigkeit Diptych“ (1962), der Erinnerung“ Acryl und (1931), Siebdruck, Öl auf 145
cm Leinwand, × 205 cm); 24,169.1: cm xBundesarchiv, 33 cm); 67.3: Koblenz; AKG Images, 69.2: Berlin; VBK, Wien; 67.4:
69.3: istockphoto, Gedenkstätte Kanada Deutscher (A. Warhol: Widerstand, „Marilyn Berlin; Diptych“ 70.1: (1962), Preußischer
Acryl und Kulturbesitz; Siebdruck, 145 70.2: cm Alamy; × 205 cm); 70.3 69.1: Dokumentationsarchiv
Koblenz; des österreichischen 69.2: VBK, Wien; Widerstands; 69.3: Gedenkstätte 70.4: Dokumentati-
Deutscher
Bundesarchiv,
onsarchiv Widerstand, des Berlin; Österreichischen 70.1: Preußischer Widerstandes, Kulturbesitz; Wien; 70.2: 71.1: Alamy;
70.3 Putz, Dokumentationsarchiv Ohlsdorf; 72.1. Quelle des unbekannt österreichischen (D. Low, Wider-
„Ren-
Erna
dezvous“ stands; 70.4: (1939), Dokumentationsarchiv Karikatur im „Evening des Österreichischen
Standard“, 20.9.
1939); Widerstandes, 74.1: Süddeutscher Wien; 71.1: Verlag, Erna Putz, München; Ohlsdorf; 74.2, 72.1. 74.3: Quelle Hulton
unbekannt Deutsch (D. Collection, Low, „Rendezvous“ 150 Jahre Fotojournalismus (1939), Karikatur (Tony im
Stone, „Evening Wien); Standard“, 75.1: 20. Quelle 9. 1939); unbekannt; 74.1: Süddeutscher 75.2: Chronik Verlag, des
Zweiten München; Weltkrieges, 74.2, 74.3: Chronik Hulton Deutsch Verlag, 1994; Collection, 75.3: Quelle 150 Jahre unbekannt;
Fotojournalismus 76.1: AKG, (Tony Berlin; Stone, 76.2: Wien); Süddeutscher 75.1: Quelle Verlag, unbekannt;
77.1: 75.2: aus: Chronik Chronik des Zweiten des ZweitenWeltkrieges, Chronik Chronik Ver-
München;
Verlag, 1994; 1994; 75.3: 77.2: Quelle Berger unbekannt; F. S.,Trümmerfrauen, 76.1: AKG, Berlin; Ueberreuter, 76.2:
Wien Süddeutscher 1994; 77.3: Verlag, aus: München; Lemcke Jutta: 77.1: aus: Chronik Chronik 1944. desTag Zweiten
in Weltkrieges, Wort und Bild. Chronik Gütersloh/München. Verlag, 1994; 77.2: Chronik BergerVerlag
F. S.,
für
Tag
1988, Trümmerfrauen, 1995 B.; 78.1: Ueberreuter, Chronik des Wien Zweiten 1994; Weltkrieges, 77.3: aus: Lemcke Chronik
Jutta: Verlag Chronik 1994; 1944. 78.2: Tag Croy für Otto TagR./Haslinger Wort undJosef, Bild. Leben Gütersloh/München.
Asche, Kremayr Chronik & Scheriau,Wien Verlag 1988, 1995 1993 B.; („578.1: Stunden Chronik täg-
in
der
lich des Zweiten kann ich“, Weltkrieges, Anzeige Chronik im „Völkischen Verlag 1994; Beobachter“,
78.2: Croy
11.6. Otto R./Haslinger 1944); 79.1: Josef, Hulton Leben Deutsch in derCollection, Asche, Kremayr 150 Jahre & Scheriau,
Wien 199381.1: („5 Stunden Neues Österreich, täglich kann20. ich“, Juli Anzeige 1946; 81.2: im
Fotojournalismus;
Süddeutscher „Völkischen Beobachter“, Verlag, München; 11. 6. 1944); 82.1: UNO, 79.1: Hulton New York; Deutsch 82.2 :
Quelle Collection, unbekannt; 150 Jahre 83.1: Fotojournalismus; WHO, Genf; 83.2: 81.1: Viennareport/Jon
Neues Österreich,
Johannesburg, 20. Juli 1946; 81.2: 25.3.1994; Süddeutscher 83. 3: UNESCO, Verlag, München; Paris; 83.4:
Jones,
apa 82.1: picture UNO, desk, New Wien; York; 82.2 83.5 Quelle UNESCO, unbekannt; Paris; 88.1: 83.1: EC/Echo/ WHO,
Greta Genf; Hopkins; 83.2: Viennareport/Jon 91.1a: Leif Skoogfors, Jones, Johannesburg, Corbis, Düsseldorf; 25. 3.
91.1b: 1994; 83. Danny 3: UNESCO, Lehman, Paris; Corbis, 83.4: Düsseldorf; apa picture91.1c: desk, Wien; alamy;
92.1: 83.5 UNESCO, Deutsche Paris; Presseagentur, 88.1: EC/Echo/Greta Hamburg; 93.1, Hopkins; 93.2: 91.1a: Quelle
unbekannt; Leif Skoogfors, 94.1: Corbis, apa, Wien; Düsseldorf; 95.1: 91.1b: Quelle Danny unbekannt; Lehman, 95.2
Quelle Corbis, unbekannt Düsseldorf; (L.G. 91.1c: Illingworth: alamy; 92.1: „Ok, Deutsche Mr. President, Presseagentur,
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Süd-
let’s
talk“,
deutscher en; 95.1: Quelle Verlag, unbekannt; München; 96.2: 95.2Süddeutscher Quelle unbekannt Verlag, (L. München;
Illingworth: 97.1, 97.2, „Ok, 97.3, Mr. President, 97.4: Quelle let’s unbekannt; talk“, Karikatur 98.1: Votava, in der
G.
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96.2: Süddeutscher
APA
PictureDesk, Wien; 99.3: akg
Verlag,
Images,
München;
Berlin;
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97.2,
APA
97.3,
PictureDesk,
97.4: Quelle
Wien;
unbekannt;
101.1: APA
98.1:
PictureDesk,
Votava,
Wien;
Wien;
102.1:
98.2: Quelle
Votava,
Wien;
unbekannt;
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apa/EPAPHOTO
Viennareport;
AFP/SETH
99.2: APA
MCCALLISTER/EH/
PictureDesk, Wien;
DEC/mda;
99.3: akg Images,
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Berlin;
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99.4:
unbekannt
APA PictureDesk,
(H. E. Köhler,
Wien;
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101.1:
zur
APA
Teilung
PictureDesk,
Deutschlands
Wien; 102.1:
(1949));
Votava,
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Wien;
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Aus Geschichte
apa/EPA
lernen
PHOTO
Heft
AFP/SETH
20/1991
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DORNER (1994));(Propagandapostkarte, 135.1: Votava, Wien; 1914); 136.1: 126.2, Süddeutscher 126.3:
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138.1: Votava, Österreich Wien; 139.1: 1945–1955 Bildarchiv (Foto aus DORNER; dem Archiv 139.2: des
„Wiener Friedlmeier Kurier“); Herbert/Mraz 142.1: Friedlmeier/Mraz: Gerda, Österreich Österreich 1945–1955,
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Heeresbild- Kurier“); 140.1: und Filmstelle, Verbund Tauernkraft; Wien; 145.1: 140.2: Wolfgang Quelle Sabatling, unbekannt;
PictureDesk, 141.1: Friedlmeier/Mraz, Wien; 146.1: Quelle Österreich unbekannt; 1945–1955 146.2: (Foto Vo-
apa
tava, aus dem Wien; Archiv 147.1: des Die „Wiener Chronik Kurier“); Österreichs, 142.1: Kremayr Friedlmeier/ & Scheriau,
Mraz: Wien; Österreich 147.2: 1945–1955; Votava, 143.1: Wien; Die 148.1: Furche, Präsidentschaftskanzlei;
Votava, 149.1: Wien; Österreichische 144.2: Heeresbild- Volkspartei und Filmstelle, ÖVP, Wien; Wien; 149.2:
Wien; 144.1:
NEOS 145.1: – Wolfgang Das Neue Sabatling, Österreich apa und PictureDesk, Liberales Forum Wien; (politische 146.1:
Partei), Quelle unbekannt; Wien; 149.3: 146.2: Sozialdemokratische Votava, Wien; 147.1: Partei Die Österreichs Chronik
SPÖ, Österreichs, Wien; 149.4: Kremayr Liste & Scheriau, Peter Pilz, Wien; Wien; 147.2: 149.5: Votava, Freiheitliche Wien;
Partei 148.1: Österreichs Präsidentschaftskanzlei; FPÖ / Landesgruppe 149.1 bis Wien, 149.5: Wien; Bildrechte 149.6:
Milenko bei den angeführten Badzic/FirstLook, Parteien; apa 149.6: PictureDesk, MilenkoWien; Badzic/First 149.7:
APA-PictureDesk Look, apa PictureDesk, GmbH, Wien; Wien: 149.7: Mangione, Georg Hochmuth, Jeff / KURIER; apa
149.8: PictureDesk, APA-PictureDesk Wien; 149.8: GmbH, Die Grünen; Wien: Rausch-Schott, 149.9: Österreichische
149.9: Volkspartei; Österreichische 149.10: Volkspartei; Michael Appelt/Verlagsgruppe
149.10: APA-Picture-
Michael;
Desk News, GmbH, apa PictureDesk, Wien: Hochmuth, Wien; 150.1: Georg/APA; ullstein150.1: Bild, Berlin; ullstein
Bild,
150.2:
Berlin;
Votava,
150.2:
Wien;
Votava,
151.1:
Wien;
Die Chronik
151.1: Die
Österreichs,
Chronik Österreichs,
Kremayr
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Kremayr
Scheriau,
&
Wien;
Scheriau,
151.2:
Wien;
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Bundeskanzleramt,
Bildstelle Bundeskanzleramt,
Wien; 152.1:
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Wien/profil,
154.1: Bundeskanzleramt,
Wien;
Wien; 154.1:
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Günter
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Artinger,
Günter
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Artinger, apa
Wien;
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154.3: Quelle
Wien;
unbekannt;
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155.1: Herbert
unbekannt;
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155.1:
apa
Herbert
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Wien;
Pfarrhofer, apa PictureDesk,Wien;
156.1: apa PictureDesk,
156.1:
Wien;
apa PictureDesk,
158.1: Die
Wien; 158.1: Die Presse, Wien; 160.1: apa PictureDesk, Wien;
Presse, Wien; 160.1: apa PictureDesk, Wien; 160.2: apa PictureDesk,
Wien; 162.1, 162.2, 162.3, 162.4: Die Presse, 25.
160.2: apa PictureDesk,Wien; 162.1, 162.2, 162.3, 162.4: Die
Presse, 25.11.2002; 162.5: Bildstelle Bundeskanzleramt,
11. 2002; 162.5: Bildstelle Bundeskanzleramt, Wien; 162.6:
Wien; 162.6: Bildstelle Bundeskanzleramt, Wien; 163.1,
Bildstelle Bundeskanzleramt, Wien; 163.1, 163.2, 163.3,
163.2, 163.3, 163.4, 163.5: Die Presse, 25.11.2002; 163.6: Milenko
Badzic/First Look, apa PictureDesk, Wien; 163.7, 163.8:
163.4, 163.5: Die Presse, 25.11.2002; 163.6: Milenko Badzic/
First Look, apa PictureDesk, Wien; 165.1: Bildstelle Kanzleramt,
Wien; 166.1: Walter Wobrazek, Wien/profil, Wien;
Bundeskanzleramt Österreich, Wien: Wenzel, Andy; 165.1:
Bildstelle Kanzleramt, Wien; 166.1: Walter Wobrazek, Wien/
166.2: apa PictureDesk, Wien.
profil, Wien; 166.2: apa PictureDesk, Wien.
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Nachweis vom Verlag in angemessener Weise abgegolten.
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