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MDM Infomagazin Trailer I I I - Mitteldeutsche Medienförderung GmbH

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Berlinale Special<br />

Ayshes Geheimnis<br />

Waiting for the clouds<br />

Seit Mitte der neunziger Jahre ist in<br />

der Türkei eine neue Generation von<br />

bekannten Filmemachern herangewachsen.<br />

Zu ihnen zählt Yesim Ustaoglu,<br />

die in ihren Filmen sehr einfühlsam<br />

die soziale und politische Realität<br />

der gegenwärtigen Türkei zeigt.<br />

Die Berlinale-Sektion Panorama stellt<br />

ihr neues <strong>MDM</strong> gefördertes Filmwerk<br />

vor: »Waiting for the clouds« – die<br />

Geschichte einer alten Bäuerin, die<br />

plötzlich mit der Aufdeckung ihrer 50<br />

Jahre lang geheim gehaltenen griechischen<br />

Identität konfrontiert wird,<br />

erinnert an die Deportation der Griechen<br />

aus Anatolien im Jahre 1923.<br />

Bereits bei den 49. internationalen<br />

Filmfestspielen Berlin erzählte der türkische<br />

Wettbewerbsbeitrag »Reise zur<br />

Sonne« (»Gunese Yolculuk«) der jungen<br />

türkischen Filmemacherin Yesim<br />

Ustaoglu eine Reihe von Geschichten<br />

aus ihrem Heimatland. Der damals mit<br />

dem Blue Angel Award und dem Friedensfilmpreis<br />

ausgezeichnete Film zeigte<br />

zum einen die Freundschaft zwischen<br />

dem jungen Türken Mehmet und dem<br />

Kurden Berzan, zum anderen die Geschichte<br />

der selbstbewussten jungen<br />

Türkin Arzu und ihrem Bestehen in der<br />

Großstadt Istanbul. Yesim Ustaoglu verschwieg<br />

den Konflikt zwischen Kurden<br />

und Türken nicht, sie vermittelte die politische<br />

Problematik, vermied voyeuristische<br />

Gewalt und Polarisierungen und<br />

sensibilisierte die Zuschauer für die<br />

Menschenrechtsverletzungen in der<br />

Türkei.<br />

Die erste Idee für »Waiting for the<br />

clouds« hatte Yesim Ustaoglu, als sie<br />

8<br />

Studentin in Trabzon war und verschiedene<br />

Frauen wie die Filmfigur Ayshe<br />

kennen lernte. »Als ich ihre Geschichten<br />

hörte, fühlte ich, dass dies ein Teil<br />

der türkischen Geschichte war, der zu<br />

lange im Dunkeln geblieben war. Ich<br />

hoffe, dass der Film nicht nur eine Bedeutung<br />

für türkische Zuschauer haben<br />

wird, sondern für die Menschen aller<br />

multikulturellen Länder, in denen die<br />

Identitätsfrage oft sehr problematisch<br />

ist. Ich war immer daran interessiert,<br />

den wahren multikulturellen Hintergrund<br />

der Türkei kennen zu lernen. Ich<br />

wollte mehr über dieses Flickwerk erfahren,<br />

dass im Grunde genommen die<br />

türkische Geschichte und Kultur ausmacht.<br />

Es ist sehr schade, dass die Idee<br />

einer Nation für viele immer noch bedeutet,<br />

dass Einflüsse anderer Kulturen<br />

eliminiert werden müssen. Ayshe hätte<br />

nicht ihre wahre ethnische Identität<br />

über 50 Jahre lang verbergen müssen,<br />

wenn sie in einer toleranten Gesellschaft<br />

leben würde.«<br />

Der Film erklärt in vielen Facetten die<br />

wechselvolle türkische Geschichte: »Die<br />

neue türkische Republik, die sich nach<br />

dem ersten Weltkrieg etablierte, basierte<br />

auf der Idee einer Nation. Dies bedeutet,<br />

dass das Leben für alle Minoritäten<br />

härter wurde. Armenier, Griechen<br />

und andere wurden unter schrekklichsten<br />

Bedingungen aus der Türkei<br />

gejagt. Überleben konnten nur diejenigen,<br />

die zum Islam übertraten und ihre<br />

wahre Identität für den Rest ihres Lebens<br />

geheim hielten. Kurz nach der<br />

Etablierung der neuen Republik wurde<br />

ein Vertrag zwischen den Griechen<br />

und den Türken unterzeichnet, der den<br />

Austausch der Überlebenden regelte.<br />

Griechen, die immer noch in der Türkei<br />

lebten, gingen zurück nach Griechenland<br />

und die Türken kamen zurück in<br />

die Türkei. Jedoch gab es auch Menschen<br />

wie Ayshe, die blieben und nie<br />

wieder über ihre Vergangenheit sprachen.«<br />

Ayshes wahrer Name ist Eleni,<br />

sie ist die Tochter eines einheimischen<br />

Griechen in der östlichen Region des<br />

Schwarzen Meeres, was einst das ehemalige<br />

Gebiet von Pontus war. Nachdem<br />

es zu einem Exodus der pontischorthodoxen<br />

Bevölkerung während des<br />

Ersten Weltkrieges kam, wurde Ayshe<br />

von einer türkisch-muslimischen Familie<br />

adoptiert. Angst ist der Grund dafür,<br />

dass Ayshe niemals wieder über ihre<br />

ethnischen Wurzeln spricht. »In ›Waiting<br />

for the clouds‹ wollte ich darstellen,<br />

wie eine Regierung Druck auf das<br />

alltägliche Leben ausüben kann. In den<br />

70er Jahren überwog in der Türkei die<br />

Angst vor ›dem Anderen‹, während die<br />

Toleranz gegenüber ethnischen Minoritäten<br />

immer mehr abnahm. Die Details<br />

des Exodus basieren auf wahren<br />

Begebenheiten. Einen Teil meiner Recherche<br />

führte ich in den Ottoman Archiven<br />

in Sofia durch. Außerdem las<br />

ich, soviel ich finden konnte, von pontischen<br />

Geschichtsschreibern sowie Bücher<br />

von türkischen Autoren, die<br />

außerhalb der Türkei leben. Abgesehen<br />

von den Hauptfiguren, Ayshe, Tanasis<br />

und Selma, habe ich nur einheimische<br />

Leute gecastet. Es waren Menschen aus<br />

dem Dorf, in dem wir drehten; keiner<br />

von ihnen war professioneller Schauspieler.<br />

Und für die Hochzeitsszene im<br />

Hochland organisierten wir eine richtige<br />

Hochzeit. Wir luden das ganze Dorf<br />

in die Berge ein. Sie kamen alle und<br />

feierten mit uns, während wir die Szene<br />

drehten.« ■<br />

Wolfgang Otto<br />

Berlinale Panorama<br />

11.02.05, 22.00 Uhr, Zoo Palast<br />

12.02.05, 13.30 Uhr, Cinemaxx 7<br />

15.02.05, 14.30 Uhr, International<br />

<strong>MDM</strong> <strong>Infomagazin</strong> <strong>Trailer</strong> 01/2005

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