Pet Style - Peek & Cloppenburg
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[ interview ]<br />
DIE FRAU, DIE STOFF<br />
ZUM TRÄUMEN BRINGT<br />
Die Berlinerin Lisy<br />
Christl wirft Hollywood<br />
in Schale. Mit Erfolg:<br />
Für das Kostümbild<br />
des Historiendramas<br />
„Anonymus“ gab<br />
es für sie eine<br />
Oscar-Nominierung<br />
PETRA: Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer<br />
Oscar-Nominierung. Für Schauspieler<br />
und Regisseure ist es der wichtigste Preis<br />
– für Kostümbildner auch?<br />
Lisy Christl: Natürlich, es ist die wichtigste<br />
Auszeichnung, die es im Film -<br />
bereich gibt – auch wenn wir natürlich<br />
nicht so im Rampenlicht stehen.<br />
Wo und wann haben Sie von der<br />
Nominierung erfahren?<br />
Ein befreundeter Produzent hatte mir<br />
eine SMS geschrieben. Ich bin aus<br />
allen Wolken gefallen, weil ich nichts<br />
geahnt hatte, es gab keine Vorzeichen.<br />
Und dann knallten die Sektkorken?<br />
Nein, ich saß einfach da und fühlte<br />
mich etwas verloren. So eine Nominierung<br />
übersteigt erst einmal alle<br />
Vorstellungen.<br />
„Anonymus“ ist ein Historienfilm<br />
mit vielen Schauspielern und Hunderten<br />
Komparsen, die alle stilgerecht<br />
eingekleidet werden müssen. Sind<br />
Sie da noch Künstler – oder schon eher<br />
Logistiker?<br />
Ich arbeite ja nicht alleine, wir sind in<br />
diesem Fall ein großes Team gewesen.<br />
Am Anfang waren 20 Leute mit der Vorbereitung<br />
beschäftigt, mit Drehbeginn<br />
wuchsen wir bis auf 50 Mitarbeiter an.<br />
„Anonymus“ war ja nicht Ihre erste<br />
aufwendige Großproduktion, in der viel<br />
Geld steckte. Liegen Sie nachts wach<br />
und denken: „Oh, hoffentlich geht da<br />
nichts schief …“?<br />
24 | 05.2012 petra<br />
Behielt den Überblick<br />
über das Gewusel bei<br />
den Dreharbeiten zu<br />
„Anonymus“: Lisy Christl<br />
Die schlaflosen Nächte finden tatsächlich<br />
viel früher statt: wenn ich zum<br />
ersten Mal das Drehbuch lese. Das ist<br />
die Zeit, in der sich alles entscheidet,<br />
die Zeit der Ideenfindung. Wer spielt<br />
welche Rolle? Mit welchen Leuten<br />
arbeitet man? Irgendwann sind alle<br />
Fragen beantwortet, und die Dreharbeiten<br />
beginnen. Und spätestens da ist<br />
man abends so erschöpft, dass man<br />
einfach nur todmüde ins Bett fällt.<br />
Kann es sein, dass Sie sich von alter Malerei<br />
haben inspirieren lassen? Die Szenenfotos<br />
aus „Anonymus“, vor allem die<br />
Gruppenfotos, sehen aus wie Gemälde.<br />
Ja, ich bin nach London geflogen und<br />
habe die National Portrait Gallery, das<br />
Victoria & Albert Museum und diverse<br />
andere Museen und Archive besucht.<br />
Zudem gab es eine Berliner Kostümhistorikerin,<br />
die mich sehr unterstützt hat.<br />
Die Menschen trugen früher ganz<br />
andere Stoffe – mussten Sie die extra<br />
nachweben lassen?<br />
Nein, wir haben die Stoffe stark behandelt.<br />
Handbemalt, gefärbt, gekocht<br />
WOLLEN SIE MAL HINTER<br />
DIE KULISSEN SCHAUEN?<br />
Was aussieht wie eine<br />
Mega-Umkleidekabine<br />
im elisabethanischen<br />
England, ist tatsächlich<br />
ganz normaler Alltag im<br />
Studio Babelsberg – hier<br />
wurde „Anonymus“ gedreht.<br />
Weitere spektaku -<br />
läre Bilder zeigt das Jubiläumsbuch<br />
„100 Years<br />
Studio Babelsberg“ – mit<br />
vielen interessanten Hintergrundtexten.<br />
© 100 Years Studio Babelsberg – The Art of Film -<br />
making, erschienen bei teNeues, 59,90 €<br />
oder gewachst – um nur ein paar<br />
Beispiele zu nennen.<br />
Und nach all der Arbeit: Können Sie<br />
im Kino sitzen und den Film einfach<br />
genießen?<br />
Natürlich gibt es immer etwas, mit<br />
dem man nicht zufrieden ist. Weil<br />
meistens die Zeit fehlt. Aber in<br />
diesem Fall kann ich sagen: Ich bin<br />
sehr stolz auf den Film.<br />
Was ist das schönste Kompliment, das<br />
Sie bekommen haben?<br />
Als wir zusammen den ersten Rohschnitt<br />
anschauten, sagte Regisseur<br />
Roland Emmerich zu mir: „Die Figuren<br />
sehen aus, als hätten sie sich morgens<br />
selber angezogen.“ Das fand ich sehr<br />
schön. Man zieht ja nicht so oft die<br />
Königin von England an.<br />
Audrey Hepburn soll mal gesagt haben:<br />
„Wenn Kleider Leute machen, dann<br />
machen Kostüme Schauspieler.“ Stimmen<br />
Sie ihr zu?<br />
Das ist ein wunderschöner Satz von ihr,<br />
ja! Auch bei „Anonymus“ hat man das<br />
sehen können: Sobald die Schauspieler<br />
angekleidet wurden, bekamen sie sofort<br />
eine andere, gerade Körperhaltung.<br />
Wobei diese Kostüme auch nichts<br />
anderes zuließen.<br />
Neben Historienfilmen haben Sie auch<br />
viele zeitgenössische Werke wie „Lila,<br />
Lila“ oder auch eine Kinderkomödie,<br />
„Das Sams“, ausgestattet. Das ist sicher<br />
viel einfacher.<br />
Nein, es ist einfach anders. Bei historischen<br />
Stoffen hat man mehr Freiheit,<br />
da der Kostümbildner sich ja am besten<br />
in die Kleiderwelt einer Epoche eingearbeitet<br />
hat. Bei Stoffen, die in der<br />
Jetztzeit spielen, fließen persönliche<br />
Geschmäcker ein. Dazu kommt, dass es<br />
früher genauere Regeln der Beklei-<br />
4<br />
petra 05.2012 | 25