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zum downloaden - Heimatverein Lomersheim

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G otth ilf Herridel<br />

lwill net nach Tarent... !<br />

Gotthilf Herrigelund seine Frau besuchle ich in ihrem Haus am 22. September<br />

1997. Er hat den Kindergarten besucht, der sich gegenüber<br />

seinem Elternhaus in der I\,,1ühlackerstraße befand. 1929 kam er zur<br />

Schule, 1936 wurde er konfirmierl. Ein Jahr lang ging er dann noch in<br />

Dürrmenz zur Schuie, weil in <strong>Lomersheim</strong> nur sieben Schuljahre möglich<br />

waren. In Dürmenz hatte er als Unterrichlsfach geometrisches Zeichnen,<br />

und so hat er schon einige Vorkenntnisse bekommen für seinen zukünfti<br />

gen Beruf. Er hat ab 1 937 l\,,laschinensch losser beider Firma Händle und<br />

Söhne in I\/ühlacker gelerni.<br />

Nach der Lehre meldete ersict freiwillig zur Marine, wohlweilder<br />

Vater auch schon beider l\,4arine gewesen war. Zuetst sechs Wochen zul<br />

Ausbildung nach Buxtehude, dann nach Ostftiesland aut die Maschinenschule<br />

in Noden; Führcßchein aller Klassen gemacht und dann nach<br />

Afrika. Sonderkommando V, SeetranspotTstelle in Tipoqs.<br />

Herr Herrlgelwar derjüngste von den iünf Leuten dort und weiler den<br />

Führerschein hatle, wurde er Cheftahrer fürden Kapitän-Leutnant. Von<br />

dort kam er immer in die vorderste Dienststelle: Von T polis nach Bengasi<br />

usw., bis er 1942 in Tobruk mit Verbrennungen zweiten Grades velwundet<br />

wurde.<br />

Wir warcn in Tobruk und haben Auslaufbefehl gehabt um I Utu in del<br />

Früh. Wir hatten Benzin und alles geladen, denn da begann det Rückzug.<br />

Schon im Feldstecher haften wi gesehen, wie die Engländer in den<br />

Beryen aufmaßchieften und ihrc Geschütze aufstellten und haben immer<br />

gesagt: ,Wir müssen nus!'Witwarcn im Maschinenaun zu vietT und mit<br />

einem Mal hat es geknallt. Sie hatten beiuns rcingeschossen. Es hat die<br />

Kanistet zeftissen, und plötzlich brannte es auf dem Schift und ings<br />

hetum die ganze Wasserobeiläche: das Benzin war ausgelaufen!Die<br />

anclercn veßuchten, sich mit einem Sprung ins Wasser zu retten. Sie sind<br />

alle ungekommen. Als ich henul kam und das sah, hafte ich keine anderc<br />

Möqfichkeit, als nur über das brennende Fallrcpp an Land zu rcnnen. Dott<br />

habe ich mich auf dem Boden gewälzt, und Kameaden haben mit Decken<br />

das Feueran mirgelöscht. Dann habe ich mich in ein Auto gesetzt und bin<br />

noch fünf Klometer aus Tobruk hinausgefahren, bis es mt schwarz vol<br />

Augen wurde.<br />

73


Ein anderer Kanetad fuhrmich weiter nach Derna ins Lazarett, wo<br />

noch englische Aete waren, die bei den Deulschen in Gefangenschaft<br />

gewesen sind. Die Engländer haben mich nit Bandsalbe behandelt.<br />

Der Doktar hat sich gewundert, daß meinen Augen nichts passierlwat.<br />

In der Seetranspaftstelle in Dena hab ich einen Freund gehabt, Bootsmaat<br />

von Hopfqanen aus Hambury, den hab ich angerufen. Der ist<br />

gekommen und hat mich mit dem Motaboot auf das Lazarettschiff<br />

gebracht, das auf Reede lag, weil es zu gtoB war, um in den Hafen<br />

einzulaufen. llit dem bin ich wiedet nach Eurapa gekommen!<br />

An Bord hat sich folgendes abgespielt: Die Schweslern haben das<br />

Essen hingestellt und nachher wieder abgeholt, denn Herr Herige konnte<br />

nichts essen, weil seine Hände verbunden waren. Auch das ganze Gesrcht<br />

warverklebt, nur Mund undAugen waren ire . Er konnte ein wenig ltalienisch<br />

und hat die ,Sofel a' gerufen. Der Bootsmaat hatte ihm eine l\lappe<br />

auf den Bauch gelegt, da waren Schokolade und Zigareiten dr n. Die<br />

Schwester hat Rotwein und ein E geho t, es verrührt und hm eingeflößt.<br />

Daiür durfle sie sich eine 250-Gramm-Tafel Schokolade nehmen. Dle hat<br />

sich so ary gefreut!<br />

Herr Herrigel sollte eigentlich nach Tarent, aber er hat gesagt: Des<br />

wil i net. I will nach Deutschland. Und da war ein Sanitäter, des wat a<br />

Schwab, des hab i g'nerkl Der war aus Heilbronn, Lrnd da hal Herr<br />

Herrigel gesagt: Du muscht mir helfe. Faß mich untern Arm und geh<br />

nit mirdas Falhepp runter. ich willnit dem Lazarcnzug nach<br />

Deutschland.<br />

Das ge ang. Er kam in Niedebayern nach Mal ersdori in ein ReseNe-<br />

Lazarett. Zuerst mußte er noch e ne Maske tragen, bis das Gesicht gut<br />

verheill war. Auch heule noch hat er im Winter Schrnerzen, weil die Haut<br />

sehrspanni, und rnil den Händen kann er nrcht mehrvielanheben.<br />

Aber sonst ist alles rn Ordnung.<br />

Frage: Und dann warder Krieg für Sie aus?<br />

Nein. Dann hab'ich Weihnachtsurlaub kriegt, fünfTag', da war ich zu<br />

Haus. Dann wieder ins Lazarett, und im Februar nach Sizilien.Et war dann<br />

Fahrdienslleiter bei der Flottille und hat wieder den Chei gefahren. Dann<br />

haben sie den Rückzug gemacht bis nach Ram. Daftbin iwiederveF<br />

wundetworden am Fuß. Mirhaben spinge müsse, ir/eilsie auf uns<br />

g'schasse haben, und da hab iein Splitter in den Inken Fuß bekommen.<br />

74


Aber das war nettngisch. Da bin ibloß ins Feldlazarcft gekammen.<br />

ln der nächslen Slelle ;n Genua mußte er die Fahrbefehle fÜr die Fahrer<br />

ausschreiben, die Verpllegung aus dem Landesinneren holten, und er<br />

hat auch den Oberstabsarzt gefahren, dem die ganze Rivieraküste bis<br />

[,4arseil e unterstand. Von ihm wurde er imrner ,Schorsch' genannt. In<br />

Arrenzano haben sie ihTe DienststeLle in e nem Schlößchen gehabt.<br />

Oben drin wohnle eine Familie, die vier oderiüni Schlösserz! betreuen<br />

hatte. Dr. h.c. Simoni hieß der lvlann. Die Tochter ist häufig zu Herrn<br />

Herigel gekommen. Erhatvon ihrein bißchen ltalienisch gelernt und sie<br />

von ihm Deutsch. In der Nachbarvilla war ein Zahnarzt, und dessen zwei<br />

Kinder sind auch jeden Tag bei ihm gewesen. Lauretta war neun Jahre all<br />

und l\,4auro elf. Die haben von ihm ,MarketendeMare' (Schokolade und<br />

Bonbons) bekommen. Deswegen sind die so gern da g'wesen. Und ich<br />

hab'von dene das Essen kr'legl In Genua war lnllalion: Dort koslete 1 kg<br />

l\lehl55 Lire. während in Parma nurfüni Lire dafÜr zu bezahlen waren.<br />

I\,4anchmal hat er einen Sack lvlehl oder Kartolfeln und auch Ol mitgebÄchl<br />

Das hat sie arg g'freut. Es war eine richtige Freundschafl.<br />

In Genua ist Heft Hedgel dann in Getangenschatt zu den Amerikanern<br />

gekommen, aber die haben s e den Partisanen übergeben.<br />

Von denen sind sie auf einem Sportgelände zwischen Livorno und Pisa<br />

bewacht worden. Sie lagerlen im Freien auf dem Rasen, auJ dem allerdings<br />

nach fünfTagen kein Gras mehr zu sehen war. Well Hefr Herrigel<br />

e n wenig ltalienisch konnte, hat er manches von denen bekommen.<br />

Wenn er gesagt hat: / /] ab' Hunger, dann haben sie ihm ein Bfötchen<br />

gegeben, das er mit den Kameraden geleilt hat. Zuerst gab's nämlich<br />

nur Wasser m t ein paar Nudeln drin. Dann hieß es: Wer sich ireiwillig<br />

zurArbeit me det, bekomml bessere Unterkunfl und Verpflegung und<br />

wird früher entlassen. Es wurden Leistungskurven gemachtvon den<br />

Arbeitskompanien, wleviel Fahlzeuge derAmerikaner, die per Schifl<br />

nach Japan kamen, sie verpackt haben, und da waf Herrn Herrigels<br />

5. Kompagnie die beste. Aber sie sind trotzdem nicht früher entlassen<br />

Er hatre einen 1Bjährigen Kameraden, der hai eine Dreitagesration<br />

an einem Tag vor lauter Hunger aufgegessen. Herr Herriegej hatte<br />

sich 50 Lire ln das Fut{er seinerJacke elngenäht, und damit hat er am<br />

Brenner, as sie aul dem Rücktranspod kurz aussteigen dudten, einen<br />

75


halben Sack Apiei gekautt. Darauf ist derjunge IVann nicht mehr von<br />

seiner Seite gewichen.<br />

Zuerst wurden sie nach Bad Aibling gebracht. Dort sollten sie nach<br />

dreiTagen entlassen werden. Aber sie wurden auf Lastwagen nach<br />

Nürnberg verffachtet. Sie muBten alte panzerspähwagen ausschlachten.<br />

Bei der Arbeit isi die Haut an einer Hand wieder aujgebrochen. Da lst er<br />

<strong>zum</strong> lnnendjenst gekommen, was ihm gar nicht recht war, denn er wollle<br />

doch heim. Derjunge l\rann ist Bursche bei den Amerikanern geworden.<br />

Außerdem waren noch zweideutsche Mädchen als Schreibkräfte da, und<br />

durch die hat der Bursche Post nach draußen gebracht. Hefi Herrjgel hat<br />

serne Angehörigen auf diesem Wege gebeten, ihm mitzuleiien, wer in<br />

<strong>Lomersheim</strong> Bürgermeister sei. Und der Vater hat geantwortet, er solle<br />

die genaue Anschrifl schreiben. Er hoffe, durch seinen Kollegen, den<br />

Bürgermeister von l\4ühlacker, Dr. Ascher, ein Jude, derfrüher Gymnasiallehrer<br />

gewesen war, vielleichl die Möglichke t zLtr Enflassung schatfen<br />

zu können. Der Vater warvon den FTanzosen als Bürqerme ster in<br />

<strong>Lomersheim</strong> eingeselzt worden.<br />

Am 18. Dezember 1945 ist Herr Herrigel aus Nürnberg geflohen und<br />

am 21. Dezember war erzuhause. Den Kameraden hatte er gesagt, daß<br />

eriliehen wollte. Er warder einztge mit einem bla!en Marine-schitfchen<br />

aul dem Kopf. Als sie vom Holzmachen m t dem Laster aus dem Wald<br />

fuhren, hai er einem Kameraden sein Schiifchen gegeben, denn es sollte<br />

im Lager nicht gleich autfailen, daß er lehlte. ln einer Rechtskutue muBte<br />

der Wagen langsam fahren, weil es sehr glatt war, da hat er sich auf den<br />

Boden fallen lassen und ist in den Wald gelaufen. Er hal sich einen Siock<br />

gesucht und ist losmarschiert. Während der Nacht ist er buchstäblich im<br />

Kreis gelauien und kam fast an derselben Slelle wieder an, von der er<br />

losgegangen war. Er hat ein Quartier gesucht, aber das war nichi lejcht.<br />

Schließlich kam er an ein Haus, tn dem er aufgenommen w!rde, denn def<br />

Sohn waT auch m Feld. Am zweiten Tag ist er n aller Frühe in seiner mit<br />

Tinte umgefärbten L.Jniiom wieder durch den Wa d weitergelaufen, und<br />

plötzlich kamen ihm zweivon der [/ilitary police entgegen. Er ist nicht<br />

weggebufen, sondern hal nur angefangen, an seinern Stock zu humpeln,<br />

schnurgrade auf ein Gehöli zu, das nicht weit entfernt lag. Die Nlilitär_<br />

polrzjsten sind dicht an ihm volbeigegangen, aber s e haben sich nicht um<br />

ihn gekümmert.<br />

Am nächsten Tag wollte er ein Stück mit dem Zug Richtung Heitbronn<br />

fahren, aber am Schalter standen Amerikaner und haben leden kontrolllert.<br />

76


Da hat ersich wieder dünn gemacht und ist bis llshofen gelauien. Dort<br />

konnte erfast nicht mehr weiter. Er hat irgendwo ein Bier getrunken und<br />

erfahren, daß es einen Lastwagen gab, dorjeden Tag nach Schwäbisch<br />

Hallfuhr und Flüchtlinge transportierie. Der Lastwagenfahrer hat sofort<br />

gesagt, daß alle, die keinen Ausweis hätten,2OO l\,4eter vor der Stadt<br />

aussteigen müßten, er wolle keine Schwierigkeiten bekommen. Von dort<br />

ist Herr Herrigel weilergelaufen bis Groß-lngersheim. Da hat's angefangen<br />

zu regnen, und djeTinte ist aus seiner Khaki-Uniform ausgelaufen.<br />

Jetzt wollte er nicht mehr weiter.<br />

in zwejWirtschaften hat erieweils zuerst ein Bjer getrunken und um<br />

Aufnahme gebeten, abersie wurde ihm nicht gewährt. In der dritten ist er<br />

zurWirtin gegangen, und die hat gefragt ,Bua, wo kommst denn her?,<br />

Und als er es erzählt hafte, hatsie ihm ein Butterbrot und Suppe gebracht<br />

und gesagt, er könne übernachten. Am Nebentisch war ein junger l\rann,<br />

der hat den Wirt nach dem Weg nach_pforzheim gefragt. Da ist er rüber_<br />

gelaufen und erfuhr, da8 de. einen Jagdwagen und pferde draußen<br />

stehen hatte. Es gab ein großes Hallo, ats beide feststellten, daß sie in<br />

Afrika bei verschiedenen Marine-Ejnheiten gewesen waren. Der l\rann<br />

wollte rasch losfahren, es war schon 5 Uhr nachmittags und um 10 Uhr<br />

warSperrslunde. Herr Herrigelsagte, er kenne den Weg, sie setzen sich<br />

auf den Kutschbock, er nahm die Zügel in die Hand, und die pferde liefen<br />

los. Auch ein kleinerJunge wardabei, und unter dem Heu hatte der [,,lann<br />

eine Schnapsflasche, aus dersje zuvornoch einen kräftigen Schluck<br />

genommen hatten. Um halb zehn 10 Uhr ist Herr Herrigel hinten an der<br />

Landskaße bei <strong>Lomersheim</strong> abgestiegen und punkt 1O Uhr war er daheim.<br />

Er ist die Treppe hinaufgestjegen, hat an die Zimmedür gektopft, und da<br />

saß die Familie und hatAugen und Ohren aufgerissen, als er plötzljch vor<br />

ihnen stand. Er hat gleich gefragt, wer ist Bürgermeister, und als er erfuhr,<br />

daß es sein Vaier war, fiel alle Angst von ihm ab. In Mühlackerwurde er<br />

dann ordnungsgemäß e'ntlassen.<br />

Zuerst wollte er wiederzur Fima Händle & Söhne, und man hätte ihn<br />

auch sofort genommen, abersein Bruder, der den Hof übemommen hatte,<br />

war in Rußland gefallen, und so mußte er einspringen. Erwollte aber auch<br />

gern selbst Geld verdienen, denn immer, wenn erwas brauchte, mußte er<br />

seinen Vater fragenr Vadder, hascht net a paar Ma*?<br />

1946lehte erseine Frau kennen. Frau Herrigelstammt aus Stuttgart.<br />

Sie warzu Besuch nach Nrühlhausen zur Familie Schmierer gekommen<br />

und hät dort geholfen. Herr Herrigel war nach seiner Rückkehr in den<br />

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Kirchenchor n <strong>Lomersheim</strong> eingetreten. Seine Frau sang in Zutfenhausen<br />

auch im Chor Als sie in I\,,1ühlhausen zu Besuch war, ist sie mil<br />

Maria Schm ererund den [,4ühlhäuser Sängern im Jul zu einerAbends<br />

ngwoche nach <strong>Lomersheim</strong> gekommen. Er wußie bei dieser Begegnung<br />

gleich: die möchle ich gerne zur Frau haben. lm Herbst haben sie<br />

sich bei derTraubenlese in I\lühlhausen wiedefgesehen. Um an ihre<br />

Adresse zu kommen, hatte er sich etwas Besondetes ausgedacht.<br />

Frau Herrigel war m t dem Zug bis lllingen gekommen und von dort mußte<br />

sie nach I\,,1ühlhausen laufen, dasselbe natürlich w eder zurück. Walter<br />

Schmieref, l\,4aria Schmierer und er begleiteten s e untergehakt,was<br />

man beim damaligen Verkehr noch konnte - auf der Landstraße nach<br />

lllingen <strong>zum</strong> Bahnhof . Dabei steckte er etwas unbemerkt in ihre Jacke.<br />

Als sie im Zug war und in ihreTasche griff, war da ein in Seidenpapier<br />

eingewickeltes Päckchen, in dem ein Ring m t einem Aquamarinstein<br />

und seineAnschrift lagen. Daiürmußte sie sch natürlich bedanken.<br />

und von da an haben s e einander viele Liebesbriefe geschrieben. lrn<br />

[,'lai 1947 haben sie geheiratet. Frau Herrigelträgt den Ring heute noch<br />

und hal ihn mir gezeigt.<br />

Bei der Goldenen Hochzeit ist Frau Herrige tür ihre 50jährige Zugehörigkeit<br />

<strong>zum</strong> Kirchenchor geehrt worden. Herr Herr gel mußte wegen<br />

seinef Herzbeschwerden nach 46 Jahren aufhören. S e waren auch beide<br />

im Gesangverein. Erwar4l Jahredarin und sie nur 16, weiles in den<br />

ersten Jahren nur einen 4,4ännergesangverein gab. S e haben vier Kindef.<br />

Zwei leben in <strong>Lomersheim</strong>, eins in [,,]ühlhalsen und eins n Tamm. Neun<br />

Enkelkindersind da.<br />

Frau Herrigel wies noch daraul hin, daB sie von der Landwirtschaft<br />

alleln nicht leben konnten und ihr IVann noch e ne Halbtagsstelung<br />

gesucht hat. Da wurde aui dem Balhaus die Stelle e nes Gemeindepflegers<br />

aLrsgeschrieben. Ab 1949 hat er diese Aufgabe übernommen.<br />

Zuerst war nur mitlwochs und samstags Dienst. Es wurden die Steuern<br />

eingezogen, die die Leule noch selber aufs Rathaus bringen mußien.<br />

Daher hat er auch alle <strong>Lomersheim</strong>er gekanni. Später gab es mehr<br />

Arbeit, da ist ervon morgens 7 Uhr bis mittags im Rathaus gewesen.<br />

Es kam häufig ein unverrnuteter Kassensturz. Dann karnen Prüfer aus<br />

Vaihingen, wohin Lomershe m damals noch gehörte, und dre haben<br />

gesagt, so eine fehlerfreie Kassenführung wie be ihm, hätlen sie im<br />

ganzen Kreis noch nichletlebl. Mein Mann wat außerardentljch koftek.


Wenn man was nicht gelemt hat, will man es ja besonders gut machen.<br />

Einmal, es war gerade Hochwasser und der l!,lonatsabschluß mußte<br />

wieder abgegeben werden, stimmte es wegen eines pfennigs nicht.<br />

Mein l"lann wardrciAbende auf dem Rathaus beim Suchen. lJnd er hat<br />

den Fehler gefunden!<br />

Zu dieser Zeit (1954 - 1957) war Franz Widmer Bürgermeister in<br />

<strong>Lomersheim</strong>, von dem Herr Herrigelvielgelernl hat. Sie bekamen iedes<br />

Jahr im Rathaus einen neudn,Stifl, das waren junge Leute, die ausgeJernl<br />

halten, und nun in der VeMaltung Erfahrung sammeln solllen. Insgesamt<br />

hat Herr Herrigel ell Stifte bis zur Eingemeindung 1970 gehabt, und mit<br />

manchen stehl er noch in Verbindung. Der erste ist ietzt Kreiskämmerer<br />

in Plorzheim.<br />

Herrn Widmers Name lauchle in den Erzählungen von Frau Fabiny<br />

und Herrn Herrigel voiler Dankbafkeit aui. Er ist 1997 gestorben, so daß<br />

ich ihn nicht mehrbeiragen konnte. Aberseine Frau, die in IVühJhausen/Enz<br />

79


wohnt, warso lreundlich, mir ein wenig von ihm zu erzählen: Er isi i92O<br />

in Backnang geboren worden. 1936 verunglückle er bei einer Sportveranstaltung<br />

der Hitlerjugend. Er kam ins Otga-Hospital nach Stuttgart,<br />

blieb aber linksseitig gelähmt. 1940lernten er und seine Frau sich kennen.<br />

Frau Widmer mußte zunächst ln einem Rüstungsbetrieb abeiten, wurde<br />

dann aber im Osten, in Posen, zur Hilfslehredn ausgebildet. Nach ihter<br />

Flucht und Rückkehr haben sie 1946 geheiratet. Sie haben zwel Söhne<br />

und auch Enkelkinder. HerrWidmer hai während des Krieges seineAusbildung<br />

als Verwaltungsfachmann abgeschlossen_ Seine erste Stelle trat<br />

er in Bad Friedrichshallan. Späterwar er in Esslingen als VerwaltungsaKuartätig,<br />

wo er29 Gemeinden zu betreuen hatte. Während seiner<br />

Amtstätigkeit in <strong>Lomersheim</strong> wurden die cemeindehalle und der Fiedhoi<br />

geplant. DerVertrag lür die Kläranlage war vorbereitet, als er sich entschloB,<br />

als Bürgemeisler nach Caimbach zu gehen. Dort blieb er bis<br />

1968- Dann baute er in lVühlhausen/Enz ein Haus und ließ sich dort als<br />

Betriebsberater nieder<br />

Nach Herrn Widmer kam Herr Eitel aus N,4ühlhausen/Enz als Bürgermeister<br />

nach <strong>Lomersheim</strong>- Erwar gleichzeitig Kreisbrandmeisier, und<br />

Hefi Herrigelwar stellvertretender Kommandanl der Feuerwehr,<br />

.jg<br />

Jahre<br />

lang.<br />

<strong>Lomersheim</strong> war das erste Dorf, das sich eingemeinden ließ. Herr Eitel<br />

hat eineAbstimmung machen lassen. I\,,lit 60 zu 40 häben die Bürgersich<br />

dann für die Eingemeindung entschieden. Lomershelm isl ohne Schulden<br />

nach I\/ühlacker gekommen. Fs hat sogar noch was eingebrachi; Sie hatten<br />

lür 1 [1i]lion MarkAckerland und auch eine schöne Steuerkraftsumme<br />

durch die Fima elumatec. Während Herr Hefiigel in Lomersherm beschäftigt<br />

war, wurde der Friedhof angelegt und die neue Schule gebaut. j94O<br />

waren 1050 Einwohner in <strong>Lomersheim</strong>, und bei der Eingemeindung waren<br />

es 2500. Vor der Eingemejldung war das Leben ln <strong>Lomersheim</strong> günstiger:<br />

[/lüllabfuhr und Wasserz]ns z.B. waren billiger. Nach dem Krieg ist etner<br />

mit dem Wagen herumgefahren und hat den Abiall eingesammeli, abgesehen<br />

davon, daß ieder seine I\,4isie vor dem Haus hatte.<br />

Nach der Eingemeindung sollte Hefi Herrigel in Mühtackeran der<br />

Kasse am Computer arbeiten, aber dort hätte er immer stehen müssen,<br />

und das konnte er nicht. Danach hat er andereAufgaben übernommen:<br />

Das Einziehen der lvlieten, der Hundesteuer Llnd derAbqaben<br />

80


aus Land- und Forstwidschatt. 19gg hat er in Mühtacker aufaehört zu<br />

aroe[en.<br />

Frau Herrigelerzählt: Wi haben neun Jahrc überder Brücke drüben<br />

in der Pinacher Sfraße zur Miete gewohnt und hatten in derZejt ell Ma!<br />

Hachwasser im Haus. Dart war (ler Kelter betoniert, und wenn die Enz<br />

nur ein klein bissle Hochwasser gehabt hat, haf's Wasser nejdrücktdurch<br />

die Risse, und die ganze Grundfläche van Haus hat sich nit Wasser<br />

gefü t. Im Keler hat man nichts aufheben können, der war zu feucht.<br />

Wt haben in ersten Stack gewohnt, so daß in die Wohnunq nieWassel<br />

ge^ommen ßt. abet es Aar schauefich wcnn das Wassp;unar eüem<br />

neruntauschte. Na1üt ich war der Garten auch überschwemml. so daß<br />

man beileder Uberschwernmung die Hühner aui der Bühne einsperren<br />

und die Küken in einem Drahtgitter n der Küche unterbrinqen mußte.<br />

1957 si-o s,e h das Haus ar ^y'öri(.weg gezogen. oas a; e nen etqenen<br />

Acher gebaur wo.cten isL. Igbt sra.b oie I\lufler von Herrn HeJ riqel, u; " e<br />

haben die Landwirischaft aulgegeben.<br />

Für Frau Herrige /s1 es eine große umstellung gewesen, von der Stadt<br />

aufs Land zu kommen. . .. aber, wenn man gen da jst und iemanden hat,<br />

der zu einem steht - lernen kann man alles. tch hab's geh gemacht und<br />

bereu's keine Stund'. tch wartechnische Zeichnerin und woltte eiqen ich<br />

K'ndergännenn wetden, Dds t4 utde aoer durch den Kt,eg vereiretr, denn<br />

ich wallte im Fröbel-Seminar lernen, und das wat nicht möglich. Es gab<br />

nut noch NS-Schwestern.<br />

Zwar erzählt das Ehepaar sich noch olt, wie sie slch früher geplagt<br />

haben beim Heuen, beim Getreideeinfahren, aber Frau Herrigel hat alles<br />

gelernt ur'rd kräfiig mitgehdlen. Auch unsere Kinder haben alle mithelfen<br />

müssen ... bis die letzteAngeßche (Rübe) drjn gewesen is. Kartoffeln<br />

ausbuddeln, Tabakernten und einfädeh usw. Und Helr Hefiiqellst im<br />

Winter nocF n de" Wald 7Ln Hoizsch age. 9ega-gen.<br />

Frage: Sie haben auch noch Tabak angebaut?<br />

Hefi Heffigel Ja, freilich. Mein Vaterwar dain Spezialjst. Er mußte<br />

aufdie Döier gehen und die Blätter banitiercn, d.h. weften. Erwat für<br />

dieAufkäufet der fulittelsnann. fu hatte immet eine brennende Ziaarre<br />

betsich und hatdie Blätler angeüan1t. aD es aucn en scnönes locn<br />

gbt, und er hatauch die prczente festgesetzt. War das Btatt schön<br />

trocKen, ging es zwei Prazent huf, war es zu feucht zwei prozent runfer.<br />

81


Bis Pleidelshein ist et gekammen. Det Valet haI1936/37 noch elne<br />

eigene Fe dscheuer nah beim Haus gebaut fürseinen Tabak.<br />

Die Reise nach ltalien<br />

Da das Ehepaar wegen der Landwirtschaft nie hat Urlaub machen<br />

können, hat Herr Herrigel versprochen, daß sie zur S lbernen Hochzeit<br />

dorthin fahren, wo er in lta ien zulelzt gewesen isl. Er hat beim Reisebüro<br />

in I\,4ühlacker die Bahnfahrt im Schlafwagen und eine Woche Hotelaufenthalt<br />

geblrcht in Ferrazze- Dort sind sie am Samslag von der Hostess abgeholt<br />

worden, und am Sonntag sind sie mlt dem Bus nachArrenzano<br />

gelahren. Neben dem Raihaus war das ,,Albergo I\1 ramare", in dem jm<br />

Krieg die Dienststelle war, und daneben eine Bar, die seinern Freund<br />

gehöne. Er hal Eis 1ür seine Frau und einen Wein iür sich bestellt und der<br />

Bedienung den Aulirag gegeben, den Chef zu rufen. Es kam ein lunger<br />

I\,4ann, den er nach Vater und Mutter gefragt hat und nach dem Zahnarzt.<br />

Alle waref inzwischen gesloben. Laura iebte noch, hatte zwe Kinder,<br />

und [/auro auch. Nach einem kurzen Telefonat und e nerV ertelstunde<br />

Wartezeit ging die Tür auf, und mil ungeheurem Freudenschrei stürzte<br />

sich Laura in ,Giorgios'Arme und helzte und küßte ihn und meinte, er<br />

habe sich gar nicht verändert, nur dicker sei er geworden. Sle rnuBlen<br />

mitkommen, I\,,lauros Frau hat rasch einen Nudelteig gemacht, und dann<br />

wurden sie bewirtetlAm nächstef Tag ist Laura mit hnen nach cenua<br />

gelahrcn. Sie hat uns von Berg zu Betg Genua zu FüBen gelegt. Eswar<br />

wundeßchön! Dtenslags gings nach Savona, urn den Halen zu ze gen,<br />

IVittwoch war der Hochzeitstag, den wollten s e gern allein verbringen.<br />

Donnerstag sind alle ins Hote gekommen, sre sind an den Strand gegangen<br />

und haben I\,4uscheln gesucht, und ireltags warAbschred. Mauro<br />

ist extra hjnausgeschwommen und hat nach N,,liesmuscheln geiauchl.<br />

Am Sonntag waren sie wieder daheirn in <strong>Lomersheim</strong> und haben noch<br />

einmal mit der Familie gefeiedl<br />

Laura ist im selben Jahr, 1972, mit ihrem Nefien, der Zahnarzt geworden<br />

st und schon einmalsechs Wochen in Heidelberg gewesen war,<br />

eine Woche lang zu Besuch gekommen. Da haben sre ihr Stuttgart und<br />

Ludwigsburg gezeigt, waren mil ihr auf dern Fernsehturm, und es hat<br />

ihr gut gefallen in der schönen Landschait. Wh haben imner noch Verbindung,<br />

etzähll Ftau He'rigel. Zr Weihnachten schreiben wir mit Hille<br />

unseret nnder, von denen einige ein wenig ltalienisch können, denn<br />

mein Mann kann wohlsprechen, abet nichl italenisch schreiben.<br />

a2


Sie haben auch noch Kontakt zu zwei Gastarbeiterfamilien, die nach<br />

Jahren, nachdem die sich in Spanien, bzw. in ltalien ein Haus gebaut<br />

hatten, wieder zurückgegangen sind. Frau Hefiigel hatte sich in beiden<br />

Fällen der kleinen Kinder dieser Familien angenommen, als die Müfter<br />

wieder abeiten wollten.<br />

Bei der anschließenden Unterhallung am Katfeetisch ezählt mir<br />

Frau Herrigel noch: lhr Schwiegervater hat acht Tage vor seinem Tod<br />

zu ihr gesagt ,Helene, wegen des Namens brauchst Du Dich nicht zu<br />

schämen. Wir sind ein altes Geschlecht aus Osterreich und waren fiüher<br />

die Herren von lgl.' Und es gibt auch einen Stammbaum, aus dem zu ersehen<br />

ist, daß die Herrigels 1525 in Roßwag ansässig geworden sind.<br />

83

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