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6 I Wirtschaft & Politik Berlin-Brandenburgisches Handwerk 6 I 2018 » Berlin ist und bleibt eine Baustelle und davon profitiert das Handwerk ganz besonders. « Stephan Schwarz Präsident der Handwerkskammer Berlin Foto: Wolf 145. Vollversammlung, 25. April 2018 Bau treibt Konjunktur an „Für das Berliner Handwerk ist das Jahr 2018 bisher außerordentlich gut verlaufen“, sagte Handwerkskammerpräsident Stephan Schwarz bei der 145. Vollversammlung der Handwerkskammer Berlin. Frauen im Handwerk Die Vollversammlung hat die Gründung eines Arbeitskreises Frauen im Handwerk beschlossen. Bisher unterstützt die Handwerkskammer bereits Netzwerktreffen, das Gütesiegel Chancengleichheit im Handwerk oder die Kampagne Gleichstellung gewinnt. Der Berliner Landesverband der Unternehmerfrauen im Handwerk, das Kompetenzzentrum für Berliner Handwerkerinnen und die Handwerkskammer organisieren gemeinsame Veranstaltungen für Unternehmerinnen. Der neue berlinweite Arbeitskreis soll sich gezielt frauenund familienpolitischen Themen widmen. Interessierte treffen sich zur 1. Sitzung am 18. Juni 2018 im Meistersaal der Handwerkskammer. Infos: nebel@hwk-berlin.de Verantwortlich dafür sind die starke Bautätigkeit, die ausgezeichnete Beschäftigungslage und die anhaltend gute Konsumlaune der Handwerkskunden. Laut der aktuellen Konjunkturumfrage könnte die Stimmung der Betriebe kaum besser sein: Der Geschäftsklimaindex ist im Vergleich zum Vorjahr um weitere acht Zähler auf 132 Punkte gestiegen. „Damit liegt der Wert nur einen Punkt unter unserer Herbstumfrage und ist mit Abstand der beste jemals im Frühjahr gemessene Wert“, sagte Schwarz. Im Bau-, Kfz- und dem Bereich für den gewerblichen Bedarf haben die Betriebe laut Umfrage prall gefüllte Auftragsbücher – im Schnitt für die nächsten elf Wochen. So gut war die Auftragslage noch nie! Und nichts deutet auf ein Ende des Booms hin. Die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen aus dem Handwerk ist weiterhin auf Rekordniveau. Im Gesundheitsgewerbe sieht die Nachfrage leider nicht so gut aus. Hier ist der Saldo aus positiven und negativen Meldungen mit 26 Punkten im Minus, auch die aktuellen Geschäfte beurteilt die Branche eher negativ. Gewerkeübergreifend bezeichneten aber insgesamt 48 Prozent der Betriebe ihre derzeitigen Geschäftsergebnisse als gut, nur sieben Prozent als schlecht. Damit sind 93 Prozent der Betriebe mindestens zufrieden mit ihren aktuellen Geschäften. Die guten Urteile überwiegen die schlechten mit 41 Punkten – das ist ein Gewinn von zwölf Zählern gegenüber dem Vorjahr und noch ein Rekordwert für ein Frühjahr. Auf die kommenden Monate blicken die Berliner Handwerksbetriebe voller Zuversicht: 30 Prozent der Betriebe erwarten eine Verbesserung der Geschäftslage. Mit gleichbleibender wirtschaftlicher Situation rechnen 64 Prozent, mit schlechteren
Berlin-Brandenburgisches Handwerk 6 I 2018 I 7 Geschäften nur sechs Prozent. Der Saldo liegt mit 24 Punkten im Plus – wie beim Allzeithoch aus dem Herbst 1991. Für eine Frühjahrsumfrage ist das somit ein dritter Rekordwert. „Der Spitzenplatz bei den Optimisten gehört eindeutig dem Bauhauptgewerbe. Hier hat sich der Erwartungssaldo um zwölf Punkte auf 35 Zähler verbessert. In keiner der bisherigen Umfragen war dieser Saldowert so gut“, betonte Stephan Schwarz. Die Produktions- und Dienstleistungskapazitäten im gesamten Berliner Handwerk wurden zu 84,5 Prozent ausgelastet. Der Saldo aus gestiegenen und gesunkenen Auftragseingängen über alle Gruppen gerechnet, gewinnt im Vergleich zum Vorjahr zwölf Zähler und liegt mit 24 Punkten im Plus. Stimmungsdämpfer ist und bleibt aber der Fachkräftemangel. Nur 21 Prozent der Betriebe haben bisher neue Mitarbeiter eingestellt, es suchen aber viel mehr Betriebe Personal. Bundespräsident zu Gast im BTZ Der Fachkräftemangel ist greifbare Realität: Fast die Hälfte der Betriebe – 46 Prozent – melden offene Stellen. Dieser Mangel an Fachkräften und Auszubildenden bereitet den Betrieben echte Kopfschmerzen. Wäre ausreichend Personal vorhanden, könnten mehr Aufträge angenommen und die Wartezeiten für Handwerkskunden verkürzt werden. Der Politik sei dieses Grundproblem zunehmend bewusst. So haben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender die Schirmherrschaft für eine „Woche der beruflichen Bildung“ übernommen und am 17. April 2018 den Startschuss dafür im Bildungs- und Technologiezentrum (BTZ) der Handwerkskammer Berlin gegeben. Beide sahen sich in den Werkstätten um, informierten sich über Qualität und Perspektiven der beruflichen Bildung und hoben vor allem den Wert der dualen Bildung hervor. Steinmeier sprach mit Ausbildern auch darüber, die Balance zwischen akademischer und beruflicher Ausbildung zu erhalten. SHK-Branche ist Vorreiter Auch die Berliner Politik nimmt sich des Themas Fachkräfte verstärkt an. Ein Ergebnis ist das BerufsAbitur bzw. das duale Abitur: Schulabgänger können in vier Jahren eine Ausbildung im dualen System absolvieren und zugleich die allgemeine Hochschulreife ablegen. Das ermöglicht leistungsstarken jungen Menschen einen maßgeschneiderten Karriereweg. Sie können sich mit diesem Abschluss für eine berufliche oder eine akademische Karriere entscheiden und sparen Zeit. Das Berufs- Abitur im Handwerk gibt es bisher für die Branche Sanitär, Heizung, Klima. Dem Erfolg versprechenden Modell werden weitere Branchen folgen, so Schwarz. Das neue Aktionsprogramm Handwerk wurde Ende März vom Berliner Senat beschlossen. Es soll den Wirtschaftsstandort Berlin stärken und Handwerksbetrieben auch künftig ein stabiles Fundament bieten. Insgesamt wurden 33 konkrete Einzelmaßnahmen erarbeitet, die nun bis 2020 gemeinsam mit dem Senat umgesetzt werden sollen. Foto: Kadmy/Fotolia Handwerk erwartet Rechtssicherheit Zum Thema Diesel-Fahrverbote stehen Handwerkskammer und Berliner Politik in engem Dialog, berichtete Stephan Schwarz der Vollversammlung. Wenn andere Maßnahmen zur Senkung der Stickoxidbelastung nicht ausreichen, geht Umwelt- und Verkehrssenatorin Regine Günther davon aus, dass es auch in Berlin streckenbezogene Fahrverbote geben müsse. Der Senat bereite aber Ausnahmen für Dieselfahrzeuge der Feuerwehr, Polizei, von Anwohnern und Handwerkern vor, heißt es. Grundsätzlich sollen Handwerksbetriebe nicht in ihrer Existenz bedroht oder Bürger in ihrer Mobilität eingeschränkt werden. „Wir haben unseren Standpunkt deutlich gemacht: Wir erwarten von der Politik für die betriebsnotwendige Mobilität Rechtssicherheit, Vertrauensschutz und verlässliche Rahmenbedingungen“, so Schwarz. Dass die Grenzwerte überschritten werden von Fahrzeugen, die zuvor von den zuständigen Stellen zugelassen wurden, hätten nicht die Fahrzeugkäufer zu verantworten. Hersteller und Politik müssten sich ihrer Verantwortung für die Überschreitung der Grenzwerte stellen. Fahrverbote seien nicht der einzige Weg, um Grenzwerte schnell einhalten zu können. Der Politik blieben weitere Optionen: eine bessere Baustellenkoordination, die Erweiterung des öffentlichen Personennahverkehrs oder die Beseitigung unnötiger Verkehrsflussbeschränkungen. Solche Maßnahmen sollten zuerst geprüft werden, bevor Fahrverbote als letztes Mittel verhängt würden. Schwarz: „Denn das Handwerk befindet sich in einer Zwickmühle: Echte Alternativen zur Nutzung der Diesel-Technologie für Nutzfahrzeuge existieren nur für Teilsegmente oder sind bisher fern jeder Wirtschaftlichkeit." Genauso wie das Berliner Handwerk aufgeschlossen sei diese zu nutzen, sobald sie zur Verfügung stehen und bezahlbar sind, so seien Unternehmen schon jetzt offen für alternative Mobilitätskonzepte: Das Projekt VELOGUT mit 30 Lastenfahrrädern werde von der Handwerkskammer unterstützt und von Modellbetrieben gut angenommen. „Aber für viele Betriebe ist und bleibt ein Kraftfahrzeug unverzichtbar", stellte Schwarz klar.
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