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Stalinismus und Sozialistischer Realismus

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3. „Antibürokratie“<br />

Stalin schaffte in den 1930ern zur Verwaltung des Staates einen unüberschaubaren<br />

Apparat von Ministerien <strong>und</strong> Kontrollorganen mit sich überschneidenden Zuständig-<br />

keiten. In die Zuständigkeit jeder einzelnen Institution fiel die Kontrolle aller anderen.<br />

Eine formelle Hierarchie existierte nur auf dem Papier <strong>und</strong> ging in Korruption <strong>und</strong> lokaler<br />

Vetternwirtschaft unter. Daraus resultierte ständiges gegenseitiges Misstrauen, eine<br />

effiziente Zusammenarbeit war unmöglich – <strong>und</strong> damit auch die Konzentration eines<br />

Machtpotentials im Verwaltungsapparat. Selbst Stalins direkt Untergebenen hatten keine<br />

klar definierten Positionen <strong>und</strong> keinerlei Kooperationsmöglichkeiten untereinander, was<br />

sich im Streit um seine Nachfolge 1953 deutlich zeigen sollte. Nur in Stalins Händen<br />

liefen alle Fäden zusammen. 8<br />

Nach der Entmachtung der Bürokratie galt es noch, auch den politischen Einfluss der<br />

Bourgeoisie <strong>und</strong> der Altbolschewisten zu unterbinden.<br />

4. Dekulakisierung <strong>und</strong> Kollektivierung am Beispiel der Ukraine<br />

„Vor r<strong>und</strong> 50 Jahren glichen die Ukraine <strong>und</strong> die weiter östlich liegenden<br />

ukrainischen <strong>und</strong> kosakischen Territorien der Sowjetunion - ein großes Gebiet mit über<br />

40 Millionen Einwohnern - einem einzigen riesigen Bergen-Belsen.“ Ein Viertel der<br />

Landbevölkerung war tot oder lag im Sterben, während wohlgenährte Polizei- <strong>und</strong><br />

Parteiverbände die Opfer überwachten. 9<br />

Die Macht, die Stalin bis 1929 gewonnen hatte, schien zunächst gesichert, <strong>und</strong> er<br />

proklamierte den Fünfjahreswirtschaftsplan, der die Industrialisierung voranbringen sollte<br />

<strong>und</strong> die Kollektivierung sowie Dekulakisierung der Sowjetunion vorsah. 10<br />

Unter Stalins Regime wurden allerdings schon Bauern mit zwei oder drei Kühen, die<br />

sie sich nach der Revolution hart erarbeitet hatten, als Kulaken bezeichnet. Die Kulaken<br />

im Sinne reicher Großgr<strong>und</strong>besitzern hatte es schon bald nach der Revolution nicht mehr<br />

gegeben. 11<br />

Die Kollektivierung <strong>und</strong> Dekulakisierung hatte auch in Russland zur Verarmung der<br />

Bauernschaft geführt, schlimmer noch erging es den unter Stalin in die Sowjetunion<br />

integrierten Nationen, denn beide Elemente, die Bauernschaft <strong>und</strong> die Nation, galten als<br />

unrettbar regimefeindlich.<br />

8<br />

Vgl. Cassinelli, Total Revolution, S. 142-143.<br />

9<br />

Robert Conquest, Ernte des Todes. Stalins Holocaust in der Ukraine 1929-1933. München, 1988,<br />

S. 9-17.<br />

10<br />

Als Kollektivierung bezeichnet man den Vorgang der Enteignung des einzelnen Bauern zugunsten eines<br />

Kollektivs, dem er seine Arbeitskraft zukommen lassen soll. Die Dekulakisierung bezeichnet die<br />

Enteignung <strong>und</strong> Vertreibung der reichen Gr<strong>und</strong>besitzer.<br />

11<br />

Vgl. Conquest, Ernte des Todes, S. 146-202.<br />

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