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„... bis die patientin aufgab!“

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Foto: PhotoCase.de<br />

www.oegkv.at 15<br />

ÖSTERREICHISCHE PFLEGEZEITSCHRIFT<br />

F A C H B E I T R A G<br />

transkulturelle pflege<br />

das Verhalten und (auch) <strong>die</strong> Pflege bestimmt<br />

und sie fordert, dass <strong>die</strong> unterschiedlichen<br />

Pflege-, Gesundheits- und<br />

Krankenmuster, <strong>die</strong> auf <strong>die</strong> jeweiligen<br />

kulturellen Normen, Werte und Praktiken<br />

zurückzuführen sind, in <strong>die</strong> Pflegewissenschaft<br />

und in <strong>die</strong> tägliche Pflegepraxis<br />

integriert werden. Die transkulturelle<br />

Pflege umschreibt folglich <strong>die</strong> Berücksichtigung<br />

des kulturellen Hintergrundes<br />

eines Patienten in medizinischen Einrichtungen<br />

durch <strong>die</strong> Pflegenden. Mit der<br />

Übernahme und Weiterentwicklung <strong>die</strong>ses<br />

Konzeptes in einigen Ländern Europas<br />

entstanden auch unterschiedliche Bezeichnungen<br />

für <strong>die</strong> Auseinandersetzung<br />

mit dem Thema <strong>„</strong>Pflege und Kultur<strong>“</strong>.<br />

Unter anderem wird von <strong>„</strong>multikultureller<strong>“</strong>,<br />

<strong>„</strong>interkultureller<strong>“</strong> (inter: lat. zwischen),<br />

<strong>„</strong>transkultureller<strong>“</strong> (trans: lat.<br />

durch, jenseits, hinüber) oder auch von<br />

<strong>„</strong>kultursensibler Pflege<strong>“</strong> gesprochen. Die<br />

Debatte um <strong>die</strong> Begriffe ist nicht zu<br />

Ende. Entscheidend dabei ist, wie der Begriff<br />

<strong>„</strong>Kultur<strong>“</strong> verstanden wird.<br />

Der Kulturbegriff<br />

Es gibt unzählige Definitionen von Kultur.<br />

Ausschlaggebend ist den klassischen<br />

Kulturbegriff nicht zu reproduzieren,<br />

indem <strong>„</strong>Kulturen<strong>“</strong> klar voneinander abgegrenzt<br />

und dargestellt werden, sondern<br />

als lebendige, dynamische Orientierungssysteme.<br />

Kultur kann als ein historisch<br />

überliefertes Bedeutungssystem interpretiert<br />

werden, <strong>„</strong>mit dem <strong>die</strong> Menschen ihr<br />

Wissen vom Leben und ihre Einstellungen<br />

zum Leben<br />

einander<br />

mitteilen, tra<strong>die</strong>ren<br />

und<br />

weiterentwickeln<strong>“</strong>(Geertz).<br />

Kultur<br />

beeinflusst das<br />

Wahrnehmen,<br />

Denken, Werten<br />

und Handeln<br />

aller Mitglieder<br />

der jeweiligenGesellschaft<br />

und<br />

sie enthält <strong>die</strong> vielfältigsten Informationen:<br />

Interaktionsmuster, Rollen, Institutionen<br />

etc. und Kultur hält auch Wissen<br />

über Prävention, Ätiologie, Verlaufs- und<br />

Therapieformen und <strong>die</strong> Folgen von Erkrankung<br />

bereit. Insofern liefert Kultur<br />

praktisch das <strong>„</strong>Modell<strong>“</strong> für menschliches<br />

Verhalten und kann als anthropologisches<br />

Basiskonzept verstanden werden,<br />

damit sich Menschen in ihrer Welt zurechtfinden.<br />

Dieses vielschichtige Symbolsystem wird<br />

im Sozialisationsprozess erlernt. Erst<br />

durch das Erlernen gelingt es den Menschen,<br />

ihr soziales Verhalten sinnvoll zu<br />

strukturieren. Wie nun <strong>die</strong> Kulturteilnehmer<br />

miteinander und mit ihren Problemen<br />

und Erkrankungen umgehen, wird<br />

kulturspezifisch aber auch individuell,<br />

situations- und kontextabhängig ausge-<br />

formt. Deshalb darf nicht verallgemeinernd<br />

<strong>die</strong> so genannte <strong>„</strong>Kultur<strong>“</strong> (auch<br />

nicht <strong>die</strong> Religion oder <strong>die</strong> Nation) im<br />

Mittelpunkt stehen, sondern das Individuum<br />

mit seiner spezifischen (Migrations-)<br />

Biographie und seiner entsprechenden,<br />

sich ständig verändernden, sozialen<br />

Praxis. Deshalb kann man MigrantInnen<br />

nicht mit <strong>„</strong>Kulturrezepten<strong>“</strong> begegnen,<br />

denn was für <strong>die</strong> betroffene Person in<br />

<strong>die</strong>sem Moment entscheidend ist, kann<br />

nur in der Begegnung selbst herausgefunden<br />

werden. Das heißt, es muss eine Beziehung<br />

zum <strong>„</strong>Anderen<strong>“</strong> aufgebaut werden.<br />

Anders ausgedrückt: Im Zentrum<br />

der Transkulturalität stehen nicht nur<br />

Kulturen, sondern <strong>die</strong> Interaktion zwischen<br />

Betreuenden und MigrantInnen.<br />

Wie entstehen nun interkulturelle<br />

Missverständnisse?<br />

Bei der Begegnung zwischen Menschen<br />

unterschiedlicher kultureller Herkunft<br />

treffen zunächst einmal zwei Individuen<br />

mit ihrer unterschiedlichen Geschichte<br />

aufeinander. Beide tragen einen prall gefüllten<br />

Rucksack mit sich, der voll ist mit<br />

Werten und Normen der jeweils eigenen<br />

Kultur. Dass <strong>die</strong>se von anderen Kulturen<br />

abweichen können, liegt auf der Hand.<br />

Einer fremden Kultur möglichst unvoreingenommen,<br />

offen und tolerant zu<br />

begegnen ist zwar leicht gesagt, aber<br />

meist schwer getan. Denn das <strong>„</strong>Andere<strong>“</strong>,<br />

das <strong>„</strong>Fremde<strong>“</strong> kann uns leicht verunsichern,<br />

weil wir es nicht kennen und es<br />

schwer einschätzbar ist. Um sich Fremdes,<br />

Befremdliches zu erklären, greifen<br />

Menschen häufig auf ihr eigenes Wertund<br />

Normensystem zurück. Gerade in<br />

emotional angespannten Situationen neigen<br />

Menschen eher zu Pauschalierungen.<br />

Die Problematik dabei ist, dass es nicht<br />

<strong>„</strong>den muslimischen Patienten<strong>“</strong> gibt, wie<br />

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