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Homophobe Übergriffe in Reutlingen May-Day-Parade-Tübingen ...

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Ausgabe #19– April 2009 – kostenlos – über/regional – Szene, Politik, Party, Selbstverwaltung, Kalender<br />

haben Glück und werden ausreichend von ihren Eltern unterstützt. Viele aber müssen<br />

m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>en Teil ihres Lebensunterhaltes verdienen. In Universitäts-Städten wie Tüb<strong>in</strong>gen<br />

s<strong>in</strong>d Jobs Mangelware. Tausende Studierende konkurrieren als Nebenjobber mite<strong>in</strong>ander.<br />

Um sich e<strong>in</strong> Zubrot zu verdienen beteiligen sich nicht wenige Studenten an Probanden-Studien.<br />

Die Werbung dafür f<strong>in</strong>det sich entweder im Email-Postfach oder <strong>in</strong> der Mensa am Infobrett.<br />

E<strong>in</strong>ige der Tests s<strong>in</strong>d vollkommen harmlos. Bei dieser Art von Tests werden lediglich Fragen<br />

gestellt und beispielsweise die Reaktionsschnelle gemessen. Die Fragen gehen dabei oft von<br />

Grundvoraussetzungen aus, die überhaupt nicht zutreffen. Frage: „Wie würden sie die<br />

Arbeitsleistung <strong>in</strong> ihrem Betrieb erhöhen?“ Dabei will ich gar ke<strong>in</strong>en Betrieb leiten. Aber um des<br />

liebe Geldes Willen mache ich mit und kreuze brav e<strong>in</strong>e Antwort auf e<strong>in</strong>e Frage, die sich mir gar<br />

nicht stellt, an. Andere Tests h<strong>in</strong>gegen s<strong>in</strong>d gefährlicher. Bei ihnen besteht die Gefahr, dass<br />

dem Teilnehmer übel wird oder sich gar die Seele aus dem Leib kotzt, zum Beispiel weil er auf<br />

e<strong>in</strong>em schnell rotierenden Drehstuhl e<strong>in</strong> Mittel gegen Übelkeit testet.<br />

Es gibt daneben auch Tests, die wahre Menschenversuche s<strong>in</strong>d. Mit der Gefahr von<br />

Langzeitschäden und der Teilnehmer muss dafür mehrere E<strong>in</strong>verständnis-Erklärungen<br />

unterschreiben. Damit sichern sich die Institute rechtlich ab. Falls die Testpersonen sterben<br />

oder mutieren und sich <strong>in</strong> Superhelden- bzw. Superbösewichter verwandeln. Generell gilt, je<br />

mehr bezahlt wird, umso gefährlicher und anstrengender ist e<strong>in</strong> Test. Ironischerweise werden<br />

e<strong>in</strong>ige der Forschungsprogramme mit solchen bezahlten Tests aus den Fonds bezuschusst, die<br />

mit Studiengebühren aufgefüllt werden. Die Teilnehmer versuchen also durch ihre bezahlte<br />

Teilnahme e<strong>in</strong> Teil ihrer Studiengebühren wieder „zurück“ zu bekommen.<br />

Aus familiär-vorbelasteten Gründen nahm ich unentgeltlich an e<strong>in</strong>er Studie zur Diabetis-<br />

Prävention mit der Kurzbezeichnung TULIP (Tueb<strong>in</strong>ger Lebensstil Interventions-Programm) teil.<br />

Der umständliche Studientitel lautete: „E<strong>in</strong>fluss e<strong>in</strong>er Lebensstil- und Ernährungsmodifikation<br />

auf endotheliale Dysfunktion und Intima-Media-Dicke bei Insul<strong>in</strong>-Resistenz“. Dabei wurde mir<br />

angeboten auch an e<strong>in</strong>er Fortsetzungsuntersuchung teilzunehmen. Für sieben Stunden Test<br />

wurden mit 50 Euro versprochen und es waren drei Tests angesetzt, also gab es <strong>in</strong>sgesamt 150<br />

Euro zu verdienen. Ich sagte zu. Doch ich hatte das Kle<strong>in</strong>gedruckte nicht gelesen. Nur bis 20<br />

Uhr am Vorabend des Tests durfte ich essen und tr<strong>in</strong>ken später nur noch Wasser. Für die<br />

Studie musste ich mich 6.30 Uhr bei der Kl<strong>in</strong>ik e<strong>in</strong>f<strong>in</strong>den. Sechs Uhr morgens wohlgemerkt.<br />

Me<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Chance zu dieser Uhrzeit wach zu se<strong>in</strong>, bestand <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>nahme e<strong>in</strong>er<br />

Überdosis Koffe<strong>in</strong>. Da ich Kaffee nicht mochte, nahm ich Koffe<strong>in</strong>-Tabletten. Ich aß sie zu dieser<br />

Zeit wie Smarties. E<strong>in</strong>e regelrechte Abhängigkeit hatte ich entwickelt. Aber immerh<strong>in</strong> war es mir<br />

so gelungen, den Lebensrhythmus e<strong>in</strong>es wilden Studenten zu durchbrechen.<br />

Unglücklicherweise wurde <strong>in</strong> den Bestimmungen der Studie ausdrücklich erwähnt, dass Kaffee<br />

wegen des Koffe<strong>in</strong>s tabu wäre.<br />

Trotzdem schaffte ich es irgendwie pünktlich zum Treffpunkt <strong>in</strong> der Kl<strong>in</strong>ik zu ersche<strong>in</strong>en. Da<br />

wurde ich dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Rollstuhl, damit ich mich nicht anstrenge, abgeholt und zum<br />

Kernsp<strong>in</strong>tomographen geschafft. Bei diesem Kernsp<strong>in</strong>tomografen handelt es sich um e<strong>in</strong>e<br />

große Röhre <strong>in</strong> die der zu Tomographierende h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>geschoben wird, um Organe und Gewebe<br />

mit Hilfe von Magnetfeldern und Radiowellen abzubilden. Ich also immer <strong>in</strong> diese Röhre<br />

geschoben, die wie e<strong>in</strong> eigener Kokon war, und dann ertönten Geräusche, die man mit<br />

geschlossenen Augen auch für e<strong>in</strong>en experimentellen Elektrobeat hätte halten können. Dieses<br />

Geräusch war aber nicht nur funky, es hielt mich vor allem auch wach.<br />

Anschließend wurde ich wieder auf dem Rohlstuhl von e<strong>in</strong>er jungen Assistenz-Ärzt<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>em<br />

Holzhaus außerhalb der Kl<strong>in</strong>ik geschoben. Dort wurden mir verschiedene Dioden am Körper<br />

und am Haar, hier mittels e<strong>in</strong>es Gels, angebracht. Dann wurde ich auf e<strong>in</strong>en Sitz verfrachtet,<br />

der vage an den Sessel von Jean Luc Picard auf der Brücke der Enterprise er<strong>in</strong>nerte. Me<strong>in</strong> Kopf<br />

wurde fest fixiert, denn e<strong>in</strong> Ruck zur Seite zerstörte alle Mess-Ergebnisse. Me<strong>in</strong>e Aufgabe war<br />

es, auf e<strong>in</strong>en Bildschirm zu schauen, auf dem e<strong>in</strong>e Buchstabenkomb<strong>in</strong>ation e<strong>in</strong>geblendet<br />

wurde. Wiederholte sich diese, wenn auch <strong>in</strong> umgekehrter Reihenfolge, dann musste ich den<br />

Kopf von e<strong>in</strong>er Art Joystick drücken.<br />

Nach mehreren Erklärungen schloss sich für dreimal 20 M<strong>in</strong>uten die Tür zu dem Raum, <strong>in</strong><br />

welchem sich der Stuhl befand, auf dem ich regungslos zu verharren hatte. Dass Problem war<br />

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