von Walter Würtl und Peter Plattner Das Begehen von <strong>Klettersteig</strong>en erfreut sich nach wie vor ungebrochener Beliebtheit und die Begehungszahlen der Eisenwege sind hoch wie nie zuvor. Kein Wunder, gibt es doch wenige Sportarten, die annähernd viele reizvolle Facetten bieten: Anspruchsvolle körperliche Betätigung, spannende psychische Herausforderung, tolles Naturerlebnis, Gruppen- bzw. Familientauglichkeit und das alles mit recht überschaubarem Aufwand und geringem Gesamtrisiko. Das Thema <strong>Klettersteig</strong> scheint auf den ersten Blick trivial – hat man doch permanente Sicherungsmöglichkeit, kein Orientierungsproblem und allgemein eine gut aufbereitete Infrastruktur. Dennoch muss klar sein, dass das Begehen von <strong>Klettersteig</strong>en mit Risiken verbunden ist. Bei unzureichender Vorbereitung, mangelhafter Ausrüstung oder falschem Verhalten besteht Absturz- und somit Lebensgefahr! Um das Wandern in der Vertikalen auch ungetrübt genießen zu können, möchten folgende Grundlagen – auch bekannt als „<strong>Klettersteig</strong>regeln“ - berücksichtigt werden. k <strong>Klettersteig</strong>regeln 1. Sorgfältig planen! <strong>Klettersteig</strong>e sind von der Planung her gesehen - je nach Typ und Charakteristik – oft durchaus vergleichbar mit anspruchsvollen Bergtouren. Man denke nur an die großen Eisenwege der Dolomiten, die sich in ihrem alpinen Anspruch signifikant vom lustigen Fun-Sport-<strong>Klettersteig</strong> direkt neben dem Parkplatz unterscheiden. Dementsprechend gilt es im Vorfeld die Hauptaspekte Teilnehmer und Gruppe, Tourenziel (Schwierigkeit, Länge), Wettergefahren und Verhältnisse detailliert abzuklären. Dazu gehören auch die Fragen, ob der <strong>Klettersteig</strong> denn überhaupt geöffnet ist, welchen Anspruch der Zu- und Abstieg stellt und ob es Ausweich-/Abbruchmöglichkeiten gibt. Erfahrungsgemäß wird die Planung, v.a. bei weniger routinierten <strong>Klettersteig</strong>gehern, durch die Verwendung von Planungsvorlagen bzw. Checklisten erleichtert (vgl. bergundsteigen 3/07, S. 54). 2. Das Ziel den persönlichen Voraussetzungen anpassen! Probleme am <strong>Klettersteig</strong> entstehen häufig, weil die Schwierigkeit bzw. der Anspruch der Steiganlage weit jenseits dessen liegt, was das persönliche Können hergibt. Immer mehr <strong>Klettersteig</strong>e stellen hohe Anforderungen an Kraft, Kondition, Technik sowie Mut und es passiert immer wieder, dass <strong>Klettersteig</strong>geher ermüden oder aufgrund von körperlicher Schwäche stürzen. Die Konsequenzen eines Sturzes können dann fatal sein, da das Verletzungsrisiko an den aus dem Fels heraus stehenden Bauelementen der Steiganlage (Stifte, Klammern, Verankerungen etc.) hoch ist. Anders ausgedrückt: Ein Sturz ins <strong>Klettersteig</strong>set ist aufgrund des „Sturzgeländes“ wesentlich gefährlicher als ein Sturz ins Seil beim Sportklettern – ob das den meisten <strong>Klettersteig</strong>gehern bewusst ist, sei dahingestellt. Besonders Einsteiger sollten sich deshalb nur schrittweise an immer schwierigere <strong>Klettersteig</strong>e heranwagen, doch auch bei Führungen am <strong>Klettersteig</strong> gilt es, die Teilnehmer keinesfalls zu überfordern. 3. Vollständige, normgerechte Ausrüstung verwenden! In keinem anderen Bergsportsegment sind in den letzten Jahren so viele neue Produkte auf den Markt gekommen wie bei den 45 ❘ bergundsteigen 2/11 <strong>Klettersteig</strong>sets. Die Vielfalt ist schwer zu überblicken, da fast jeder Hersteller von Bergsportausrüstung eines oder mehrere <strong>Klettersteig</strong>sets anbietet. So gibt es eine große Bandbreite an Modellen, wobei nicht alle <strong>Klettersteig</strong>sets zu empfehlen sind. Prinzipiell raten wir, nur auf Markenprodukte der renommiertesten Hersteller zurückzugreifen. Diese haben zwar ihren Preis, der durch Produktionsstandards, die hohe Qualität der verarbeiteten Materialien, aber vor allem durch eine umfassende Risikoanalyse mehr als gerechtfertigt ist. Von der Bauart her sind nur mehr Y- Sets empfehlenswert, da hier - mit Ausnahme beim Umhängen - laufend zwei Karabiner eingehängt sind. Alle namhaften Hersteller produzieren mittlerweile ausschließlich diese Art von <strong>Klettersteig</strong>sets (die „alten“, V-förmigen gehören der Vergangenheit an). Zur Standardausrüstung zählen weiters ein Helm, <strong>Klettersteig</strong>handschuhe und die Notfallausrüstung mit Erste-Hilfe-Paket, Mobiltelefon, Biwaksack und Stirnlampe. Da manche <strong>Klettersteig</strong>e ins vergletscherte Hochgebirge führen, gilt es zu überlegen, ob und welche zusätzlichen Ausrüstungsgegenstände (zB Steigeisen oder Pickel) benötigt werden – und ob man damit auch umgehen kann. Ebenso hängt die Wahl des idealen Schuhwerks von der Charakteristik des <strong>Klettersteig</strong>es ab; hier reicht die Palette vom Reibungspatschen bis zum steigeisenfesten Bergschuh. Interessant zu beobachten ist, dass am <strong>Klettersteig</strong> vor allem mit zunehmender Länge bzw. Nachlassen der Schwierigkeiten die konsequente Sicherung vernachlässigt wird oder der Helm plötzlich in den Rucksack wandert. 4. Bei Gewittergefahr nicht einsteigen! Wie bei allen Bergsportdisziplinen, so spielen auch bei <strong>Klettersteig</strong>touren das Wetter und die daraus resultierenden Gefahren eine große Rolle. Besonders dramatisch sind hier Gewitter, da diese nicht nur Abkühlung, Nässe, Vereisung oder Schnee bringen können, sondern insbesondere auch Blitzschlag. Da man am <strong>Klettersteig</strong> eigentlich an einem überdimensionalen „Blitzableiter“ klettert, der noch dazu sehr exponiert liegt, ist diese Gefahr besonders hoch zu bewerten - wohl niemand möchte freiwillig an einem Stahlkabel hängen, wenn es blitzt und donnert. Falls es doch einmal passieren sollte, dass man am <strong>Klettersteig</strong> von einem Gewitter überrascht wird, möge man alles unternehmen, um einen möglichst geschützten Platz zu finden. Insgesamt ist es oft günstiger sich an stabilen Einzelpunkten (zB Klammern) zu sichern, die nicht mit dem laufenden Drahtseil verbunden sind, als in „ungesichertes“, absturzgefährdetes Gelände neben dem <strong>Klettersteig</strong> zu queren – noch dazu bei Nässe! Ausgesetzte Grat- und Gipfelregionen sollten unbedingt verlassen werden, bevor ein Gewitter beginnt und auch von Wasserläufen möge man sich fern halten. Nicht zu unterschätzen sind der Regen oder schlimmer noch Schneefall bei einem Wettersturz: Diese führen rasch zu einem enormen Ansteigen der Kletterschwierigkeit und können damit das Sturzrisiko erhöhen. Durch eine saubere Planung lassen sich diese Wettergefahren jedoch weitgehend in den Griff bekommen, da die Wetterdienste sowohl Front- als auch Wärmegewitter recht zuverlässig vorhersagen können. Ebenso zählen Hitze oder direkte Sonneneinstrahlung zu den Wettergefahren, die das Leistungsvermögen rasch absinken lassen. Ein früher Aufbruch, genügend Wasser und schützende Kleidung können dies jedoch verhindern. 5. Drahtseil und Verankerungen kritisch prüfen! Durch mechanische Einflüsse wie Steinschlag, Schneedruck, Lawinen, Eis, Wasser oder Blitzschlag bzw. durch Frostsprengung und Korrosion kommt es mit der Zeit zu Beschädigungen
Ein echter Sturz im <strong>Klettersteig</strong> ist - im Gegensatz zum Sportklettern - meistens mit Verletzungen verbunden. Das muss klar sein. Das <strong>Klettersteig</strong>set ist hier lediglich ein “Notsystem”.