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LERNEN MIT ZUKUNFT September 2019

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Impulsmagazin für Erwachsene, Anregungen zum Nachdenken

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information & schule Eltern und Kinder unter Druck: Wenn Schule zur Last wird DIE SCHULE SEI KEINE TRETMÜHLE, SONDERN EIN HEITERER TUMMELPLATZ DES GEISTES (Johannes Amos Comenius) DI Roswitha Wurm Dipl. Lerndidaktikerin Lese- und Rechtschreibtrainerin, Kinderbuchautorin Interaktive Lesungen an Schulen buchbar unter: www.lesenmitkindern.at Schule? - Der siebenjährige Niko, der von seinen Eltern in meiner Praxis vorgestellt wird, verdreht die Augen. „Ich hasse Schule!“ Leider sind Aussagen wie diese bereits bei sehr jungen Schülern keine Einzelfälle mehr. Nicht nur Niko ist der Schule gegenüber sehr negativ gestimmt, auch seine Eltern klagen über ihren ganz persönlichen Schulfrust. Anke Willers, eine deutsche Journalistin, beschreibt in ihrem neu erschienenen Buch „Geht’s dir gut oder hast du Kinder in der Schule?“ was der „Schulwahnsinn mit uns und unseren Kindern macht und wie wir ihn überleben“. Was macht Eltern und Schülern das Schulleben so schwer? Die meisten klagen über Leistungsdruck, zeitliche Gebundenheit und unendlich scheinende Hilfestellungen, die Eltern für schulische Aufgabenstellungen ihrer Kinder leisten müssen. Das digitale Zeitalter bietet uns Pädagogen unendlich viele Möglichkeiten, allerdings birgt es auch die Gefahr, dass wir zu viel von den Kindern verlangen: Wissensaneignung Zuhause durch das Internet für Referate bereits in der zweiten Klasse Volksschule, Filme ansehen, Powerpointpräsentationen und Plakate mit Bildern aus dem Netz vorbereiten. Dass die Grundschulkinder dies nicht allein bewältigen und elterliche Hilfe benötigt wird, liegt auf der Hand. Der Lernhilfsmittelmarkt boomt. Es gibt zu jedem schulischen Lehrwerk Ferienübungshefte, Übungsteile für Zuhause und Lernhilfen. Das ist einerseits gut, andererseits fühlen sich Eltern in eine Art Hilfslehrerrolle gedrängt, von der sie sich überfordert fühlen. Das Thema Schule ist Zuhause allgegenwärtig. Es wird geübt, gefordert und diskutiert. In vielen Familien ist das Thema Schule niemals „fertig“. Es gibt für die Kinder keinen Feierabend. Konflikte und Frustration sind in vielen Familien allgegenwärtig. Viele Eltern meinen wehmütig: „Wie schön war doch die Zeit als unser Kind noch im Kindergarten war!“ WAS KÖNNEN LEHRER TUN, UM DAS THEMA SCHULE „IN DER SCHULE“ ZU LASSEN? • Aufgabenstellungen so wählen, dass die Kinder sie weitgehend selbständig lösen können. • Bemerkungen unter schriftlichen Arbeiten in der Grundschule vermeiden, die besonders Kinder mit einer Lernschwäche unter Druck setzen: „Du musst mehr üben!“ Gerade Kinder mit einer Legasthenie oder Dyskalkulie üben meist ohnehin viel mehr als andere und haben häufig einige Austestungen und Diagnosestellungen hinter sich, die sie und ihre Eltern unter eine Art Übungsdruck versetzen. Fotos:© pixabay.com 34 | SEPTEMBER 2019

information & schule WAS KÖNNEN ELTERN TUN, UM IHRE KINDER NICHT ZU SEHR UNTER DRUCK ZU SETZEN? • Jedes Kind hat seine individuelle Entwicklung, seine persönlichen Schwächen und Stärken. Vergleichen mit Geschwisterkindern oder Schulkollegen macht keinen Sinn, sondern bereitet unnötig Stress. • Wenn Eltern den Eindruck haben, dass die Aufgabenstellungen das Kind überfordern und zu viel Mithilfe erfordern, dann dürfen sie es ruhig der Lehrerin oder dem Lehrer mitteilen. In vielen Fällen ist die Lehrperson sogar dankbar dafür, weil sie die Schüler keinesfalls überfordern möchte. • Nicht jeder Kommentar unter Arbeiten des Kindes oder von der Lehrerin überbewerten! Ein Stück Gelassenheit entspannt das Familienklima. Eltern sollten nie vergessen: eine schlechte Note des Kindes ist kein Angriff auf ihre Qualität als Eltern. Sie bedeutet einfach eine Bewertung einer punktuellen Leistung des Kindes. Der Dialog Eltern Lehrer ist in meinen Augen grundsätzlich sehr wichtig. Reden bringt die Leute zusammen ist nicht nur eine alte Lebensweisheit, sondern eine wichtige Basis, dass sich alle Beteiligten wohlfühlen: SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen. Vielleicht heißt es ja dann bald: Geht’s dir gut, obwohl du Kinder in der Schule hast? BUCHTIPP Anke Willers, Geht’s dir gut oder hast du Kinder in der Schule? Heyne Verlag ISBN 978-3-453-6051-4 35 | SEPTEMBER 2019