Spartacus – Männermuskeln, Heldenbilder oder
Spartacus – Männermuskeln, Heldenbilder oder
Spartacus – Männermuskeln, Heldenbilder oder
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198 Gli invincibili dieci Gladiatori<br />
(1964) mit D. VaDis als <strong>Spartacus</strong><br />
(vorne in der Mitte)<br />
182<br />
1960, denen man <strong>–</strong> trotz ihrer dramaturgischen<br />
Konzessionen an die Erzählkonventionen der Institution<br />
Kino 95 <strong>–</strong> zumindest einen historisch referenzialisierenden<br />
Anspruch attestieren kann, mit<br />
dem sie sich in die Tradition des <strong>Spartacus</strong>bildes<br />
seit dem 18. Jahrhundert stellen, sind in dieser Zeit<br />
noch mindestens drei weitere, von vornherein im<br />
fiktional-fantastischen Bereich anzusiedelnde italienische<br />
Filme entstanden, die an den Sklavenrebellen<br />
anknüpfen: Il figlio di Spartaco von Sergio<br />
CorbuCCi, 1963 (I), Spartaco e i dieci gladiatori (Gli<br />
invincibili dieci Gladiatori) von Nick nostro, 1964<br />
(I/E/F) (Abb. 198) und La vendetta di <strong>Spartacus</strong> von<br />
Michele luPo 1965 (I). 96 Der Film von CorbuCCi erfindet<br />
die Fortsetzung der ‹Geschichte› in den<br />
Abenteuern von <strong>Spartacus</strong>’ Sohn, der, ohne seine<br />
wahre Identität zu kennen, als römischer Offizier<br />
Cäsars in Ägypten von Sklavenhändlern gefangen<br />
genommen wird und, als er von seiner Herkunft<br />
erfährt, mit den Worten «If Rome is for Slavery,<br />
then I’m against Rome» den Kampf gegen die<br />
Sklaverei wieder aufnimmt. Letztlich retabliert er<br />
jedoch die ‹gute› Herrschaft Cäsars, die das Volk<br />
vor den barbarischen Stammesführern, den Sarazenen,<br />
genauso beschützt wie vor den korrupten<br />
römischen Statthaltern, was Richard Dyer mit<br />
den Worten auf den Punkt bringt: «[He] restores<br />
enlightened colonialism». 97 Der Bodybuilder Steve<br />
reeVes spielt Randus, den Sohn, verkörpert ihn<br />
als einen sehr südlichen Typ in einem exotischorientalischen<br />
Dekor, dessen filmische Wüstenikonografie<br />
wie auch die Darstellung der Gewalt<br />
in den Kampfszenen bereits den Italowestern anzukündigen<br />
scheinen. 98 Die anderen beiden Filme<br />
erben von der <strong>Spartacus</strong>figur die Idee des Sklavenaufstands,<br />
der jedoch nur noch als Anstoss für<br />
die Inszenierung einer Kette von narrativ dürftig<br />
zusammengehaltenen Wrestling- und Schlachtszenen<br />
und Gelagen dient, und die in ihrem Exzess<br />
auch parodistische Züge auf die Antikenfilme<br />
enthalten. Hier lässt sich die Figur <strong>Spartacus</strong><br />
in die Reihe der mythifizierten Fantasiegestalten<br />
von Kraftmännern wie Ursus, Herkules, Samson<br />
<strong>oder</strong> Maciste stellen (Abb. 45<strong>–</strong>50): 99 Der populäre<br />
Held kehrt sozusagen ins Vaudeville zurück, wo<br />
das Attraktionsmoment des physischen und kinematografischen<br />
Spektakels über die wertmässigemotionalen<br />
Komponenten dominiert, die er vom<br />
bürgerlich-aufklärerischen Theater (saurin) und<br />
nationalistisch-sozialkritischen Roman (GioVa-<br />
Gnoli, Fast etc.) erbt.<br />
Die historisch von der Antike her mit nicht viel<br />
mehr als einem Namen besetzte Figur <strong>Spartacus</strong><br />
eignet sich sehr gut, um die Komplexität und Modulierbarkeit<br />
der Peplum-Helden der 1950er- bis<br />
Mitte 60er-Jahre zu skizzieren und als ein historisch-fiktionales<br />
Konglomerat zu erkennen, das<br />
auch vor und nach dieser Zeit eine gewisse Gültigkeit<br />
behält: <strong>Spartacus</strong> erweist sich als äusserst<br />
wandelbarer Körper-Held, als Vehikel, in dem sich<br />
das Historische mit dem Zeitgenössischen immer<br />
wieder neu verbindet und sich die politischen,<br />
sozialen, moralischen, ökonomischen, aber auch<br />
kinematografischen Anliegen der verschiedenen