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Besinnlichkeit aus dem Backofen - Teegebäck Raffael

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inside B 12.11 | S. 82 | > lebensArt inside B 12.11 | S. 83 | > lebensArt<br />

Perfekte Springerle sind<br />

innen weich und außen<br />

leicht knusprig. Allerdings:<br />

Das Backen ist kein<br />

Zuckerschlecken.<br />

So geht es auch <strong>dem</strong> Schweizer Springerlebäcker<br />

Linus Feller. „Wir haben nicht mit Kunden zu tun,<br />

sondern mit Menschen, die mit uns die Leidenschaft<br />

der Springerlemodel teilen“, sagt der Gebäckliebhaber.<br />

Seit 25 Jahren widmet sich der<br />

gelernte B<strong>aus</strong>anitär-Fachmann <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Wallis,<br />

wo Springerle eigentlich unbekannt sind, der<br />

Krönung der häuslichen Backkunst. Durch Zufall<br />

kam er mit <strong>dem</strong> Bildgebäck <strong>aus</strong> Eierschaumteig in<br />

Berührung – und war fasziniert. Wie von seiner Frau:<br />

Wie das Gebäck lernte er sie auf einem Weihnachtsmarkt kennen.<br />

Inzwischen ist sie sein liebstes Springerle, und beide arbeiten<br />

im florierenden Familienunternehmen, <strong>dem</strong> Änis-Paradies,<br />

in Niedergösgen südlich von Basel. „Ich hab auf <strong>dem</strong> Markt<br />

ganz klein angefangen und schnell gemerkt, dass das Thema<br />

Springerle etwas ist, was lebt.“ Ein Rezept für Springerle musste<br />

er sich erst mühevoll erarbeiten. Die Zutaten, die Trocknungszeit<br />

und das Backen selbst – alles heikle Momente, die über das<br />

Gelingen entscheiden. „Man muss sehr genau sein: Hat man die<br />

Springerle eine Minute zu lange im Ofen, wird alles dunkel, bei<br />

einer Minute zu wenig werden sie teigig“, sagt der 53-Jährige.<br />

Springerle sind die Königsdisziplin<br />

der häuslichen Backkunst<br />

Auch das Abmessen der Zutaten und die Beschaffenheit der Eier<br />

wirken sich sofort auf die Bildschärfe <strong>aus</strong>. „Man muss den Grad<br />

der Perfektion suchen. Zeit und Liebe – das ist das Allerwichtigste.“<br />

Schweizer Besonnenheit und der feste Glaube ans Gelingen<br />

bewahrten ihn nach Rückschlägen in den Entwicklungsjahren<br />

davor, den Mut zu verlieren. Erst seit sieben, acht Jahren, sagt<br />

Feller, habe er das Backen wirklich perfektioniert, und auch die<br />

Model, die er selbst herstellt, seien jetzt auf höchstem Niveau.<br />

Von der Traubenlese über Krippenszenen und Herzmotive spie-<br />

Die Doppeldecker werden doppelt<br />

gebacken: zunächst ohne süße Füllung.<br />

Mit einem Schieber <strong>aus</strong> Buchsbaumholz<br />

verstreicht Zimmermann das Gelee.<br />

geln die Model ein Stück Kulturgeschichte wider und erzählen<br />

von der heilen Welt. Ob die Springerle bei so viel Aufwand nicht<br />

zu schade zum Essen sind? „Auf keinen Fall. Man isst sie ja nicht<br />

in Massen. Und ich liebe den Anisgeschmack“, sagt Feller. „Es<br />

ist eine kleine Freude für den doppelten Genuss: Erst die Optik,<br />

dann der Anisgeschmack.“<br />

Erst nach Weihnachten wird Feller wieder von den Messen und<br />

Märkten in seine Modelwerkstatt zurückkehren, in der er bis<br />

September kommenden Jahres wieder mit seinen Mitarbeitern<br />

die Springerlemodel herstellt. Zurzeit backen fünf bis sechs<br />

Leute jeden Tag Springerle für ihn, um sie auf den Weihnachtsmärkten,<br />

vor allem in Basel und Stuttgart, kistenweise frisch zu<br />

verkaufen. Industriell lassen sich die schönen Anisbrötli nicht<br />

fertigen, auch viele Bäckereien und Konditoreien sehen wegen<br />

des hohen Aufwands und der vielfältigen Möglichkeiten zu<br />

scheitern, davon ab, Springerle anzubieten.<br />

Auch vor Hildabrötchen schrecken Bäckereien und H<strong>aus</strong>frauen<br />

zurück – zu viele Arbeitsschritte sind es, bis die feinen Plätzchen<br />

endlich fertig sind. „Das zentrale badische Gebäck ist aber nun<br />

mal das Hildabrötchen“, sagt Zimmermann und schaut verträumt<br />

duch das Ofenglas. Daher drehen sich auch viele seiner<br />

Eigenkreationen wie das Freiburger Bächle <strong>aus</strong> Shortbread-Teig<br />

mit Gelee von Amerikatrauben <strong>aus</strong> seinem Schrebergarten und<br />

der Münstertaler rund um das süße Weihnachtsplätzchen. Der<br />

Münstertaler huldigt der achteckigen Grundfläche des Freiburger<br />

Münsters, so wie das Hildabrötchen der letzten badischen<br />

Großherzogin Hilda von Nassau gewidmet ist. Die letzten Arbeitsschritte<br />

nach <strong>dem</strong> Auskühlen der Plätzchen gehen ihm<br />

leicht von der Hand, hat er sich doch eigens ein Werkzeug gebaut,<br />

mit <strong>dem</strong> er die Marmelade schnell und gleichmäßig verteilen<br />

kann. Seine Bäckerkappe kann Zimmermann noch nicht<br />

absetzen. Der Tag ist noch jung, und die Kundschaft wird sich<br />

nicht mit einer Sorte Weihnachtsbrötchen zufrieden geben. „Auf<br />

<strong>dem</strong> Münstermarkt stehen ist die Kür, aber vorher kommt die<br />

Pflicht, und das ist manchmal hart.“ Richtig durchatmen kann<br />

der badische Bäcker auch nach Weihnachten nicht: Dann steht<br />

die Fasent kurz bevor – Zeit des Fettgebackenen. Lena Verfürth<br />

Deckel drauf und ab in den Ofen: Bald<br />

sind die Hildabrötchen fertig.<br />

Fotos: Stephan Hund, Guido Stuter, Fotolia<br />

Fotos: Stephan Hund<br />

Der Duft nach Heimat:<br />

Zur badischen Weihnacht<br />

gehören Hildabrötchen.<br />

Nicht ein Teilchen <strong>aus</strong> Fernost: Was Christophe<br />

Herr nicht selbst fertigt, kauft er bei Betrieben<br />

<strong>aus</strong> der unmittelbaren Umgebung ein.

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