06 PREUSSEN UND DAS GROSSPROJEKT KAISER-WILHELM-DENKMAL KAISER-WILHELM-DENKMAL | TITELTHEMA | | 078 BESUCHERZENTRUM AM DENKMAL INTERVIEW MIT LWL-DIREKTOR MATTHIAS LÖB ZUR WIEDERERÖFFNUNG DES KAISER-WILHELM-DENKMALS GESCHICHTE WIRD LEBENDIG GRAFIK: LWL FOTOS: LWL (2), AMTAGE Wer braucht heute noch ein <strong>Kaiser</strong>-<strong>Wilhelm</strong>- <strong>Denkmal</strong>? Matthias Löb: Kein Mensch. Aber es geht ja auch nicht darum, dem <strong>Kaiser</strong> zu alter Herrlichkeit zu verhelfen. Das wollte ja sein Enkel <strong>Wilhelm</strong> II. Wir wollen zwei Dinge: erstens das <strong>Denkmal</strong> einordnen – wo ist sein Platz in der Geschichte? Und zweitens Touristen in die Region ziehen. Wie ordnet man denn so ein <strong>Denkmal</strong> ein? Mit einem Besucherzentrum. Da erzählen wir die ganze Geschichte: von den Römern in Germanien über Preußens Pathos bis zum Elend der Zwangsarbeiter während des Zweiten Weltkrieges in den Stollen direkt unter dem Monument. Dazu kommt die Naturgeschichte und die Geschichte der Orte rund um die Porta Westfalica, alles auf 270 Quadratmetern. LWL-DIREKTOR MATTHIAS MATTHIAS LÖB LÖB HAT HAT GRUND GRUND ZUM ZUM STRAHLEN STRAHLEN BLICK INS BESUCHERZENTRUM Kaum einer, der den <strong>Kaiser</strong> <strong>Wilhelm</strong> von der Autobahn oder aus dem Zug sieht, kennt die dunkle Seite des <strong>Denkmal</strong>s. Das ändern wir, garantiert: die Nazizeit und die KZ-Außenlager, also die Zwangsarbeiter, die die Stollen in den Jakobsberg getrieben haben, die Rüstungsproduktion, die unmenschlichen Bedingungen, unter denen die Gefangenen untergebracht waren und arbeiten mussten. Das zeigen wir alles, mit Hilfe der Vereine vor Ort, die schon länger an diesen fi nsteren Teil der Geschichte erinnern. Sind nationale Denkmäler überhaupt noch nötig? Spannende Frage. Wir zeigen Antworten aus anderen Ländern und fragen auch unsere Besucher. LWL-Besucherzentrum Es ist eine historische Ereignislandschaft, das Minden-Lübbecker Land, sagt Carsten Reuß. Und die Porta bildet mit dem <strong>Kaiser</strong>-<strong>Wilhelm</strong>-<strong>Denkmal</strong> die Landmarke, verweist der Leiter des neuen LWL-Preußenmuseums in Minden auf eines der größten Nationaldenkmäler in Deutschland. Der „<strong>Wilhelm</strong>“ steht auf Platz drei der Monumentenliste. Nach dem Völkerschlachtdenkmal in Leipzig und dem Kyffhäuserdenkmal im thüringischen Steinthaleben. „Wir finden hier bei uns historische preußische Befunde auf engstem Raum von der frühen Zeit bis ins 20. Jahrhundert“, sagt Carsten Reuß. Lange Zeit sei die Bedeutung des <strong>Kaiser</strong>-<strong>Wilhelm</strong>- <strong>Denkmal</strong>s unter Wert gehandelt worden und man habe vergessen, dass dieses Monument zur Spitzenliga der damaligen Zeit gehörte. Mit der <strong>Wiedereröffnung</strong> des <strong>Denkmal</strong>s nach der umfangreichen Sanierung der Ringterrasse und der Einrichtung des Besucherzentrums, wandele sich dieser Blick nach hinten nun zu einem Blick nach vorne. Denn hier fi nde sich weitaus mehr als nur ein <strong>Denkmal</strong>. Es sei ein Geschichts-, ein Natur- und ein Freizeitraum, der erlebt und erfahren werden könne. Das Besucherzentrum sei dabei nicht als Museum oder Belehrungszentrum zu sehen, sondern als Erlebnisraum für historische Einblicke. Dabei erinnert Carsten Reuß an Elemente wie die Margarethenkapelle, historische Vermessungspunkte, Wallanlagen, die Kreuzkirche oder auch die zu neuem Leben erweckte Wittekindsburg. „Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten in diesem Erlebnisraum.“ Blickt der Historiker in das Besucherzentrum in der Ringterrasse des <strong>Kaiser</strong>-<strong>Wilhelm</strong>-<strong>Denkmal</strong>s, kann er auf ein vielschichtiges Informationsangebot verweisen. Nicht zuletzt die Frage „Wie gehen wir mit dem <strong>Denkmal</strong> um?“ führt schließlich zu einem historischen und im wahrsten Sinne des Wortes – oben vom Wittekindsberg aus gesehen – landschaftlichen Weitblick. VOM BESUCHERZENTRUM ZUM LWL-PREUSSENMUSEUM In Verbindung mit dem neuen LWL-Preußenmuseum geht der Weg in die Geschichte und die historischen Hintergründe Preußens weiter. Denn die Porta Westfalica ist quasi die Tür von Preußens Stammland in Richtung Westen, erinnert Carsten Reuß. Minden bildete dabei als Militär- und Verwaltungsstandort die Schwerpunktregion in Preußens Westfalen – und dieses spätestens seit dem 17. Jahrhundert. „Wir rücken die bedeutenden Aspekte der mehr als 300-jährigen brandenburgpreußischen Geschichte wieder in das Blickfeld und zeigen, das Preußen mehr ist als Pickelhaube und Kasernenhof.“ Die Präsentationen zeigen deshalb auch, dass Bildung, Versicherungen, das Berücksichtigen des Feuerschutzes beim Bau von Häusern und vieles mehr das System Preußen ausmachten.