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architektur FACHMAGAZIN 82 RETAIL architektur Sehen und gesehen werden Andy Warhol sagte einmal: „In the future, everyone has a chance at 15 minutes of fame.“ Diese 15 Minuten wollen sich manche auch gönnen. In Zeiten von Globalisierung, Internet und Selfies ist das Essen nicht mehr auf die reine Nahrungsaufnahme beschränkt, sondern auch ein Faktor der Selbstdarstellung geworden. Fotos: Kuomin Lee Man isst, man begibt sich zu Tisch, um gesehen zu werden. Somit werden die Materialien der Essumgebung auch immer wichtiger. Ein Beispiel dafür ist die Doko Bar im Nanshan District von Shenzhen, China. Sie ist ein Internet-Celebrity-Dessertshop, entworfen von Waterfrom Design. Das Essen funktioniert hier wie ein Bühnenspiel: Jeder im Shop ist Teil der Aufführung und der Raum ist ein Labor, in dem die Menschen ihr Essen testen können. Man wird vom Gastgeber zum Gast, vom Zuschauer zum Akteur. Es ist ein bisschen, wie wenn die virtuelle Welt Teil oder Spiegel der realen Welt wird und ist. Meistens sind die Plätze beim Fenster in Restaurants die beliebtesten. Diese Funktion haben die Designer ins Innere verlegt und in semitransparenten Wänden Öffnungen untergebracht, die gewisse Tische und Plätze in den Fokus rücken. Wie in den sozialen Medien öffnen sich Rahmen und „Monitore“ in verschiedenen Größen auf die dahinterliegende Show. Alle Sitzplätze im Lokal sind in der Nähe eines Ganges angeordnet und somit wird alles, von der Essenszubereitung über das Servieren bis zur tatsächlichen Nahrungsaufnahme zum Theater ohne Trennung zwischen Zuschauer, Beobachter und Schauspieler.

www.architektur-online.com 83 RETAIL architektur Das Ganze erstreckt sich über zwei Geschosse. In der Mitte dieser Gänge mit rahmenförmigen Öffnungen schwebt ein riesiger, blutroter Kubus. Im Gegensatz zu den anderen, halbtransparenten Bereichen ist hier der höchst reale VIP-Bereich situiert, sozusagen in der visuellen Mittelachse des Theaters, wie die beste Loge in der Oper. Als Materialien wählte man Glas, Metallgittergewebe, galvanisiertes Metall, Nylonfäden und rostfreien Stahl. Es entstand ein sehr kontrastreiches Gemenge aus Oberflächen. Nylon wird verwendet, um die mysteriösen, semitransparenten Wände zu kreieren. Dazu hängen Tausende von verschieden dicken Fäden von der Decke und lassen die Raumgrenzen verschwimmen. In der Eingangshalle tritt ein weißer, traumähnlicher Nebel aus Düsen im Boden hervor und steht zusammen mit den Nylonfäden symbolhaft für die Komplexität der interpersonellen Beziehungen im digitalen Zeitalter. Nur die servierten Süßigkeiten sind absolut real.

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