Damit das klar ist: Navarra ist anders. Anders als die Rioja, der ...
Damit das klar ist: Navarra ist anders. Anders als die Rioja, der ...
Damit das klar ist: Navarra ist anders. Anders als die Rioja, der ...
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weinreportage<br />
Land <strong>der</strong> Frauen<br />
<strong>Damit</strong> <strong>das</strong> <strong>klar</strong> <strong>ist</strong>: <strong>Navarra</strong> <strong>ist</strong> <strong>an<strong>der</strong>s</strong>. <strong>An<strong>der</strong>s</strong> <strong>als</strong> <strong>die</strong> <strong>Rioja</strong>, <strong>der</strong><br />
berühmte Nachbar. <strong>An<strong>der</strong>s</strong> <strong>als</strong> iberische Mode-Gegenden wie Ribera<br />
del Duero und Priorato. Aber wie <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Region im spanischen<br />
Norden? Ideenreich zum Beispiel. Eher zurückhaltend <strong>als</strong> vorlaut.<br />
Überraschend preiswert. Und vor allem: ziemlich feminin.<br />
Text: Wolfgang Fassben<strong>der</strong> | Fotos: Stephan Floss<br />
54 55<br />
Die Önologin Pilar<br />
Garcia-Granero gilt<br />
in <strong>der</strong> <strong>Navarra</strong> <strong>als</strong><br />
Wirbelwind. Sie <strong>ist</strong><br />
<strong>die</strong> Präsidentin des<br />
Weinbauverbandes.
Pilar García-Granero <strong>ist</strong> in ihrem Element. Die Präsidentin<br />
des <strong>Navarra</strong>-Weinbauverbandes nascht vom zarten Lamm, bestellt<br />
knackigen 2008er Rosé, gefolgt von aromatischem Rotwein, und<br />
berichtet mit leuchtenden Augen davon, was ihre Region so beson<strong>der</strong>s<br />
macht. Das Restaurant Enekorri, ein Gourmettreff im Zentrum<br />
Pamplonas, gilt wegen seiner phänomenalen Weinkarte und <strong>der</strong> dezent<br />
kreativen Küche <strong>als</strong> eine <strong>der</strong> besten Örtlichkeiten, sich live über<br />
<strong>die</strong> Erfolge <strong>der</strong> D.O. <strong>Navarra</strong> zu informieren. «Vor 25 Jahren war es<br />
noch sehr ungewöhnlich, in den <strong>Navarra</strong>-Weinkellereien Frauen zu<br />
finden», lächelt Señora García-Granero, eine stu<strong>die</strong>rte Önologin, <strong>die</strong><br />
seit fast drei Jahren <strong>als</strong> amtlich bestellter Wirbelwind <strong>der</strong> hiesigen<br />
Weinbauszene fungiert. An <strong>die</strong> gar nicht so guten alten Zeiten erinnert<br />
sie sich noch genau. «Dam<strong>als</strong> waren <strong>die</strong> me<strong>ist</strong>en Kellereien<br />
Genossenschaften, <strong>die</strong> von älteren Männern geleitet wurden.» Doch<br />
allein <strong>die</strong> Tatsache, <strong>das</strong>s Pilar im Juni 2007 <strong>als</strong> Chefin des Consejo<br />
Regulador installiert wurde, zeigt eines überdeutlich: Es hat sich etwas<br />
geän<strong>der</strong>t im Weinbau <strong>der</strong> mehr <strong>als</strong> 15 000 Hektar Reben umfassenden<br />
Region.<br />
Die alten, immer schon eher in <strong>der</strong> Vergangenheit <strong>als</strong> in <strong>der</strong> Zukunft<br />
lebenden Herren sind in Pension gegangen und halten heute<br />
verlängerte Siesta, während junge Kollegen und vor allem Kolleginnen<br />
<strong>die</strong> Verantwortung übernommen haben. Deutlich mehr <strong>als</strong><br />
50 Prozent aller verantwortlichen Weinmacher sind weiblich, schätzen<br />
<strong>die</strong> für Stat<strong>ist</strong>iken zuständigen <strong>Navarra</strong>-Vertreter. Auch wenn<br />
offizielle Geschlechtserhebungen we<strong>der</strong> hier noch <strong>an<strong>der</strong>s</strong>wo veranstaltet<br />
werden – mit solch geballter Frauen-Power können wohl nur<br />
wenige Rebenregionen Europas mithalten. Spanischer Machismo?<br />
Nicht (mehr) hier, nicht in einem Anbaugebiet, <strong>das</strong> seit ein paar Jahren<br />
dabei <strong>ist</strong>, sein Profil zu schärfen.<br />
Wenn man <strong>die</strong> Sache böse sieht, würde man nun einwerfen, <strong>das</strong>s<br />
<strong>die</strong> Denominación de Origen <strong>Navarra</strong> ohne all <strong>die</strong> Ideen und Expe-<br />
Stets auf <strong>der</strong> Suche<br />
nach Komplexität<br />
und Eleganz: Adriana<br />
Ochoa, Junior-Chefin<br />
<strong>der</strong> Bodegas Ochoa.<br />
rimente, ohne <strong>das</strong> riesige feminine und maskuline Engagement ja<br />
auch einige Probleme hätte – in önologischer wie wirtschaftlicher<br />
Hinsicht. Den Namen <strong>Navarra</strong> hat zwar je<strong>der</strong> schon mal gehört, <strong>der</strong><br />
sich mit iberischen Rebensäften beschäftigt, doch auch so mancher<br />
Spanienkenner wusste bis vor ein paar Jahren nicht so ganz genau,<br />
für welche Kategorie von Wein <strong>die</strong> Gegend im Norden Spaniens eigentlich<br />
steht. Seit jeher litt <strong>die</strong> D.O. <strong>Navarra</strong>, litten <strong>die</strong> Winzer unter<br />
dem enormen Bekanntheitsgrad <strong>der</strong> benachbarten Weinbauregion<br />
<strong>Rioja</strong>. Und während <strong>der</strong> Wein von nebenan geradezu zum Synonym<br />
für spanischen Roten wurde, mussten <strong>die</strong> Erzeuger in Olite, Estella<br />
und Tafalla den Erfolgen an<strong>der</strong>er auf internationalem Parkett und in<br />
den Weinführern zuschauen. Sie selbst hatten sich viele Jahre lang<br />
mit <strong>der</strong> Lieferung von Alltagsweinen für <strong>die</strong> Supermärkte zu begnügen.<br />
Auch heute verkaufen noch manche Kooperativen ihre Flaschen<br />
Über 50 Prozent <strong>der</strong> verantwortlichen<br />
Weinmacher sind weiblich<br />
für zwei, drei Euro ab Hof, an den Wein-Tankstellen zapfen sich <strong>die</strong><br />
Stammkunden für ein paar Cent ihren Wochenvorrat: Wun<strong>der</strong> vollbringen,<br />
<strong>das</strong> kann eben auch Pilar García-Granero nicht, schon gar<br />
nicht inmitten <strong>der</strong> Wirtschaftskrise, <strong>die</strong> Spanien härter getroffen hat<br />
<strong>als</strong> viele an<strong>der</strong>e Nationen.<br />
Hoffnungsschimmer aber gibt es so viele, <strong>das</strong>s man <strong>das</strong> Leuchten<br />
kaum mehr übersehen kann. «Wir müssen <strong>die</strong> Leute über unsere<br />
Böden, Klimabedingungen und Traubensorten informieren», sagt<br />
Señora Presidente und knabbert ein wenig am Brot, <strong>das</strong> im Enekorri<br />
so gut ausfällt, <strong>das</strong>s man sich vergnüglich daran satt essen<br />
könnte. Trotz aller Probleme und Herausfor<strong>der</strong>ungen, Pilar <strong>ist</strong> voller<br />
Tatendrang. «Heute gibt es hier mo<strong>der</strong>ne und innovative Kellereien,<br />
<strong>die</strong> von aufgeschlossenen Menschen geleitet werden, und da <strong>ist</strong> es<br />
für Frauen einfacher <strong>als</strong> früher, einen Job zu finden.» Und was <strong>Rioja</strong><br />
angeht: «Wir sind nicht <strong>die</strong> armen Verwandten, wir sind einfach<br />
<strong>an<strong>der</strong>s</strong>.»<br />
Stimmt. Man könnte sich über <strong>die</strong> vollkommene Berechtigung<br />
<strong>die</strong>ser Aussage in Ayegui informieren, einem zumindest im Herbst<br />
verschlafenen Städtchen im Südwesten <strong>der</strong> <strong>Navarra</strong>-Region. Tierra<br />
Estella nennt sich <strong>die</strong>ses Fünftel des Anbaugebietes, und in den<br />
wärmeren Monaten ziehen <strong>die</strong> Pilger und Teilzeitaussteiger massenweise<br />
durch den Ort, auf dem Jakobsweg in Richtung Santiago de<br />
Compostela. Man munkelt von einem Hotel, <strong>das</strong> hier demnächst entstehen<br />
und auch <strong>die</strong> mehr an Wein <strong>als</strong> an Spiritualität interessierten<br />
Besucher anlocken soll, für den manchmal noch in den Kin<strong>der</strong>schuhen<br />
steckenden Weintourismus gewiss ein Segen. Schon heute<br />
könnten sich <strong>die</strong> Geniesser allerdings bei einem Weingut umschauen,<br />
<strong>das</strong> mit seinem Konzept eher nach Bordeaux zu passen scheint<br />
<strong>als</strong> nach Spanien. Pago de Larrainzar <strong>ist</strong> zwar ein Traditionsbetrieb,<br />
<strong>der</strong> schon 1929 einen Preis für seinen Tempranillo gewann, aber danach<br />
wurde viele Jahre lang kein Tropfen mehr gepresst, <strong>der</strong> Wein<br />
geriet in Vergessenheit.<br />
Erst 2001 entschied sich <strong>der</strong> Unternehmer Miguel Canalejo, wie<strong>der</strong><br />
Reben anzupflanzen und eine mo<strong>der</strong>ne Kellerei zu bauen; <strong>die</strong><br />
operative Leitung übertrug er seinen Kin<strong>der</strong>n. «Mein Bru<strong>der</strong> Miguel<br />
<strong>ist</strong> <strong>der</strong> Winemaker», betont Marketing-, Verkaufs- und Auskunftschefin<br />
Irene Canalejo Lasarte, «aber ich habe auch einen Abschluss im<br />
Weinmachen erworben – und weil ich einen an<strong>der</strong>en Blick habe,<br />
mehr kunden- und marktbezogen, bin ich bei den wichtigen Entscheidungen<br />
im Keller beteiligt». Die grundsätzliche Entscheidung<br />
<strong>ist</strong> allerdings schon vor ein paar Jahren gefallen, <strong>als</strong> <strong>die</strong> Rebsorten<br />
ausgewählt wurden und man sich entschloss, <strong>das</strong> Château-Prin- ➜<br />
56 57<br />
Ausgewählte Vielfalt<br />
weinreportage<br />
<strong>Navarra</strong>-Weine ex<strong>ist</strong>ieren in fast allen denkbaren Ausfertigungen<br />
– weiss, rosé, rot, sogar süss. Charakter<strong>ist</strong>isch<br />
für <strong>die</strong> Region <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Mischung aus traditionellen einheimischen<br />
Sorten (Viura, Tempranillo) und sogenannten<br />
internationalen Sorten wie Merlot und Cabernet Sauvignon<br />
– was nicht bedeutet, <strong>das</strong>s es nicht auch hochwertige<br />
reinsortige Kreationen gäbe.<br />
TANDEM 2006 ARs IN VITRo<br />
<strong>Navarra</strong> auf <strong>die</strong> fruchtige Art: eine Assemblage<br />
aus Merlot und Tempranillo, ohne Holzeinfluss<br />
ausgebaut. Dichte Farbe, reife, animierende<br />
Kirschfrucht; saftig, kompakt, viel Frucht,<br />
unaufdringliche Tannine; unkompliziert, aber<br />
alles an<strong>der</strong>e <strong>als</strong> anspruchslos. Gut zu kräftig<br />
gewürzten Pastagerichten o<strong>der</strong> Lamm.<br />
15 Punkte | CHF 13.90 | Vinosur Weinimport<br />
Rudolfstetten | 056 631 43 23<br />
vinosurgmbh@bluewin.ch<br />
NEkEAs 2004 REsERVA<br />
Assemblage aus Cabernet Sauvignon, Merlot<br />
und Tempranillo. Ein Wein, den man <strong>als</strong> eine<br />
Art Bordeaux auf spanisch abschreiben könnte,<br />
aber <strong>die</strong>se Analyse ginge fehl. Reife Beerenfrucht,<br />
kräuterige Noten, dann saftig, leicht<br />
cremig, eher elegant <strong>als</strong> massiv, ganz leicht<br />
toastige Würze, komplett, hat eine Menge<br />
Substanz.<br />
16 Punkte | CHF 20.50 | Vina SA - Zumikon<br />
044 919 05 50 | vina.ch<br />
PAGo DE LARRAINzAR<br />
2005 PAGo DE LARRAINzAR<br />
Eine Cuvée aus Merlot, Cabernet Sauvignon<br />
und Tempranillo, zu einem Grossteil in neuen<br />
Barriques ausgebaut. Reife Beeren, etwas<br />
Gewürze, merkbare Holzaromen, auch im<br />
Geschmack fest, gut strukturiert und <strong>der</strong>zeit<br />
noch etwas vom Holz geprägt. Beobachten und<br />
abwarten!<br />
15.5 Punkte | CHF 49.50 | Pamisa Vins -<br />
Grolley | 026 475 43 78 | pamisa.ch<br />
BoDEGAs ochoA 2008 MoscATEL<br />
Süsswein aus <strong>der</strong> Rebsorte Muscat à petits<br />
grains und mit gerade mal 12,5 Volumenprozent<br />
Alkohol noch in <strong>der</strong> Kategorie fe<strong>der</strong>leicht.<br />
Duftig, fast zarte Aromen, Zitrus, frische Muskattrauben,<br />
ganz leicht Orange; seidige Süsse,<br />
elegant, pikante Säure. Wozu man so was<br />
empfehlen soll? Eiskalt <strong>als</strong> Apéro, zu Kuchen<br />
o<strong>der</strong> Desserts mit Zitrusfrüchten.<br />
15.5 Punkte | CHF 20.50 | Dovinasol - Zürich<br />
044 242 95 60 | info@dovinasol.ch<br />
PALAcIo DE LA VEGA 2008<br />
chARDoNNAy<br />
Im kleinen Holzfass vergorener Chardonnay.<br />
Die Barriquenoten sind zu spüren, <strong>der</strong> Wein<br />
zeigt sehr dezente Noten von Vanille, doch<br />
er zeigt noch mehr: reife Steinobstfrucht und<br />
eine saftige Art, gefolgt von würzigem, leicht<br />
tabakigem Nachgeschmack. Wenn doch nur<br />
alle Chardonnays so wären...<br />
15.5 Punkte | CHF 24.95 | ProIdee - St. Gallen<br />
071 274 66 17 | proidee.ch
weinreportage<br />
An <strong>die</strong>sen Orten geniesst<br />
es sich am besten<br />
Selbst Pamplona, <strong>die</strong> Hauptstadt <strong>der</strong> Autonomen Gemeinschaft<br />
<strong>Navarra</strong>, wirkt nicht wirklich hauptstädtisch und<br />
hektisch, son<strong>der</strong>n eher gemütlich. Und in den kleineren<br />
Orten wie Olite fühlt man sich erst recht wie in den Ferien<br />
– selbst wenn man nur zum Arbeiten da <strong>ist</strong>.<br />
REsTAURANTE LA NUEz<br />
Kleines, von aussen unauffälliges und auch von innen nicht<br />
spektakuläres Restaurant. Der junge Julio Flames kocht<br />
ein bisschen spanisch, ein wenig italienisch – und überraschen<strong>der</strong>weise<br />
auch klassisch französisch. Bearnaise,<br />
Hollandaise, Madeirajus: Hier werden einige <strong>der</strong> besten<br />
Saucen Pamplonas angerührt.<br />
Calle de Taconera 4 | E-31001 Pamplona<br />
+34 948 22 81 30 | restaurantelanuez.com<br />
REsTAURANTE ENEkoRRI<br />
Elegantes Restaurant mit offener Küche und gut gelaunten<br />
Mitarbeitern. Eine bessere Auswahl an <strong>Navarra</strong>-Weinen<br />
wird man so schnell nicht wie<strong>der</strong> finden und eine so günstig<br />
kalkulierte eh nicht. Hirsch, Foie gras o<strong>der</strong> Hummer<br />
werden in kleinen, delikaten Portionen gereicht, <strong>die</strong> Aromen<br />
überdecken nicht den Eigengeschmack <strong>der</strong> Produkte.<br />
Pamplona | +34 948 23 07 98 | enekorri.com<br />
PALAcIo GUENDULAIN<br />
Schöner und stilvoller kann man in Pamplona nicht<br />
übernachten: Das ehemalige Adelspalais wurde soeben<br />
zu einem Boutiquehotel umgebaut. Prächtige, nicht<br />
durchweg riesige Zimmer, eine sympathische Bar.<br />
Das Restaurant im ersten Stock macht einen etwas<br />
abweisenden Eindruck.<br />
Pamplona | +34 948 22 55 22 | palacioguendulain.com<br />
PARADoR DE oLITE<br />
Landhotel in einer <strong>der</strong> schönsten Städte <strong>der</strong> gesamten<br />
Region; <strong>die</strong> Zimmer wurden neu renoviert, und in <strong>der</strong> Bar<br />
darf man sich zum Aperitif an Pata-Negra-Schinken und<br />
spanischem Käse stärken.<br />
Olite | +34 948 74 00 00 | parador.es<br />
cAsA zANITo<br />
Restaurantklassiker im h<strong>ist</strong>orischen Zentrum von Olite, in<br />
dem man <strong>die</strong> kleinen Peperonischoten <strong>der</strong> Region bestellen<br />
sollte, den eingelegten Spargel und anschliessend natürlich<br />
Lamm und Stockfisch.<br />
Olite | +34 948 740 002 | casazanito.com<br />
REsTAURANTE TúBAL<br />
Pata-Negra-Schinken o<strong>der</strong> Schweinsfuss gibt es auch,<br />
aber fast noch berühmter sind Fischangebot und <strong>die</strong><br />
phänomenale Dessertauswahl. Die dynamische Atxen<br />
Jiménez hat ihr elegantes Restaurant <strong>als</strong> eines <strong>der</strong><br />
stimmigsten in <strong>der</strong> Region etabliert.<br />
Tafalla | +34 948 70 08 52 | restaurantetubal.com<br />
Mehr Infos: Consejo Regulador Denominación de Origen <strong>Navarra</strong> | Rua Romana<br />
E-31390 Olite | +34 948 74 18 12 | navarrawine.com<br />
Ein Weingut, ein Wein,<br />
wie beim Château-<br />
Prinzip: Irene Canalejo<br />
Lasarte im Barriquekeller<br />
von Pago de<br />
Larrainzar.<br />
zip zu verfolgen: Ein Weingut, ein Wein. O.k., beim ganz genauen<br />
Hinsehen entdeckt man vielleicht im Regal ein paar Flaschen einer<br />
Art Zweitwein, für den keine grossen Werbeaktionen gestartet werden;<br />
<strong>die</strong> ganze Aufmerksamkeit gehört dem Pago de Larrainzar, einer<br />
Assemblage aus Merlot und Cabernet Sauvignon, <strong>die</strong> mit einem<br />
Tempranillo abgerundet wird – <strong>die</strong> genauen Anteile schwanken von<br />
Jahr zu Jahr. Ausgebaut wird <strong>die</strong>ser Prestigewein – teuer, aber im<br />
Vergleich mit berühmten <strong>Rioja</strong>s und Riberas günstig – in Barriques,<br />
<strong>die</strong> zu einem Grossteil neu sind und entsprechend viele Tannine und<br />
Holzaromen abgeben. Den 2005er genau jetzt zu trinken, wäre ein<br />
Fehler, und beim Erstlingswein aus dem Jahr 2004 machen sich <strong>die</strong><br />
jungen Reben und <strong>die</strong> vielen neu gekauften Fässchen auch jetzt<br />
noch leicht streng bemerkbar. Das Konzept indes <strong>ist</strong> faszinierend,<br />
<strong>das</strong> Potenzial <strong>ist</strong> riesig, und wenn <strong>die</strong> dynamische Irene und <strong>der</strong><br />
Das Konzept <strong>ist</strong> faszinierend<br />
und <strong>das</strong> Potential riesig<br />
eher schüchterne Miguel von ihren Techniken erzählen – verschieden<br />
grosse Fässer mit mal 225, mal 300 Litern Inhalt, akribische<br />
Selektion <strong>der</strong> Trauben am Sammeltisch –, dann wirkt er ziemlich<br />
geradlinig, <strong>der</strong> hier eingeschlagene Weg.<br />
Doch es gibt noch an<strong>der</strong>e Wege zum idealen o<strong>der</strong> mindestens<br />
zum richtig guten <strong>Navarra</strong>wein – und <strong>die</strong> Weinfrauen kommen dort<br />
ziemlich schnell vorwärts. Wenn Pago de Larrainzar sich <strong>als</strong> kleines,<br />
feines Boutiqueweingut präsentiert, dann <strong>ist</strong> Palacio de la Vega <strong>das</strong><br />
grosse, glitzernde Gegenteil. Die seit beinah 20 Jahren ex<strong>ist</strong>ierende<br />
Kellerei gehört zum international agierenden Pernod-Ricard-Konzern,<br />
was guten Zugang zu den Exportmärkten schafft. Die verant-<br />
wortliche Önologin Florencia Stoppini Adamo hat dennoch Freiraum<br />
für Elegantes. Der Tempranillo aus <strong>der</strong> Crianza-Kategorie <strong>ist</strong> zwar<br />
noch nicht wirklich von einem gut gemachten Wein gleicher Kategorie<br />
aus <strong>der</strong> <strong>Rioja</strong> zu unterscheiden, doch spätestens beim Chardonnay<br />
merkt man, <strong>das</strong>s Señora Stoppini <strong>das</strong> beherrscht, woran viele<br />
Weinmacher scheitern: <strong>die</strong> Balance. (Der 2008er wurde im Holz vergoren,<br />
aber nur wenige Monate darin gelagert; seine Fülle verdankt<br />
er vermutlich <strong>der</strong> Batonnage, <strong>als</strong>o dem Aufrühren <strong>der</strong> Hefe, und <strong>die</strong><br />
knackige Frische <strong>der</strong> Tatsache, <strong>das</strong>s auf den biologischen Säureabbau<br />
teilweise verzichtet wurde.)<br />
Ob es <strong>als</strong>o <strong>die</strong> weibliche Weinmacher-Art an sich <strong>ist</strong>, welche viele<br />
<strong>der</strong> hier gekelterten und ausgebauten Gewächse so charmant macht?<br />
Ob sich Frauen <strong>an<strong>der</strong>s</strong> verhalten in Weinberg und Keller <strong>als</strong> ihre<br />
männlichen Kollegen? Journal<strong>ist</strong>en stellen <strong>die</strong>se Fragen gern und<br />
erwarten knackige Auskünfte und einfache Wahrheiten. Ganz so<br />
simpel scheint <strong>die</strong> Sache aber nicht zu sein, und auch Adriana Ochoa<br />
drückt sich vorsichtig aus. «Ich glaube nicht, <strong>das</strong>s Frauen besser o<strong>der</strong><br />
schlechter arbeiten <strong>als</strong> Männer», sagt <strong>die</strong> Weinmacherin und Juniorchefin<br />
von Bodegas Ochoa, einem grossen Betrieb im überwältigend<br />
hübschen Städtchen Olite, «sie haben allerdings eher einen an<strong>der</strong>en<br />
Zugang zu ihrer Arbeit». Sind massive, vor<strong>der</strong>gründige Fruchtbomben<br />
<strong>als</strong>o eher männlich, <strong>die</strong> Tropfen voller Finesse hingegen weiblich?<br />
Wissenschaftliche Untersuchungen zu <strong>die</strong>ser Frage fehlen, und<br />
ob sie political correct zu stellen wäre, <strong>ist</strong> erst recht un<strong>klar</strong>. Doch bei<br />
Verkostungen in <strong>der</strong> <strong>Navarra</strong> drängt sich genau <strong>die</strong>se Theorie auf.<br />
«Persönlich suche ich in den Weinen Komplexität und Eleganz»,<br />
lächelt Adriana Ochoa. Man merkt es beim saftigen 2009er Rosé o<strong>der</strong><br />
beim zarten, herrlich-süffigen Moscatel, einem Süsswein, <strong>der</strong> nicht<br />
mit Alkohol angereichert wurde – so wie es bei Sherry, Malaga und<br />
vielen an<strong>der</strong>en spanischen Desserttropfen Standard <strong>ist</strong>. Neben den<br />
vielen Frauen und den günstigen Preisen eine weitere Beson<strong>der</strong>heit,<br />
58 59<br />
ANZEIGE<br />
Auf dem Jakobsweg<br />
zieht es unzählige<br />
Pilger und Teilzeitaussteiger<br />
durchs<br />
sonst verschlafene<br />
Städtchen Ayegui.<br />
welche <strong>Navarra</strong> von <strong>Rioja</strong> abhebt! Einige <strong>der</strong> spannendsten Weine<br />
<strong>der</strong> Region werden allerdings in den beiden Bodegas Nekeas und<br />
Tandem vinifiziert – in beiden Fällen wie<strong>der</strong>um von Frauen. Concha<br />
Vecino (Nekeas) und Alicia Erayalar (Tandem) legen beide keinen<br />
grossen Wert darauf, in <strong>der</strong> Öffentlichkeit zu prunken, sie überzeugen<br />
lieber mit dem, was sie auf <strong>die</strong> Flasche bringen. Die beiden Unternehmen<br />
unterscheiden sich gleichwohl deutlich: Tandem wurde<br />
erst 2003 von Alicia Erayalar, José-María Fraile und ein paar an<strong>der</strong>en<br />
Weinverrückten aus <strong>der</strong> Taufe gehoben, und an den Weinbergen erkennt<br />
man ziemlich gut, was <strong>die</strong> Trauben und in <strong>der</strong> Folge <strong>die</strong> Weine<br />
so spannend macht, was sie von denen vieler an<strong>der</strong>er spanischer<br />
Destinationen unterscheidet. Hier wachsen Tempranillo, Merlot und<br />
Cabernet Sauvignon auf etwa 600 Metern über dem Meer: Mit <strong>der</strong><br />
im Süden des Landes üblichen Hitze haben <strong>die</strong> Winzer hier selten ➜
weinreportage<br />
Hoch gelegen und<br />
hoch im Kurs: <strong>die</strong><br />
Reben im Nekeas-Tal<br />
und Concha Vecino<br />
von <strong>der</strong> Bodega<br />
Nekeas.<br />
NAVARRA GEsTERN UND hEUTE<br />
Die Weinbauregion D.O. <strong>Navarra</strong> – nicht deckungsgleich mit <strong>der</strong><br />
Autonomen Gemeinschaft <strong>Navarra</strong> – umfasst heute mehr <strong>als</strong><br />
15 000 Hektar Rebfläche, etwa so viel wie <strong>die</strong> ganze Schweiz.<br />
Doch was zunächst eine Menge scheint, <strong>ist</strong> tatsächlich nur ein<br />
Bruchteil jener Fläche, <strong>die</strong> noch im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t bewirtschaftet<br />
wurde. Dam<strong>als</strong> nämlich, vor <strong>der</strong> Reblauskatastrophe, gab es noch<br />
50 000 Hektar Reben in <strong>der</strong> <strong>Navarra</strong>. Die Weinbauregion glie<strong>der</strong>t<br />
sich in <strong>die</strong> fünf Zonen Tierra Estella, Valdizarbe, Baja Montaña,<br />
Ribera Alta und, ganz im Süden, Ribera Baja. Traditionelle Rebsorten<br />
wie Graciano, Viura, Garnacha und Tempranillo dominieren<br />
mit etwa 70 Prozent, doch haben <strong>die</strong> internationalen Sorten wie<br />
Chardonnay, Cabernet Sauvignon und Merlot in den letzten Jahren<br />
an Bedeutung gewonnen.<br />
DER JAkoBswEG UND DER wEINBRUNNEN<br />
Der Weg nach Santiago de Compostela <strong>ist</strong> für <strong>die</strong> Pilger kein<br />
Zuckerschlecken – von Ayegui aus sind es noch gut und gern zwei<br />
Wochen zu Fuss bis ans Ziel des Jakobsweges. <strong>Damit</strong> niemanden<br />
<strong>der</strong> Mut verlässt, haben <strong>die</strong> Bodegas Irache schon vor 19 Jahren<br />
einen Weinbrunnen eingerichtet. Je<strong>der</strong> Pilger (und natürlich auch<br />
je<strong>der</strong> Tour<strong>ist</strong>) kann selbst Wasser und Wein abzapfen und sich<br />
damit an Ort und Stelle erfrischen. Doch Vorsicht: Das Abfüllen in<br />
grossen Mengen für <strong>die</strong> nächsten Tage o<strong>der</strong> <strong>die</strong> ganze Verwandtschaft<br />
<strong>ist</strong> nicht erlaubt; Kameras überwachen <strong>die</strong> Gratis-Ausgabe.<br />
Bei beson<strong>der</strong>s grossem Andrang kann <strong>der</strong> Vorrat trotz aller Vorsichtsmassnahmen<br />
schon vor Sonnenuntergang erschöpft sein.<br />
60<br />
zu tun, Bewässerung <strong>ist</strong> nicht unbedingt nötig (und wird bei Tandem<br />
auch nicht praktiziert). Das Terroir des Yerri-Tales mit seinen lehmigen,<br />
kalkhaltigen Böden lässt sich im Glas nachvollziehen: Trotz<br />
Alkoholgraden von bis zu 15 Prozent wirken <strong>die</strong> drei Rotweine Ars<br />
in Vitro, Ars Nova und Ars Mácula eher kühl und elegant, entwickeln<br />
sich über Tage hinweg und zeigen eine mineralische, leicht<br />
kräuterige Würze.<br />
Hoch gelegen <strong>ist</strong> auch <strong>das</strong> Nekeas-Tal: Die oft steilen Weinberge<br />
reichen bis auf 650 Meter Höhe, und gäbe es nicht <strong>die</strong> schützende<br />
Gebirgskette namens Sierra del Perdón, so würden <strong>die</strong> Trauben<br />
in manchen Jahren nicht ausreifen. Einerseits werden <strong>die</strong> kalten<br />
Pyrenäen-Winde abgehalten, an<strong>der</strong>erseits <strong>ist</strong> <strong>der</strong> Weg für warme<br />
Luftströmungen aus dem Süden offen. Nekeas <strong>ist</strong> <strong>das</strong> vor zwei Jahr-<br />
Die Önologin Concha Vecino war<br />
1989 eine <strong>der</strong> Ersten in <strong>der</strong> <strong>Navarra</strong><br />
zehnten gegründete Projekt von acht Familien, verarbeitet werden<br />
Trauben von mehr <strong>als</strong> 200 Hektar. Weinmacherin Concha Vecino war<br />
zu Beginn ihrer Karriere, im Jahr 1989, nicht nur eine <strong>der</strong> ersten<br />
Önologinnen <strong>der</strong> <strong>Navarra</strong>, son<strong>der</strong>n auch eine <strong>der</strong> ganz wenigen in<br />
Spanien. «Es <strong>ist</strong> <strong>das</strong> wichtigste Ziel eines Weinmachers, jeden Weinberg<br />
zu verstehen», sagt sie. Man könnte nun nicht behaupten, <strong>das</strong>s<br />
ihre fe<strong>der</strong>leichte Cuvée aus <strong>der</strong> einheimischen Sorte Viura und dem<br />
global vertretenen Chardonnay ein beson<strong>der</strong>s komplexer und ausdrucksstarker<br />
Vertreter <strong>der</strong> <strong>Navarra</strong>weine wäre – doch zu Tapas gibt<br />
es kaum etwas Besseres, und schon beim reinsortigen Chardonnay<br />
sieht <strong>die</strong> Sache ganz <strong>an<strong>der</strong>s</strong>, nämlich komplex aus. Die rote 2004er<br />
Reserva <strong>ist</strong> dann <strong>das</strong>, was vielleicht irgendwann <strong>als</strong> typisch <strong>Navarra</strong><br />
angesehen werden könnte; im Moment <strong>ist</strong> sie einfach nur gut. «Ich<br />
bevorzuge es entschieden, <strong>das</strong>s sich <strong>das</strong> Terroir im Wein ausdrückt»,<br />
sagt Señora Vecino bescheiden, «und nicht meine Handschrift». Es<br />
spricht viel dafür, <strong>das</strong>s so mancher männliche Önologe <strong>die</strong>s <strong>an<strong>der</strong>s</strong><br />
formulieren o<strong>der</strong> wenigstens ganz <strong>an<strong>der</strong>s</strong> meinen würde. n