die neuen wilden - NRW-Stiftung
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In den Badehäusern<br />
der Römer ging es<br />
zwar gesellig zu,<br />
allerdings herrschte<br />
Geschlechter tren -<br />
nung. Frauen nutzten<br />
<strong>die</strong> Thermen in der<br />
Regel vormittags ab<br />
11.00 Uhr, Män ner<br />
nachmittags und<br />
am frühen Abend.<br />
RÖMERTHERMEN ZÜLPICH – MUSEUM DER BADEKULTUR<br />
>> der antiken Fußbodenheizung – wegen<br />
deren Effizienz man im Heißbad besser Sandalen<br />
trug – sind besonders sehenswert. An<br />
fünf Stellen wurden früher in den Zülpicher<br />
Thermen Feuer unterhalten, um genügend<br />
warme Luft zu erzeugen. Sogar ein paar Reste<br />
echt „antiker“ Holzkohlenasche haben sich<br />
aus <strong>die</strong>ser Zeit bis heute erhalten. Das neue<br />
Museum hingegen entfacht zwar <strong>die</strong> Neugier<br />
der Besucher, aber keine Flammen: Beim<br />
Heizen setzt es auf Geothermie, also auf<br />
Erdwärme.<br />
„Waschechte“ Ausstellungsstücke – z.B.<br />
eindrucksvolle römische Badewannen – gibt<br />
es in Zülpich zum Glück genug. Der Besucher<br />
sollte seine Blicke aber auch auf <strong>die</strong> hauchfeinen<br />
Gazetücher über der Ausgrabung richten:<br />
Dort kann er per Filmprojektion am Thermenbesuch<br />
der beiden Römer C. Octavius Mater-<br />
Links: Zu Beginn des Rundgangs kann<br />
der Besucher virtuell in <strong>die</strong> Badebräuche<br />
der Welt „eintauchen“.<br />
Mitte links: Reste von farbigem<br />
Wandputz lieferten in Zülpich wichtige<br />
archäologische Hinweise. Die Thermen<br />
waren mit Malereien und Skulpturen<br />
offenbar reich ausgestattet.<br />
Mitte rechts: Der Mythos vom<br />
Jungbrunnen, der <strong>die</strong> verlorene Jugend<br />
zurückbringt, ist Thema eines berühmten<br />
Gemäldes von Lucas Cranach dem<br />
Älteren (1472-1553).<br />
Rechts: Badezuber gehörten zu den<br />
wichtigsten Utensilien in den mittelalterlichen<br />
Badestuben.<br />
nus und M. Calpurnius Rufus teilnehmen.<br />
Er hört, wie <strong>die</strong> beiden während ihres Badegangs<br />
über <strong>die</strong> politische Lage des Jahres 260<br />
n. Chr. und über <strong>die</strong> bevorstehende Getreide -<br />
ernte diskutieren – und wie sie am Ende auf<br />
den Sport im Gymnastikhof lieber zugunsten<br />
von Wein und Spanferkel verzichten. Die<br />
Spielszenen bringen <strong>die</strong> schweigsamen steinernen<br />
Überreste der Geschichte für <strong>die</strong> Besucher<br />
auf zwanglose Weise „zum Sprechen“.<br />
BÄDER UND BORDELLE<br />
Das Museum der Badekultur führt den Besucher<br />
auch ins vermeintlich so finstere Mittelalter.<br />
Doch mochten <strong>die</strong> Badestuben der<br />
mittelalterlichen Städte an <strong>die</strong> technische<br />
Ausstattung römischer Thermen auch nicht<br />
heranreichen – <strong>die</strong> Menschen hatten hier<br />
gleichwohl ihre Badebräuche und ihren Badespaß.<br />
Die Annahme allerdings, es sei in<br />
mittelalterlichen „badstuben“ besonders sittenlos<br />
zugegangen, beruht zumeist auf einer<br />
Verwechslung mit Bordellen. In den meisten<br />
„normalen“ Badehäusern herrschte zu jener<br />
Zeit strikte Geschlechtertrennung.<br />
Viele Vorurteile ranken sich auch um <strong>die</strong><br />
„gepuderten“ Zeiten des Barock und des Rokoko.<br />
Die Menschen <strong>die</strong>ser Epoche stehen<br />
unter dem Generalverdacht, Badewasser mehr<br />
gescheut zu haben als der Teufel das Weihwasser.<br />
Doch ganz so krass lagen <strong>die</strong> Dinge<br />
nicht. Insbesondere Heilbäder waren im Barock<br />
sehr beliebt. In Aachen erprobte z.B. der<br />
Arzt Franz Blondel seit etwa 1650 <strong>die</strong> Wirkung<br />
von Dusch- und Dampfbädern. Auch Badebecken<br />
gab es hier – in denen <strong>die</strong> Frauen aus<br />
Gründen der Sittsamkeit teilweise mit Blei<br />
30 Die <strong>NRW</strong>-<strong>Stiftung</strong> Ausgabe 3/2008