Schwedter Rathausfenster - Stadt Schwedt/Oder
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14 Amtsblatt für die <strong>Stadt</strong> <strong>Schwedt</strong>/<strong>Oder</strong> – redaktioneller Teil<br />
Die Briefe der Markgräfin<br />
Im <strong>Stadt</strong>archiv geforscht<br />
1762 sendete die Markgräfin Sophie Dorothea<br />
Marie zwei hastige und aus der Gefahr heraus<br />
geborene Schreiben an ihren Gatten, den sich in<br />
Berlin aufhaltenden Markgrafen Friedrich<br />
Wilhelm, die uns der <strong><strong>Schwedt</strong>er</strong> Archivar Erich<br />
Westermann noch vor dem Zweiten Weltkrieg<br />
überliefert hat. Am 14. August 1751 starb der<br />
zweite und letzte Sohn des Markgrafenehepaars<br />
im Alter von zwei Jahren. Bald darauf verschlechtert<br />
sich das Verhalten des Markgrafen zu seiner<br />
Frau. Die Tochter des preußischen Königs Friedrich<br />
Wilhelm I. war gezwungen, ihren Bruder, den<br />
preußischen König Friedrich II., um Hilfe zu bitten.<br />
1756 sandte der König den General Meier<br />
nach <strong>Schwedt</strong> zu seinem Schwager, um weitere<br />
Kränkungen der Markgräfin zu unterbinden und<br />
ihre Interessen wahrzunehmen. Sie selbst hielt<br />
sich fast nur noch im Schlösschen Monplaisir auf.<br />
Von einer Zuneigung gegenüber dem Markgrafen<br />
konnte man bei diesen Umständen eigentlich<br />
nicht mehr ausgehen - wenn es nicht diese<br />
beiden Briefe gäbe, die ein etwas anderes Bild<br />
entstehen lassen. Das Markgrafenehepaar war<br />
zu dieser Zeit fast 28 Jahre verheiratet.<br />
Während des Siebenjährigen Krieges (1756-<br />
1763) wurde die <strong>Stadt</strong> einige Male von russischen<br />
Truppen bedroht, jedoch nie wesentlich beschädigt.<br />
So marschierte am 17. August 1758 eine<br />
große Anzahl russischer Soldaten in die <strong>Stadt</strong> ein,<br />
die sie jedoch nach dem preußischen Sieg am<br />
25. August 1758 in der Schlacht von Zorndorf -<br />
herbeigeführt durch den in jugendlichen Jahren<br />
als Pagen im Dienst des Markgrafen Friedrich<br />
Wilhelm stehenden General Friedrich Wilhelm von<br />
Seydlitz - bereits wieder räumen mussten.<br />
Am 22. Februar 1760 sprengten plötzlich russische<br />
Reiter in die <strong>Stadt</strong> ein. Es war der Rittmeister<br />
Howatreck von der Armee des Generals<br />
Tottleben, der mit einigen hundert Kosaken und<br />
Husaren aus Königsberg (Chojna) kam. Im Schloss<br />
hielt sich beim Markgrafen gerade der preußische<br />
Generalleutnant Prinz Eugen von<br />
Württemberg, sein Schwiegersohn, auf. Friedrich<br />
Wilhelm sowie der Prinz wurden gefangen genommen<br />
und nach Nahausen (Nawodna) gebracht.<br />
Von dort forderte Friedrich Wilhelm den<br />
Königsberger Magistrat auf, ihm 20 000 Reichstaler<br />
Kaution zu leihen. Nach Aushändigung eines<br />
Wechsels, zahlbar innerhalb von vier Wochen<br />
in Danzig (Gdansk), ließen die Kosaken den Markgrafen<br />
frei. Der Markgraf verließ daraufhin die<br />
<strong>Stadt</strong> und zog sich in sein Palais in der Magistrale<br />
Unter den Linden in Berlin zurück. Die Markgräfin<br />
aber blieb in <strong>Schwedt</strong>. Der Schuldschein<br />
wurde übrigens bei einem Gefecht in Kyritz dem<br />
russischen Major, in dessen Besitz er war, von<br />
preußischen Truppen wieder abgenommen.<br />
1762 droht eine neue Gefahr: am 19. Juli erfuhr<br />
die Markgräfin durch den russischen Major<br />
Buddendick in Königsberg, dass <strong>Schwedt</strong> in Kürze<br />
durch Kosaken des Korps des in russischen<br />
Diensten stehenden Generals von Berg besetzt<br />
würde. Die Markgräfin war allein in <strong>Schwedt</strong>, ein<br />
wenig hilflos und ohne genügend finanzielle<br />
Mittel. Am 20. Juli 1762 schrieb die Schwester<br />
Postkarte, Luftaufnahme vom <strong><strong>Schwedt</strong>er</strong> Schloss um 1940<br />
Friedrich II. hastig und in Sorge eigenhändig sowie<br />
in schönstem Berliner Dialekt an ihren Gatten.<br />
Umgangssprache in Wort und Schrift war am<br />
Hof französisch, deutsch wurde meist mündlich<br />
aufgeschnappt und so auch geschrieben, so dass<br />
der Markgräfin deshalb keine geringe Bildung<br />
anzulasten war. Die Briefe können hier leider nur<br />
gekürzt wiedergegeben werden.<br />
Brief 1: „[...] Durchaus ist die Bestürzung groß,<br />
unterdessen wird der große Gott uns nicht verlassen,<br />
man muß nicht den Mut sinken lassen<br />
und ich versichere Dich mein Kind, ich werde wie<br />
eine getreue Freundin und, wie ich diesmal gedenke,<br />
vor Gott in Verantwortung gegen Dir handeln<br />
und so viel in meinen Kräften ist, Dich in<br />
allen Stücken vertreten. Allein mein Herz, Du wirst<br />
hoffentlich auch mich nicht verlassen, in der Not<br />
also bitte ich Dir um Gottes Willen Herzensjunge<br />
schicke mir doch eine assignation auf Geld [Geldanweisung],<br />
ich werde ja nicht verschwenderisch<br />
damit umgehen [...], allein ich kann nichts ausgeben,<br />
denn ich habe nichts [...] und wo soll ich<br />
es nehmen, wenn die Leute als Feinde kommen,<br />
die ich bewirten muß und die man durch gute<br />
Begegnungen gewinnen kann. Ich muß auch<br />
salve garde [eine Schutzwache] haben und die<br />
Leute müssen leben, glaube mir, ich habe ein<br />
Gewissen und werde nicht so infam handeln, als<br />
daß ich dir unnützer Weise würde was durchbringen,<br />
ich habe Dir dazu viel zu lieb und auch<br />
zu viel Christentum. Allein ich weiß Du wirst mich<br />
nicht in der Not sitzen lassen; ich bin sehr besorgt<br />
er [gemeint ist der russische Feind] werde<br />
die Kanonen womöglich in die <strong>Oder</strong> schmeißen<br />
und habe dein Silber und die Möbel alles in meine<br />
Kammer vom Schloss in der dritte Etage verschließen<br />
lassen [...]. Das Beste ist, daß kein Blut<br />
wird vergossen werden muß, denn sie können<br />
[die Kosaken] gerade hierin gehen [ohne Widerstand].<br />
... Adieu Herzensjunge alter lieber Vater<br />
ich verbleibe bis in den Tod deine getreue Freundin<br />
Sophie.“<br />
22. Dezember 2010<br />
Am 21. Juli rückte tatsächlich ein Kommando von<br />
Kosaken in <strong>Schwedt</strong> ein. Sie besetzten die <strong>Stadt</strong>tore.<br />
Der Kommandeur hielt glücklicher Weise<br />
seine Soldaten von jeder Art von Übergriffen ab.<br />
Am 22. Juli berichtet dann die Markgräfin:<br />
Brief 2: „Mein Herzens Kind. Dein Brief [...] habe<br />
ich gestern wohl erhalten. Ich danke dir zuforderst<br />
mein Herz tausendmal für die Anweisung der<br />
2000 Reichsthalern. Ich versichere dich daß ich<br />
mit aller Behutsamkeit mit werde umgehen [...].<br />
Gestern kam ein Kommando von 100 Kosaken<br />
nebst einem Major in <strong>Schwedt</strong> an, sie liegen auf<br />
die Wiesen [den Dammwiesen], die Bürger<br />
mußten ihnen zu essen geben, unterdessen halten<br />
sie gute Ordnung. General Berg hat von freien<br />
Stücken mir den guten Leutnant Saleman [Carl<br />
Magnus v. Salemann, auch in russischen Diensten]<br />
nebst 4 Kürassieren und 2 Kosaken zur<br />
Schutzwache geschickt, also muß er glauben, es<br />
ist nötig. Ich habe soeben alles besorgt, daß ihnen<br />
nichts fehlen soll, die Kanonen aber haben<br />
sie arretiert. [Major] Buddendick hat nach<br />
Stentzsch [dem Schlosshauptmann] geschickt, ich<br />
hoffe, Stentzsch wird sich schon gut aufführen.<br />
Ich werde Dir alles berichten und versichere Dir<br />
mein Kind alles so einzurichten wie Du es verlangst.<br />
[...] Mein Kind Dein Silber ist gut eingepackt<br />
und ich habe für richtig gefunden, solches<br />
dir nach Berlin zu senden. Ich hoffe Du wirst<br />
bestens zufrieden sein. Sei so gut mein herz und<br />
schicke mir Meier bald zurück, [...], nur bitte ich<br />
Dir inständig, laß das Silber nur nicht in Berlin. ...<br />
Da Judo [ der markgräfliche Kassierer Godow ]<br />
auch schon abgegangen war mit der Kasse, als<br />
ich die assignation erhalten habe, so bitte ich<br />
Dich mein Kind, befehle doch daß er das Geld an<br />
Meier abgibt, ich werde die Anweisung gleich<br />
[dorthin]schicken. Mein Gott mein Herzenskind<br />
beruhige Dir doch und nehme deine liebe Gesundheit<br />
in acht, woran mir alles gelegen. [...]<br />
Die Preußische Post ist nach wie vor gekommen.<br />
Adieu mein Herzens Kind lieber oller Junge