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Molekulare Pädiatrie - Hauner Journal

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gEnTHERAPIE ALS THERAPEuTIScHE<br />

oPTIon FüR PATIEnTEn MIT<br />

ScHWERWIEgEnDEn gEnETIScHEn<br />

ERKRAnKungEn<br />

Die einzige Möglichkeit, die Ursache der<br />

Krankheit dauerhaft und vollständig zu beseitigen,<br />

liegt in der Korrektur des Gendefektes<br />

selbst. Bei der Gentherapie wird den Zellen des<br />

betroffenen Organs das gesunde Gen zur Verfügung<br />

gestellt, wodurch das betroffene Enzym<br />

wieder korrekt gebildet werden kann.<br />

Im Rahmen eines Forschungsprojektes wird<br />

in Kooperation zwischen dem Pädiatrischen<br />

Hämophiliezentrum (PD Dr. K. Kurnik und Dr.<br />

C. Bidlingmaier) und der Abteilung für <strong>Molekulare</strong><br />

<strong>Pädiatrie</strong> am Modell der Hämophilie<br />

eine neue Technik zum gerichteten Transfer von<br />

therapeutischen Genen in die Leber etabliert.<br />

Dieses Projekt wird durch das „Bayer Hemophilia<br />

Awards Program“ der Firma Bayer Healthcare<br />

gefördert. Nach Angaben der World Federation<br />

of Hemophilia (WFH) leidet 1 von 10.000<br />

Menschen an einer angeborenen Hämophilie,<br />

in Deutschland werden etwa 8.000 Patienten<br />

betreut. Bei der Hämophilie führen Defekte der<br />

Gene für die Gerinnungsfaktoren VIII oder IX<br />

dazu, dass der jeweilige Faktor im Körper gar<br />

nicht oder nur fehlerhaft gebildet wird.<br />

Dies führt zu einer erhöhten Blutungsneigung,<br />

die unbehandelt zu schweren Gelenkschäden<br />

und einer erhöhten Sterblichkeit führen.<br />

Um die angeborenen Gerinnungsstörungen<br />

zu behandeln, ist eine lebensbegleitende, belastende<br />

Therapie erforderlich, bei der man die<br />

fehlenden Faktoren durch regelmäßige intravenöse<br />

Gaben von Faktorkonzentraten ersetzt.<br />

Insbesondere im Kindesalter stellen das häufige<br />

Spritzen der Präparate ein technisches und psychisches<br />

Problem für die Eltern, Patienten und<br />

behandelnden Ärzte dar. Hinzu kommen Nebenwirkungen<br />

der Therapie und die Gefahr einer<br />

Übertragung von Infektionskrankheiten durch<br />

Spenderblut.<br />

Die hohen Kosten für die Präparate stellen<br />

nicht nur erhebliche Anforderungen an unser<br />

Gesundheitssystem, sondern machen in Ländern<br />

der Dritten Welt eine Faktor-Behandlung nahezu<br />

unmöglich. Nach Schätzungen der WFH werden<br />

80% aller Patienten nicht adäquat behandelt.<br />

Durch Verwendung von Viren zur Einschleusung<br />

der therapeutischen Gene sind bereits viel<br />

versprechende Ergebnisse in klinischen Studien<br />

zu anderen Erkrankungen erzielt worden.<br />

Es zeigte sich jedoch, dass die bisher zur Verfügung<br />

stehenden Formen der viralen Gentherapie<br />

teilweise mit hohen Risiken verbunden sind.<br />

Eine breite Anwendung der Gentherapie, insbesondere<br />

für die Behandlung von Kindern, wird<br />

erst dann vertretbar sein können, wenn durch<br />

weitere Forschung auf diesem Gebiet die Sicherheit<br />

erheblich verbessert werden kann.<br />

Bei der Hämophilie, wie bei vielen anderen<br />

angeborenen Krankheiten, liegt der Ort der<br />

Krankheitsentstehung in der Leber. Anhand<br />

einer solchen Modellerkrankung sollen allgemeine<br />

Strategien zur Gentherapie der Leber entwickelt<br />

werden.<br />

In einem interdisziplinären Ansatz werden<br />

vorhandene Methoden mit neuen Technologien<br />

verbunden, um eine verbesserte Aufnahme der<br />

therapeutischen Gene in die Leberzellen zu erreichen.<br />

Mit der gezielten Ansteuerung spezifischer<br />

Rezeptoren sollen die Gene an den gewünschten<br />

Ort gelangen, wobei Ultraschalltechniken und<br />

Magnetkräfte den Prozess zielgerichtet steuern<br />

können.<br />

Der experimentelle Weg dieses Projektes<br />

führt von der Methodenentwicklung in Zellkulturen<br />

über die Anwendung am Tiermodell zum<br />

längerfristigen Ziel, ein Verfahren zur dauerhaften<br />

Korrektur der Gendefekte beim Menschen<br />

vorzubereiten.<br />

Im Rahmen eines BMBF-Projektes erforschen<br />

wir in Zusammenarbeit mit dem Institut<br />

für Humangenetik der Georg-August Universität<br />

in Göttingen (Prof. W. Engel) die Möglichkeit<br />

einer Therapie mit körpereigenen Stammzellen.<br />

Professor Engel hat eine Strategie entwickelt, um<br />

dem Patienten eigene Stammzellen zu entnehmen<br />

und sie nach einer genetischen Korrektur in<br />

Zellen des betroffenen Gewebes umzuwandeln.<br />

Hierbei könnte auf fremde embryonale Stammzellen<br />

vollständig verzichtet werden, was erhebliche<br />

medizinische und ethische Vorteile birgt.<br />

Mit dem Einsatz therapeutischer Gene oder<br />

körpereigener Stammzellen könnte die Vorstellung<br />

einer dauerhaften Korrektur von genetischen<br />

Erkrankungen realisiert werden.<br />

Für Patienten mit angeborenen Blutungserkrankungen<br />

wäre hiermit ein unbelastetes Leben<br />

ohne regelmäßige intravenöse Substitutionen<br />

verbunden. Zudem sollen die in diesem Modell<br />

erworbenen Kenntnisse auch für andere Erkrankungen<br />

genutzt werden und zum Beispiel zur<br />

Therapie angeborener Stoffwechselerkrankungen<br />

wie der klassischen Phenylketonurie beitragen,<br />

bei der auf Grund der Schwere des Defektes und<br />

wegen des Fehlens von Restprotein eine medikamentöse<br />

Therapie unmöglich ist.<br />

Zusammenfassend verfügt die Abteilung<br />

für <strong>Molekulare</strong> <strong>Pädiatrie</strong> dank substantieller öffentlicher<br />

und industrieller Förderung inzwischen<br />

über ein weites Spektrum experimenteller<br />

Expertise molekularbiologischer, biochemischer,<br />

spektroskopischer und zellbiologischer Methoden<br />

und über eine hervorragende apparative<br />

Ausstattung. Darüber hinaus profitieren wir in<br />

hohem Maße von den exzellenten räumlichen<br />

Voraussetzungen im Forschungszentrum der<br />

Kinderklinik.<br />

Die räumliche Zusammenführung der verschiedenen<br />

pädiatrischen Arbeitsgruppen hat<br />

zu intensiver Zusammenarbeit, gegenseitiger<br />

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