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leseprobe-traumsplitter - Tanja Heitmann

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fuhren und Stromschläge durch seine Wirbelsäule<br />

jagten.<br />

Ja, es fühlte sich alles verdammt echt an, genau<br />

wie sie es sich gewünscht hatte. Alles, was er jetzt<br />

wollte, waren ihre Lippen, die verführerische Wärme<br />

ihres Mundes und das Spiel, das sie beide miteinander<br />

verband. Er wollte noch einmal hören, wie sie<br />

atemlos seinen Namen aussprach, während er ihr<br />

bewies, dass es keines Traums bedurfte, um sie zu<br />

entflammen.<br />

Aber das hier war Ellas Traum!<br />

Und Gabriel war gerade dabei, sich mit Haut und<br />

Haaren in ihren wahrhaftigen Wunschtraum zu verwandeln.<br />

Dabei fühlte sich alles unfassbar real an,<br />

weil sie es so wollte. Alles geschah, weil sie es sich<br />

auf diese Weise wünschte. Ansonsten wäre er schon<br />

längst verloren gegangen in dem Zauber, den sie entfachte.<br />

Aber genau das wünschst du dir doch, wenn<br />

du ehrlich bist. Du willst Teil ihres Traums sein, oder<br />

vielleicht sogar mehr … vielleicht könnte er dir gehören,<br />

mit allem, was in ihm ist. Mit Ella …<br />

Entsetzt schnitt Gabriel diesen Gedanken ab und<br />

stützte sich auf die Unterarme, während sein<br />

Brustkorb sich heftig hob und senkte.<br />

Der Raum um ihn herum hatte sich verändert,<br />

unabhängig von Ellas Wunsch, alles möge real bleiben.<br />

Die pistazienfarbenen Wände hatten sich in<br />

Spiegelglas verwandelt, die Möbel waren nicht mehr<br />

als blasse Schemen, und draußen vor den Fenstern<br />

lag der Garten nicht im Zwielicht, sondern es hatte<br />

sich eine bedrohliche Schwärze aufgetan.<br />

Das alles bemerkte Gabriel jedoch nur nebenbei,<br />

denn er war viel zu gefangen von dem Bild, das er in<br />

vielfacher Ausfertigung sah: er selbst, umfangen von<br />

Ellas Armen ... und doch sah er sich nicht wirklich. Der<br />

Blick in den grauen Augenpaaren, die von den<br />

Spiegeln zurückgeworfen wurden, war fremdartig<br />

und gierig zugleich. Sie belauerten das Paar, warteten<br />

auf den Moment, in dem Gabriel von diesem<br />

berauschenden Traum nahm. Oder gar versuchte,<br />

ihn an sich zu reißen, gegen jede Vernunft.<br />

Vielleicht würde es ja gelingen, vielleicht würde er<br />

bestehen ...<br />

Nein, ich werde Ellas Traum nicht an mich reißen,<br />

entschied Gabriel und löste sich endgültig aus der<br />

Umarmung.<br />

Ein feiner Riss tat sich im Spiegelglas auf, breitete<br />

rasch sein Netz aus, bis die Wände nur noch aus<br />

Splittern bestanden. Und aus jedem einzelnen<br />

Splitter, gleichgültig, wie klein er ausfiel, blickte das<br />

graue Augenpaar.<br />

Ella, die von alldem nichts mitbekam, stemmte<br />

sich hoch, um einen weiteren Kuss einzufordern.<br />

Irgendwie gelang es Gabriel im letzten Moment, seinen<br />

Kopf zu wenden, so dass ihre Lippen lediglich<br />

seine Wange streiften. Hastig setzte er sich auf seine<br />

Fersen und zog auch Ella mit hinauf, die sichtlich irritiert<br />

war. Sie legte ihre Hand um seinen Nacken, um<br />

ihn wieder an sich zu ziehen, doch Gabriel wand sich<br />

aus dem Griff, obwohl er ihre Hände auf sich spüren<br />

und das Verlangen in ihren Augen sehen wollte – und<br />

nicht nur das. Stattdessen presste er sich mit dem<br />

Rücken gegen das Bettgestell wie ein in die Enge<br />

getriebenes Tier.<br />

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