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Begleitheft - Wolfgang SCHRIEBL

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Die Grazperspektive<br />

von Karel KUBINZKY<br />

Im Hochmittelalter entstand an einem durch einen wechselweise zu viel oder zu wenig Wasser hat, gibt<br />

Berg (Schloßberg) geschützten Murübergang die es einen hohen Immigrantenanteil und insbesondere<br />

Stadt Graz (Gradec, Graetz). Der Ort lag an einer im Bahnhofsumfeld (Bahn 1844 bis Mürzuschlag, bis<br />

Straßenkreuzung, die Alpenumfahrung (nun A 2) und Wien 1854, bis Triest 1857) Industrie und<br />

Alpenüberquerung (nun A 9) verband. Als Arbeiterwohngebiete. Die Pferdetram (1878) wurde<br />

Landeshauptstadt des Herzogtums Steiermark profi- um 1900 elektrifiziert und führte über die alte<br />

tierte Graz vom Rang und der Lage. Vorerst gab es Stadtgrenze hinaus. Bis 1938 gab es Linksverkehr.<br />

aber auch durch Brände, Pest und Türkengefahr dra- 1918 verlor die Steiermark und damit seine<br />

matische Ereignisse. Zweimal in der über 600 Jahre Hauptstadt ein Drittel der Fläche und Bewohner,<br />

dauernden Herrschaft der Habsburger war Graz überwiegend slowenisch Sprechende. Die I. Re-<br />

Hauptstadt eines Teilreiches (Innerösterreich) und publik war auch für Graz durch Krisen gekennzeich-<br />

profitierte von dieser Rangerhöhung. Die Kaiser net. Der Konflikt dreier politische Lager überschatte-<br />

Friedrich III. und Ferdinand II. regierten zeitweise te die wirtschaftlichen Probleme. 1938 bis 1945 pro-<br />

von Graz aus. Der Reformation folgte die filierte sich Graz als "Stadt der Volkserhebung". 1938<br />

Gegenreformation. Graz wurde 1585 folgte dem "Anschluss" die Stadterweiterung auf die<br />

Universitätsstadt. Gegenwärtig hat die Stadt vier fünffache Fläche. Die nationalsozialistische<br />

Universitäten und ein Fachhochschulzentrum. Herrschaft führte zum Graz und seine Bewohner<br />

schwer belasteten Krieg.<br />

Ab Mitte des 19. Jh. wandelte sich<br />

Insbesondere in Bahnhofsnähe<br />

Graz zu einer Industriestadt<br />

kam es zu schweren<br />

(Pioniere wie Weitzer, Puch,<br />

Bombenschäden. Der kurzen<br />

Körosi), deren Grundlage das Erz<br />

Besetzung durch die Rote<br />

der Obersteiermark und die Kohle<br />

Armee folgte 10 Jahre die briti-<br />

der West- und Oststeiermark war.<br />

sche Besatzung. Seit 1945 nahm<br />

1880 waren 2/3 der<br />

die Bewohnerschaft der zweit-<br />

Stadtbewohner nicht in Graz gebogrößten<br />

Stadt Österreich von<br />

ren. Die Grazer Gründerzeit brach-<br />

220.000 auf 250.000 zu. Der<br />

te wirtschaftlichen Aufschwung,<br />

Wiederaufbauzeit folgten<br />

historistische Architektur, organi-<br />

Phasen der Konjunktur und des<br />

sierte Arbeiterschaft, deutschlibe-<br />

Gegenteils. 1999 fand die<br />

rales Großbürgertum und den<br />

Attraktion der Altstadt mit der<br />

Kulturkampf. Die Straßen der inne-<br />

Deklaraktion zum Weltkulturerbe<br />

ren sechs Bezirke bestanden<br />

eine Anerkennung. 2003 bekam<br />

schon bevor man auch nur an ein<br />

die Stadt als "Europäische<br />

Automobil dachte. So auch die<br />

Plakatentwurf der Firma Puch<br />

Kulturhauptstadt" eine internatio-<br />

Geometerstraßen der Stadtmitte, wie z. B. die nale Kulturfunktion. Das neue Grazbewußtsein doku-<br />

Elisabethstraße und die Annenstaße. Das zentrale mentiert sich im Wandel der Werbedevise vom<br />

Straßennetz ist also ein Bild des Kutschen-, "Graz, die heimliche Liebe Österreichs" zu "Graz, die<br />

Fuhrwerks-, Reiter-, Karren- und insbesondere Stadt, die alles darf" (stimmt übrigens - zum Glück -<br />

Fußgängerzeitalters.<br />

nicht!).<br />

Heute ist Graz ein Verwaltungszentrum mit einem<br />

Die Mur trennt recht unterschiedlich strukturierte vielseitigen Konsumangebot und eine (Hoch-)<br />

Stadthälften. Das historische Stadtzentrum und Schulstadt. Wirtschaftlich wichtige Großbetriebe<br />

typisch bürgerliche Wohnbereiche und Vorstädte lie- sind z. B. das Magnawerk in Thondorf, die Andritzer<br />

gen am linken Murufer. Rechts des Flusses, der Maschinenfabrik, die Firma AVL (List)<br />

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