Smbl 6_2005.qxd - Salzburger Museumsverein
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m<br />
Bilder (3): Heinz Dallendörfer, Koppl<br />
NEUENTDECKUNG<br />
Michael Pisl<br />
Ein unbekannter Bildhauer aus dem Pinzgau<br />
Anlässlich des 300-jährigen<br />
Bestehens der Wallfahrtskirche<br />
Maria Kirchenthal – sie<br />
wurde am 8. September 1703 geweiht<br />
– konnte das Gotteshaus<br />
grundlegend restauriert werden.<br />
Auch der in Österreich einzigartige<br />
Bestand an Votivbildern wurde<br />
saniert und nun in dem neuen<br />
Wallfahrtsmuseum für die Besucher<br />
sichtbar gemacht.<br />
Im Zuge dieser Arbeiten entschloss<br />
man sich auch, das große<br />
Holzkreuz, das auf einem Findling<br />
unmittelbar vor der Kuppe des<br />
Hochtales von Maria Kirchenthal<br />
aufgestellt ist, zu restaurieren. Es<br />
war durch Witterungseinflüsse<br />
stark beschädigt. Die Gesamtrestaurierung<br />
lag in der Hand der bewährten<br />
Restauratoren H. und M. Dallendörfer<br />
in Koppl. Die Tischlerarbeiten<br />
besorgte die Firma Meiber-<br />
4<br />
Neuentdeckung bei der Restaurierung eines Kruzifixus<br />
aus dem Hochtal von Maria Kirchenthal<br />
Von Johannes Neuhardt<br />
ger in Lofer. Bei der Restaurierung<br />
kam am Rücken des Corpus eine<br />
Signatur zutage, die bislang in der<br />
<strong>Salzburger</strong> Kunstgeschichte nicht<br />
vorhanden war: M. Pisl. So mag es<br />
nicht uninteressant sein, die<br />
Lebensdaten dieses doch bedeutenden<br />
Bildhauers erstmals darzustellen.<br />
In der ÖKT Bd. XXV, S. 142 ist<br />
dieses Kreuz gerade mit einer Zeile<br />
erwähnt, jedoch ohne jeden Hinweis<br />
auf den Künstler. Im Dehio<br />
fehlt es vollkommen. In der ÖKT<br />
Bd. XXV finden sich noch einige<br />
Werke (S. 124, 126, 163 und 173), die<br />
jedoch alle verschollen sind. Die<br />
vier Statuetten der Kirchenlehrer in<br />
der Pfarrkirche Lofer, die M. Pisl<br />
zugeschrieben werden, stammen<br />
von einer anderen Hand.<br />
Die Nachforschungen ergaben<br />
nun folgenden „Tatbestand“. Michael<br />
Pisl erblickte am 15. September<br />
Signatur am<br />
Corpus des<br />
Kruzifixus<br />
Michael Pisl<br />
(1757–1816),<br />
Kruzifixus von<br />
Maria Kirchenthal,<br />
um 1790<br />
1757 in St. Martin bei Lofer das<br />
Licht der Welt. Seine Eltern waren<br />
Johann Pisl, ein Zimmerergsell und<br />
seine Ehefrau Barbara Zimmerin.<br />
Als Taufpate fungierte Johann<br />
Schmuck, Millnerbauer in St. Martin.<br />
Die Familie Pisl ist in den Bürgerbüchern<br />
von Lofer seit dem frühen<br />
17. Jahrhundert nachweisbar<br />
(in verschiedenen Berufen als<br />
Schmiedemeister, Wirte).<br />
Das Pislhaus stand unmittelbar<br />
neben dem Gasthof Luftenstein; es<br />
wurde 1786 neu errichtet; damit<br />
aber hatte unser Bildhauer nichts<br />
zu tun. Sein Vater besaß vielmehr<br />
die Behausung mit Hof und Gartl<br />
am Haganger. Neben der Wegmeisterei<br />
hatte er einen Schrankbaum<br />
zu betreuen (mit Mautpflicht), wo<br />
der Salzhandel von Berchtesgaden<br />
über den Hirschbichl und das<br />
Saalachtal kontrolliert wurde. Diese<br />
Behausung oberhalb von St. Martin<br />
am Hochanger besteht heute noch.<br />
Seine erste Ehe schloss Michael<br />
Pisl am 17. November 1785. Als<br />
Beruf wird Bildhauer und Metallier<br />
(Vergolder) auf dem Haganger<br />
angegeben. Die Braut war Helena<br />
Schopperin, die Tochter des Mesners,<br />
Schulhalters und Kramers<br />
Karl Schopper, die bei Herrn Frühmesser<br />
Leopold Reisenberger in<br />
Lofer als Köchin arbeitete.<br />
Dieses Glück aber war ihm<br />
nicht lange gegönnt, denn schon<br />
am 4. Juni 1787 verehelicht sich